TRADITIONEN WERDEN GEPFLEGT

Kriegerdenkmäler in Schleswig-Holstein

»Die Auseinandersetzung mit den Denkmälern gehört zu unserer Erinnerungskultur. Dabei wird sichtbar, dass wir auch als Kirche lernen, die eigenen Verstrickungen in die Geschichte von Krieg und Gewalt kritisch zu beleuchten. Die Erinnerung ist notwendig, um in der Gegenwart Versöhnung zu leben und auch in Zukunft dem Frieden zu dienen.

Unter dem Motto: ›Erinnern – Erkennen – Gestalten‹ greift die Evangelische Akademie Hamburg einen Appell der Synode der Nordkirche auf, sich kritisch mit den vielen hundert Ehrenmalen im Lande auseinanderzusetzen.

Gerade die vielen öffentlichen Ehrenmäler zum ersten Weltkrieg zeigen den damals prägenden Einfluss nationalistischer und auch nationalsozialistischer Ideologie. Ehrenmale zum Zweiten Weltkrieg stehen nicht selten noch unter dem Einfluss der Formensprache jener Zeit.«

Gothard Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein


Die in den Dörfern und Städten Schleswig-Holsteins zahlreichen Kriegerdenkmäler sind oft im Zentrum des Ortes aufgebaut oder in eigene Grünanlagen integriert. Die häufig zu findenden Namenstafeln getöteter Soldaten, die der persönlichen Erinnerung dienen sollen, sind gleichwohl mit den verbreiteten Deutungen versehen: Verehrung der Soldaten als Helden, Verklärung ihres Todes als Opfer für König und Vaterland und Legitimation des Krieges bestimmen diese Denkmäler. Aufrufe zum Frieden und gegen Krieg finden sich eher selten. Soweit bekannt, werden diese Kriegerdenkmäler fast überall am Volkstrauertag für die traditionellen Rituale des Gedenkens genutzt. Einige sind weitgehend unbeachtet, zum Beispiel der überlebensgroße »Held« in Eckernförde und selbst Einheimischen nicht immer bekannt.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

Ein Klick auf den schwarzen Balken am Anfang der Denkmaldokumentation von

Ahrensburg   Bünningstedt   Hoisbüttel

öffnet die Berichte über die temporäre Kunstaktion der Evangelischen Akademie in Zusammenarbeit mit dem KunstHaus am Schüberg im Sommer 2014: »Kriegerdenkmäler – Stumme Zeugen ins Gespräch bringen«.

Fotos: Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche, wenn nicht anders angegeben.

 


I N H A L T

Das Denkmal
Volkstrauertag 2021
Aus der Geschichte
Hünengräber
Germanenkult
Germanenkult heute
Thingstätten
»Lerne vom Militär!«

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Marienwarder, Ortsteil von Lehmkuhlen, Kreis Plön

An der Straße »Ehrenhain« auf einer Anhöhe am Ortsausgang

Die Straße »Ehrenhain« ist 3,9 km lang, das ist die längste Straße dieses Namens, die wir kennen. Ungefähr in ihrer Mitte liegt der etwas versteckte Eingang zum Kriegerdenkmal.

SH Marienwarder Bank web


In die Anhöhe hineingebaut, unten abgestützt durch lose Feldsteinmauern, öffnet sich erst ein Platz mit Ruhebank.

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Dann beginnt der Anstieg auf einem schmalen Weg aus flachen Feldsteinen, immer begleitet von Bäumen.

SH Marienwarder Weg mitte web


Jetzt sehen wir schon das Steindenkmal an der höchsten Stelle inmitten des Baumkreises. Der Hügel ist 53,1 Meter hoch.

SH Marienwarder Anlage web


Geschafft! Wir sind bei der Steinansammlung angelangt. Das Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs steht genau am Ende des Weges, es ist 1930, einem Hünengrab nachempfunden, erbaut worden.

SH Marienwarder 1WK ganz web


Auf der platten Frontseite des Decksteins sind die Namen der 40 Soldaten aus dem Gutsbezirk Lehmkuhlen verzeichnet, die den Krieg nicht überlebt haben.

SH Marienwarder 1WK Widmung web


Die Überschrift ist mit einer kurzen, welligen Schmucklinie unterstrichen, sie lautet:

Es fielen im Weltkrieg 1914-18 für Heimat
und Vaterland aus dem Gutsbezirk Lehmkuhlen

Darunter werden in langen Zeilen über die ganze Steinfläche die 40 Namen aufgezählt. Es werden fortlaufend, jeweils abgekürzt, die Dienstgradbezeichnungen, Vor- und Familienname und Todestag (gef.) jedes Soldaten genannt. Geordnet sind sie nach ihrem Todestag: F.Art. [Feldartillerie] Ad. Schönies starb als Erster am 18.9.14, Gren. [Grenadier] Joh. Lindau als Letzter am 19.10.18. Am 11. November 1918 war der Krieg dann zuende.

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Als Sinnspruch am Ende lesen wir das große Versprechen:

"Unsere Dankbarkeit und die Erinnerung an sie sollen nie erlöschen"

Diese Zusage ist in Anführungszeichen gesetzt. Wir kennen keinen Urheber des Zitats, vielleicht ist der Satz in Vorbereitung der Denkmalplanung so gefallen.

SH Marienwarder Anlage seitlich web


Hier sehen wir, auf dem rundgepflasterten Platz, die drei Ergänzungssteine zum 2. Weltkrieg, die 1958 neben dem ursprünglichen »Germanengrab« niedergelegt wurden.

SH Marienwarder mittlerer Stein web


Sie sind alle stark bearbeitet: oval geformt, absolut gerade geschliffen, aber verschieden groß. Der linke größere Stein trägt die Überschrift:

Die Gefallenen

Es werden nur die Namen genannt. Die Soldaten sind nach Todesjahr geordnet. 1939 starb einer, 1940 zwei. Auf diesem Stein endet die Liste mit 18 toten Soldaten aus dem Jahr 1945.
 

SH Marienwarder kleiner Stein web


Dann gucken wir auf den kleinen Stein daneben. Dort beginnt eine weitere Liste mit Wilhelm Petersen, der 1940 starb und endet 1945 mit Heinrich Dose. Den Grund dafür kennen wir nicht, es gibt keine unterschiedlichen Angaben zum Heimatort oder einen anderen Hinweis. 

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Der rechte Stein trägt die Überschrift:

Die Vermissten

Diese 36 Soldaten sind nach Kriegsjahren geordnet, insgesamt sind auf den drei Steinen 138 im 2. Weltkrieg gestorbene Soldaten verzeichnet.

Hier auf dem rechten Stein folgen nach den Vermissten:

Auf Flucht und Vertreibung starben

Es werden 22 Menschen aufgeführt, 16 Frauen und 6 Männer. Alle sind 1945 gestorben. Es kommt nicht oft vor, dass man auf Denkmalssteinen zum 2. Weltkrieg auch die Namen von zivilen Toten lesen kann. Trotzdem muss man sagen, dass es sich hier ausschliesslich um deutsche Tote handelt, es gibt keine kritische Reflektion über die Kriegsursachen und die deutsche Schuld, die Opfer des Nationalsozialismus werden nicht benannt.

SH Marienwarder von hinten web


Das »Hünengrab« von hinten, der Deckstein wird von drei kleinen Findlingen getragen.

SH Marienwarder Baumrund von hinten web


Der nahe Blick fällt auf den Baumkreis, der weite fast endlos über die Landschaft.


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Volkstrauertag 2021

Als wir im Februar das Denkmal besuchten, fanden wir einen Kranz der CDU vor. Es war auf der Anhöhe so windig, dass wir nur dieses Foto von der Schleife zustande bekommen haben.

SH Marienwarder CDU web


Da hatte die CDU mehr Glück mit dem Wetter, aber auch wieder Pech, weil nur ein »Bürger« dem Zeremoniell beigewohnt hat.

 

SH Marienwarder VTT Facebook CDU web


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Aus der Geschichte

1929/30 wurde der große Stein mit einer von Pferden gezogenen Ackerschleppe mit großen Anstrengungen vom Gutshof Lehmkuhlen zu seinem Platz auf der Anhöhe transportiert. Der Platz liegt immerhin 53,1 Meter über NN (Meereshöhe).

Am 4. November 1956 stellte die Kommunale Wählergemeinschaft Lehmkuhlen in der Sitzung der Gemeindevertretung den Antrag, dem Denkmalsplatz eine »würdige Pflege« angedeihen zu lassen. Da die Anlage auch um die toten Soldaten und die Opfer von Flucht und Vertreibung des 2. Weltkriegs erweitert werden sollte, wurde ein Denkmalsausschuss gegründet. Die Beratungen dauerten neun Monate, dann beschloss die Gemeindevertretung am 5. August 1957 die Ergänzung und vergab den Auftrag gemäß Kostenvoranschlag in Höhe von 4.000 DM an den Steinmetz Albert Ulbrich aus Kiel. Die inzwischen gesammelten Namen wurden in drei verschieden große, seitlich vom Hauptstein angeordnete Steine graviert. Für Mehrausgaben und Bepflanzung der Anlage wurden 1958 noch einmal 2.000 DM fällig, für Härtung der Steine und Schädlingsbekämpfung 1963 rund 1.600 DM.

SH Marienwarder VTT1966 web


Solange die Patenschaft des Pionierbataillons 1/6 aus Plön bestand, bis 1996, nahm eine Abordnung an den Feierlichkeiten zum Volkstrauertag am Denkmal teil.


SH Marienwarder VTT 1966 Kraenze web


Fotos mit belaubten Bäumen und Sommerkleidern aus dem Jahr 1966. Da der Volkstrauertag ab 1952 im November begangen wird und die Pioniereinheiten der 6. Panzergrenadierdivision seit 1958 in der Fünf-Seen-Kaserne der Bundeswehr in Plön untergebracht sind, müssen die Feierlichkeiten am Denkmal 1966 einen anderen Anlass gehabt haben.

Chronik der Gemeinde Lehmkuhlen, Sventana-Verlag I. Bubert, 2006

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Hünengräber

Manchmal kreisrund, manchmal in länglicher Form, manchmal mit einem Deckstein – Hünengräber haben Jahrtausende überdauert. Wie hier das Megalithgrab in Damerow, es wirkt wie der ältere Bruder des Denkmals in Marienwarder. Obwohl die Riesensteine in der Eiszeit von weit her transportiert worden sind, wurden sie im Kaiserreich und besonders im Nationalsozialismus mit »Heimat und Reich« identifiziert.

SH Marienwarder Wikipedia Commons Stefan Klatt Megalithgrab Damerow webFoto: Wikimedia Commons, Stefan Klatt

»Ansonsten hat das Hünengrab nirgends eine solche Bedeutung für die nationale Symbolik erlangt wie in Deutschland.« lesen wir auf der Website www.feuerstahl.org. Dazu stehen zwei Bilder:

SH Marienwarder Huenengrabmedaille www feuerstahl org web2
Medaille zum Gedenken an die Gefallenen, Beginn der 1920er Jahre


SH Marienwarder Huenengrabdenkmal www feuerstahl org web

Ehemaliges Gefallenendenkmal im Harz

Link zu www.feuerstahl.org


In den Jahren danach steigert sich der Kult um die »germanischen Steine« noch beträchtlich.

»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28


Die Nationalsozialisten vereinnahmten den Germanenmythos dann vollends von rechts.

In »Das Schwarze Korps«, einer Wochenzeitschrift der SS, wird das Ulanendenkmal in Demmin 1935 bejubelt, für das eines der Großsteingräber bei Quitzerow 1924 vollständig abgetragen wurde.

MP Demmin alteKarte4

»Wie aus dem sagenhaften Dämmerdunkel deutscher Vorzeittiefen führen enge Felsstufen hinauf zu den Hünengräbern der Ahnen. Und stehen wir an diesen Hünenbetten gleichwohl im Banne des Todes, dessen Allmacht schon den Vätern heilig war, ihr Blut und ihre Lebenskraft tragen wir vorwärts bis an das Ende der Erde. [...] Die Schau eines so im nordischen Geiste geformten Denkmals hat dem Besucher nicht nur eine Stimmung vermitteln helfen – sie hat ihn gläubig gemacht, daß er wieder stolz und vertrauend wird zu seiner blutseigenen und rassischen Art.«

Unsere Dokumentation des Ulanendenkmals in Demmin


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GermanenKult

Den Germanen wurden zwischen den Weltkriegen allerlei Wunderdinge zugeschrieben:

SH Marienwarder Germanenkult Boemerland web


Es braust ein Ruf durch’s Böhmerland:
Wacht auf, von heil’gem Zorn entbrannt!
Für Sprach und Sitte, Heim und Flur
Erhebet Herz und Hand zum Schwur:
Deutschböhmerland, magst ruhig sein,
Fest steh’n und treu für Dich wir ein!
Heil!

Es war schon während des 1. Weltkrieges klar, dass die Tschechen nach Kriegsende ihren eigenen Staat gründen würden. Am 10. Januar 1919 erklärte der Gründungspräsident der ČSR: »Nur die Nord- und Westränder des böhmischen Vierecks haben infolge der starken Einwanderung während des letzten Jahrhunderts eine deutsche Mehrheit. Für diese Landesfremden wird man vielleicht einen gewissen modus vivendi schaffen, und wenn sie sich als loyale Bürger erweisen, ist es sogar möglich, daß ihnen unser Parlament […] irgend eine Autonomie bewilligt. Im übrigen bin ich davon überzeugt, daß eine sehr rasche Entgermanisierung dieser Gebiete vor sich gehen wird..«

Die Geschichte des »Böhmerlands« ganz einfach erklärt

SH Marienwarder Germanenkult Deutsche Ehr web


Da sind sie, die Nazistereotypen: Deutsche Kraft und deutsche Ehr!


Die Nationalsozialisten »erhoben die germanisch-nordische, in NS-Worten ›arische Rasse‹, zur überlegenen Gesellschaftsgruppe. Sie verwendeten Symbole wie germanische Runen auf den Emblemen der SS und der Hitlerjugend. Auch die germanischen Begriffe ›Gau‹ und ›Sippe‹ wurden wieder aufgegriffen, um Zugehörigkeit und Gemeinschaft zu verkörpern. Der Germanenkult wird bis heute in der rechten Szene fortgeführt.« lesen wir auf zeit.de

Link zum Artikel vom März 2020


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GermanenKult heute

»Viele Neonazis mögen Urgeschichte. Diese Liebe hat tiefe ideologische und psychologische Wurzeln, sie ermöglicht überdies fintenreiche Werbefeldzüge in die Mitte der Gesellschaft. Denn wer weiß schon, was am Germanenspaß rechts sein soll. Dabei ist das Thema für viele extreme Rechte in hohem Maß sinnstiftend. Ganze Lebenskonzepte können durch den Germanenbezug wesentlich und existenziell geprägt sein. Bundesweit bekannt wurde etwa der Fall der vierjährigen Sighild, die 2009 an ihrer Diabeteserkrankung starb, da ihre Eltern Insulininjektionen mit Verweis auf die Neue Germanische Medizin verweigerten. Auch manche Rechtsextreme lassen sich im Sippenverband zwischen Jahrtausende alten Grabhügeln bestatten, um symbolstark die existenzielle Verbundenheit mit der Vorzeit zur Schau zu stellen. Hier kann man nicht mehr von einem Hobby sprechen. Vielmehr ist dort der Germanenbezug die Basis des Selbstbildes.«

Mehr auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung

Auch der Deutschlandfunk hat den heutigen Germanenkult und seine Verbindung zur rechtsextremen Ideologie besprochen:

»Am 21. Juni werden vielerorts Sonnenwendfeiern begangen. Es ist der längste Tag des Jahres, doch die Sommer-Sonnenwende hat auch zwielichtige Anhänger. Neonazis feiern diesen Tag gerne. Der Leiter des Archäologischen Freilichtmuseums Oerlinghausen, Karl Banghard, hat sich mit dieser Vorliebe beschäftigt, weil viele Rechte zu den Besuchern von germanischen Erinnerungsorten in Ost-Westfalen zählen. ›Nazis mögen Urgeschichte‹, steht deshalb schon auf der Website des Museums. In seinem Buch ›Nazis im Wolfspelz – Germanen und der rechte Rand‹ hat Banghard sich der Verbindung zwischen Neonazis und Germanentum ausführlich gewidmet.«

Bericht

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Thingstätten

Die Anhöhe in Marienwarder ist ein besonderer Ort. Wir können uns vorstellen, dass dieser Platz schon lange die Menschen angezogen hat. Vielleicht war er früher eine Thingstätte, so wird ein historischer Ort bezeichnet, an dem Volks- und Gerichtsversammlungen nach altem germanischen Recht abgehalten wurden. Er lag häufig etwas erhöht, an landschaftlich eindrucksvollen Plätzen oder unter einem Baum, einer »Gerichtslinde«, aber immer unter freiem Himmel. Das Steindenkmal in Marienwarder ist zusätzlich von einem Baumkreis umgeben.

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Die Nationalsozialisten benutzten solche Orte für politische Kundgebungen. Die Menschen sollten dabei das Aufgehen des Einzelnen in Heimat und Volksgemeinschaft erleben. Wir kennen die Inszenierungen mit Fackeln, Fahnen und Gesang.

Wir würden gerne wissen, ob das hier auch stattgefunden hat?


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»Lerne vom Militär!«

40 Soldaten aus dem Gutsbezirk Lehmkuhlen sind im 1. Weltkrieg zu Tode gekommen, bis auf einen Soldaten mit dem zivilem Titel Mag. F.K., werden alle mit ihrem militärischen Rang genannt.

SH Marienwarder Dienstgrade web

F.Art., Füs.Art., Inf., Sees., und Gren. – die Dienstgradbezeichnungen der Soldaten und ihre Abkürzungen sind uns heute fremd, damals kannte sie jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.


»Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: ›Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.‹ In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

MP Zehlendorf Kinderkarte web

›Lerne vom Militär!‹ – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe ›mit einem einzigen Ruck zu geschehen‹ und müsse ›klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade‹, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im ›Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt‹ müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und ›zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren‹.«

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45

... und noch eine revanchistische Postkarte »Deutsche Jugend« nach dem 1. Weltkrieg:

SH Marienwarder Deutsche Jugend 1WK web


Heil Dir Deutschland, deine Zukunft
             Schimmert vor dir hell und klar
Denn der Heldensinn der Väter
             Schlummert in der Jugend Schaar.

Aber auch 1956 billigt ein Leser der Frankfurter Illustrierten dem Militär, damals der gerade neu gegründeten Bundeswehr, in einem Leserbrief erzieherische Expertise zu:

Frankfurter Illustrierte 1956 leserbrief web

 

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I N H A L T

Das Denkmal
Volkstrauertag 2019
Die Aufstellung des Findlings
Die Einweihung
Die Zeit danach
Der Volkstrauertag
Der Gedenkstein 1871
Die Friedenseiche

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Meddewarde, Kreis Stormarn

An der Einmündung der Alten Dorfstraße in die Oldesloer Straße

Das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege ist 1954 errichtet und am 14. November 1954 eingeweiht worden.

SH Meddewarde Eiche web


Mitten im Rasen einer Verkehrsinsel steht ein Findling in einem Kranz kleinerer behauener Steine, daneben eine Eiche mit großer Krone.

 

SH Meddewarde seitlich web


Der Findling ist umgeben von Rhododendren und anderen immergrünen Sträuchern, die ihn teilweise überragen. Nur im vorderen Teil der Anlage sind die Sträucher auf eine Höhe kurz geschnitten.

 

SH Meddewarde gegenuber web


Die Rasenfläche der Verkehrsinsel war früher kleiner (siehe Fotos weiter unten), sie ist vergrößert und mit Buchsbaumkugeln und niedrigeren Sträuchern bepflanzt worden. Die Fläche dehnt sich jetzt bis zum Vorplatz des Feuerwehrhauses.

 

SH Meddewarde Weg web


Dadurch geht man heute über einen langen Plattenweg zum Denkmal.

 

SH Meddewarde Denkmal web


Der Steinkranz hat eine Lücke, um dem Findling näher zu kommen. Im Januar 2020 liegt dort der Kranz vom Volkstrauertag im November.

 

SH Meddewarde Findling web


Jetzt sehen wir, dass der Findling ohne Inschrift, Namensnennungen etc. einfach nur dasteht, genauso wie die Steine der Umrandung. Die Lübecker Nachrichten schreiben am 11. November 1954: »In das Fundament des riesigen Findlings wurde eine Urkunde mit den Namen der Gefallenen eingemauert.«

 

SH Meddewarde Tafel web


Auf der Tafel, die seit 1954 vor dem Findling liegt, steht fast nicht mehr lesbar, die Widmung:

EHRE DEN OPFERN
1914 – 1918
1939 – 1945

Wir wissen, dass damit die toten Soldaten der Weltkriege gemeint sind, die eingemauerte Urkunde sagt es uns. Für den 2. Weltkrieg sind dort 13 tote Soldaten aufgeführt.

Keiner Ärztin im Krisengebiet, keinem Kriegsreporter, keinem zivilen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft würde nach ihrem Tod ehrend gedacht. Die Ehre scheint dem Soldatentod vorbehalten zu sein. Auf Denkmälern wie diesem wird sie posthum kollektiv erteilt, obwohl wir wissen, dass Soldaten auch Täter gewesen sein können. Hartmut Häger schreibt dazu in seinem Buch »Kriegstotengedenken in Hildesheim« auf Seite 33:

»Das verehrungswürdige Sujet verträgt keine Beschädigung, keine Beschmutzung [...] und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

 

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Von hinten kann man den Findling nicht mehr sehen.

 

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Das Ende der Anlage mit dem Feuerwehrhaus.

 

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Volkstrauertag 2019

Ein gemeinsamer Kranz der Gemeinde Meddewarde und vom Nachbarn, der Freiwilligen Feuerwehr von Meddewarde.

 

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Die Aufstellung des Findlings

Schon an seinem endgültigen Aufstellungsort bei der Eiche angekommen, liegt der Findling an diesem 25. September im Jahr 1954 noch platt auf der Seite. Die Arbeiter und unterschiedlichste Helfer planen die Arbeit, die vor ihnen liegt – dieser Findling ist 200 Zentner schwer, das sind 10 Tonnen! 

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Der Findling war nach langem Suchen in der Franzdorfer »Steinburg« gefunden worden.

Auf der sogenannten Steinburg, einer steinigen Anhöhe von 76 m, 2 km nordwestlich von Franzdorf, im Kreis Herzogtum Lauenburg, finden sich noch jetzt Spuren einer alten Burg, wahrscheinlich die Reste eines ehemaligen Raubschlosses. Daher der Name Franzdorfer »Steinburg«. Von der verschwundenen Burg, nahe einer Kiesgrube, kann man heute nur noch Trümmerhaufen, Wall- und Grabenreste finden.

 

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Zum Stabilisieren des Steins, soll er zum Teil in eine gegrabene Vertiefung im Boden versenkt werden.

 

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Arbeiter und Helfer hebeln den Stein mit ordentlich Man-Power in das für ihn vorgesehene Loch, dahinter immerhin eine Zugmaschine zur Unterstützung beim Seileziehen.


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Der Stein wird mit Hilfe von Kanthölzern und Seilen aufgerichtet.

 

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Noch ein bißchen schief und verzurrt, aber bald wird der Findling stehen.

Fotos (bearbeitet): Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0


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Die Einweihung

Am Sonntag, den 14. November 1954 war der große Findling aufgestellt, die Stein-Einfriedung war fertig – das Denkmal konnte eingeweiht werden.

Die Lübecker Nachrichten schreiben am 11. November 1954: »Das Ehrenmal soll am kommenden Heldengedenktag in einer würdigen Feierstunde eingeweiht werden.«

Die Nationalsozialisten hatten den früheren Volkstrauertag in »Heldengedenktag« umbenannt. Es war die Zeit der Verehrung von Helden und nicht die der Trauer um tote Soldaten. Erst 1952, sieben Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs, war der Sonntag, zwei Wochen vor dem 1. Adventssonntag, offiziell wieder der »Volkstrauertag«.

Aber auch im Jahr 1954 hing der Redakteur der Lübecker Nachrichten, und womöglich nicht nur er, noch an der Vorstellung vom »Gedenken an die gefallenen Helden«. Trauer war noch keine Option.

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Am 14. November 1954 sind die Fahnen gesetzt, Kränze werden getragen, viele Zuschauer aus dem Dorf sind gekommen.

 

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Es traten an: ein Spalier der Freiwilligen Feuerwehr, Pastor Emil Lukas, der die Weiherede hielt, Bürgermeister Heinrich Gehrke, sein Stellvertreter Henry Barkmann, Gemeinderat Heinrich Behnk, Amtmann Heinrich Wolgast, Kreisamtmann Hans Bruhnsen und Kreisvorsitzender des Reichsbunds (heute Sozialverband Deutschland) Benno Uter. Dazu eine bunte Mischung von Behelmten, Zylinderträgern und Uniformierten.

Sozialverband Deutschland (SoVD) auf Wikipedia

 

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Die Steine sehen nagelneu und hell aus, auf den aktuellen Fotos, 66 Jahre später, haben sie schon ordentlich Patina angesetzt. Auf diesem Foto sehen wir auch einen kleinen, kantigen Stein vor der Eiche, die auch 1954 schon einen respektablen Stamm aufweist. Weiter unten werden wir den Stein noch kennenlernen und auch erfahren, dass Stein und Eiche dem Friedensschluss 1871 im Deutsch-Französischen Krieg gewidmet sind. Diese Eichen, die damals massenhaft gepflanzt wurden, nennt man »Friedenseichen«.

Fotos (bearbeitet): Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0
 

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Die Zeit danach

SH Meddewarde Bus StA web2


1962: Die Anlage um den großen Findling ist mit höheren Sträuchern bepflanzt, aber der Stein ist gut zu sehen. Im Hintergrund stehen die Gebäude und die Schornsteine der Paech-Brot GmbH.

 

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1973: Die Kinder beobachten die Übergabe eines neuen Löschfahrzeugs an die Freiwillige Feuerwehr Meddewarde/Sehmsdorf weiter links (auf dem Foto nicht zu sehen). Das Denkmal ist mit Blumen geschmückt. Im Hintergrund sieht man die Neubausiedlung Wikingerweg.

 

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1983: Die Häuser an der Oldesloer Straße sind fertig, die Verkehrsinsel mit Denkmal und Eiche hat noch den alten Zuschnitt. Der Findling steht frei, auch die Widmungstafel ist gut zu sehen.

Fotos (bearbeitet): Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0

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Der Volkstrauertag

In Deutschland ein staatlicher Gedenktag, er wird seit 1952 zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag begangen.

Der Volkstrauertag wurde 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs vorgeschlagen. […] Der Volkstrauertag wurde dann erstmals am 1. März 1925 begangen. Überall fanden Gedenkfeiern für die deutschen Gefallenen des 1. Weltkriegs statt. Die Cellesche Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 27. Februar 1926:

»Volkstrauertag! Der erste deutsche Volkstrauertag soll in erster Linie dem Ehrengedenken unserer im Weltkriege gefallenen Väter, Brüder und Söhne gewidmet sein. Es ist nur zu wünschen, daß sich diese ernste Feier recht tief und fest und feierlich, auch ohne viele Reden und Gesänge, aus dem ureigenen deutschen und menschlichen Empfinden heraus geltend macht in den Herzen des ganzen Volkes.«

Der Volksbund verband mit dem Volkstrauertag die Vorstellung, eine bei allen Deutschen einheitliche Erinnerung an das Leid des Krieges zu bewirken und so die Deutschen »über die Schranken der Partei, der Religion und der sozialen Stellung zusammen[zu]führen […], auf daß aus den Gräbern unserer fast zwei Millionen Gefallener uns Mut und Kraft zu segensreicher Arbeit an unseres Volkes und unseres Vaterlandes Zukunft erwachsen [kann].«

Nicht zu übersehen war auch der Versuch, aus der Erinnerung an den Krieg neben dem Appell an die Einigkeit des Volkes die Botschaft zu vermitteln, dass es das höchste Ideal sei, alles für das Wohl Deutschlands zu opfern und seine eigenen Ansprüche zurückzustellen. So sprach der Hamburger Pastor Jähnisch auf der zentralen Gedenkfeier auf dem Ohlsdorfer Friedhof 1926: »Unsere Toten mahnen. Und darauf kommt es an. Horche jeder auf den Geist der Toten und bekenne sich zu ihnen: Selber riefst du einst in Kugelgüssen: Deutschland muß leben und wenn wir sterben müssen!«

Nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 2. August 1934 übernahmen die Nationalsozialisten den Volkstrauertag und legten ihn als staatlichen Feiertag am zweiten Fastensonntag fest. Er wurde in Heldengedenktag umbenannt und sein Charakter vollständig geändert: Nicht mehr Totengedenken sollte im Mittelpunkt stehen, sondern Heldenverehrung. Träger waren die Wehrmacht und die NSDAP. Die Flaggen wurden nicht mehr wie bislang auf halbmast gehisst. Propagandaminister Joseph Goebbels erließ die Richtlinien über Inhalt und Durchführung. Die Propagandawirkung des Tages wurde so hoch eingeschätzt, dass alle entscheidenden Schritte der Kriegsvorbereitung bis einschließlich 1939 auf ein Datum in unmittelbarer Nähe zum Heldengedenktag gelegt wurden:

1936: Remilitarisierung des Rheinlands einen Tag vorher

1938: Einmarsch deutscher Truppen nach Österreich einen Tag vorher

1939: »Zerschlagung der Rest-Tschechei« drei Tage nachher

Am 25. Februar 1939 verlegte Hitler per Erlass den Heldengedenktag auf den 16. März, den Tag der Wiedereinführung der Wehrpflicht 1935, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fiel, andernfalls sollte er am Sonntag vor dem 16. März begangen werden. Damit wurde die Bindung an den kirchlichen Kalender aufgegeben.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges entstand 1946 in den drei westlichen Besatzungszonen eine Diskussion zur Durchführung und zum Datum eines Volkstrauertages. Wegen der zahlreichen Kriegstoten und Vermisstenschicksale bestand für viele eine Notwendigkeit für diesen Trauertag. In der DDR wurde ein »Internationaler Gedenktag für die Opfer des faschistischen Terrors und Kampftag gegen Faschismus und imperialistischen Krieg« eingeführt, der jährlich am zweiten Sonntag im September begangen wurde. 1950 fand die erste zentrale Veranstaltung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Bundestag in Bonn statt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 9. November 2019

 

»Nach Wiederaufnahme des Volkstrauertags im Jahr 1950 orientierte sich der Volksbund (Deutsche Kriegsgräber Fürsorge) bei der Gestaltung der zentralen Gedenkstunde im Bundestag zunächst am ›klassischen‹ Schema – der von Musikbeiträgen umrahmten Rede – das bereits für die Feiern zum Volkstrauertag / Heldengedenktag in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus typisch gewesen war. 1950 übernahm der damalige Ehrenpräsident des Volksbundes, Wilhelm Ahlhorn, die Gedenkrede im Bundeshaus. 1951 hielt Bundestagspräsident Hermann Ehlers (CDU) die Gedenkansprache, im folgenden Jahr trat Bundespräsident Theodor Heuss als Redner auf. 1953 versuchte man, bei der Gestaltung der Feierstunde zum ersten Mal von der konventionellen Form abzuweichen: Die Gedenkrede wurde in diesem Jahr durch eine von drei Sprechern vorgetragene Lesung ersetzt. 1954 wurde im Rahmen der Feierstunde das symphonische Chorwerk ›Hiob‹ von Rudolf von Oertzen aufgeführt. – Zweifellos steht hinter der Wahl dieses Themas der Versuch eine Parallele zu ziehen zwischen der biblischen Prüfung Hiobs und der ›Prüfung‹ des deutschen Volkes durch Kriegsleid, Zerstörung und Niederlage.«

 • Von Helden und Opfern: Eine Geschichte des Volkstrauertags, Alexandra Kaiser, Campus, S.247f


1954, also im Jahr der Einweihung des Denkmals in Meddewarde, war das Ende des 2. Weltkriegs für viele noch eine »Niederlage« und nicht ein »Tag der Befreiung«, so wie es Bundespräsident Richard von Weizsäcker dann 1985 formuliert hat. Der Focus der Mehrheit der Deutschen lag auf ihrem eigenen Kriegsleid und der durch Bombardierung zerstörten deutschen Städte.

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Der Gedenkstein 1871

Wenn man ganz genau hinguckt, entdeckt man einen kleinen Stein im Rasen.

 

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Ein kleiner bescheidener Stein in Trapezform steht vor der Eiche, die wahrscheinlich aus dem selben Anlass gepflanzt worden ist, dem auch der Stein gewidmet ist. Eine Jahreszahl ist eingemeißelt:

1871.

Sie erinnert an den Friedensschluss des Deutsch-Französischen Kriegs 1871.

 

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»Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Trotzdem fand sich die französische Regierung erst im Februar 1871, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit. Offiziell endete der Krieg am 10. Mai 1871 mit dem Frieden von Frankfurt, der hohe Reparationen sowie die Abtretung Elsaß-Lothringens durch Frankreich vorsah.

Nach dem Deutsch-Dänischen und dem Deutschen Krieg von 1864 und 1866 gilt der Konflikt mit Frankreich als dritter und letzter der deutschen Einigungskriege. Noch während seines Verlaufs traten Baden, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt dem Norddeutschen Bund bei, der sich mit Wirkung vom 1. Januar 1871 Deutsches Reich nannte. Der preußische König Wilhelm I. nahm den Titel ›Deutscher Kaiser‹ an, Otto von Bismarck wurde erster Reichskanzler. In Frankreich hatte der Krieg nicht nur die endgültige Abschaffung der Monarchie zur Folge. Vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich. Beides belastete die deutsch-französischen Beziehungen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.«

nach Wikipedia, abgerufen am 9. 12. 2017

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Die Friedenseiche

Nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg forderte die Regierung im Deutschen Kaiserreich dazu auf, Friedenseichen zu pflanzen und zu pflegen, damit »dieses Sinnbild deutscher Kraft und deutscher Treue sich in aller Herrlichkeit entwickeln könne und künftigen Geschlechtern Gelegenheit geben würde, sich in seinem Schatten dankbar der Helden von 1870 und 1871 zu erinnern.«

In der Chronik von Meddewarde wird der Eintrag im Amtsblatt des Regierungs-Vizepräsidenten dazu dokumentiert: »Den Herren Landräten gebe ich zur gefälligen Erwägung anheim, ob es sich nicht empfehlen möchte, in geeigneter Weise darauf hin zu wirken, dass (sofern die Boden- und klimatischen Verhältnisse es gestatten) zur Erinnerung an die gewaltigen Ereignisse des letzten Jahres, ähnlich wie das an vielen Orten nach Beendigung der Freiheitskriege und vor einigen Tagen in Bremen geschehen ist, in den verschiedenen Guts- und Gemeindebezirken unter angemessenen Feierlichkeiten, insbesondere unter Zuziehung der Schuljugend möglichst hochstämmige Friedenseichen gepflanzt werden.

Selbstverständlich muss es dann aber auch von den betreffenden Gemeinden als Ehrensache angesehen werden, diese Friedenseichen zu schützen und zu pflegen, damit dieses Sinnbild deutscher Kraft und deutscher Treue sich in aller Herrlichkeit entwickeln kann und künftigen Geschlechtern Gelegenheit gegeben wird, sich in seinem Schatten dankbar der Helden von 1870 und 1871 zu erinnern.«

Der Landrat des Kreises Schleswig gab diese Empfehlung im Kreisblatt weiter: »Vorstehende Aufforderung unterlasse ich nicht, auf diesem Wege zur Kunde der Eingesessenen des Kreises zu bringen und ersuche die Gemeindevorstände sowie auch die Herren Prediger dafür sich interessieren wollen, dass die darin enthaltene Idee in geeigneter Weise in den Gemeinden des Kreises zur Ausführung komme.«

Die Chronisten vermuten, dass der Meddewarder Lehrer mit seinen Schülern die Friedenseiche in der Dorfmitte gepflanzt hat. 2004 betrug der Umfang der Eiche in ein Meter Höhe stattliche 2,82 Meter.


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I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2018
Die Inschriften
Für uns
Das Eiserne Kreuz
Zeitgeist

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Mözen, Kreis Segeberg

An der Hauptstraße im Dorf

Das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege steht in einer gepflegten, kleinen Anlage.

 

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Es wurde 1923 errichtet. Laut Website der Gemeinde Mözen wurde das Grundstück von Familie Eggert unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

 

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Zur Straße hin begrenzt eine Rotklinkermauer mit vier eckigen Pfeilern die Anlage. In der Mitte betritt man die Anlage durch eine Pforte mit einer stilisierten untergehenden Sonne im unteren Drittel. Die Pfeiler an beiden Seiten verbindet ein schlichter verzinkter Zaun. Über drei mit Rotklinkern gemauerte Stufen erreicht man den mit Kies bestreuten Denkmalsvorplatz. Rechts und links neben der Kiesfläche sind Rosenbeete angelegt. Hinter dem Denkmal sorgt eine beschnittene, immergrüne Hecke für einen ruhigen Hintergrund. Rechts neben dem Denkmal ist ein Rhododendron gepflanzt, mit Abstand auf der linken Seite eine Blut-Hänge-Buche, siehe das Sommerbild weiter unten.

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Der zweistufig mit bunten Felssteinen aufgemauerte Sockel hat die Form einer stumpfen Pyramide. Auf ihm steht ein Findling mit geglätteter Frontseite.

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Unter dem Relief eines Eisernen Kreuzes im tiefergelegten Kreis ist in einer schlichten serifenlosen Schrift zu lesen:

Sie gaben ihr
Leben für uns
1914 – 1918
1939 – 1945

Die Inschrift ist mit schwarzer Farbe ausgemalt.

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Im Sockel ist ein größerer, vorne geglätteter Findling eingebaut. Dort steht die Widmung:

Unsern
Lieben Gefallenen
zum Andenken
Die dankbare
Gemeinde Mözen

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Hier sieht man den ziemlich flachen Findling von der Seite und auch, dass die Klinkermauer mit Zaun auf dieser Seite noch im stumpfen Winkel um die Ecke geführt wird. Eine Buchenhecke schließt sich an. Die freien Flächen der Anlage sind mit Bodendeckern bepflanzt.

 

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Foto: Ajepbah / Wikimedia Commons

Die gepflegte Anlage im Sommer 2012.

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Volkstrauertag 2018

Die Vertreter der Gemeinde Mözen haben »In stillem Gedenken« einen Kranz niedergelegt.

 

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Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Ralph Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].

• zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 29


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Die Inschriften

»Sie gaben ihr Leben für uns«: ... verbreitet die Botschaft, die Toten hätten mit ihrem Leben für die Gemeinschaft eingestanden. Sie hätten ihr Leben für »uns«, für die »Heimat«, für das »Vaterland« gegeben:


Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das »Vaterland«. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses »Vaterland« aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg


»Unsern lieben Gefallenen«: 
... verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22

Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100


Auffällig ist auch, dass die Soldaten zwar als Söhne oder als Opfer, manchmal auch als Krieger benannt und dargestellt werden, nie aber als Tötende. Der Gefallene existiert als Begriff, es gibt aber keine Bezeichnung für den, der ihn zu Fall gebracht hat.

• Clemens Tangerding, Für Deutschland gestorben, DLF 18.11.2012


Das erste idelogische Moment des politischen Totenkults wird in historischen Untersuchungen selten angesprochen, so selbstverständlich ist es offenbar: Der tote Feind gilt nichts. Totengedenken und nationale Feindschaft gehen Hand in Hand. Die Rechtfertigung des eigenen Tötens bleibt ausgeblendet, ist immer nur implizit anwesend, als unbefragte Voraussetzung. Explizit handelt der Totenkult allein vom Sinn des Sterbens, des Sich-Opferns.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 98

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Für uns

»Fern im Osten gähnt ein Grab

Fern, fern im Osten, da gähnt ein Grab
da senkt man zu tausend die Toten hinab
für uns!

Im Westen, da ragt manch Kreuz schlicht und klein
da liegen sie stumm in langen Reih’n
für uns

Und wo im Winde rauschet das Meer
da gaben sie freudig ihr Leben her
für uns

Sie opferten Zukunft und Jugendglück
sie kehren nie wieder zur Heimat zurück
für uns

Sie gaben ihr Alles, ihr Leben, ihr Blut
sie gaben es hin mit heiligem Mut
für uns

Und wir? wir können nur weinen und beten
für sie, die da liegen bleich, blutig, zertreten
für uns

Denn es gibt kein Wort, für das Opfer zu danken
und es gibt keinen Dank für sie, die da sanken
für uns«

Neue Kriegslieder für den Schulgebrauch, Breslau 1916 , herausgegeben von Kreisschulinspektor Dr. J. Radtke. Bei einer Schulfeier für den im Osten gefallenen Lehrer eines Charlottenburger Gymnasiums wurde dieses Gedicht 1915 erstmals vorgetragen. Der Obertertianer Reinhold Samuelsohn hat es verfasst.

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.


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Zeitgeist

»Bedenkt man, dass die damals bei der Denkmalserrichtung Beteiligten fast ausnahmslos den Krieg, in welcher Form auch immer, selbst miterlebt hatten, ist es nachvollziehbar, dass ein Projekt zur Ehrung der gefallenen Soldaten Unterstützung fand. Dieses Festhalten am militärischen Gedenken wie auch die Selbstwahrnehmung der Soldaten als Opfer war seinerzeit schlüssig, doch für uns ist es heute ›angesichts rechtsextremer Tendenzen unter den Veteranen und des aufwühlenden Streits um den verbrecherischen Charakter des nationalsozialistischen Krieges‹ (Thomas Kühne: Zwischen Vernichtungskrieg und Freizeitgesellschaft, S.92) erschreckend. So waren die Veteranen, ihre Kriegserfahrungen, Erzählungen und Denkweisen, in den ersten Jahren des Wiederaufbaus noch integraler Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Je ziviler und pluralistischer sich diese in den nächsten Jahrzehnten entwickeln sollte, desto isolierter würden viele Veteranen der Wehrmacht mit ihrer Weltsicht werden.

Der kalte Krieg stellte zunächst die Voraussetzung für das kollektive Vergessen der kriegerischen Extreme dar. Doch spätestens im Jahr 1995, mit Eröffnung der Wanderausstellung ›Verbrechen der Wehrmacht‹ und der fotografischen Dokumentation der Kriegsverbrechen wurde mit dem Mythos der ›Sauberen Wehrmacht‹ aufgeräumt. Indem die Täter der Wehrmacht ins Zentrum rückten, traten die persönlichen Opfer und Entbehrungen, die viele Soldaten zweifelsohne erlebt hatten, in den Hintergrund. Die polarisierte Sichtweise ist inzwischen differenzierter geworden. Heute ist bekannt, dass unter den Soldaten sowohl überzeugte Kämpfer, Mitmarschierer, Freiwillige, aber auch an die Front Gezwungene waren.«

Kriegerdenkmäler in der Friedensstadt, Aschendorff Verlag, 2018, S.93f


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I N H A L T

Das Denkmal
»Deutsch sein heisst treu sein«
Der Treueeid der Soldaten
Der Wahlspruch der Waffen-SS
»Im heilgen Kampfe«
Die deutsche Eiche
Das Eiserne Kreuz
Findlinge
»Lerne vom Militär«
Der dreieckige Gedenkplatz
Die Tafel an der Friedhofskapelle

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Aktuell:

Mitte November 2022 informierte uns der Gemeindearchivar Andreas Fischer-Happel über seine Initiative zu den Gedenkplätzen in Nahe. Aus dem Konzept:

»Gedenkplätze sind Orte der Erinnerung. Zum Erinnern gehört zu erkennen, in welchem Zusammenhang die Denkmale errichtet wurden, ihre aktuelle Bedeutung in Beziehung zu unseren freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu setzen und einen Lernprozess zu gestalten. [...] Die Gedenkorte sind trotz Inschriften nicht selbsterklärend und bedürfen der Kommentierung, um im öffentlichen Bewusstsein als wichtige Kulturdenkmäler der Gemeinde wieder stärker wahrgenommen zu werden.

Bei den Gedenkplätzen handelt es sich um:
• den Gedenkplatz zur Erinnerung an die Toten des 1. und 2. Weltkrieges gegenüber dem Dörpshus ›to de Nah‹
• den Gedenkplatz an der Kreuzung Wakendorfer Straße/Dorfstraße
• die Gedenktafel an der Friedhofskapelle [...]

Insbesondere die Inschrift ›Deutsch sein heißt treu sein‹ bietet unter der heutigen Gestaltung Platz für rechtsextremes Gedankengut. Dem soll durch die Neukonzeption entgegengewirkt werden. [...]

Für alle drei Gedenkplätze besteht der Bedarf nach einheitlich gestalteten Informationstafeln. Die Informationen sollten im Rahmen politischer Bildung in Handreichungen insbesondere für junge Menschen aufbereitet und zusammengefasst werden. Wünschenswert wäre hierzu ein Beteiligungsprozess unter Einbeziehung der Schule sowie der Kirchengemeinde.«

Vorstellung des Projekts in der Gemeindeversammlung am 18.8.22

Konzeptentwurf


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Nahe, Kreis Segeberg

Gegenüber vom »Dörpshus to de Nah«

Die annähernd kreisförmige Anlage umspannt eine Ecke der Kreuzung in der Dorfmitte, eine der Straßen heißt »Am Gedenkplatz«. Man erreicht die höhergelegte Fläche über eine dreistufige Steintreppe. Hier wird an die toten Soldaten beider Weltkriege aus Nahe erinnert. Der Gedenkplatz wurde 1923 vom Kyffhäuser-Bund initiiert und errichtet.

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Vor der stützenden Bruchsteinmauer ist ein Rastplatz mit Tisch und Bank aufgebaut. Die Anlage ist dicht eingerahmt von hohen Buchen. An der Kante zur Kreuzung stehen zwei Eichen, von denen eine nur noch als Stumpf vorhanden ist.

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Ringsherum führt ein Sandweg. Der Hauptstein und die flankierenden Namenssteine stehen dahinter am Rand des hinteren Halbkreises. Der Weg umschließt eine Rasenfläche mit kleinem runden Beet in der Mitte.

 

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Das zentrale Denkmal ist ein klotziges Monument, annähernd vier Meter hoch. Ein zweistufiger Bruchsteinsockel trägt einen genau eingepassten gespaltenen Findling.

 

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Oben auf der Fläche sehen wir ein Eisernes Kreuz in einer tiefergelegten, quadratischen Fläche mit eingemeißelter Krone, »W« und Jahreszahl 1914. Es ist eine Darstellung der dritten Ordensstiftung durch Wilhelm II., der in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger am 8. August 1914 erneuert hat und das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu dem deutschen Orden machte. Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten posthum und kollektiv von den Denkmalsstiftern verliehen, egal, wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat.

 

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Die Denkmalsanlage ist nach dem Ende des 1. Weltkriegs errichtet worden. Rechts und links vom Eisernen Kreuz sind die Zahlen der Kriegsjahre zu lesen. Zwischen diesen Zahlen und der Inschrift sind nach dem 2. Weltkrieg dessen Jahreszahlen, etwas beengt, hinzugefügt worden. Die nachfolgende Inschrift ist also auch nach dem 2. Weltkrieg in Nahe gewünscht und akzeptiert worden. Die Inschrift lautet:

Deutsch sein
heisst treu sein.

Ein beliebte Aufforderung der Nationalsozialisten, besonders an die Jugend, dann meist verstärkt durch ein Ausrufezeichen!

 

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Ein kleinerer, eingemauerter Stein darunter trägt den Sinnspruch:

Und wer den Tod
im heilgen Kampfe fand
ruht auch in fremder Erde
im Vaterland.

Vor dem Stein bildet der Sockelabsatz ein kleines Podest, das bis heute für die Ablage von Blumen benutzt wird, wie auf dem Foto zu sehen ist.

 

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Die Namenssteine von unterschiedlicher Größe und Form sind zwischen Weg und Baumrund aufgereiht. Auf ihnen werden die Dienstgrade, Vor- und Nachnamen, Regimentszugehörigkeit, Geburts- und Todestag und Todesort genannt.

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Die Steine mussten teilweise aufwendig abgestützt werden und die wachsenden Baumstämme und Wurzeln kommen den Steinen langsam aber sicher näher. Im Gegensatz zum massiven Denkmal sieht man für die Namenssteine durchaus eine fragile Zukunft voraus. Auf dem Foto oben sind Männer mit gleichem Nachnamen, wohl Brüderpaare, auf einem Stein zusammengeführt. Davon gibt es viele in Nahe, was für ein Grauen für die Familien! Drei Brüderpaare und ...

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... zwei Steine für »Gebrüder«. Die Familien Sahlmann und Griese haben jeweils in drei Kriegsjahren drei Söhne verloren!

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Das Denkmal steht in der Mitte der Namenssteine.

 

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Die Namenssteine dieses Brüderpaares sind mit Zement vereint worden.

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Insgesamt sind es 25 Steine, zwölf rechts, dreizehn links vom zentralen Denkmal.

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Zum Ende der Reihe werden die Steine merklich kleiner.

 

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Das trutzige Denkmal von hinten, die Baumwurzeln werden es wohl nicht anheben können.

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Die Sicht auf den Eckplatz mit der abgerundeten Bruchsteinmauer wird beherrscht von der mächtigen über dreihundertjährigen Eiche, die unter Naturschutz steht.

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»Beim Gedenkplatz« heißt die Straße.


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»Deutsch sein heisst treu sein«

Das ist ein Motto aus der rigiden Untertanenerziehung der wilhelminischen Kaiserzeit. In Kriegszeiten verstärkte sich seine Bedeutung.

Die Nationalsozialisten haben die Treue dann zu einem feststehenden Merkmal deutscher Identität erkoren. Mit der Indoktrination der Jugend fing es an:

 

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Für die weibliche Jugend beim Bund Deutscher Mädels genauso wie ...

 

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... für die Jungs der Hitlerjugend. Die sollten allerdings auch stark sein!

 

»Das ›Vaterland‹ forderte bedingungslose Treue und ließ keine Frage nach der Rechtmäßigkeit des Krieges, der Befehlshaber und der Befehle zu. Die absolute Treue wiegt die Schmach der Niederlage auf – man ist wenigstens treu geblieben, dem Eid, dem Vaterland, einer Idee, sich selbst – wem oder was auch immer.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.54

 

»Treue« war innerhalb der Nazi-Ideologie ein widerspruchsloser Gehorsam. Durch die Gleichsetzung der Begriffe »Treue« und »Ehre« wurde ein Treuebruch zu einem Ehrverlust. Der Begriff »Ehre« verlor dadurch seinen traditionellen moralischen Inhalt. Denn die Ehre eines Soldaten etwa, der sich aus Ehrgefühl weigern könnte, an einem Kriegsverbrechen teilzunehmen, spielte im Ehrbegriff keine Rolle mehr. Es zählte allein der blinde Gehorsam.

Die Projektion auf den Führer hin war notwendig, um den bedingungslosen Gehorsam auch bei verbrecherischen Befehlen zu erreichen. Dies konnte man nicht durch ein Gesetz erzwingen. Es bedurfte der Freiwilligkeit des Soldaten, die durch Umdeutung traditioneller Ideale erreicht wurde.

nach Wikipedia, abgerufen am 16.2.2014

 

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Auf Websites mit Nazi-Devotionalien von und für Rechtsextremisten findet man ein reiches Angebot von Gegenständen mit diesem Spruch: T-Shirts, Poster etc.

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Der Treueeid der Soldaten

Hartmut Häger hat die Formeln des Fahneneids von 1914 bis heute zusammengestellt:

»Preußische Armee
›Ich (Vor- und Zuname) schwöre zu Gott dem Allwissenden und Allmächtigen einen leiblichen Eid, daß ich seiner Majestät dem König der Preußen Wilhelm II., meinem allergnädigsten Landesherren, in allen und jeden Vorfällen, zu Land und zu Wasser, in Kriegs- und Friedenszeiten und an welchen Orten es immer sei, getreu und redlich dienen, Allerhöchstdero Nutzen und Bestes befördern, Schaden und Nachteil aber abwenden, die mir vorgelesenen Kriegsartikel und die mir erteilten Vorschriften und Befehle genau befolgen und mich so betragen will, wie es einem rechtschaffenen, unverzagten, pflicht- und ehrliebenden Soldaten eignet und gebühret. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum und sein heiliges Evangelium!‹
(Jüdische Soldaten: ›So wahr mir Gott helfe!‹)

Reichswehr
›Ich schwöre Treue der Reichsverfassung und gelobe, dass ich als tapferer Soldat das Deutsche Reich und seine gesetzmäßigen Einrichtungen jederzeit schützen, dem Reichspräsidenten und meinen Vorgesetzten Gehorsam leisten will‹ (bis 2. August 1934)

Wehrmacht
›Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, dass ich dem Führer des deutschen heiligen Reiches, Adolf Hitler, dem Obersten Befehlshaber der Wehrmacht, unbedingt Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen.‹ (ab 2. August 1934)

Bundeswehr
›Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe.‹

Nationale Volksarmee
›Ich schwöre: Der Deutschen Demokratischen Republik, meinem Vaterland, allzeit treu zu dienen und sie auf Befehl der Arbeiter-und-Bauern-Regierung gegen jeden Feind zu schützen.
Ich schwöre: An der Seite der Sowjetarmee und der Armeen der mit uns verbündeten sozialistischen Länder als Soldat der Nationalen Volksarmee jederzeit bereit zu sein, den Sozialismus gegen alle Feinde zu verteidigen und mein Leben zur Erringung des Sieges einzusetzen.
Ich schwöre: Ein ehrlicher, tapferer, disziplinierter und wachsamer Soldat zu sein, den militärischen Vorgesetzten unbedingten Gehorsam zu leisten, die Befehle mit aller Entschlossenheit zu erfüllen und die militärischen und staatlichen Geheimnisse immer streng zu wahren.
Ich schwöre: Die militärischen Kenntnisse gewissenhaft zu erwerben, die militärischen Vorschriften zu erfüllen und immer und überall die Ehre unserer Republik und ihrer Nationalen Volksarmee zu wahren.
Sollte ich jemals diesen meinen feierlichen Fahneneid verletzen, so möge mich die harte Strafe der Gesetze unserer Republik und die Verachtung des werktätigen Volkes treffen.‹«

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Der Wahlspruch der Waffen-SS

Traditionelle Tugendbegriffe wie »Ehre« und »Treue« oder auch »Kameradschaft«, »Gehorsam« usw. waren in der Sprache der SS-Ideologie reichlich enthalten. Jedoch hat die SS durch einen spezifisch nationalsozialistischen Gebrauch diesen Wörtern ihren eigenen Sinn verliehen. So war der Begriff »Treue« allein auf die Person Adolf Hitlers ausgerichtet. Dies drückte sich unter anderem im Eid der SS-Männer aus:

»Wir schwören Dir, Adolf Hitler (…) Treue und Tapferkeit. Wir geloben Dir und den von Dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod« […]

Der Wahlspruch der Waffen-SS lautete »Unsere Ehre heißt Treue«. Dieser Spruch oder Abwandlungen davon sind in einigen Ländern strafbar, in Deutschland durch das Strafgesetzbuch, § 86a StGB, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

nach Wikipedia, abgerufen am 16.2.2014

 
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»Im heilgen Kampfe«

Und wer den Tod
im heilgen Kampfe fand
ruht auch in fremder Erde
im Vaterland.

Das ist der Schlussvers eines Marschliedes für freiwillige Scharfschützen aus dem Jahr 1813 von Albert Methfessel (1785 - 1869). Ein Hohn für die Millionen Toten, die in zwei von Deutschland angefachten Kriegen sterben mussten, wenn wir diesen Spruch heute an einem Denkmal lesen!

»Auch benutzt vom evangelischen Domprediger Erich Pfalzgraf 1915 in einem Artikel der Bremer Kriegsschau, der sich besonders an die Angehörigen von Gefallenen wendet und ihnen die richtige patriotische Haltung im Umgang mit der Tatsache beibringen will, dass sie auf ein Grab in der Heimat verzichten müssen.«

Holger Böning und Michael Nagel, Erster Weltkrieg und Bremer Presse, S. 248

»Keine neue Gedenktafel relativiert den sträflichen Unfug von ›Ehre‹, ›Heldentod‹ und ›Vaterland‹, kein Schaukasten erläutert, dass ein ›heiliger Kampf‹ niemals der für Kolonien, Absatzmärkte, Macht, Einflusssphären oder Rohstoffe sein kann ... «

Blog »kommunal« Aschaffenburg – Miltenberg


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Die Deutsche Eiche

Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 

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Die gewaltige Eiche auf dem Denkmalsplatz in Nahe.

»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

 

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Von einer zweiten Eiche ist nur noch ein riesiger Baumstumpf zurückgeblieben. Dadurch haben wir einen freien Blick auf die frühere Naher Volksschule, in der heute das Naher »Dörpshus« untergebracht ist.

SH Nahe Doerpshuus web


Wenn man das Familienzentrum verläßt, fällt der Blick unwillkürlich auf die Gedenkstätte mit dem Spruch »Deutsch sein heisst treu sein«.


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

     Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

Spiegeltitel 50 2022 EK Reichsbuerger web

... und ganz aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

SH Haffkrug Veteranenabzeichen der Bundeswehr 2019 DocHeintz Wikimedia Commons web
Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll. Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die uns alle verbinden: Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft ...«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


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Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28


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»Lerne vom Militär«

Karl Wolgast: Drag. D.R. 17.
Emil Wrage: Musk. R.J.R. 84.
Hans Rehder: Gard. G.J.G. 8.
Hans Steenbock: Jäger R.J.B. 2.
Gustav Zietz: Wehrm. J.R. 85.

Das sind einige der Dienstgrade, die in Nahe auf den Namenssteinen stehen. Sie kommen uns heute wie böhmische Dörfer vor, früher kannte sie jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.

MP Zehlendorf Kinderkarte web


Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: »Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.« In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

»Lerne vom Militär!« – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe »mit einem einzigen Ruck zu geschehen« und müsse »klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade«, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im »Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt« müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und »zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren«.

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45

... und noch eine revanchistische Postkarte »Deutsche Jugend« nach dem 1. Weltkrieg:

SH Marienwarder Deutsche Jugend 1WK web


Heil Dir Deutschland, deine Zukunft
             Schimmert vor dir hell und klar
Denn der Heldensinn der Väter
             Schlummert in der Jugend Schaar.

Aber auch 1956 billigt ein Leser der Frankfurter Illustrierten dem Militär, damals der gerade neu gegründeten Bundeswehr, in einem Leserbrief erzieherische Expertise zu:

Frankfurter Illustrierte 1956 leserbrief web


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Der dreieckige Gedenkplatz

Wir finden ihn an der Kreuzung Wankendorfer Straße / Dorfstraße, früher war hier die Viehtränke des Dorfes.

SH Nahe Denkmalsplatz Schilderwald web


Eine niedrige Bruchsteinmauer umschließt den Platz, der wohl nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/1871 angelegt wurde. Auf dem Foto sehen wir ihn im heutigen Ambiente.

SH Nahe Denkmalsplatz drei Steine web


Drei in etwa gleich große Steine erinnern an Wegmarken der Deutschen Geschichte.


SH Nahe Denkmalsplatz Friedenseiche web


In der Spitze steht die Friedenseiche. Nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg forderte die Regierung im Deutschen Kaiserreich dazu auf, Friedenseichen zu pflanzen und zu pflegen, damit »dieses Sinnbild deutscher Kraft und deutscher Treue sich in aller Herrlichkeit entwickeln könne und künftigen Geschlechtern Gelegenheit geben würde, sich in seinem Schatten dankbar der Helden von 1870 und 1871 zu erinnern.«

In der Chronik von Meddewarde wird der Eintrag im Amtsblatt des Regierungs-Vizepräsidenten dazu so dokumentiert: »Den Herren Landräten gebe ich zur gefälligen Erwägung anheim, ob es sich nicht empfehlen möchte, in geeigneter Weise darauf hin zu wirken, dass (sofern die Boden- und klimatischen Verhältnisse es gestatten) zur Erinnerung an die gewaltigen Ereignisse des letzten Jahres, ähnlich wie das an vielen Orten nach Beendigung der Freiheitskriege und vor einigen Tagen in Bremen geschehen ist, in den verschiedenen Guts- und Gemeindebezirken unter angemessenen Feierlichkeiten, insbesondere unter Zuziehung der Schuljugend möglichst hochstämmige Friedenseichen gepflanzt werden.

Selbstverständlich muss es dann aber auch von den betreffenden Gemeinden als Ehrensache angesehen werden, diese Friedenseichen zu schützen und zu pflegen, damit dieses Sinnbild deutscher Kraft und deutscher Treue ...«, siehe oben!

SH Nahe Denkmalsplatz Friedenseiche Stein web


Die Inschrift auf dem Stein hinter der Friedenseiche lautet:

FRIEDENS=EICHE

22.MAERZ 1871

Das Datum markiert das Ende des Deutsch-Französischen Kriegs zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


SH Oldesloe Anton von Werner Kaiserproklamation web

Die Kaiserproklamation in Versailles, Wandgemälde von Anton von Werner für die Ruhmeshalle Berlin. 1944 wurde es nach einem Bombentreffer zerstört.


»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

Mehr auf www.bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung


SH Nahe Denkmalsplatz KaiserW web


Der nächste Stein beschäftigt sich mit:

Kaiser Wilhelm I.
22. März 1797-1887

Es wird an den 90. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I. erinnert, etwa ein Jahr später am 9. März 1888 starb er. Am 22. März 1897 feiert man dann überall im Deutschen Reich den fiktiven 100. Geburtstag Kaiser Wilhelms I., der aus diesem Anlass wegen seiner Verdienste zur Reichseinigung (siehe oben) von Kaiser Wilhelm II. zu »Kaiser Wilhelm der Große« erklärt wurde. Kaiser Wilhelm I. und sein Kanzler Bismarck haben ihr Jahrhundert geprägt. Um beide entstand nach ihrem Tod eine kultische Verehrung. Kaiser Wilhelm II. förderte die Vergötterung seines Großvaters, für den zu dessen 100. Geburtstag das riesige Nationaldenkmal in Berlin, etwa 350 Denkmäler in deutschen Städten und zahlreiche Gedenksteine eingeweiht wurden.


SH Nahe Denkmalsplatz Doppeleiche web


Am Ende des Gedenkplatzes steht die Naher Doppeleiche: »An die Schleswig-Holsteinische Erhebung von 1848 erinnern die so genannten Doppeleichen, die in vielen Dörfern anlässlich des 50. Jahrestages am 24. März 1898 unter besonderen Feierlichkeiten gepflanzt wurden. Sie galten den schleswig-holsteinisch Gesinnten als Sinnbild für Freiheit und Unabhängigkeit von Dänemark sowie für die Einheit von Schleswig und Holstein. Deshalb findet man diese Art von Gedenkbäumen auch nur im nördlichsten Bundesland. Das Privileg von Ripen von 1460 und das Schlagwort »Up ewig ungedeelt« diente dabei den Schleswig-Holsteinern als Grundlage ihres Anspruchs. Die Idee der Doppeleiche kam erstmalig auf dem schleswig-holsteinischen Sängerfest 1844 in Schleswig auf, als das Schleswig-Holstein-Lied erstmalig gesungen wurde; hier heißt es in der 7. Strophe: ›Teures Land, du Doppeleiche, unter einer Krone Dach, stehe fest und nimmer weiche, wie der Feind auch dräuen mag! Schleswig-Holstein, stammverwandt, wanke nicht, mein Vaterland!‹.

SH Doppeleichen Anzeige web

Anzeige des Gärtners Beck: »Zur Verherrlichung des Nationalgesanges«


Als Standort dieser Bäume wählte man besonders exponierte Plätze in der Dorfmitte oder in der Nähe von Schulen und Gaststätten. Es gab zwei Möglichkeiten, eine Doppeleiche zu schaffen: Entweder pflanzte man zwei Eichen in einem Pflanzloch so eng zusammen, dass aus einer Wurzel die Stämme wuchsen [wie in Nahe], oder man ordnete die beiden Eichen so an, dass diese aus zwei Pflanzstellen herauswuchsen und im Stammbereich zusammengeführt wurde.«

• Telse Stoy, Heimatgemeinschaft Eckernförde e. V., 2014. »Doppeleichen in Schleswig-Holstein«, in: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-261830, abgerufen: 18. Februar 2019.


SH Nahe Denkmalsplatz Erhebung web


... und der Stein dazu:

Zur Erinnerung
an die Erhebung
Schlwg=Holst.
24 März 1848=1898

Die Schleswig-Holsteinische Erhebung entstand im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen 1848 als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum strebten einen Nationalstaat an, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte.

Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt und nach anfänglichen Erfolgen schlussendlich von der dänischen Seite besiegt wurden.


SH Nahe Denkmalsplatz Eingang web


Man betritt den Denkmalsplatz von hinten durch eine Lücke in der Bruchsteinmauer.

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Die Tafel an der Friedhofskapelle

Die gegossene Betontafel ist neben dem Eingang zur Friedhofskapelle in einen flachen Anbau an der Ziegelwand eingelassen. Sie ist den Toten des 2. Weltkriegs gewidmet.


SH Nahe Schild web


Die Kapelle wurde 1960 erbaut, den freistehenden Glockenturm erhielt sie 1963. Bis 1994 war sie die Kirche von Nahe, danach wurde sie Friedhofskapelle.

SH Nahe Friedhof Kapelle Eingang nah web

Ursprünglich war die Tafel Teil eines früheren Gedenkplatzes an der Kapelle. Später bekam sie den herausgehobenen Platz neben der Kapellentür.

SH Nahe Friedhof Kapelle Tafel web


Die Widmung ist in klotziger Frakturschrift gesetzt. Auf stern.de ist am 23.05.2021 zu lesen: »Bei der Propaganda überließen die Nationalsozialisten nichts dem Zufall. Selbst die Schrift wurde bewusst gewählt. [...] Wenn wir heute einen Text sehen, der in sogenannter Frakturschrift gedruckt ist, sagt unser aller ikonographisches Gedächtnis: das ist doch von den Nazis!«

Link zum Artikel, gebührenfrei vorgelesen

 

Die Botschaft auf der Tafel lautet:

Denen die für uns starben
in Dankbarkeit errichtet
von den Gemeinden
Itzstedt  Nahe  Kayhude
1939 – 1945

»Die Benennung des 2. Weltkriegs als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg« mahnt der Naher Gemeindearchivar Andreas Fischer-Happel in seinem Projekt »Erinnern, Erkennen, Gestalten« zur Tafel auf dem Friedhof an (siehe das Kapitel »Aktuell« am Anfang dieser Dokumentation).

SH Nahe Friedhof Kapelle Tafel Detail web

Wer starb 1939 – 1945? 3,2 Millionen Soldaten der Deutschen Wehrmacht; 6 Millionen Jüdinnen und Juden bei Erschießungsaktionen durch eben diese Wehrmachtssoldaten und in den Vernichtungslagern der Nazis; Millionen Opfer in den Konzentrationslagern zur Beseitigung politischer Gegner, Ausbeutung durch Zwangsarbeit, medizinische Menschenversuche und Internierung von Kriegsgefangenen; Hunderttausend »unwerte Leben« im Vernichtungsprogramm der Nazis; Soldaten anderer Nationen, z.B. 10 Millionen Soldaten der Roten Armee; rund 50 Millionen zivile Kriegstote ...

Wem gilt die Dankbarkeit?


Der NS-Völkermord auf LeMO, Deutsches Historisches Museum

Die Nationalsozialistischen Konzentrationslager auf LeMO

»Konzentrationslager« bei Wikipedia

Euthanasie: Die »Rassenhygiene« der Nationalsozialisten, NDR am 11.8.2021

 
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I N H A L T
Das Denkmal
»Treue um Treue«
Das Schwert
Das Eiserne Kreuz
Die deutsche Eiche
www.nettelsee.de

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Nettelsee, Kreis Plön

An der Dorfstraße

Die kleine, rechteckige Denkmalsanlage ist den toten Soldaten beider Weltkriege und den Opfern des 2. Weltkriegs gewidmet.

 

SH Nettelsee gesamt

Die Anlage ist umgeben von einer niedrigen Mauer mit drei gemauerten Pfeilern über Eck auf jeder Seite. Die Pfeiler sind mit Eisenketten verbunden.

 

SH Nettelsee Eingang web


Der Eingang ist mit einer Doppelkette verschlossen.

 

SH Nettelsee ganz web

 

In der Mitte der geschwungenen Mauer aus bunten Bruchsteinen erhebt sich ein angedeuteter antiker Tempel mit zwei Säulen, Architrav (horizontaler Stützbalken) und Tympanon (Giebel).

SH Nettelsee Mitte


Im Giebel sehen wir einen Stahlhelm im Relief. Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern.

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


     SH Nettelsee Mitte web

 

Unter dem Giebel ist eine Tafel eingelassen mit den 11 Namen der toten Soldaten im 1.Weltkrieg, chronologisch geordnet nach ihrem Sterbedatum. Über der Namensliste ist ein Eisernes Kreuz herausgearbeitet mit preußischer Königskrone, »W« für König Wilhelm II. und »1914« für das Jahr seiner Ordensstiftung.

Darunter steht die Inschrift:

Jungs hier to Hus – Helden in der Frömm
(Hochdeutsch: Jungs hier zu Hause – Helden in der Fremde).

»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. Das soll die Hinterbliebenen stolz machen. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, S. 89

 

SH Nettelsee Tafel2

 

Rechts und links stehen kleinere Versionen des mittleren »Tempels« mit Tafeln zum Gedenken der toten Soldaten (links) und der »wehrlosen Opfer« (rechts) im 2. Weltkrieg. Es werden keine Namen genannt.

SH Nettelsee links oben web

In einem grob ausgemeißelten, rechteckigen Feld bleiben erhaben stehen: die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs, dazwischen das Relief eines Stahlhelms auf Eichenlaub, darunter das Heft eines Schwertes, dessen Klinge sich über die Inschrift darunter fortsetzt.


SH Nettelsee links Inschrift web


Die mittig gesetzte Inschrift für die Soldaten der Deutschen Wehrmacht lautet:

Euch, die Ihr in
hartem Kampf fürs
Vaterland Euer Leben
gabet, gilt unser Gruß
und unser inniger Dank.
Treue um Treue

Die Schwertklinge teilt nur die erste und vierte Zeile.
 

SH Nettelsee Tafel1


Rechts sehen wir oben ein gleichartig ausgemeißeltes Feld, wieder mit den Jahreszahlen des Krieges, diesmal steht zwischen den Zahlen ein christliches Kreuz im Relief.


SH Nettelsee rechts Inschrift web

 

Die Inschrift auf der rechten Tafel, ebenfalls mittig gesetzt, hier unterbrochen vom senkrechten Balken des Kreuzes, lautet:

Auch Eurer gedenken
wir, die Ihr wehrlos
dem Kriege zum Opfer
fielet nach Gottes uner-
forschlichem Ratschluß.
Sein Wille geschehe


In Nettelsee wird auf dieser Tafel der »wehrlosen« Kriegsopfer gedacht. Wer damit gemeint ist: die zivilen, deutschen Opfer; auch die zivilen Opfer der von Deutschland überfallenen Länder; die Opfer des Naziterrors; die Zwangsarbeiter; die Kriegsgefangenen – wir wissen es nicht. Was aber eindeutig ist: der von Menschen verantwortete Krieg wird als Gottes Wille bezeichnet. Das ist Häresie.

SH Nettelsee rechts web


Der abgerundete Abschluß der kleinen Anlage mit kugelgekröntem Endpfosten.

SH Nettelsee Fahnenstangen web


Fahnenmasten zeigen an, dass die Gedenkfeiern mit Beflaggung stattfinden, ...

SH Nettelsee Kranzhalter web


... auch die Kranzhalter sind im Mai 2020, als diese Fotos entstanden, unbenutzt.

SH Nettelsee Ehrenmal web


»Am Ehrenmal« heißt die Straße! Eine gute Adresse?

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»Treue um Treue«

Traditionelle Tugendbegriffe wie »Ehre« und »Treue« oder auch »Kameradschaft«, »Gehorsam« usw. waren in der Sprache der SS-Ideologie reichlich enthalten. Jedoch hat die SS durch einen spezifisch nationalsozialistischen Gebrauch diesen Wörtern ihren eigenen Sinn verliehen. So war der Begriff »Treue« allein auf die Person Adolf Hitlers ausgerichtet. Dies drückte sich unter anderem im Eid der SS-Männer aus:

»Wir schwören Dir, Adolf Hitler (…) Treue und Tapferkeit. Wir geloben Dir und den von Dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod« […]

»Treue« war innerhalb der SS-Ideologie ein widerspruchsloser Gehorsam. Durch die Gleichsetzung der Begriffe »Treue« und »Ehre« wurde ein Treuebruch zu einem Ehrverlust. Der Begriff »Ehre« verlor dadurch seinen traditionellen moralischen Inhalt. Denn die Ehre eines Soldaten etwa, der sich aus Ehrgefühl weigern könnte, an einem Kriegsverbrechen teilzunehmen, spielte im Ehrbegriff der SS keine Rolle mehr. Es zählte allein der blinde Gehorsam.
Die Projektion der Tugendbegriffe auf den Führer hin war notwendig, um den bedingungslosen Gehorsam auch bei verbrecherischen Befehlen zu erreichen. Dies konnte man nicht durch ein Gesetz erzwingen. Es bedurfte der Freiwilligkeit des Soldaten, die durch Umdeutung traditioneller Tugendideale erreicht wurde.

nach Wikipedia, abgerufen am 16.2.2014

 

Erlass von Heeresinspekteur Bruno Kasdorf vom 6. Mai 2014, in Kraft gesetzt am 20. Mai:

»Im Verantwortungsbereich der DSK [Division Schnelle Kräfte] wird der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ zur Ehrung für die gefallenen Bundeswehrsoldaten vom ›Karfreitagsgefecht‹ des 02. April 2010 innerhalb von Liegenschaften der Bundeswehr genutzt. Darüber hinaus findet der Wahlspruch u.a. in Dienstgebäuden oder auch auf diversen Trinkbechern in Form einer Gravur Verwendung.

In Anlehnung an die Weisung FüSK II 4 [Abteilung Führung Streitkräfte im Verteidigungsministerium] und als Ergebnis der durch den InspH [Inspekteur des Heeres] beauftragten Untersuchung des Wahlspruches durch bundeswehreigene und externe Institutionen wird festgestellt, dass der Ausdruck nicht geeignet ist, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen und in diesem Zusammenhang Treuepflicht zu symbolisieren.

In heutiger Wahrnehmung und in der Geschichte deutscher Streitkräfte ist der Wahlspruch im Wesentlichen durch die Verwendung als Motto der Fallschirmjägertruppe der Wehrmacht geprägt worden und mit dieser verbunden.
Es ist davon auszugehen, dass seine Verwendung in der Bundeswehr und insbesondere bei den Fallschirmjägern in der öffentlichen Wahrnehmung auch als Bekenntnis zu einer Traditionslinie Wehrmacht – Bundeswehr aufgefasst wird.
Mit Entscheidung InspH vom 06. Mai 2014 wird die Nutzung des Wahlspruches ›Treue um Treue‹ für das Deutsche Heer im dienstlichen Umfeld in jeglicher Form verboten.«

Die im Erlass genannte Weisung aus dem Ministerium, datiert vom 26. Februar 2013, verbietet ausdrücklich diesen Spruch für die Gedenktafeln für gefallene Bundeswehrsoldaten:
»Im Einsatzgebiet AFG enthalten zwei Gedenktafeln für Gefallene der Bundeswehr die Inschrift ›Treue um Treue‹. (…) Hierzu ist festzustellen: Die Inschriften sind nicht geeignet, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen oder die den Soldaten der Bundeswehr abverlangte Tapferkeit und Treuepflicht zu symbolisieren. Vielmehr ist absehbar, dass die Inschriften zu Missverständnissen führen können, die einem würdigen Gedenken an die Gefallenen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit abträglich sind. Der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ ist daher auf Gedenktafeln für die Gefallenen der Bundeswehr nicht zu verwenden.«

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Das Schwert

Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf  eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue. Auf den Kriegerdenkmälern fordern Schwerter, selbst wenn sie als Zeichen der Niederlage gesenkt oder abgebrochen dargestellt werden, die nachfolgenden Generationen zu »Wehrwillen und Mannhaftigkeit« auf.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Die englische Königin führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf, obwohl es natürlich nicht mehr benutzt wurde.

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

     Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017


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Die Deutsche Eiche

Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 
SH Nettelsee Eiche Denkmal web


Auf dem Platz vor der Denkmalsanlage steht diese gewaltige Eiche.

»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


Nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 forderte die Regierung im Deutschen Kaiserreich dazu auf, Friedenseichen zu pflanzen und zu pflegen, damit »dieses Sinnbild deutscher Kraft und deutscher Treue sich in aller Herrlichkeit entwickeln könne und künftigen Geschlechtern Gelegenheit geben würde, sich in seinem Schatten dankbar der Helden von 1870 und 1871 zu erinnern.«


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

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www.nettelsee.de

Drei Motive zeigt der Slider von www.nettelsee.de: den Nettelsee, der dem Dorf seinen Namen gegeben hat, das »Ehrenmal«:

SH Nettelsee Website web

 

... und zu guter Letzt noch die Ev.-Luth.-Kapelle beim Friedhof in Nettelsee.


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I N H A L T
Das Denkmal
Eine historische Ansicht
Das Flügelrad
Das Eiserne Kreuz
»Der ideale Soldat«

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Neumünster

Nahe dem Hauptbahnhof

Es ist das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs, die im zivilen Leben bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt waren. Errichtet wurde es 1926 vom Eisenbahnverein und dem Reichsbund Deutscher Eisenbahn-Kriegsteilnehmer nach dem Entwurf von Reichsbahnoberrat Wilhelm Eitner (1878 - 1966) von der Eisenbahndirektion Altona.


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Foto: Wusel007 / Wikimedia Commons

Die 8,5 Meter hohe, mehrstufige Säule mit quadratischem Grundriss wurde im expressionistischen Stil aus roten Klinkersteinen gemauert. Die Terrakottatafeln an allen vier Seiten sind nach Modellen von Richard Kuöhl aus Hamburg gefertigt worden. Ursprünglich waren sie leicht vergoldet. Stufen und Tafeln haben Kupferabdeckungen. Die Pfeilerform wurde gewählt, weil sich zur Zeit der Errichtung in der unmittelbaren Nachbarschaft die Tore zum Güterbahnhof befanden.


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An allen vier Seiten gibt es oben ein Eisernes Kreuz im Relief, ein hohes gemauertes Zierelement mit streng diagonal gesetzten Steinen, auf den Tafeln eine gezackte Kupferabdeckung und auf der im geometrischen Muster gemauerten Sockelstufe einen Kranzhalter.

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Auf der Seite zur Straße ist die Haupttafel aufgesetzt. Im Medaillon das Relief eines Soldatenkopfs mit Stahlhelm und einem Lorbeerkranz. Darunter die Inschrift:

Für Euch!

Alle Tafeln haben an den Seiten schmale Zierranken.


SH Neumuenster Seite3 web


Rechts und links werden die Namen von insgesamt 109 toten Soldaten aufgeführt. Über den zweispaltigen Listen ist ein Stein mit dem Halbrelief eines Flügelrads, dem Symbol der Reichsbahn, eingefügt.


SH Neumuenster Seite4 web


Auf der Rückseite befindet sich die Widmungstafel. Unter einem Lorbeerkranz mit Schleife befindet sich die Inschrift:

Unseren 1914=1918 auf dem Felde der Ehre gebliebenen Kameraden zum ehrenden Gedenken
gewidmet vom Eisenbahnverein und Reichsbund Deutscher Eisenbahnkriegsteilnehmer
Neumünster 1926

Neben der Jahreszahl noch zwei Lorbeerzweige.


SH Neumuenster 2 web

Ebenfalls dokumentiert sind auf dieser Website Kuöhls Denkmäler in:


Hamburg Dammtor

Hamburg Langenhorn

Schleswig-Holstein Rendsburg

Schleswig-Holstein Wilster

Hamburg Neuenfelde

Hamburg Finkenwerder

Hamburg Moorburg

Schleswig-Holstein Großhansdorf

Schleswig-Holstein Lübeck


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Eine historische Ansicht

Das Denkmal in alten Zeiten: brav eingezäunt und ...

SH Neumuenster Karte web


... weit und breit das höchste Bauwerk!


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Das Flügelrad

Das Flügelrad ist ein Symbol der Eisenbahn und des Schienenverkehrs, es ist weltweit verbreitet. Es steht für die Geschwindigkeit, die in den Anfangsjahren der Eisenbahn für die Menschen sehr – manchmal fast beängstigend – groß war. Es hat seinen Ursprung in den Darstellungen des geflügelten Götterboten Hermes.

Nahezu 150 Jahre wurde dieses Symbol von jedem Eisenbahner in unterschiedlicher Ausführung auf der Uniform, Mütze und zugehörigen Gegenständen getragen. Es war der bildliche Begriff für die Eisenbahn schlechthin, lange bevor man »Logos« kreierte.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 17. 11. 2016

 

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Foto: SchiDD / Wikimedia Commons


Das geflügelte Rad der Deutschen Reichsbahn: eine Skulptur am Gebäude der Deutschen Bundesbahn in Dresden, Ammonstraße 8

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II. dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

Am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf Polen, erneuerte Adolf Hitler das Eiserne Kreuz in 4. Stiftung und machte das ehemals preußische Ehrenzeichen zu einem nationalsozialistischen Kriegsorden. Dabei profitierte er vom hohen moralischen und symbolischen Wert der traditionsreichen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt. Heute ist das Eiserne Kreuz mit Hakenkreuz in der Mitte ein verfassungsfeindliches Propagandamittel.


Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web2

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

 

Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den Soldaten posthum und kollektiv verliehen für die, nach Meinung der Denkmalsstifter, durch ihren Kriegstod erwiesene Treue und Tapferkeit, egal wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat.


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»Der ideale Soldat«

1930 beschreibt der NSDAP-Ideologe Alfred Rosenberg im »Mythus des 20. Jahrhunderts – Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit« das typische Gesicht des idealen Soldaten so:

»In allen Städten und in allen Dörfern Deutschlands sehen wir hier bereits die Ansätze dazu. Die Gesichter, die unterm Stahlhelm auf den Kriegerdenkmälern hervorschauen, sie haben fast überall eine mystisch zu nennende Ähnlichkeit. Eine steile durchfurchte Stirn, eine starke gerade Nase mit kantigem Gerüst, ein festgeschlossener schmaler Mund mit der tiefen Spalte eines angespannten Willens. Die weitgeöffneten Augen blicken geradeaus vor sich hin. Bewußt in die Ferne, in die Ewigkeit. Diese willenhafte Männlichkeit des Frontsoldaten unterscheidet sich merklich vom Schönheitsideal früherer Zeiten: die innere Kraft ist noch deutlicher geworden als zur Zeit der Renaissance und des Barock. Diese neue Schönheit ist aber auch ein arteigenes Schönheitsbild des deutschen Arbeiters, des heutigen ringenden Deutschen schlechtweg.«

SH Uetersen Kopf web


Detail des Denkmals auf dem Friedhof von Uetersen

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I N H A L T

Kriegsopfer – nur Männer?
Der jüdische Friedhof
Das Cap Arcona-Gedenken
Displaced Persons
Das DP-Lager in Neustadt: »Auf dem Wieksberg«
1966: U-Boot Hai gesunken!

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Neustadt, Kreis Ostholstein

Auf dem Evangelischen Friedhof

Text folgt


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kriegsopfer – nur Männer?

Text folgt

Die Stätte ist der Begräbnisort, die menschlichen Überreste liegen unter der Rasenfläche um die Namensplatten herum.


SH Neustadt Friedhof WK web2

SH Neustadt Opfer Gesamt web2

 

Deutsche Soldaten, 4 Tafeln, nur Männer

SH Neustadt Friedhof WK Bodenplatte web

 

SH Neustadt Friedhof WK Tafel1 web


48 Männer. Todesjahre: 2x unbekannt, 1x 1940, 1x 1943, 3x 1944, 39x 1945, 3x 1946, 1x 1947

 

SH Neustadt Friedhof WK Tafel2 web


48 Männer. Todesjahre: 2x 1943, 2x 1944, 38x 1945, 5x 1946, 1x 1948

 

SH Neustadt Friedhof WK Tafel3 web

47 Männer. Todesjahre: 1x unbekannt, 2x 1941, 1x 1942, 4x 1944, 37x 1945, 1x 1946, 1x 1947

SH Neustadt Friedhof WK Tafel4 web


48 Männer. Todesjahre: 2x unbekannt, 5x 1944, 36x 1945, 2x 1946, 1x 1947, 1x 1950, 1x 1952 (unbekannter Marinesoldat)

 

SH Neustadt Friedhof WK Stiefmuetterchen web

In der Mehrzahl 1945 gestorben. Lazarett?


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Der jüdische Friedhof

Text folgt

Eigenständiger Bereich, Hecke, Mauer, offene Pforte. In städtischer Verwaltung.

SH Neustadt Friedhof jued Tuer web

 

SH Neustadt Friedhof jued viele web


Etwa hundert Grabsteine, 24x Todesdatum 3. Mai 1945 mit KZ Nummern, weitere Angaben in hebräischer Schrift

SH Neustadt Friedhof jued KZ web


SH Neustadt Friedhof jued KZ einzel web


jüdische KZ-Häftlinge mit Häftlingsnummer in lateinischer Schrift.

 

SH Neustadt Friedhof jued vergoennt web


Viele Bronzebuchstaben fehlen

»Es war ihm vergönnt die Befreiung noch zu erleben«
Sterbedatum: 20. Mai 1945

 

SH Neustadt Friedhof jued viele gerade web


Viele starben nach der Befreiung an den Folgen der erlittenen gesundheitlichen Qualen während der KZ-Haft.

 

SH Neustadt Friedhof jued Jamberger web

 

SH Neustadt Friedhof jued Goldschmidt web


Dokumentierte Todesjahre: 4x unbekannt, 81x 1945, 4x 1947

 

SH Neustadt Friedhof jued engl web


SH Neustadt Friedhof jued Kreuz web

Christliches Kreuz:

Hier ruht in Frieden meine innig geliebte Frau
Karola Labandter
+ 28. 5. 1945
im Alter von 45 Jahren

 

SH Neustadt Friedhof jued hebr web


SH Neustadt Friedhof jued viele2 web

 

Das Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein stellt in seiner Datenbank Beschreibungen der geschützten Denkmäler zur Verfügung. Hier die Beschreibung des jüdischen Friedhofs in Neustadt: »Jüdischer Friedhof; 1945-47; kleiner, am 05.01.1947 geweihter Friedhofsbezirk innerhalb des Ev. Friedhofs Neustadt mit eigenem Zugang vom Grasweg her durch ein Tor zwischen breiten Backsteinpfeilern und mit diesen einen kleinen Vorplatz ausbildenden Zugenmauern am Grasweg, zur Straße hin von einer erneuerten Backsteinmauer begrenzt, zum Evangelischen Friedhof hin heute von Hecken umgeben. Vis à vis des Eingangs steht inmitten einer kleinen Grünfläche ein Gedenkstein, er erinnert in hebräischer, deutscher und englischer Inschrift an das Schicksal der hier bestatteten KZ-Häftlinge. Die schlichten Grabmale sind in Reihen angeordnet. Nach Geschlechtern getrennt liegen hier etwa 100 Menschen, im hintersten Teil ohne Namen, nur mit KZ-Nummern versehen. Es sind größtenteils die jüdischen Opfer der Cap Arcona-Katastrophe. Die Cap Arcona war ein ausrangiertes, weil fahruntüchtiges, Schiff der Kriegsmarine, ursprünglich, 1927 als Luxusliner gebaut, auf das die SS-Lagerführung des KZ Neuengamme ab dem 20.04. tausende Insassen gedrängt hatte. Am 3. Mai 1945 wurde es von britischen Bombern versenkt. Der jüdische Friedhofsbezirk wurde noch zwei weitere Jahre belegt mit Insassen des großen DP-Lagers für ehemalige KZ-Häftlinge in Neustadt, von denen viele an den Folgen der während der KZ-Zeit erlittenen gesundheitlichen Schäden starben. Der außerordentlichen historischen Bedeutung wegen liegt die Erhaltung des Friedhofs im öffentlichen Interesse.«

Die Beschreibung des Landesamtes  Lizenz CC BY-SA 4.0


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Das Cap Arcona-Gedenken

Der Rückzug der deutschen Truppen führte ab Sommer 1944 dazu, dass die in Frontnähe geratenen Konzentrationslager mit ihren zahlreichen Außenlagern aufgelöst wurden. Beim Herannahen der Roten Armee beziehungsweise der westalliierten Truppen begannen mit der Räumung der Lager von Auschwitz im Januar 1945 die »Todesmärsche« und Transporte in offenen Viehwaggons der Gefangenen. Zuletzt wurden vom KZ Neuengamme bei Hamburg aus Mitte April 1945 mehr als 10.000 Gefangene von der SS nach Lübeck gebracht. Dort wurden sie auf drei Frachtschiffe verladen, auch das Kreuzfahrtschiff »Cap Arcona« nahm mehrere tausend auf. Die Bedingungen an Bord der Schiffe waren katastrophal, viele verhungerten und verdursteten.

Am 3. Mai griffen britische Flugzeuge die Schiffe an, die sie für deutsche Truppentransporter hielten. Auch die »Cap Arcona« geriet in Brand und kenterte. Die Gefangenen hatten kaum eine Chance, sich zu retten. Viele, die das Land schwimmend erreichten, wurden dort von SS-Männern erschossen. Insgesamt über 7.000 verloren am 3. Mai, wenige Stunden vor ihrer möglichen Befreiung, das Leben.

Mehr dazu auf www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de

»Der Untergang der Cap Arcona« auf www.ndr.de


Pastorin Almuth Jürgensen, Gedenkstättenbeauftragte im Kirchenkreis Ostholstein und Koordinatorin des »Netzwerk Cap-Arcona-Gedenken«, schreibt im Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche:

Update: Netzwerk Cap-Arcona-Gedenken

Der komplette Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur

 

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Displaced Persons

Im Historischen Lexikon Bayerns wird dieser Begriff so erklärt: »Unter den Sammelbegriff der Displaced Persons (kurz: DPs) wurden Ende des Zweiten Weltkriegs all jene ausländischen Zivilpersonen zusammengefasst, die sich durch Kriegseinwirkung an Orten außerhalb ihrer Heimat aufhielten. Hierzu zählten vornehmlich ehemalige Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene und andere Arbeitskräfte, die teils freiwillig, teils unfreiwillig während der Kriegsjahre nach Deutschland gekommen waren. Diese Personengruppe der DPs war für die Besatzungsmächte zusätzlich zur Versorgung der reichsdeutschen Bevölkerung eine große Herausforderung. Ziel dabei war, möglichst vielen DPs die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen, was aufgrund der Spannungen mit der UdSSR und den von ihr besetzten europäischen Staaten nicht immer möglich war.«

Mehr auf www.historisches-lexikon-bayerns.de

Gedenkstätte ohne Widmung, Inschrift oder Erklärung. Insgesamt 130 Menschen werden genannt, davon 57 aus dem Baltikum, 73 gemäß den Namen aus Osteuropa. Die Stätte ist der Begräbnisort, die menschlichen Überreste liegen unter der Rasenfläche vor den Bodenplatten.

SH Neustadt Friedhof DPs gesamt webFoto: Ev.-Luth. Kirchengemeinde Neustadt in Holstein


5 Platten

 

SH Neustadt Friedhof DPs 1 web2


In den frühen Nachkriegsjahren gestorben, nur die Jahre sind dokumentiert. Sterbejahre: 1945 bis 1950.

DP-Lager in Neustadt: »Auf dem Wieksberg«, Gelände der früheren U-Boot-Schule

 

SH Neustadt Friedhof DPs 2 web

 

SH Neustadt Friedhof DPs 3 web

 

SH Neustadt Friedhof DPs 4 web


Bei 14 Personen sind die Daten unleserlich

 

SH Neustadt Friedhof DPs 5 web


Auf allen Tafeln: 21 eindeutig Frauen, 48 Kleinkinder unter 5 Jahren, Irma aus dem Baltikum 14 Jahre, Harry aus dem Baltikum 9 Jahre.

Ältere über 60 Jahre, alle aus dem Baltikum: August 79 Jahre, Georg 82 Jahre, Karlis 74 Jahre und seine Frau Marija 62 Jahre (sie ist ein Jahr später gestorben), Adam 70 Jahre, Fricis 61 Jahre, Justine 85 Jahre, Equards 68 Jahre, Franz 85 Jahre, Heinrich 64 Jahre und Martinis 73 Jahre.

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Das DP-Lager in Neustadt: »Auf dem Wieksberg«

Text folgt

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1966: U-Boot Hai gesunken!

Text folgt

U 2365 war ein deutsches U-Boot vom Typ XXIII. Es wurde am Tage der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht, dem 8. Mai 1945, im Kattegat selbstversenkt, 1955 gehoben und von der Bundesmarine unter dem Namen U Hai als Schulschiff eingesetzt, bis es 1966 in der Nordsee im Sturm unterging.

https://de.wikipedia.org/wiki/U_2365

 

SH Neustadt Friedhof U Hai ganz web

 

SH Neustadt Friedhof U Hai Boot web

 

SH Neustadt Friedhof U Hai Titel web

 

SH Neustadt Friedhof U Hai Tafel web


19 Namen: Marinesoldaten der Deutschen Bundeswehr

 

SH Neustadt Friedhof U Hai Widmung web


Zum Gedenken
der auf See
gebliebenen

Aufgestellt 2005 von der
Marinekameradschaft Neustadt e.V.

39 Jahre nach dem Unfall

 

SH Neustadt Friedhof U Hai Keske web

 

SH Moeltenort Tafel Kranzraum web


Gedenkplatte im »U-Boot-Ehrenmal Möltenort« bei Kiel.


Unsere Dokumentation des Denkmals

 

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I N H A L T

Das Denkmal
Die Nachbarschaft
Kommentierung
Volkstrauertag 2014
Das Lied »Flamme empor«
1933: Die Flammenrede Alfred Rosenbergs
Alfred Rosenberg
1870/71: Der Findling
Cap Arcona-Gedenken

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Neustadt, Kreis OstHolstein

Am Heisterbusch gegenüber dem Marinehafen

Die großzügige Denkmalsanlage am Hang zum Hafenbecken besteht aus zwei Teilen: einem gemauerten Obelisken mit Widmung nah am Wasser und einer Mauer mit Inschrift am Rand zum Wäldchen. Der Entwurf stammt vom Kieler Architekten Hans Schnittger, geboren am 17. März 1873 bei Rendsburg, gestorben am 20. August 1934 in Kiel. Nach dreijähriger freiwilliger Arbeit von Neustädter Bürgern wurde sie 1924 eingeweiht.

SH Neustadt Hafen web


Die ganze Anlage ist einheitlich aus bunten Granitbruchsteinen gemauert. Am langen Abgang ist sie von einer gestuften Mauer begrenzt.

SH Neustadt beide web


Der Obelisk mit quadratischer Grundfläche am unteren Eingang zur Anlage wurde mit vier überkragenden Ringen versehen. 

SH Neustadt Detail web


Im untersten Abschnitt steht in schlichten Versalien die Widmung für die 162 getöteten Neustädter Soldaten des 1. Weltkriegs:

Unseren Helden

Vor den Abschnitt darüber ist eine Platte mit einem Relief gesetzt: In der Mitte ein Stahlhelm auf gekreuzten Bajonetten, »deren Anordnung dem Vergänglichkeitssymbol des Totenschädels mit gekreuzten Knochen entspricht« (Denkmaldatenbank Schleswig-Holstein 37237). Rechts und links wehen kunstvoll geschwungene Fahnen. Nur eins stört die Symmetrie: Helm und Waffen sind umwickelt mit einem Koppel. 

SH Neustadt Flamme Empor web


Die Mauer trägt am oberen Rand die Inschrift:

1914 - 1918  Flamme empor  1939 - 1945

Die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs wurden 1952 hinzugefügt. Die Mauer wird rechts und links mit mächtigen Pfeilern abgeschlossen.

Das Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein stellt in seiner Datenbank Beschreibungen der geschützten Denkmäler zur Verfügung. Hier können Sie den Text zum Denkmal ›Am Heisterbusch‹ lesen:

Die Beschreibung des Landesamtes  Lizenz CC BY-SA 4.0

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Die Nachbarschaft

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In Sichtweite die Kriegsschiffe der Deutschen Marine der Bundeswehr.

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Historische Fotos



Aus den 20er-Jahren – die komplette Denkmalsanlage steht schon da. Nur die Mauerinschrift lautet zu der Zeit noch:

1914  Flamme empor  1918


SH Neustadt 1939 web


Aus dem Jahr 1939

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Kommentierung

»Während unseres Neujahr-Urlaubs besuchten wir Neustadt in Holstein und schauten uns um, die Winterlandschaft genießend – und stießen auf diese Gedenkstätte gegenüber dem Marinehafen, nahe der Innenstadt.

Als geschichtlich Interessierter war ich sehr erschrocken; sowohl über den Zustand als auch den Inhalt.

Ungepflegt, ja sogar als Strauchschnittablage dienend ist es nicht das was man sich eigentlich unter einem Ehrenmal vorstellt.

Noch befremdlicher jedoch ist für mich der Inhalt. Gehalten im Backsteinstil der Marinesiedlungsbauten ist schon die Aufschrift »Unseren Helden« und den militärischen Insignien die Intention dieser Anlage m. E. eindeutig zu erkennen.

In der Gedenkmauer prangen nicht nur die Jahreszahlen des 1. und 2. Weltkriegs, sondern dazwischen das Motto »Flamme empor«, das mir einen Schauer über den Rücken jagt – hier ist in diesem Zusammenhang ganz sicher nicht das Studentenlied der Befreiungskriege 1814 gemeint – Alt- und Neonazis haben es für ihre Sonnenwendfeier eingenommen.

Ist dieses Ehrenmal wirklich mit unserer Kultur vereinbar?

Nur wenige hundert Meter nordöstlich Richtung Pelzerhaken fand ich dann im Ehrenfriedhof Cap Arcona die Beschreibung von Verbrechen die mit diesem »Heldentum« verbunden sind und ich frage mich – ist das vereinbar?

Nach einiger Überlegung möchte ich den Stadtverordneten in Neustadt einen Vorschlag unterbreiten:

Das bisherige Ehrenmal sollte stilistisch wie inhaltlich so umgestaltet werden, dass es den Bruch mit Nationalismus, Militarismus, Rassismus und die daraus resultierende Zeit der Gewaltherrschaft und ein klares Zeichen für die grundlegenden Werte unserer Kultur versinnbildlicht.

Als Motto schlage ich den Art 1 GG vor: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlicher Gewalt.«

»Zum Gedenken an alle Opfer von Nationalismus, Militarismus und Rassismus die zu schützen wir nicht vermochten.«

Dies schließt sowohl das Gedenken an die Opfer als auch unsere Abkehr von den Ursachen und die Verpflichtung von Staat und Gesellschaft ein einer möglichen Wiederholung schon im Ansatz aktiv entgegenzutreten.

Gerade in der heutigen Zeit finde ich es wichtig hierfür einzutreten denn um ein Zitat aufzugreifen:

»Die deutsche Republik ist nicht an zu viel Nationalsozialisten oder Kommunisten zugrunde gegangen sondern durch einen Mangel an aufrechten Demokraten.«

Ob mein Anliegen wohl Gehör finden wird?«

• Auf der Website www.myheimat.de, 6.3.2011, nicht mehr abrufbar

Als die Fotos für die Dokumentation dieses Denkmals im Dezember 2016 gemacht wurden, fanden wir diese Informationstafel:

SH Neustadt Info web


SH Neustadt Text web

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Volkstrauertag 2014

SH Neustadt VTT 2014 web

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Das Lied »Flamme Empor«

Den ursprünglichen Text des Liedes schrieb der evangelische Pastor Johann F. Christian Nonne. Das Lied selbst entstand im Oktober 1814 am Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig. An diesen Kämpfen hatten viele Studenten teilgenommen, die hier erstmals das Gefühl hatten, für ihre Bürgerrechte und nicht für irgendeine Fürstendynastie oder einen Teilstaat des Reiches zu kämpfen. Das Lied brachte den Drang nach Freiheit zum Ausdruck.

Seitdem existieren zahlreiche Versionen des Liedes – eine davon wurde von den Nationalsozialisten beim rituellen Entzünden der Sonnwendfeuer gesungen.

Sonnenwende Hitlerjugend Creative Commons web

Pfadfinder sangen das Lied ebenfalls, verbannten es aber später wegen der Nähe zum Nationalsozialismus aus ihrem Repertoire.


Flamme empor Creative Commons web2Beide Fotos: Creative Commons


Die Inschrift »Flamme empor« ist heute durch die Instrumentalisierung des Liedes in der NS-Zeit belastet, es ist gut, dass die Menschen in Neustadt darüber informiert werden.

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1933: Die Flammenrede Alfred Rosenbergs

Am 22. Juni 1933 hielt Alfred Rosenberg eine Flammenrede auf der Hermannshöhe bei Lübeck-Travemünde. Es war die Abschlußveranstaltung der »Sonnwendfeier am deutschen Meer«.

Wir zitieren aus dem Zeitungsbericht mit der Überschrift »Flamme empor!« vom 25. Juni 1933:

»Die Ostkundgebungen in Lübeck-Travemünde fand  am Mittwoch abend mit einer großen Flammenrede Alfred Rosenbergs ihren Abschluß. Auf ein Leuchtraketensignal vom Flugzeug aus flammten an der ganzen Ostseeküste Mecklenburgs bis hinauf ins Schleswig-Holsteinische Gebiet 500 Holzstöße auf. Zehntausende von Zuschauern waren zum Teil von weit her gekommen, wo auf der Hermannshöhe der Leiter des außenpolitischen Amts der NSDAP., Alfred Rosenberg, die Flammenrede hielt. Nach einem geschichtlichen Überblick über die großen Linien der Ostpolitik in den letzten Jahrhunderten führte er aus: Die Schicksalsverbundenheit werde stark genug sein, auch die Ostsee einmal in den Lebensraum einzuschalten, der von Niedersachsen bis nach Upsala reiche. Aber wir müssen verlangen, daß diese jungen Staaten der großen deutschen Nation so gegenüberstehen, wie es die deutsche Nation zu fordern berechtigt sei. Das Geschehen unserer Tage werde beherrscht von einem Gedanken: Deutschland. In diesem Gedanken lebten wir. ›Diesen Gedanken wollen wir alle wahren. Und diesem Gedanken wollen wir unsere Kraft opfern in Freiheit und Einigkeit. In diesem Gedanken werden wir alle kämpfen. Wir glauben, daß er nicht nur eine politische Staatsidee verkörpert, sondern eine freie Kulturseele darstellt, und daß die Erkenntnis dieser Kulturseele immer weiter getragen wird. Mehr als für den Gedanken Deutschland zu kämpfen, kann auch Gott von uns nicht verlangen.‹ Während der Rede sanken langsam die hohen Feuerstöße zusammen. Die Menge sang zum Schluß das Deutschland- und das Horst-Wessel-Lied.«

Artikel vom 22. Juni 1933


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Alfred Rosenberg

Alfred Ernst Rosenberg, geboren am 31. Dezember 1892 in Reval; hingerichtet am 16. Oktober 1946 in Nürnberg, war zur Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus Politiker und führender Ideologe der NSDAP. Als Student war er 1917 Zeuge der Revolution in Moskau. Wie die russischen Rechtsextremisten interpretierte er diese als Folge einer jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung. Mit dieser Vorstellung prägte er später maßgeblich die Ideologie der NSDAP. Ab 1920 trug Rosenberg mit zahlreichen rassenideologischen Schriften erheblich zur Verschärfung des Antisemitismus in Deutschland bei. Im Zweiten Weltkrieg unternahm er mit seinem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) Beutezüge in ganz Europa, insbesondere zum Raub von Kulturgütern. Als Leiter des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO) verfolgte er im Rahmen seiner Ostpolitik das Projekt der Germanisierung der besetzten Ostgebiete bei gleichzeitiger systematischer Vernichtung der Juden. Rosenberg wurde im Nürnberger Hauptprozess als Hauptschuldiger der NS-Kriegsverbrechen angeklagt, in allen vier Anklagepunkten für schuldig befunden, zum Tode verurteilt und hingerichtet. [...]


SH Neustadt Rosenberg Nuernberg 1945 11 27 webFoto: The Truman Library, Accession number: 2004-439

1946 im Nürnberger Gerichtssaal: Rosenberg in der vordere Reihe der Anklagebank, links

Rosenberg ließ niemals ein Schuldeingeständnis verlauten, sondern versuchte vielmehr wie die meisten anderen Mitangeklagten, die Schuld auf das bis dahin bereits verstorbene Trio Adolf Hitler, Heinrich Himmler und Martin Bormann abzuschieben und sich selbst aus der Verantwortung zu ziehen. Rosenberg blieb bis zum Schluss seiner eigenen NS-Rassenideologie verhaftet. Noch im Gefängnis schrieb er:

»Der Nationalsozialismus war eine europäische Antwort auf die Frage eines Jahrhunderts. Er war die edelste Idee, für die ein Deutscher die ihm gegebenen Kräfte einzusetzen vermochte. Er war eine echte soziale Weltanschauung und ein Ideal blutbedingter kultureller Sauberkeit.«

Wikipedia, abgerufen am 6. Mai 2019


Der vollständige Wikipediaeintrag


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1870/71: Der Findling

Am oberen Rand der Anlage steht ein kleiner schlichter Findling mit den Jahreszahlen des Deutsch-Französischen Kriegs:

1870 / 71

SH Neustadt 1870 71 web

Der Deutsch-Französische Krieg war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


SH Oldesloe Anton von Werner Kaiserproklamation webFoto: Wikimedia Commons / gemeinfrei

Die Kaiserproklamation in Versailles, Wandgemälde von Anton von Werner für die Ruhmeshalle Berlin. 1944 wurde es nach einem Bombentreffer zerstört.


»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

Mehr auf www.bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung


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Cap Arcona-Gedenken

Auch die zentrale Gedenkstätte für alle Opfer der Arcona-Katastrophe befindet sich in Neustadt. Bei Wikipedia steht dazu:

Die Cap Arcona war ein Luxusdampfer. Er wurde nach dem Kap Arkona auf der Insel Rügen benannt.

Ab 1940 wurde die Cap Arcona von der deutschen Kriegsmarine verwendet und verblieb in der Ostsee. Ab Ende 1944 wurde das Schiff zum Transport von Flüchtlingen aus Ostpreußen nach Westen eingesetzt, danach von der Kriegsmarine. Ab dem 14. April lag die Cap Arcona wegen des Maschinenschadens manövrierunfähig vor Neustadt. Sie wurde daher von der Kriegsmarine ausgemustert und dem Hamburger Gauleiter Karl Kaufmann unterstellt, der zugleich »Reichskommissar für die Seeschiffahrt« war.

Vor den anrückenden britischen Truppen wurden die verbliebenen KZ-Häftlinge aus dem Konzentrationslager Neuengamme Ende April nach Lübeck transportiert. Mehr als 9.000 Häftlinge wurden dort auf Schiffe gebracht. Am 20. April 1945 trafen vorerst über 4.000 Gefangene aus dem KZ Neuengamme im Lübecker Industriehafen ein und wurden mit ihrer Bewachung auf drei kleinere beschädigte Schiffe gebracht. Am 26. April kamen weitere 2.500 Häftlinge aus dem KZ-Neuengamme sowie Überlebende des Todesmarsches vom KZ-Fürstengrube und anderen schlesischen Lagern an und wurden auf der Cap Arcona eingeschifft. Zeitweilig war die Cap Arcona mit 7.500 Häftlingen an Bord völlig überfüllt. Mangelhafte Ernährung und unzureichende hygienische Zustände führten zu einem Massensterben.

Anfang Mai befanden sich noch etwa 4.600 Häftlinge und 500 Seeleute, Flakmatrosen und Bewacher auf der Cap Arcona.

Am 3. Mai 1945 lag die Cap Arcona mit anderen Schiffen in der Lübecker Bucht. Da die Schiffe nicht besonders gekennzeichnet und mit Bordwaffen ausgestattet waren, wurden sie von alliierten Fliegern für Truppentransporter gehalten. Die Cap Arcona wurde von Jagdbombern der britischen Luftwaffe angegriffen und in Brand geschossen.

Rund 6.400 der etwa 7.000 KZ-Insassen auf der Cap Arcona und der Thielbek verbrannten, ertranken oder wurden erschossen. Da die Wassertemperatur an dem Tag nur 8 °C betrug, konnten die meisten Häftlinge sich nicht schwimmend ans Ufer retten.

Auf dem Ehrenfriedhof Cap Arcona in Neustadt im Kreis Ostholstein sind 621 Opfer des Untergangs der Cap Arcona und der Thielbek bestattet worden, er ist zudem die zentrale Gedenkstätte für alle Opfer.

Er liegt östlich der Innenstadt von Neustadt direkt an der Lübecker Bucht. Die nach dem Untergang der Schiffe bei Neustadt angespülten Toten wurden zunächst in Einzel- oder Massengräbern – meist in Strandnähe – bestattet. 1948 wurde der Ehrenfriedhof angelegt.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 20. Dezember 2016

SH Neustadt Cap Arcona Waterproof947 Wikimedia CommonsFoto: Waterproof947/Wikimedia Commons

Die zentrale Gedenkstätte für alle Opfer auf dem Ehrenfriedhof Cap Arcona in Neustadt.

Rund 6400 der etwa 7000 KZ-Häftlinge auf der Cap Arcona und der Thielbek verbrannten, ertranken oder wurden erschossen. media.offenes-archiv.de dokumentiert Berichte von Überlebenden. Auch den von Erwin Geschonneck, später einer der populärsten Schauspieler der DDR. Er war u.a. der Hauptdarsteller in der Dokumentation »Der Mann von der Cap Arcona« aus dem Jahr 1982. Der Film gibt einen Teil seiner Lebensgeschichte wieder. Der Berliner, Arbeitersportler und seit 1929 KPD-Mitglied, war mit einer linken jüdischen Theatergruppe nach der NS-Machtübernahme in die Tschechoslowakei, nach Polen und in die Sowjetunion emigriert. Aus der UdSSR wurde er 1937 ausgewiesen, in der Tschechoslowakei faßten ihn die Nazis. Erwin Geschonneck war Häftling in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Dachau und Neuengamme. Er überlebte den Untergang der Cap Arcona als einer von 400.

Berichte auf media.offenes-archiv.de (45KB)


Siehe auch unsere Dokumentation des Neustädter Friedhofs


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I N H A L T

Das Denkmal
Die Geschichte der Erweiterung
Ein Stein im Busch
Noch ein Gedenken
Volkstrauertage in den 70er Jahren
Von oben besehen
Eine historische Postkarte

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AKTUELL: Im Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche schreibt unser Studienleiter Stephan Linck zur Denkmalsanlage:

»Am Anfang war es die Witterung, die eine Renovierung nötig machte. Zudem war die Gemeinde nicht glücklich mit der Denkmalsanlage, mit der die toten Soldaten am Friesendom in Nieblum auf Föhr geehrt wurden. Die christliche Verklärung des Soldatentodes, sie stimmte einfach nicht.

Es folgte eine Einladung des Pastorenehepaars Kirsten und Philipp Hoffmann-Busch an mich, mit der Bitte der Begutachtung gemeinsam mit den Bürgermeistern und der Bürgermeisterin der »Mitteldörfer« der Insel.

SH Nieblum Buergermeister web

• Besichtigung der Kriegsgräberanlage mit den Inselbürgermeister*innen 2019.


Die genauere Betrachtung ergab hier eine Besonderheit: der erhöht stehende Obelisk mit der Sinnstiftung »Niemand hat grössere Liebe denn die dass er sein Leben lässt für seine Freunde« mit dem die »dankbare St. Johannisgemeinde« diesen Ehrenfriedhof ihren in den Kriegen 1914 - 1918 und 1939 - 1945 gefallenen tapferen Söhnen« widmete, blickt auf die Namenstafeln, die sich vertieft wie in einem Kirchenschiff vor dem Obelisken aufreihen. Die Formgebung der Anlage, die von Hecken umringt ist, entspricht der einer Kirche – die Toten aufgereiht im Kirchenschiff, der Obelisk fungiert als Altar. Die Anlage spiegelt den Friesendom nach Westen hin. Es wirkt wie eine Schattenkirche, die dort auf dem Friedhof angelegt wurde.

SH Nieblum Foto Kirsten Hoffmann Busch webFoto: Kirsten Hoffmann-Busch

Hinzu kommt die fehlende Erinnerung an zivile Tote – ohne Namensnennungen steht ein unscheinbarer Gedenkstein am Rande »Zum Gedenken an die durch Kriegseinwirkung verstorbenen Männer, Frauen und Kinder«.

Nun wurde nach mehreren Konsultationen und einigen Diskussionen in der Kirchengemeinde und den Inseldörfern beschlossen, den Künstler Axel Richter vom KunstHaus am Schüberg zu beauftragen, seinen Entwurf für eine komplette Neugestaltung der Anlage umzusetzen. Richter beschreibt seinen Entwurf wie folgt: ›Die künstlerische Herausforderung besteht in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird darauf hingewirkt, dass der alte Schattenkirchenaufbau der Anlage mit dem Obelisken als seinem Zentrum gebrochen wird. Die 77 zu erhaltenden Grabsteine aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg werden in einem U-förmigen doppelreihigen Magazinaufbau die Sichtwirkung des Obelisken eindämmen. Die Steine werden als Namenswand komprimiert sichtbar und so der Opfer-Propagandawirkung des Obelisken seine Wirkung nehmen. Ergänzt werden die Namen der Frauen und Kinder, die durch das faschistische Verbrechen auf der Insel ihr Leben einbüßten.

Zum anderen wird der Friedhof als Lebensort neu definiert. Das alte tiefergelegte Anlagennievau wird mit Erdreich aufgefüllt und so der umliegenden Friedhofsrasenfläche angepasst. Eine Freifläche entsteht, die als Begegnungsraum genutzt werden kann. Aus dieser Rasenfläche erhebt sich keilförmig eine Schräge, die das Steinmagazin frontal einfasst. Diese Fläche ist bis an die obere Abbruchkante begehbar und eröffnet so den Blick in den Graben, in den Abgrund des Grauens der Geschichte.

Es besteht aber auch die Möglichkeit, in dieser erhöhten Schräge auf Bänke sitzend, den Blick über Gräber hinweg in die Landschaft schweifen zu lassen. Das Leben eingedenk der Vergänglichkeit – der Friedhof als freier Lebensort.

Das Magazin besteht aus einer witterungsbeständigen Stahlträgerkonstruktion und Sichtplatten mit eingeschriebenen Namen der Verstorbenen als Ergänzung zu den verwitterten Steinschriftzügen. Zudem besteht die Möglichkeit ein Friedenswort einzuprägen.‹

Ergänzend sollen erklärende Tafeln aufgestellt werden, die die einstige Sinnstiftung erklären und in das historische Geschehen einordnen. Wenn alles gut geht, wird im kommenden Jahr der Umbau erfolgen.«


Der komplette Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur

Bericht »Denkmal wird Friedensgarten« von Thorge Rühmann in der Evangelischen Zeitung für Schleswig-Holstein


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Nieblum auf Föhr, Kreis Nordfriesland

Auf dem Kirchhof des »Friesendoms«

Die Kriegerdenkmalsanlage für die toten Soldaten des 1. und 2. Weltkriegs liegt genau zwischen der St. Johanniskirche, die »Friesendom« genannt wird und dem Pastorat. Der Obelisk mit stumpfer Spitze ist mit bunten behauenen Feldsteinen ca. 4,5 Meter hoch aufgemauert. Er steht der Anlage vor und trägt die Widmungsplatten.

SH Nieblum F Dom web

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In die Frontseite des Obelisken sind vom Boden aus drei Platten aus Muschelkalkstein übereinander eingelassen. Die oberste – unter einem Schmuckbalken mit gebogenen Enden – trägt den Bibelspruch 11,25 aus dem Johannesevangelium:

Wer an mich glaubt
der wird leben
ob er gleich stürbe

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Darunter ein Medaillon, das einen Soldatenkopf mit Stahlhelm im Halbrelief zeigt.


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Auf der mittleren Tafel steht die Widmung:

Die dankbare St. Johannisgemeinde widmet diesen Ehrenfriedhof ihren in den Kriegen 1914 - 1918 und 1939 - 1945 gefallenen tapferen Söhnen

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne und in der Steigerung als Heldensöhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen. »Auffällig ist auch, dass die Soldaten zwar als Söhne oder als Opfer, manchmal auch als Krieger benannt und dargestellt werden, nie aber als Tötende. Der Gefallene existiert als Begriff, es gibt aber keine Bezeichnung für den, der ihn zu Fall gebracht hat« (Clemens Tangerding im Deutschlandfunk am 18. November 2012).

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Das Denkmal ist in den 20er-Jahren errichtet worden. Im September 1955, pünklich zum Volkstrauertag, wurde die mittlere Platte mit der Erweiterung zum 2. Weltkrieg ausgetauscht.

Die untere Tafel zitiert unter einer Reihe aus drei Kreisen wieder einen Spruch aus dem Johannesevangelium, nämlich 15,13, darunter ein Kreuz mit je einem Kreis an den Seiten:

Niemand hat grössere Liebe denn die dass er sein Leben lässt für seine Freunde

Diese Bibelspruch ist häufig auf Kriegerdenkmälern zu lesen. Er ist ein Beispiel für eine pseudo-biblische Legitimation des Soldatentods. Die für fast alle Denkmäler typische Kriegstodverklärung findet eine Steigerung in einer spezifisch kirchlichen Deutung.

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Die Buchstaben, die oberen drei Zeilen in Textbändern, das  Medaillon mit dem Soldatenkopf, das Kreuz und die Kreise sind erhaben aus dem Stein herausgearbeitet worden.

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Vor dem Denkmal liegen in langen Reihen, angelehnt an Erdwälle die Namenstafeln der toten Soldaten. Außen die der Soldaten des 1. Weltkriegs. Nach dem 2. Weltkrieg kamen die zwei inneren Reihen dazu, das waren insgesamt 37 Tafeln in 60cm Breite, 50cm Höhe und 12cm Tiefe.

Hier bleibt der Soldat auch nach dem Tod Soldat, begraben in Reih und Glied. Für individuelle Schicksale ist kein Platz.

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Geordnet nach Herkunftsort werden Name, Geburtsdatum, Sterbedatum und Sterbeort genannt.

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Die Geschichte Der Erweiterung

1954 trat zum ersten Mal der »Ausschuss zur Errichtung einer Kriegerehrung für die Gefallenen des Weltkrieges 1939 – 45 zusammen. Auch Propst Gottfriedsen gehörte dazu. Die Protokolle können Sie hier lesen.

Sitzungsprotokoll 1954

Sitzungsprotokoll 1955

Georg Graf von den Flensburger Werkstätten für Grabmalkunst und Bildhauerei hatte in der Zeitung gelesen, dass die Nieblumer eine »künstlerische Gedenktafel für die gefallenen Krieger« setzen wollen. Wie es damals auf dem umkämpften Denkmalsmarkt üblich war, bot er seine Dienste an: »Durch Verbindung mit den ersten Künstlern bin ich in der Lage, das Beste und Würdigste für unsere gefallenen Helden zu schaffen.« Neun Jahre nach Kriegsende hatte man sich wohl noch nicht mit den Taten eines Teils der deutschen Wehrmachtssoldaten auseinandergesetzt.


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In seiner Korrespondenz mit dem Ausschuß der Kriegerehrung, z. Hd. von Herrn Lehrer a. D. Georg Bohn, kann man die Verhandlung über Preise und Material verfolgen. Auch sein Angebot, selber laufend für die Sauberkeit und Erhaltung der Steine Sorge zu tragen, wurde in die Waagschale geworfen.

In der Rechnung wird dann schließlich aufgeführt:
37 Stck. Kalksteinplatten à 54.- = 1998.-
Inschrift vertieft mit Farbe ausgemalt 4342 Buchstaben à -.50 = 2171.-
Änderung der Widmungsplatte im Hauptstein  400.-
1 Kalksteinstele einschl. Sockel + Inschrift      680.-

Dazu kamen die Kosten des Transports vom Fuhrunternehmer Wilhelm Keding aus Wyk = 85.80. Mehrwertssteuer gab es damals noch nicht.


Die Dokumente zu dieser Aktion

Wir danken herzlich den Mitarbeitern der Ferring Stiftung in Alkersum auf Föhr für die Hilfe.

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Der Stein im Busch

Dem großen Obelisken gegenüber steht – von einem hohen Busch umwachsen – ein Stein mit der Aufschrift:

Zum Andenken an die durch Kriegseinwirkung verstorbenen Männer Frauen und Kinder

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Meister Georg Graf bezeichnet ihn in seinem Angebot vom 16. Februar 1955 als Gedenkstein für die Heimatvertriebenen.

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Noch ein Gedenken

Da ist der Grabstein auf der anderen Seite des Denkmals schon auffälliger.

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Widmung zwischen Sonnenblume und Eisernem Kreuz:

Zum Gedächtnis Heinz Ewald v. Wicht
Oberleutnant und Kompanieführer in einem Pionier-Batl.
Inhaber des EK I
Geb. 17.8.1916
Gef. 2.8.1941
Er ruht im Kreise seiner Kameraden in Pleskau/Russl.

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Volkstrauertage in den 70er Jahren

 

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18. November 1973

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14. November 1976

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13. November 1977

Wiederum danken wir herzlich den Mitarbeitern der Ferring Stiftung in Alkersum auf Föhr für die Hilfe.

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Von oben besehen

Der »Friesendom« mit Friedhof und der Denkmalsanlage auf der rechten Bildseite. Wir danken Christof Munzlinger, dass wir seine Fotos verwenden dürfen.

SH Foehr Nieblum Luft

 

Luftaufnahmen

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Eine historische Postkarte

Auf diesem Foto von 1926 lehnen die Namenssteine noch an beiden Seiten an einer Feldsteinmauer. Dazwischen eine Sandfläche mit flachen Beeten.

SH Nieblum 1926 web

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I N H A L T
Das Denkmal
Opfer

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Nienborstel
Kreis Rendsburg-Eckernförde

Große Anlage an der Hauptstraße


SH Nienborstel Total

Mehrere Gedenksteine sind auf dem Platz verteilt, in der Mitte das Kriegerdenkmal mit den Namen der getöteten Soldaten aus dem 1.Weltkrieg.


               SH Nienborstel 1WK

Inschriften: Up ewig ungedeelt / 1848 / 1864 - 1866

Durch Kampf zur Einheit und / Macht zum Sieg u. Frieden /
1870 - 1871

1914 (Eisernes Kreuz) 1918 / Den Gefallenen zu Ehren!

Zum ehrenden Gedenken / an die Opfer des 2. Weltkrieges /
1939 - 1945

Mögen wir sterben unseren Erben
gilt dann die Pflicht,
es zu erhalten und zu gestalten
Deutschland stirbt nicht!

SH Nienborstel Stein

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Opfer

»Es ist nicht wahr, dass die Opfer mahnen, bezeugen, Zeugenschaft für etwas ablegen, das ist eine der furchtbarsten und gedankenlosesten, schwächsten Poetisierungen (...) Auf das Opfer darf sich keiner berufen. Es ist Missbrauch.
Kein Land und keine Gruppe, keine Idee, darf sich auf ihre Toten berufen.«

Ingeborg Bachmann: Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar.
Dieses Zitat steht auf einer Tafel zum Kriegerdenkmal in Neustadt in Holstein.

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Einweihung
Die Inschriften
Die Denkmalsanlage von 1959
Aus der Geschichte
Das Cap Arcona-Gedenken
Die Ereignisse vom 3. Mai 1945
Der Stahlhelm
Das Eiserne Kreuz
Das Familiengrab
Die Initiative von 2022

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Niendorf, Kreis Ostholstein

Auf dem Friedhof am Ortsende in Richtung Häven

An mehreren Stellen des Geländes finden wir Gedenkanlagen zu den Weltkriegen. Wir beginnen mit der ältesten, am 17. Juni 1923 ist sie eingeweiht worden. Maßgeblich wurde die Arbeit von Mitgliedern des örtlichen Kriegervereins erbracht.

SH Niendorf Eingang web


Schon von der Straße aus sehen wir durch den Fußgängereingang das Denkmal, das den toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus den Ortschaften Niendorf, Häven und Warnsdorf gewidmet ist.

SH Niendorf 1WK ganz web


Auf kleiner Fläche ist ein Hügel aus Erde und Steinen errichtet worden, zuoberst thront ein großer Findling. Die Männer des Kriegervereins »haben den Felsblock der Ostsee abgerungen, schafften ihn vom Brodtener Ufer auf den Hävener Berg nach hier ...«, schreibt Dr. Krause zur Einweihung (siehe unten). Die Treppe aus Steinstufen, die zum Stein hinaufführte, ist später durch eine Granitplatte zum 2. Weltkrieg unterbrochen worden.

 

SH Niendorf 1WK Inschrift web


Unter dem eingebetteten Relief eines Stahlhelms lesen wir die Widmung:

DEM ANDENKEN
UNSERER
IM WELTKRIEGE 1914 – 18
GEFALLENEN HELDEN

 

SH Niendorf 1WK Steinchensockel web


Der kleine Betonsockel, der den Findling hält, ist gespickt mit kantigen Steinen verschiedenster Größe. Sollen sie ein Mini-Schlachtfeld, eine zerborstene Landschaft darstellen? Wir wissen es nicht.

 

SH Niendorf 1WK hinten web


Auch neben und hinter dem gefällig gerundeten Findling setzen sich die gefährlich spitzen Steine fort.

 

SH Niendorf 1WK Tafel 2WK web


Wir lesen mühsam die goldene Inschrift auf der gesprenkelten Granitplatte. Unter einem christlichen Totenkreuz steht dort:

ZUM GEDÄCHTNIS
UNSERER IN FERNEN LANDEN
RUHENDEN HEIMATSÖHNEN
1939 – 1945

 

SH Niendorf 1WK seitlich web


Zum Abschluss der Gedenkhügel von der Seite.


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Die Einweihung

Der Lehrer und Schulrektor Emil Becker aus Niendorf, geboren 21.06.1886, war ein Hobbyhistoriker. Sein Interesse galt Schleswig-Holstein mit Schwerpunkt Niendorf und die Fischerei. Er sammelte Fotos, Zeitungsausschnitte und andere Druckerzeugnisse wie Festschriften. Das Gemeindearchiv Timmendorfer Strand hat u.a. das Heft »Vergiß die treuen Toten nicht!« zur Einweihung des Findlingdenkmals aus seiner Sammlung übernommen. Der Niendorfer Generaloberarzt der Landwehr Dr. Krause hat es erstellt.

SH Niendorf Becker 1WK Einweihung Dr Krause webGemeindearchiv Timmendorfer Strand Sammlung Emil Becker

 

Was ist die »Landwehr«? Im Deutschen Reich wurden die Militärpflichtigen nach Ableistung der dreijährigen aktiven Dienstzeit im stehenden Heer auf zwei Jahre in die Reserve überführt. Anschließend wurde der Militärpflichtige an die Landwehr überwiesen. Die Landwehrdienstpflicht endete mit dem 31. März des Kalenderjahres, in dem der Militärpflichtige das 39. Lebensjahr vollendete. Bis dahin mussten regelmäßig ein- bis dreiwöchige Manöverübungen abgeleistet werden. Durch Artikel 173 des Vertrages von Versailles (1919) wurde die Landwehr nach dem Ende des 1. Weltkriegs abgeschafft.

Am 21. Mai 1935 erließen die Nationalsozialisten ein Wehrgesetz nach dem die Landwehr wieder neu aufgestellt wurde.

Mehr zur Landwehr auf Wikipedia


Dr. Krause hat als Titel seines Hefts die Zeile eines Gedichts von Ernst Moritz Arndt (1769–1860) ausgesucht: »Vergiß die treuen Toten nicht!«. Der patriotische Dichter wird heute gerne von Neonazis zitiert. 

Seine Rede beginnt Dr. Krause mit Überlegungen zum Denkmal: »... denn trotz aller Stummheit reden solche Steine, sprechen laut mit uns und künden in beredten Worten immer wieder das Gewaltige, das Erschütternde des Heldentodes. ›Kein schön’rer Tod ist auf der Welt, auf grüner Au’, auf freiem Feld,‹ der Tod fürs Vaterland!« usw.

Nach der Kranzniederlegung wird die Zukunft in den Blick genommen: »War denn das Alles umsonst? Deutsche Männer sagt: ›Nein, es soll nicht umsonst gewesen sein;‹ dann haben wir den ersten Schritt zur großen Wende getan, dann sind wir wach geworden in unserer Schmach und Not, wach geworden in unseren Sklavenketten. Wie kommen wir nun heraus aus der tiefen Todesnacht? Wo ist unser altes, unser altbewährtes Werkzeug, wo ist das Schwert an unserer Linken, wo ist sein heitres Blinken? [...] Wir sind ein völlig wehrloses Volk, entwaffnet durch Punkte-Weisheit, Feindeslist und eigenes Verschulden.

›Deutsches Volk, Du herrlichstes vor allen
Deine Eichen steh’n, Du bist gefallen!‹

Aber wie kommen wir denn heraus aus der Schmach und Not? [...]

Kein Parteigeist darf herrschen, jeder echte deutsche Mann soll Freund und Bruder heißen!

Wenn uns dieser Geist erst wieder beseelt, der Geist der Freiheitstage 1813 und wenn das ganze Volk in allen seinen Klassen, Männer wie Frauen, Jünglinge wie Jungfrauen sich wieder losgesagt, sich wieder freigemacht von den Unschönheiten, von Untugenden der Neuzeit, wenn Schlemmer und Schieber, Bars und Dielen verschwunden, dann wird der große Weltenmeister auch das deutsche Reich wieder bauen helfen, denn

›Deutsches Volk, Du bist gefallen,
Aber sinken kannst Du nicht!‹
Frisch auf mein Volk!
Der Himmel hilft, die Hölle muß uns weichen!«

Das Heft als PDF, 7 Seiten


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Die Inschriften

Unsere gefallenen Helden, unsere Heimatsöhne ...

»Das sind natürlich Erinnerungen an Menschen, die man lieb hat. [...] Da fällt es schwer zuzugestehen, dass jemand, um den man trauert, einerseits Opfer war – auf jeden Fall Opfer – und auf der anderen Seite auch Teil eines verbrecherischen Regimes war, ob er nun wollte oder nicht. Aber es ist eine Frage der historischen Ehrlichkeit, dass wir uns solchen Fragen stellen.«

Wolfgang Froese, Stadtarchivar von Gernsbach, Badische Neueste Nachrichten 4.10.2019


»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.

Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S.100


»An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 60/61


Dem Andenken ...

»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. ›Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.‹ [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].«

• Ebd., S. 29


Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.

Helden

»Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen.«

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege


»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. Das soll die Hinterbliebenen stolz machen. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 89


»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«

• Kurt Tucholsky


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Die Denkmalsanlage von 1959

Im Juni 1959 wurde die Denkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege fertiggestellt.

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In eine leicht geschwungene Wand aus Bruchsteinen sind sieben gusseiserne Tafeln eingelassen.

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Dem erhöhten, vorspringenden Mittelteil der Denkmalswand wurde ein Eisernes Kreuz aufgesetzt. Das militärische Ehrenzeichen ist hier auf dem Niendorfer Friedhof schlicht gehalten: ein flaches, gusseisernes Kreuz mit wulstigem Rand. Es sagt uns, dass es hier um tote Soldaten geht. Das Eiserne Kreuz wird den toten Soldaten von den Denkmalsstiftern posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurückgekommen ist, erhält ihn nicht ohne »Leistungsnachweis«.

 

SH Niendorf 1und2WK Tafel1WK web


Darunter sehen wir eine Tafel zum 1. Weltkrieg. Die Jahreszahlen

1914 – 1918

stehen mittig über der nun folgenden Namensliste. 1959 war es den Denkmalsstiftern ein Bedürfnis, die Namen der toten Soldaten, die auf dem Findling zum 1. Weltkrieg am Friedhofseingang fehlen, hier nachzutragen. 34 tote Soldaten werden, zwei pro Zeile, ohne weitere Angaben mit Vor- und Familiennamen aufgeführt. Hinter jedem Namen steht ein kompaktes kleines Eisernes Kreuz. Die Soldaten sind bis auf die letzten fünf Zeilen alphabetisch nach dem Familiennamen geordnet. Wieso die Namen 1959 nicht durchgängig alphabetisch geordnet wurden, erschließt sich uns nicht.

 

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Auf den Seiten der Denkmalswand sind jeweils drei kleinere Tafeln zum 2. Weltkrieg eingelassen.

 

SH Niendorf 1und2WK 3Tafeln 2WK web

Auf allen Tafeln werden in gleicher Weise oben die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs genannt:

1939 – 1945

69 Namen werden aufgelistet, meistens in einer Zeile, bei wenigen kurzen Namen passen zwei in eine Zeile. Wieder sind sie alphabetisch nach dem Familiennamen geordnet. Nur auf der sechsten und letzten Tafel fängt die Reihe wieder neu mit Gerhard Ahrens an und hört mit Hans-Günther Westphal auf. Sind es die Soldaten, die vermisst werden? Es gibt keine Informationen dazu.

 

SH Niendorf 1und2WK EKzumNamen web


Auch hier werden alle Soldaten mit einem Eisernen Kreuz hinter ihrem Namen geehrt.

Albert Bressel auf der ersten Tafel ganz links war SS Rottenführer, er ist am 17. Februar 1942 in Schelkowo bei Moskau zu Tode gekommen.

Am 13. März 1941 übertrug Hitler Heinrich Himmler, seit 1934 der »Reichsführer SS«, besondere Vollmachten für »Sonderaufgaben im Auftrag des Führers, die sich aus dem endgültig auszutragenden Kampf zweier entgegengesetzter politischer Systeme ergeben«. Dazu ließ das Reichssicherheitshauptamt vier sogenannte Einsatzgruppen aufstellen. Sie sollten laut Hitlers Richtlinien alle »verdächtigen« und »sonstigen radikalen Elemente« sowie »Juden in Partei- und Staatsstellungen« ermorden. Am 22. Juni 1941 begann mit dem Unternehmen Barbarossa der Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion.

Der Deutsch-Sowjetische Krieg auf Wikipedia


Hans-Uwe Groth auf der zweiten Tafel war ebenfalls SS Rottenführer, er starb am 7. September 1944 bei Serock im »Generalgouvernement« Polen. Sein Vater Wilhelm Groth, Bezirksdirektor a.D., war Vorsitzender des Kuratoriums »für die Errichtung eines Ehrenmales für die Toten des Weltkrieges 1939/45, Niendorf/O.«. Siehe mehr dazu im nächsten Kapitel.

Das besetzte Polen im 2. Weltkrieg auf LeMO


SH Niendorf 1und2WK Ross SS web2

Alfred Ross war SS Schütze, er starb am 15. Februar 1943 bei Charkow. Heute die zweitgrößte Stadt der Ukraine.

Schlacht bei Charkow auf Wikipedia


Im Historischen Lexikon Bayerns schreibt Paul Hoser über die Schutzstaffel (SS):

»Gliederung der NSDAP, gegründet im April 1925. Ursprünglich als Personenschutz für Adolf Hitler (1889-1945) und andere Parteiführer eingerichtet, sicherte die SS nach 1933 unter der Leitung von Reichsführer SS Heinrich Himmler (1900-1945) nach innen mit brutalen Methoden das Regime. Durch die Übernahme der gesamten Polizei und den Aufbau von Geheimer Staatspolizei (Gestapo), Sicherheitsdienst (SD) sowie der Konzentrationslager entwickelte sich die SS zur wichtigsten Stütze der NS-Herrschaft. Die SS gliederte sich in Allgemeine SS, SS-Verfügungstruppen und SS-Totenkopfeinheiten; letztere wurden später in der Waffen-SS zusammengefasst. Die SS verstand sich als ›blutmäßig definierte‹ Elite und verfolgte als Ziel die Reinhaltung der ›nordischen Rasse‹. Im Zweiten Weltkrieg verübte die SS zahllose Kriegsverbrechen. Sie wurde am 10. Oktober 1945 von den Alliierten verboten und bei den Nürnberger Prozessen 1946 als verbrecherische Organisation angeklagt, die für die Unterdrückung und Ermordung von Millionen von Menschen verantwortlich war. Weitere Prozesse gegen SS-Mitglieder folgten.«

SH Niendorf 1und2WK Bodenplatte web


Vor dem Mittelteil der Denkmalswand liegt eine Bodenplatte. Der Sinnspruch wird den toten Soldaten in den Mund gelegt. Er lautet:

UNSER OPFER
IST EURE
VERPFLICHTUNG
FRIEDEN

Das Wort Frieden ist größer gesetzt. Darunter sehen wir ein christliches Kreuz.

SH Niendorf 1und2WK weit links web


Nun kommen wir zu einer Besonderheit: 105 Soldaten werden auf dem Niendorfer Friedhof als im 2. Weltkrieg Gestorbene genannt, auf den Tafeln der Gedenkwand stehen aber nur 69 Namen. 36 weitere Soldaten haben einen eigenen Findlingsstein erhalten. In drei Reihen sind die Steine rechts und links vom Weg zur Denkmalswand aufgereiht.

SH Niendorf 1und2WK weit rechts web


Wie kam es zu dieser Aufteilung? Wir sehen, dass auf diesen 36 Steinen zusätzliche Informationen stehen, nämlich der jeweilige Dienstgrad, das Geburts- und das Todesdatum. Beim Todesdatum fällt uns auf: Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht endeten die Kampfhandlungen in Europa am 8. Mai 1945 – die Todestage der Soldaten mit Extrastein liegen aber mit fünf Ausnahmen danach. Fünf Soldaten sind zwischen dem 2. April und dem 5. Mai 1945 gestorben.

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Hier zum Beispiel der Stein von einem »Hilfswilligen« aus Usbekistan:

Hilfsw.
Mamosal
Schariboff
* 1925   + 4.6.1945

Jeder der 36 Steine trägt oben das militärische Ehrenzeichen »Eisernes Kreuz« in Kontur.

SH Niendorf 1und2WK Brembor web


Hier haben wir einen Stabsgefreiten:

St. Gefr.
Josef Brembor
*   4.  3.  12
+ 24. 11. 48

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Und hier einen Maschinen-Maat:

Masch. Mt
Willy Knieptamp

*  7. 10. 21
+ 21. 8. 45

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Zum Abschluss noch einen SS-Mann, Hauptsturmführer Asimow:

H. Sturmführer
Isamidin
Asimow
*   1. 3. 22
+ 18. 5. 45


Nach Angaben von denkmalprojekt.org ist nur einer der 36 Männer, die einen eigenen Stein erhalten haben, in Niendorf geboren. Dies und die Sterbedaten der 36 Soldaten lassen uns vermuten, dass sie im Reservelazarett Niendorf/Ostsee gestorben sind. Mit Hilfe von Karsten Andree vom Gemeindearchiv Timmendorfer Strand wird sich diese Vermutung im nächsten Kapitel bestätigen.

Das Bundesarchiv gibt zu den Reservelazaretten folgende Auskunft: »Ab Kriegsbeginn wurden durch die Wehrmacht verstärkt zivile Kranken- und Kurhäuser, Sanatorien (Krankenanstalten der freiwilligen Krankenpflege) sowie andere geeignete Gebäude (beispielsweise Hotels, Schulen) als Reservelazarette für die Versorgung schwer Verwundeter und Erkrankter in Anspruch genommen. Neben der Pflege von Wunden und Brüchen, der Schutzimpfung und der Entseuchung war das Reservelazarett auch für die Beerdigung von im Lazarett verstorbenen Militärangehörigen selbst verantwortlich.

Nach dem Mai 1945 wurden die Reservelazarette durch die alliierten Militärverwaltungen bis Anfang 1947 weitergeführt.«

In der Chronik der Bädergemeinde Timmendorfer Strand, 1979 herausgegeben von der Gemeinde Timmendorfer Strand, lesen wir: »Zu den besonderen Aufgaben der jungen Niendorfer [Kirchen-]Gemeinde gehörte in jenen Jahren bis 1948 die Betreuung der Reservelazarette im Heim Nazareth und im Antoniushaus, in denen Schwerstverwundete Aufnahme gefunden hatten. Aus Dankbarkeit für die aufopfernde Pflege und fürsorgliche Betreuung schenkten sie der Kirche holzgeschnitzte Wandleuchter und die beiden großen Steuerräder an der Stirnwand der Kirche.«

Die fünf Männer vom Niendorfer Friedhof, die im Zeitraum 9.2.1948 bis 7.8.1959 gestorben sind, wurden eventuell weiter privat gepflegt. Auch das ist nicht selten vorgekommen.

Zum Stein für Kurt Gattung schreibt Emil Becker, der Niendorfer Chronist: »18.8.45 in Kücknitz von Polen erschossen«.


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Aus der Geschichte

Am 22. Juli 1952 fand die erste Zusammenkunft sämtlicher in Niendorf tätigen Organsisationen und Verbände statt, um über die Errichtung eines Denkmals für die toten Soldaten des 2. Weltkriegs zu beraten. Da man beschloss, in Niendorf eigenständig um die Planung zu kümmern, wurde ein Kuratorium gebildet, dem Vertreter aller Organisationen angehörten. Als erstes wurde – mit Genehmigung der Landesregierung – ab dem 25. August eine Haus- und Straßensammlung zur Finanzierung durchgeführt. Um, wie es im Aufruf heißt, ein schlichtes Mal zu erbauen »als ein Zeugnis nie verlöschenden dankbaren Gedenkens an alle, die ihr Leben gelassen haben im Felde, in der Heimat, auf der Flucht und in der Gefangenschaft. [...] so soll es von Seiten des Spenders kein Almosen, sondern ein Opfer sein. Niemand darf hier beiseite stehen! Denkt daran, daß Euer Opfer für dieses Ehrenmal so unendlich gering ist, gemessen an dem, was die Toten des 2. Weltkriegs gegeben haben.«

Damit sind natürlich nur tote Soldaten und zwar nur die deutschen toten Soldaten gemeint. Der 2. Weltkrieg kostete in Deutschland 5,5 Millionen Soldaten und 2,1 Millionen Zivilisten das Leben. Das bedeutet 7,6 Millionen Todesopfer in Deutschland. Insgesamt starben im Angriffskrieg von Nazideutschland 60 Millionen Menschen, alleine 27 Millionen Russen.

Nach Besichtigungsfahrten zu anderen Denkmälern in Schleswig-Holstein und Sichtung von Architektenentwürfen, entschied das Kuratorium im April 1956 über den Ort und die Gestaltung des Denkmals.

Emil Becker schreibt: »Statt des ursprünglich von der Kirchengemeinde angebotenen Platzes auf dem Rundbeet in der Mitte des Friedhofes wurde der Platz hinter dem Soldatenfriedhof für die in hiesigen Lazaretten verstorbenen Krieger für passender gehalten.

SH Niendorf 1959 2Fotoseite sw Front web

Statt der ursprünglich geplanten kleinen Gedenkhalle auf dem Rundbeet wurde wurde hinter dem Soldatenfriedhof eine einfache schlichte im Halbrund gehaltene Felsenwand errichtet, die auf gußeisernen Platten die Namen der Gefallenen trägt.«

SH Niendorf 1959 2Fotoseite sw schraeg webFotos: Gemeindearchiv Timmendorfer Strand Sammlung Emil Becker


Die Steine vor der Gedenkwand stehen also 1959 noch auf echten Gräbern!

Die Architektin Anne Heckt entwarf, Bauunternehmer Horst Hufenbach (beide aus Timmendorfer Strand) errichtete den Bau. Die gußeisernen Platten lieferte die Firma Ahlmann-Carlshütte aus Rendsburg.

Emil Becker schreibt weiter: »Die Hauptarbeit hatte bisher und hat sie auch bis zur Fertigstellung des Denkmals geleistet: Der neue Vorsitzende des Kuratoriums Herr Wilhelm Groth, Bezirksdirektor a.D. [...] Groth hat 3 Söhne verloren. Das Ehrenmal ist sein Werk.«

Hans-Uwe Groth, einer der drei Söhne, war SS Rottenführer, er ist am 7. September 1944 bei Serock im »Generalgouvernement« Polen zu Tode gekommen. Auch das hat Emil Becker getreulich dokumentiert.

Das besetzte Polen im 2. Weltkrieg auf LeMO


Am 25. Mai 1959 informierte Wilhelm Groth die Bürger über die Fertigstellung des Denkmals.

Brief Wilhelm Groth

Anfang Juni 1959 wurde das Denkmal der Öffentlichkeit übergeben.

Der Bericht des Schulrektors und Hobbyhistorikers Emil Becker


Wir danken Karsten Andree vom Gemeindearchiv Timmendorfer Strand für die Hilfe und Herrn Scheel, Fachbereichsleiter Allgemeine Verwaltung, für die Nutzungsgenehmigung.


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Das Cap Arcona-Gedenken

Die Anlage liegt zwischen Friedhofseingang und Kapelle. Sie enthält ein anonymes Gräberfeld, das mit Rasen bedeckt ist. Geteilt wird es durch einen Bruchplatten-Weg, der ohne weitere Abgrenzung zum Findlingsdenkmal am Kopfende der Anlage führt.

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Hier, rechts und links vom Weg, sollen 113 am Ostseestrand von Niendorf angeschwemmte Leichen begraben worden sein. 113 von rund 7.000 Toten, die am 3. Mai 1945 ums Leben kamen, als am Ende des 2. Weltkriegs u.a. das ehemalige Kreuzfahrtschiff Cap Arcona in der Lübecker Bucht versenkt wurde. Nur 400 Menschen konnten sich bei Pelzerhaken an Land retten, wochenlang wurden an den angrenzenden Ostseestränden Leichen angeschwemmt.

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Das mehrstufige Monument aus Bruchsteinen trägt einen Granitfindling.

SH Niendorf Cap Arcona Tafel2 web


Unter einem christlichen Totenkreuz ist dort auf einer geglätteten Fläche zu lesen:

HIER RUHEN
113 POLITISCHE
GEFANGENE
VON 16 NATIONEN
DIE AUF DER
CAP ARCONA
IN DER
NEUSTÄDTER BUCHT
AM 3. MAI 1945
DEN TOD FANDEN

Ob hier wirklich »113 politische Gefangene von 16 Nationen« begraben sind, müsste noch recherchiert werden.


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Die ereignisse vom 3. Mai 1945

Der Rückzug der deutschen Truppen führte ab Sommer 1944 dazu, dass die in Frontnähe geratenen Konzentrationslager mit ihren zahlreichen Außenlagern aufgelöst wurden. Beim Herannahen der Roten Armee beziehungsweise der westalliierten Truppen begannen mit der Räumung der Lager von Auschwitz im Januar 1945 die »Todesmärsche« und Transporte in offenen Viehwaggons der Gefangenen. Zuletzt wurden vom KZ Neuengamme bei Hamburg aus Mitte April 1945 mehr als 10.000 Gefangene von der SS nach Lübeck gebracht. Dort wurden sie auf drei Frachtschiffe verladen, auch das Kreuzfahrtschiff »Cap Arcona« nahm mehrere tausend auf. Die Bedingungen an Bord der Schiffe waren katastrophal, viele verhungerten und verdursteten.

Am 3. Mai griffen britische Flugzeuge die Schiffe an, die sie für deutsche Truppentransporter hielten. Auch die »Cap Arcona« geriet in Brand und kenterte. Die Gefangenen hatten kaum eine Chance, sich zu retten. Viele, die das Land schwimmend erreichten, wurden dort von SS-Männern erschossen. Insgesamt über 7.000 verloren am 3. Mai, wenige Stunden vor ihrer möglichen Befreiung, das Leben.

Mehr dazu auf www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de

»Der Untergang der Cap Arcona« auf www.ndr.de


Pastorin Almuth Jürgensen, Gedenkstättenbeauftragte im Kirchenkreis Ostholstein und Koordinatorin des »Netzwerk Cap-Arcona-Gedenken«, schreibt im Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche:

Update: Netzwerk Cap-Arcona-Gedenken

Der komplette Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur


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Der Stahlhelm

Das übergroße Relief eines Stahlhelms schien den Niendorfer Denkmalsstiftern das passende Symbol zu sein, um ihre »gefallenen Helden« des 1. Weltkriegs zu ehren.

SH Niendorf 1WK Helm web2

 

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes hatten zu einem erbitterten Stellungskrieg geführt.

Mehr zum »Modernen Krieg« auf www.regionalgeschichte.net

 

Er erforderte einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Ein neuer Helm aus Stahl wurde entwickelt, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

Stahlhelm mit K Fahne web

Die Einführung eines Stahlhelms für die Bundeswehr im Juni 1956 war ein Politikum. Den Forderungen des Militärs nach einem wirksamen Kopfschutz für die Soldaten wurde nur sehr zögerlich entsprochen. Unter keinen Umständen sollte der Helm für die Bundeswehr auf Konstruktionen beruhen, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnerten.

Für den aktuellen »Gefechtshelm, allgemein«, der am 15. Januar 1992 eingeführt wurde, galten diese politischen Bedenken nicht mehr. Der Helm sollte unter Wahrung der modernsten militärischen Gesichtspunkte auch alle Vorteile des Stahlhelms M35 in sich vereinigen.

Die Stahlhelme der alten Form blieben weiterhin im Gebrauch beim Bundesgrenzschutz und der Polizei.


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu  d e m  deutschen Orden.

Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web4
    

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle und als Schmuck am Auto:

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Ein Familiengrab

Auf dem »Erbbegräbnis« der Famile Gustav Voss wird prominent und ausführlich an den Soldatentod des Sohnes erinnert. In einem übergroßen Eisernen Kreuz wird sein Tod mit einer Sinngebung verknüpft.

SH Niendorf Familiengrab Voss web

 
Unserm Sohn
zum Gedächtnis

In treuester Pflichterfüllung fand den Heldentod
Feldwebel und O. A. (hier ist wohl Offiziersanwärter gemeint)

Heinz Voss
geb. 3.12.1914 in Niendorf - Ostsee
gef. 16.7.1941 in Ssuchlowo - Russland
für
das Vaterland

Dir brach der Sturm
des Krieges die Sonnenflügel
Wie Du gestorben
das weiss Gott allein
So mag im fremden Lande
Deinem Hügel der Herrgott selbst
Dein Gärtner sein


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Die Initiative von 2022

In den letzten Jahren legte die Kirchengemeinde von Niendorf zum 3. Mai bei der Gedenkanlage Cap Arcona ein Blumengesteck nieder. Zum Beispiel 2015:

SH Niendorf Mai2015 Cap Arcona Wikipedia License3 0 roland h bueb webFoto: roland_h_bueb / Wikipedia License3_0


Auf die Schleife stand ein Spruch aus dem Evangelium nach Johannes:

Christus spricht: Niemand wird sie mir aus den Händen reißen
Joh. 10.28

Seit dem Jahr 2022 beschäftigt sich die Gemeinde nun, unterstützt von unserem Studienleiter Dr. Stephan Linck, mit einer Neubewertung der Denkmäler auf dem Friedhof, besonders mit der Anlage zum Cap Arcona-Gedenken. Eine Tafel am Eingang soll in Zukunft über Lage und Bedeutung der Denkmäler informieren.


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I N H A L T
Die Findlinge
Der Obelisk
Die Schlacht von Oeversee
Pastor Wolfgang Grell

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Oeversee, Kreis Schleswig-Flensburg

Auf dem Friedhof der Kirche St. Georg

Die Denkmalsanlage besteht aus zwei Teilen: im hinteren Teil des Friedhofs liegen unter hochgewachsenen Lebensbäumen ein großer Findling als Widmungsstein in der Mitte und an den Seiten acht kleinere für die getöteten Soldaten beider Weltkriege der Gemeinden Barderup, Frörup, Jarplund, Juhlschau, Munkwolstrup, Oeversee und Tarp, der achte ist den getöteten Soldaten der Flüchtlingen und Heimatvertriebenen gewidmet.

Die Findlinge

SH Oeversee alle web

 

SH Oeversee Findling web

Beim Hauptfindling wurde ein Grabkreuz mit angehängtem Eichenlaubkranz, rechts und links davon die Jahresangaben zu den zwei Weltkriegen und darunter die Inschrift herausgearbeitet. Sie lautet:

Unseren Toten
zur Ehre
Kirchengemeinde
Oeversee

 

SH Oeversee Barderup web

Als Beispiele für die kleineren Gemeindefindlinge: Barderup mit Schmuckrelief Eisernes Kreuz auf Eichenlaub.

SH Oeversee Juhlschau web

Gemeinde Juhlschau mit übergroßen Eichenblättern.


SH Oeversee Munkwolstrup web    SH Oeversee Heimatvertriebene webN

SH Oeversee Oeversee web    SH Oeversee Tarp web

SH Oeversee Jarplund web    SH Oeversee Froerup webN

Wir danken Ines Matho von der Kirchengemeinde Oeversee-Jarplund für die Fotos der Findlinge!

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203


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Der Obelisk

SH Oeversee mit Kirche web

Nördlich neben der Kirche, fast an der Straße, steht ein roter polierter Steinobelisk mit den Namen der 96 getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs, sortiert nach Heimatgemeinden. Angegeben sind Initial des Vornamens, Nachname und Sterbedatum.

 

     SH Oeversee Obelisk web

Der vielstufige Obelisk ist aus verschiedenen Materialien, unterschiedlich geformt, zusammengesetzt, er trägt ein klobiges dreidimensionales Eisernes Kreuz, auf dem schlanken oberen Teil ist auf der Frontseite ein Stahlhelm zart eingraviert – er ist kaum zu erkennen. Im Hintergrund kann man die oben beschriebene Findlingsgruppe zum 1. und 2. Weltkrieg sehen.

Umlaufend kann man an den vier Seiten Sprüche lesen:

 

SH Oeversee Seite vorne web


Vorne die Widmung:

Den für das deutsche Vaterland gestorbenen Söhnen
der Kirchengemeinde Oeversee
1914 – 1919 [!]

 

SH Oeversee Seite4 web

Gott sei Dank der uns den Sieg gegeben hat
durch unseren Herrn Jesum Christum.
1. Kor. 15, 57.

SH Oeversee Seite1 web


Wer den Tod im Heilgen Kampfe fand,
ruht auch in fremder Erde im Vaterland.

 

SH Oeversee Seite2 web


Niemand hat grössere Liebe denn die
dass er sein Leben lässet für seine Freunde
Joh. 15, 13.

So spricht Jesus am Ende des Johannes-Evangeliums. Es heißt natürlich nicht: »... dass er in den Krieg zieht und tötet für seine Freunde.«

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne und in der Steigerung als Heldensöhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

Es steht nicht die Trauer im Vordergrund vielmehr wird der Tod im Krieg in einen Zusammenhang gestellt, der ihn zu einem nicht zu hinterfragenden Opfer macht.

Die für fast alle Denkmäler typische Kriegstodverklärung findet eine Steigerung in einer spezifisch kirchlichen Deutung – von »christlich« zu sprechen verbietet der Respekt vor dem biblisch christlichen Glauben.

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Die Schlacht von Oeversee

Bei Oeversee fand im Deutsch-Dänischen Krieg 1864 ein großes Gefecht statt. Darum kann man auf dem Friedhof neben verschiedenen Einzelgräbern von daran beteiligten Soldaten auch einen großen grauen Obelisken, das sogenannte Belgier-Denkmal, betrachten.

Die dänische Armee hatte am Abend des 5. Februar 1864 während eines Schneesturmes mit einem Rückzug aus der Danewerk-Befestigungsanlage begonnen, was von der preußisch-österreichischen Armeeführung als Truppenbewegung wahrgenommen wurde. Am nächsten Morgen gelang den preußischen Truppen dann der Übergang über die Schlei. Der dänische Oberbefehlshaber befahl daraufhin den weiteren Rückzug, um eine Einkesselung seiner Truppen zu vermeiden.

Stunden später trafen zwischen den Dörfern Sankelmark und Oeversee die mit den Preußen verbündeten Österreicher, unter anderem das steirische Infanterie-Regiment Nr. 27 »König der Belgier«, auf die Dänen. Nach mehreren Angriffen wurden die Dänen zum Rückzug gezwungen.

Während des nur wenige Stunden dauernden Kampfes verloren die Österreicher 28 Offiziere und 403 einfache Soldaten, die Dänen, die auf der Flucht in schweres Artilleriefeuer gerieten, 18 Offiziere und 944 Soldaten. Die verwundeten Soldaten wurden im Historischen Krug in Oeversee, dem weltweit ersten Feldlazarett unter der Flagge des kurz zuvor gegründeten Roten Kreuzes, versorgt.

Weil die hauptsächlich im Gefecht beteiligten Soldaten ihre Heimatgarnison in Graz hatten, gibt es in der Stadt eine Oeverseegasse und ein in dieser Gasse befindliches Oeversee-Gymnasium. Umgekehrt gibt es in Oeversee einen Grazer Platz.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 20. November 2017

SH Oeversee 1848 web

Der mehrstufige Obelisk aus grauem Sandstein trägt vier schwarze Kanonenkugeln als Spitze. Am Volkstrauertag 2016 wurde dort auch ein Kranz der Republik Österreich niedergelegt.

 

Seit dem Deutsch-Dänischen Krieg ist der jährliche Gedenkmarsch von Flensburg nach Oeversee erhalten geblieben. Die Evangelische Zeitung beschreibt im Februar 2018 den 154. Oeverseemarsch.

154. Oeverseemarsch 2018

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Pastor Wolfgang Grell

Er war von 1959 bis 1972 Pastor in Oeversee. 1966 verweigert er der Fahnendelegation eines Kriegervereins den Zutritt zur Oeverseer Kirche St. Georg. 1967 drängten dann die Pastoren von St. Marien im nahegelegenen Flensburg darauf, ein Denkmal, das die gefallenen Soldaten der Weltkriege unkritisch ehrte, zu entfernen. Das führte bundesweit zu einer scharf geführten Kontroverse um militaristische Traditionen und antidemokratisches Denken in der Bundeswehr und das Verhältnis der Kirche hierzu.

Lesen Sie hier die Erklärung von 18 Pastoren des Kirchenkreises aus dem Buch »Als im Kirchenamt ›die Hölle los‹ war«:

Erklärung 1967

 

                           SH Oeversee grell cover web

Das Buch von Stephan Linck über das Leben von Wolfgang Grell können Sie zum Preis von 7 Euro zuzüglich Porto online bestellen.

Buchbestellung Wolfgang Grell

 

In der Ausgabe Nr. 5 vom 4. Februar 2018 erinnert die Evangelische Zeitung an Pastor Wolfgang Grell.

Historisch gesehen, EZ 4.2.2018


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I N H A L T
Das Denkmalsanlage
Eichenlaub und Lorbeer
Der Findlingsmythos
Das Erinnerungsbuch zum 2. Weltkrieg
»Up ewig ungedeelt«
Doppeleichen
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71
Das Eiserne Kreuz

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Oldenburg in Holstein, Kreis Ostholstein

Auf dem Friedhof der Sankt Johanniskirche

Der direkte Weg aus der Kirche – eine starke Einladung – führt in die Denkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege im Kirchspiel Oldenburg in Holstein.

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Der Blick richtet sich unweigerlich auf die Inszenierung am Ende des Weges: ein hölzernes Hochkreuz zwischen zwei großen Findlingen. Links und rechts stehen jeweils die kleineren Gedenksteine der Dörfer mit den Soldatennamen »Spalier«, so dass die Besuchenden gewissermaßen »die Front der toten Soldaten abschreiten«. Oben auf den Steinen steht jeweils der Ortsname. Darunter ein Eisernes Kreuz, das militärische Ehrenzeichen wird den toten Soldaten postum und kollektiv von den Denkmalsstiftern verliehen, der Kriegstod wird als Beweis für ihre Tapferkeit und Vaterlandstreue gewertet. Wir schreiten nun ohne weitere Worte los:

SH OldenburgiH Sipsdorf 1links web

 

SH OldenburgiH 2Luebbersdorf web

 

SH OldenburgiH 3Kremsdorf web

 

SH OldenburgiH 4Gross Ernsthausen web

 

SH OldenburgiH 5Aligalendorf web

 

SH OldenburgiH 6Gaarz web

 

SH OldenburgiH 7Putlos web

 

SH OldenburgiH 8Hoetzin web

 

SH OldenburgiH 9Seegalendorf web

 

SH OldenburgiH 10Klein Welsek web

 

SH OldenburgiH 11 Teschendorf web

 

SH OldenburgiH 12Giddendorf web

 

SH OldenburgiH 13Techelwitz web

 

SH OldenburgiH 14Oldenburg web

 

SH OldenburgiH 15Oldenburg web

 

SH OldenburgiH 16 2WK web


Vorne angekommen sehen wir links vom Hochkreuz den Stein zum 2. Weltkrieg:

Den Gefallenen und Toten
des 2. Weltkrieges 1939-1945
zum Gedenken

Den Lebenden zur Mahnung

... den Toten? Wer zählt unter dem Eisernen Kreuz, dem militärischen Ehrenzeichen, dazu? »Den Lebenden zur Mahnung« kennen wir von Denkmälern zum 1. Weltkrieg als Appell an die nachfolgende Generation den Kampf um den »gestohlenen Sieg« wieder aufzunehmen, auf dass die Soldaten nicht umsonst gestorben sind. Was mag hier damit gemeint sein?


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Das gab es auch in Oldenburg: 1940 ist diese Todesanzeige aufgegeben worden. Sie ist in der Chronik von Dahme auf Seite 14 abgebildet. Wir danken Uwe Hartert für das Dokument.

 

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Rechts neben dem Kreuz steht der Stein zum 1. Weltkrieg. Unter einem eisernen Kreuz und einem Bronzerelief aus gekreuzten Lorbeer- und Eichenzweigen mit flatternder Schleife steht die Aufforderung:

Heimat,
neige Dein Haupt
in Ehrfurcht vor dem
Tode und der Tapferkeit
Deiner Gefallenen
1914 – 1918

Hier wird Ehrfurcht vor Tod und Tapferkeit gefordert. Es wird angenommen, dass die Soldaten mit Tapferkeit, also im Kampf, gestorben sind – ein ehrenvoller Tod soll es gewesen sein! Kein Gedanke an zerfetzte Gliedmaßen, verpestete Lungen und Todesangst im Schlamm der Schützengräben. Das Grauen des Krieges wird durch die Inschrift verbannt.

Wir kennen diesen Spruch auf Kriegerdenkmälern in der Formulierung »Wanderer, neige Dein Haupt ...«. Er erinnert an ein klassisches Zitat und wird dadurch zeitlos, ohne Bezug auf die Realität des Geschehens. Das Zitat ist angelehnt an die Inschrift auf einem Gedenkstein im antiken Sparta, die von Friedrich Schiller übersetzt wurde: »Wanderer, kommst du nach Sparta ...«.

In Oldenburg wurde Wanderer durch Heimat ersetzt, das holt uns wieder zurück in die Zeit zwischen den Kriegen: Heimat als idealisierte Gemeinschaft, als Bollwerk gegen alles Fremde und Andersartige. Der Heimatkult der Nazis rückte näher.

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Kehrt marsch. Wir machen uns auf den langen Weg zurück zur Kirche:

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Eichenlaub und Lorbeer

Eichenlaub ist in der militärischen Symbolsprache ein Zeichen hoher Ehre – auch hier in Oldenburg:


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Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 
»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

»1933 wurde mit einer offiziellen Zeremonie eine Adolf-Hitler-Eiche auf dem Dorfplatz gepflanzt (s. Foto). Auf dem Foto sieht man Heinrich Behnke, [...] sowie Hartwig Gäde. Herbert Hansen, mit weißen Kniestrümpfen, musste damals ein Gedicht aufsagen. Lehrer Kühl hielt eine Rede.

Am 8. Mai 1945, am Tag der deutschen Kapitulation, wurde die Eiche von Ernst Meier mit den Worten umgehauen: ›Du Aas kümmst af!«
Hartwig Gäde erzählt dazu: ›As ik ut de Gefangenschaft, ut den Krieg kam, da käm de ole Meier to mi hin un seggt: ›Soll ik di mal wiesen, wo diene Adolf Hitler Eiche is? Denn komm mal mit!‹. Da ist er dann mit mir in seinen Garten gegangen und zeigte auf einen Zaunpfahl. Die Eiche hatte er abgesägt und einen Zaunpfahl daraus zurechtgeschnitten. Der alte Meier war der SPD treu geblieben.«

SH Rethwisch Hitlereiche web

• Diese schöne Geschichte steht in der »Chronik der Landgemeinde Rethwisch« von Doris Moßner und Inga Rogga aus dem Jahr 2001.

 

NDR-Zeitreise: Die Geschichte der »Hitlereichen«

Schleswig-Holstein Magazin vom 14. April 2023


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Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1974-160-13A / CC-BY-SA 3.0


Eichenlaub als höchste Zier: SS-Obergruppenführer und General der Waffen SS Theodor Eicke im Jahr 1942.


»Eichenlaub« war ab 1999 ein rechtsextremes Liedermacher-Duo aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes.


Und der Lorbeerzweig? Im alten Rom wurden siegreiche Waffen mit Lorbeerzweigen umwunden, später wurden den »Helden« von der Siegesgöttin Viktoria Lorbeerkränze gereicht oder auf’s Haupt gesetzt. Hartmut Häger schreibt in seinem Buch ›Kriegstotengedenken in Hildesheim‹ auf Seite 133: »Während des Ersten Weltkriegs sah sich der Lorbeer nationalistischer Verdächtigungen ausgesetzt. Er werde aus ›welschem Feindesland‹ eingeführt und sei deshalb ungeeignet für den Siegeskranz der Gefallenen. Eichen- und Tannenkränze seien dem italienischen Importartikel vorzuziehen. Verdrängen konnte das Eichenlaub den Lorbeer nicht, bedrängen offenbar schon.«

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der FindlingsMythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.


»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

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Das Findlingsdenkmal in Marienwarder, Kreis Plön, zum 1. Weltkrieg

Unsere Dokumentation

 

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203


»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28

 

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Das Erinnerungsbuch zum 2. weltkrieg

In einer Vitrine im Kirchenschiff liegt das »Gedächtnisbuch der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Oldenburg in Holstein für die Opfer des Krieges 1939-1945«. Es ist am 27. September 1953 fertiggestellt worden. Es beginnt auf der Seite 4 mit dem Bibelspruch »Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft.« Jesaja 40. Es folgen alphabetisch nach dem Familiennamen geordnet die Namen von Soldaten und zivilen Opfern. Wir zeigen Auszüge:

SH OldenburgiH Gedaechtnisbuch 05 SS web


Es geht los mit dem Anfangsbuchstaben A und da haben wir gleich einen Obersturmführer der SS. Die SS verwendete die doppelte »Sig«-Rune und benutzte damit die aggressive dynamische Form eines Blitzes und die Assoziation mit dem Wort »Sieg«. Die Doppelschreibung der S-Rune ist heute in Deutschland gemäß § 86a StGB verboten.

PLPB: Verwendung von Runen in der rechten Szene

 

SH OldenburgiH Gedaechtnisbuch 08 Kinder web


Kurz danach erfahren wir von Kinder, die in Frankfurt am Main geboren und seit dem 6. März 1945 im Pommerschen Ort Greifenberg vermißt wurden.

 

SH OldenburgiH Gedaechtnisbuch 10 pol Besatzung web


Die Eheleute Ernst sind am 11. August 1945 in ihrem Heimatort in Labes/Pommern unter »polnischer Besatzung« gestorben.

 

SH OldenburgiH Gedaechtnisbuch 12 zivil SS web


Maria Essner ist an einem nicht bekannten Tag und Ort umgekommen, was mag ihr passiert sein? Ihr Name steht auf einem Blatt mit einem SS-Oberscharführer, der 1945 in Ungarn zu Tode kam.

 

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Die Eheleute Gogoll aus Tannenberg in Ostpreußen sind als Verschleppte in Rußland umgekommen.

 

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... und noch ein SS-Oberscharführer – insgesamt werden im Erinnerungsbuch sechs SS-Männer bedacht.

Zivile Opfer in Oldenburg in Holstein scheint es nicht gegeben zu haben. Soweit wir sehen konnten, sind die im Buch aufgeführten zivilen Opfer Menschen aus den Ostgebieten – Vertriebene, Verschleppte, Umgekommene.

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»Up ewig ungedeelt«

Die Schleswig-Holsteinische Erhebung, an die der Stein bei der Kirche erinnert, fand statt im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen 1848 als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum wollten einen Nationalstaat, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte.

Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt und nach anfänglichen Erfolgen schlussendlich von der dänischen Seite besiegt wurden.

Mehr bei Wikipedia, abgerufen am 3.12.2019

 

SH OldenburgiH Up ewig ungedeelt web


1849 hatten die »Schleswig-Holsteinischen Kampfgenossen« einen Gedenkstein auf dem Alten Friedhof in Flensburg errichtet, er sollte die ewige Verbindung zwischen Schleswig und Holstein symbolisieren. 1851 entfernten ihn die dänischen Behörden. 1898, zur Feier des 50. Jahrestages der Eroberung der dänischen Festungsanlagen, wurde dann – wie an vielen Orten im Land – auch dieser Findling in Oldenburg aufgestellt.

Die Inschrift lautet mittig gesetzt im glattgeschliffenem Medaillon:

24. März
1848 – 1898.
___ . ___

Zur Erinnerung
an die Erhebung
Schleswig-Holsteins
___ . ___

Up ewig
ungedeelt.


Up ewig ungedeelt (Auf ewig ungeteilt) ist eine Passage des Vertrages von Ripen, in dem die Herrschaft in den Herzogtümern Schleswig und Holstein im Jahr 1460 geregelt wurde. Nachdem der Arzt, Dichter und Übersetzer August Wilhelm Neuber 1841 diesen Spruch in eins seiner Gedichte eingebaut hatte, wurde er zum Kampfbegriff der deutschen Schleswig-Holsteiner. 1844 forderte die Holsteinische Ständeversammlung: »Die Herzogtümer Schleswig und Holstein sind fest miteinander verbundene Staaten«.

Der Text des »Schleilieds« von August Wilhelm Neuber, der 1841 in einer Haderslebener Zeitung erschien und bald darauf von Carl Gottlieb Bellmann vertont wurde:

Sie sollen es nicht haben
Das heil’ge Land der Schlei!
Sie sollen es nicht haben
Das Land so stolz und frei.
Der Herzog hat’s geschrieben,
Den sich das Volk erwählt:
»Se schölln tosammen blieben
Op ewig ungedeelt!«

»Up ewig ungedeelt« ist auch heute noch der Wahlspruch des Landes Schleswig-Holstein.

 

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Zusätzliche Symbolik: Für eine perfekte Inszenierung wurde hinter dem Stein eine Doppeleiche gepflanzt, siehe nächstes Kapitel.

Auch in der Kirche gibt es eine aufwändig gearbeitete Gedenktafel, die an die Schleswig-Holsteinische Erhebung und hier zusätzlich an die dabei ums Leben gekommenen Soldaten erinnert.

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Oben das damalige Wappen Schleswig-Holsteins: Unter der Krone sind Hände zum »Up ewig ungedeelt« verschlungen. Im Wappen darunter: Zwei Löwen für Schleswig und das Nesselblatt für Holstein.

Unter der Namensliste steht goldfarben ausgemalt und auf beigem Grund schlecht zu lesen:

Gewidmet dem Andenken der im Kampfe gegen Dänemark 1848-1850 / fürs Vaterland gefallenen Krieger der Schleswig-Holsteinischen Armee / aus der Gemeinde Oldenburg

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Doppeleichen

»An die Schleswig-Holsteinische Erhebung von 1848 erinnern die so genannten Doppeleichen, die in vielen Dörfern anlässlich des 50. Jahrestages am 24. März 1898 unter besonderen Feierlichkeiten gepflanzt wurden. Sie galten den schleswig-holsteinisch Gesinnten als Sinnbild für Freiheit und Unabhängigkeit von Dänemark sowie für die Einheit von Schleswig und Holstein. Deshalb findet man diese Art von Gedenkbäumen auch nur im nördlichsten Bundesland. Das Privileg von Ripen von 1460 und das Schlagwort ›Up ewig ungedeelt‹ diente dabei den Schleswig-Holsteinern als Grundlage ihres Anspruchs. Die Idee der Doppeleiche kam erstmalig auf dem schleswig-holsteinischen Sängerfest 1844 in Schleswig auf, als das Schleswig-Holstein-Lied erstmalig gesungen wurde; hier heißt es in der 7. Strophe: ›Teures Land, du Doppeleiche, unter einer Krone Dach, stehe fest und nimmer weiche, wie der Feind auch dräuen mag! Schleswig-Holstein, stammverwandt, wanke nicht, mein Vaterland!‹.

SH Doppeleichen Anzeige web

Anzeige des Gärtners Beck: »Zur Verherrlichung des Nationalgesanges«

Als Standort dieser Bäume wählte man besonders exponierte Plätze in der Dorfmitte oder in der Nähe von Schulen und Gaststätten. Es gab zwei Möglichkeiten, eine Doppeleiche zu schaffen: Entweder pflanzte man zwei Eichen in einem Pflanzloch so eng zusammen, dass aus einer Wurzel die Stämme wuchsen, oder man ordnete die beiden Eichen so an, dass diese aus zwei Pflanzstellen herauswuchsen und im Stammbereich zusammengeführt wurde.«

• Telse Stoy, Heimatgemeinschaft Eckernförde e. V., 2014. »Doppeleichen in Schleswig-Holstein«, in: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-261830, abgerufen: 18. Februar 2019.

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Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71

Die zweite Kriegertafel in der Kirche, 1873 ebenso aufwändig gestaltet wie die erste, ist ihm gewidmet:

 

SH OldenburgiH Kirche Tafel 70 71 web


Im unteren Feld lesen wir folgendes Poem, verfasst im Pathos der Zeit:

Schlaft wohl ihr Todten, die ihr kühn gerungen,
Mit Stolz nennt Euch das deutsche Vaterland.
Das Schicksal traf mit seiner ganzen Schwere
Euch Schläfer, die das ferne Grab umschließt


Der Deutsch-Französische Krieg war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


SH Oldesloe Anton von Werner Kaiserproklamation webFoto: Wikimedia Commons / gemeinfrei

Die Kaiserproklamation in Versailles, Wandgemälde von Anton von Werner für die Ruhmeshalle Berlin. 1944 wurde es nach einem Bombentreffer zerstört.


»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

Mehr auf www.bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung


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Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f

 

SH Raisdorf EK Hitlerspruch webFoto: Deutsches Historisches Museum, Berlin, Inv.-Nr. PK 2005/2

• Die von Adolf Hitler am 8. November 1939 anlässlich des Überfalls auf Polen ausgesprochene Losung

 

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche«, Januar 1940.

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. 

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.


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I N H A L T
Das Denkmal
Eine historische Postkarte
Eine Chronik
1935: »Das neue Wahrzeichen«
Eine weiteres Kunstwerk
Der Maler Bendix Passig
Die Heimatgemeinde

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Osterstedt,
Kreis Rendsburg-Eckernförde

Eine sehr auffällige Anlage mitten im Dorf

Das Denkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege steht in einem großzügigen, gepflegten Park. Die Anlage ist ein Gesamtkunstwerk des Kunstmalers und Bildhauers Bendix Passig, der am 5. Februar 1864 in Osterstedt geboren wurde und dort am 19. Oktober 1957 starb. Er genießt in seiner Heimatgemeinde großes Ansehen. Das Heimatmuseum in Hohenweststedt hat ihm 2011 eine große Werkschau gewidmet.

SH Osterstedt total

Hier der Blick auf das komplette Kriegerdenkmal. Links im See ist die 1935 dazugekommenen sogenannte Germanengruppe zu sehen, sie wurde ebenfalls von Bendix Passig gestaltet, Näheres dazu weiter unten.

SH Osterstedt Mitte


Die zentrale Szene auf dem erhöhten Sockel aus Bruchsteinen zeigt einen stolzen deutschen Soldaten mit Pickelhaube und aufgestelltem Gewehr und einen »gefallenen« Soldaten zu seinen Füßen. Die Reliefplatte im Sockel nennt im Ehrenkranz aus Eichenlaub die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs:

1914
1918

 

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Der »gefallene« Soldat greift sich ans Herz, eine schützende Kopfbedeckung fehlt.

Auf den vier kleineren Sockeln sind Szenen mit allerlei Getier und zwei zum Abflug bereite Adler dargestellt.

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An der Frontseite fügen sich an den Seiten je zwei Reliefs mit Darstellungen aus dem 1. Weltkrieg in die geschwungene Mauer ein. Diese Bildergeschichte zeigt den Verlauf des Krieges.

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Links beginnt die Erzählung mit dem geordneten Aufbruch der Soldaten, im Gleichschritt, mit hoch erhobenem Kopf marschieren sie los, verabschieden sich von Frauen und Alten.

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Der Kampf beginnt, es gibt erste Opfer.

Wir gehen weiter und stehen jetzt vor den beiden Soldaten auf dem Sockel in der Mitte. Die rätselhafte Szene klärt sich: es ist der selbe Mann – optimistisch, entschlossen steht er da am Anfang des Krieges, doch ...

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... rechts geht die Geschichte weiter ...

Osterstedt Relief Ende der Schlacht web


... die Schlacht ist vorbei, der Krieg ist verloren. Tote werden geborgen, Verletzte weggebracht. Der optimistische Soldat auf dem Sockel endet »gefallen«, tot wie alle Soldaten, denen dieses Denkmal gewidmet ist.


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Als Letztes: die ungeordnete Heimkehr der Verlierer, die wenigstens ihr Leben gerettet haben. Doch die Daheimgebliebenen stehen regungslos da, es gibt nichts zu feiern.

 

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Seitlich, mit Abstand zur Denkmalsmauer, erhebt sich je ein Pfeiler mit den Namen der 22 (1. Weltkrieg) bzw. der 52 toten Soldaten (2. Weltkrieg). Die Pfeiler sind nach dem 2. Weltkrieg gesetzt worden.

Unter dem Eichenblattdekor und einem Eisernen Kreuz lautet die Widmung:

Zum stillen
 Gedenken 
unserer 
Gefallenen 
1914 – 1918
 (rechts)
1939 – 1945 (links)

Im Park steht ausserdem eine Stele mit den Jahreszahlen früherer Kriege: 1848, 1898 und 1870/71.

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Eine Historische Postkarte

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Ursprünglich hatte der »Gefallene« noch sein Gewehr vor der Brust.

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Auch die Darstellung der Siegesgöttin oben auf dem Rahmen der Reliefplatte und die Figuren auf den beiden Endpfeilern der Denkmalsmauer sind verschwunden.

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Die Chronik

Der unkommentierte Text auf einer von zwei Informationstafeln an der Straße vor dem Park:

»Das Ehrenmal
Die nachfolgenden Ausführungen stammen aus Aufzeichnungen des Meieristen Julius Babbe von 1937

1870-1871
Nach dem Krieg 1870 - 1871 wurden Beratungen abgehalten, wie man am besten ein bis in die fernste Zukunft hinein erhalten bleibendes Andenken an den glücklich verlaufenden Deutsch-Französischen-Krieg schaffen könnte. Man kam dahin überein, man wolle zur Erinnerung an die große Zeit auf dem Meenland Eichen pflanzen. Der Bauer Matthiesen lieferte die Eichen aus seinen Waldungen. In der Mitte des abgesteckten Platzes hinein wurde eine Doppeleiche gepflanzt. Um diese herum andere Eichen. In jedes Pflanzloch kam eine Fuhre Mergel. Daher haben sich die Bäume verhältnismäßig gut entwickelt.

1872
Im April fand die feierliche Einweihung des Platzes statt. Lehrer Reimer Sievers hielt die Weihrede. Er weihte den Ort auf den Namen »Friedenshain«. Die ganze Bevölkerung nahm Anteil an den Feierlichkeiten. Die Schulkinder mit den schulentlassenen Jugendlichen sangen unter Leitung von Lehrer Sievers Choräle und vaterländische Lieder. Die Feier nahm einen erheblichen Verlauf.

1898
Im März 1898, zur 50-jährigen Erhebung Schleswig-Holsteins wurde vor der Doppeleiche ein Gedenkstein aufgestellt und eingeweiht. Der Gedenkstein trägt die Jahreszahl 1848 - 1851, 1870 - 1871 und 1898.

1914
Im Frühjahr 1914 wurde der Friedenshain parkartig erweitert. Der Wasserturm hatte in ihm bereits einen Platz gefunden. Der Maurer Joachim Seeland baute eine doppelte Springbrunnenanlage und eine Ruhebank aus Stein.
Der Kunstmaler Bendix Passig zierte die Anlage mit allerlei Figuren. Passig baute auch den großen Adler aus Zement, der auf dem großen Findling steht. Der Gärtner Hans Vollert erschuf die gärtnerische Anlage. Das Ehrenmal ist erbaut zur Ehre und zum Andenken derer, die im Völkerringen 1914 - 1918 auf dem Feld der Ehre geblieben sind.
Hinter dem Denkmal steht ein Eichenwald bestehend aus 22 Eichen für die 22 Gefallenen aus Osterstedt.

1919
1919 hat der Bauer Andreas Matthiesen den Grund und Boden für diese Anlage kostenlos hergegeben. Die Osterstedter haben in gemeinsamer Arbeit die Sandkuhle, ein mit Wasser gefülltes Sandloch, zu einem schönen Teich umgearbeitet. Später hat der Arbeitsdienst das Ufer befestigt und eine Feuerlöschanlage an dem Teich geschaffen.
Das Denkmal ist vom Kunstmaler Passig entworfen und künstlerisch ausgestaltet. Es versinnbildlicht Deutschlands Macht und Größe vor dem Krieg, die Kameradentreue, den Heldenmut und die Hingabe für das Vaterland in dem großen Weltkrieg. Und es zeigt uns aber auch, wie böse und schlechte Elemente im Krieg hochkommen und sich breit machen.
Es erinnert auch an das tragische Ende des Krieges. An der Rückseite ist eine bronzene Tafel angebracht, auf dieser stehen die Namen der gefallenen Helden.

1920
1920 waren die Arbeiten an der ganzen Anlage beendet. Der Ort des Friedens wurde eingeweiht. Die Weihrede hielt der Lehrer Adolf Vollstedt. er hatte seiner Rede die Bibelworte zugrunde gelegt: »Ziehe deine Schuhe aus, denn das Land darauf du stehst, ist heiliges Land«.
Vollstedts Worte waren ergreifend und erbauend. Die Weihe wurde von Pastor Clausen aus Todenbüttel vorgenommen. Die Anlage wurde auf den Namen Ehrenhain geweiht. In späteren Jahren hat Bendix Passig ein überlebensgroßes Germanenpaar aus Stein gefertigt. Es steht auf einem Steinsockel mitten in dem Parkteich.
Bei jeder größeren Feier im Ort gedenken die Osterstedter ihrer Toten. Ein weiser Mann hat einmal gesagt: »Die Kultur eines Volkes sei zu messen an dem Grad seiner Totenehrung«. Es mag Wahrheit in diesen Worten liegen.«


Die zweite Tafel ist Bendix Passig und seinem »Wirken als Maler und Bildhauer« gewidmet. 1899 kehrte er nach seinen Ausbildungsjahren in seinen Geburtsort Osterstedt zurück und lebte dort bis zu seinem Tod 1957.

2. Infotafel


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1935: »Das neue Wahrzeichen«

Am 11. September 1935, am »Reichsparteitag der Freiheit« wurde das Standbild »unter Beteiligung des ganzen Dorfes« eingeweiht. Eine »Germanengruppe, ein Zeichen der völkischen Erneuerung, mahnend: Aus Blut und Boden stammt die Kraft des deutschen Volkes.«

SH Osterstedt Germanengruppe web

 

Wir zitierten aus einem Artikel der Schleswig Holsteinischen Landeszeitung Nr. 213 vom 12. September 1935:

SH Osterstedt Schleswig Holsteinische Landeszeitung Nr123 1935 web


Frau Rehmke vom Kulturverein Osterstedt erzählte uns, dass die stehende Figur die Jagdgöttin Diana darstellen soll, in der Mythologie ist sie auch die Beschützerein der Frauen und agiert als Geburtshelferin. Die Göttin Diana war im Nationalsozialismus ein beliebtes Motiv, auch Arno Breker, einer von Hitlers Lieblingskünstlern, hat eine Diana-Skulptur geschaffen.


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Ein weiteres Kunstwerk

Etwas später muss diese Skulpturengruppe entstanden sein.

Osterstedt Gruppe rechts 2 web

Die rätselhaften Figuren in Uniform sollen in Bendix Passigs Garten gestanden haben, bis sie in die Anlage, die auch Passig-Park genannt wird, integriert wurden.

SH Osterstedt Gruppe web

Kampf, Protest, eine zerberstende Welt? Passig hat keine Deutung hinterlassen.

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Der Maler Bendix Passig

Im Bestand des Museums in Hohenwestedt befindet sich dieses Gemälde von Bendix Passig.



Der hochgewachsene Hitler schaut mit seinen Getreuen, einer Walküre und Jung Siegfried in aller Gelassenheit auf die heillose Flucht der Feinde. Die Veteranen früherer Kriege in Walhall, nach der nordischen Mythologie der Ruheort der in einer Schlacht gefallenen Kämpfer, die sich als tapfer erwiesen haben, beobachten das Ganze von oben ...


SH Osterstedt Bendix Passig Ausschnitt web

... während auf Erden verdiente Wehrmachtssoldaten Eiserne Kreuze an die Brust geheftet bekommen und Goebbels ungerührt plaudert (Ausschnitt).

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Die Heimatgemeinde

Osterstedt ist stolz auf den Künstler und Menschen Bendix Passig:

»Die menschlichen Tugenden waren stark entwickelt, von einer idealistischen Haltung geprägt, aber der Wirklichkeit eng verbunden.«

www.osterstedt.de


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