I N H A L T
• Das Denkmal
• Die Kreuze zum 2. Weltkrieg
• Die Schlachten
• »Einsicht an einem Sommertag«
• Das Eiserne Kreuz
• Der Stahlhelm
• Die Dorfkirche von Vipperow
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Vipperow
Landkreis Mecklenburgische Seenplatte
Auf der höher liegenden Wiese an der Dorfkirche steht das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus Vipperow, abgesperrt durch eine niedrig angebrachte Eisenkette.
Ein dreistufiger Sockel aus vermauerten Granitquadern trägt einen großen, abgerundeten Findling.
Oben aufgesetzt ist ein, wahrscheinlich aus Beton gegossenes, massives Eisernes Kreuz auf kleinem Sockel. Es ist doppelt konturiert und trägt die Symbole der 2. Stiftung der militärischen Ehrung vom preußischen König Wilhelm II.: Krone und »W« für Wilhelm. Die Krone ist mit einem Kreuz als Spitze dargestellt. Es zeigt die enge Verbindung von Kirche und Staat nach Napoleon. Vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. bis Kaiser Wilhelm II. waren die weltlichen Herrscher auch die Oberhäupter der Evangelischen Kirche. Erst 1918, mit der Abdankung von Wilhelm II., wurde die Trennung von Staat und Kirche eingeleitet.
Ungewöhnlich ist, dass unten im Eisernen Kreuz die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs 1914 und 1918 angegeben sind. Üblich ist, dass dort nur 1914 für das Stiftungsjahr des Ordens steht.
Im obersten Teil des Findlings lesen wir die Inschrift:
Im Weltkriege (rund gesetzt)
1914-18
fielen für das Vaterland
unsere tapferen Helden
Vier Jahre waren die Soldaten bei zunehmender Technisierung des Krieges vor allem für das maschinelle Töten zuständig. Soldaten beider Seiten harrten im Schlamm in den Schützengräben aus und mussten den Tod als etwas jederzeit Mögliches, Alltägliches hinnehmen. Diese Abstumpfung des Einzelnen thematisiert die Inschrift nicht – im Gegenteil: sie glorifiziert den heldenhaften Kampf.
»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«
• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S.89
»Keine neue Gedenktafel relativiert den sträflichen Unfug von ›Ehre‹, ›Heldentod‹ und ›Vaterland‹, kein Schaukasten erläutert, dass ein ›heiliger Kampf‹ niemals der für Kolonien, Absatzmärkte, Macht, Einflusssphären oder Rohstoffe sein kann, sondern [...] nur der für Gott und seine Liebesbotschaft, für die Zuneigung zum Nächsten und den Frieden in der Welt; dass also ein christlicher Kampf genau das Gegenteil von dem ist, was damals über Europa gebracht wurde.«
• kommunal.blogspot.de / Region Aschaffenburg-Miltenberg
»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«
• Kurt Tucholsky
Es folgen die elf Namen der toten Soldaten mit Geburts- und Sterbetag. Die Geburtstage sind mit einem kräftigen Stern markiert, den Sterbetagen ist ein »gef.« vorangestellt, zweimal ein »verm.« nachgestellt. Sechs Soldaten sind in den zwei ersten Kriegsjahren gestorben.
In der Liste ist kein Ordnungsprinzip zu entdecken.
Dem großen Findling an die Seite gestellt sind vier kleinere, kantige Feldsteine. Darauf werden Namen von Schlachtorten im 1. Weltkrieg genannt. Auf der linken Seite Tannenberg in Ostpreußen und Verdun in Frankreich.
Auf der rechten Seite Arras in Frankreich und Lemberg in Galizien.
Zwischen den Schlachten-Steinen liegt auf der zweiten Sockelstufe ein steinernes Kissen, auf dem ein Stahlhelm aus Granit liegt. Auf der Frontseite steht:
Das dankbare Vipperow
»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«
• Ralph Giordano, Die zweite Schuld
Das Denkmal von hinten: die Rückseite des Sockels ist glatt.
Hier sieht man schon die Gedenkanlage zum 2. Weltkrieg zwischen Findling und Kirche.
Das Denkmal ca. 1941. Diese Postkarte hat uns die Vipperower Dorfchronistin Hanni Fabisch zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
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Die Kreuze zum 2. Weltkrieg
Drei Steinstufen führen zum erhöhten Kirchengrundstück.
Wir erblicken ein übermächtiges Eisernes Kreuz, das militärische Ehrenzeichen soll an die 41 toten Wehrmachtssoldaten aus Vipperow und Solzow erinnern. Rechts und links stehen schlichte Holzkreuze, die sind – so sagen es die Initiatoren – den deutschen Menschen gewidmet, die bei Flucht, Vertreibung oder in Kriegsgefangenschaft ihr Leben ließen.
Das Eiserne Kreuz trägt in weißer Schrift die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs:
1939 – 1945
Es steckt auf einem Metallgestell, an dem auch ein Kranz mit weißen Plastikblumen angebracht ist.
Das Kreuz ist aus Holzplatten zusammengesetzt und braun angemalt worden.
Ebenso ein Brett, bodennah unter dem Kranz. Dort steht, wieder in weißer geschwungener Schrift:
Wir gedenken der Opfer
Wer ist mit den »Opfern« gemeint? Die Opfer des Vernichtungskriegs der Deutschen Wehrmacht oder die toten Wehrmachtssoldaten auch?
Die Darstellung eines übergroßen Eisernen Kreuzes als militärisches Ehrenzeichen in Vipperow lässt allerdings keinen anderen Schluss zu: mit »Wir gedenken der Opfer« sind die toten Soldaten gemeint. Das verursacht Unbehagen in der heutigen Zeit, in der man von den Verbrechen der deutschen Wehrmacht weiß. Ist die Interpretation, mit »Opfer« seien alle Kriegsopfer, nicht nur Soldaten, gemeint, die Lösung? Der Historiker Klaus Latzel lehrt an der Technischen Universität Braunschweig. Er meint dazu in ZEITGeschichte 4/2018:
»Nach diesem Krieg und nach der erneuten Niederlage war an eine positive Sinnstiftung oder gar Verklärung des Kriegstodes, den zudem nun auch viele Zivilisten gestorben waren, nicht mehr zu denken. Die bundesdeutsche Erinnerung behalf sich mit einem abermaligen Rückgriff auf die Opferidee: Der ›Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft‹ zu gedenken wurde allmählich zur Standardformel. [...] Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?
Soll diese unhistorische Gleichmacherei, welche die Unterschiede zwischen den Toten hinter dem Opferbegriff versteckt, nicht weitergeführt werden, dann muss sich das bundesdeutsche Totengedenken von diesem Begriff verabschieden.«
Diese Anlage wurde am Volkstrauertag 2006 eingeweiht. Tischlermeister Arnold Mahncke hatte die Initiative ergriffen und 29 Namen von toten Wehrmachtssoldaten aus Vipperow und 12 aus Solzow gesammelt, die dann bei der Einweihung auch verlesen wurden. Eine Namenstafel ist entgegen ersten Plänen noch nicht erichtet worden, da die Namen vor Veröffentlichung noch überprüft werden müssen.
»Arnold Mahncke, heute Tischlermeister im Ruhestand, und seine Altersgenossen erlebten den zweiten Weltkrieg als Kinder. Zu Jugendlichen und Erwachsenen wuchsen sie in einer Welt heran, die das Deutschsein schwer machte. Wo selbst die Lebenden diskriminiert wurden, erinnerte sich in der Öffentlichkeit niemand der Opfer von Krieg und Vertreibung. In der Bundesrepublik fand das Gedenken an die Toten bald den erforderlichen Platz. Die DDR untersagte öffentliches Erinnern – die russischen Sieger taten dies sowieso. Arnold Mahncke, in Vipperow, einstiger kindlicher Zeitzeuge, schüttelte das lange erduldete und eingeredete Schuldgefühl ab. ›Wir haben das Grauen miterlebt und wollen endlich reden. Die heutige Generation soll über die schlimme Zeit und ihre Opfer informiert werden.‹« So beginnt ein Artikel im Anzeigenkurier, einer Beilage des Nordkuriers, vom 19. November 2006 zur Einweihung der Gedenkkreuze zum 2. Weltkrieg.
Foto: W. Tilegant, Anzeigenkurier, Beilage des Nordkuriers vom 19.11.2006
Volkstrauertag 2006: Einweihung der Gedenkkreuze zum 2. Weltkrieg mit etwa 100 Bürgern. Die Röbeler Blaskapelle spielte »Ich hatt’ einen Kameraden«.
Artikel vom 19. November 2006 im Nordkurier
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Die Schlachten
Die drei Schlachten mit Beteiligung des deutschen Heeres enden mit einem Sieg und zwei unentschiedenen Gefechten. Die deutsche Propaganda feiert die tapferen Soldaten!
Tannenberg: Anders als der 2. Weltkrieg, so liest man oft, habe der 1. Weltkrieg das Deutsche Reich im Osten kaum berührt. Doch das ist falsch: 1914/15 wurde Ostpreußen schrecklich verwüstet. [...]
Dem Schlieffen-Plan gemäß blieb Ostpreußen im Zweifrontenkrieg nur schwach verteidigt; erst sollte Frankreich rasch niedergeworfen werden, dann wollte man sich nach Osten wenden. [...]
Zum Schutz ist allein die 8. Armee unter Generaloberst Maximilian von Prittwitz vorgesehen. Damit stehen insgesamt 173 000 Deutsche einer Übermacht von 485 000 Russen gegenüber. Am 17. August kommt es zum ersten größeren Gefecht bei Stallupönen. Drei Tage später überlässt Prittwitz den Russen bei Gumbinnen voreilig das Feld und ordnet den Rückzug an. Schon kursiert das Gerücht, er habe die gesamte Provinz preisgegeben. Rasch entbindet Generalstabschef Helmuth von Moltke den glücklosen Prittwitz von seinen Aufgaben und schlägt dem Kaiser als Nachfolger den 67-jährigen Paul von Hindenburg und den ehrgeizigen, 49-jährigen Erich Ludendorff vor. [...]
Bis zum 30. August gelingt es Hindenburgs Truppen, die Armee Samsonows im Raum von Tannenberg zu umzingeln. Binnen weniger Tage zwingt er die Russen zur Aufgabe – das westliche Masuren ist wieder frei. [...]
Hindenburg weiß den Sieg gut zu nutzen – vor allem für sich selbst. Nach der ersten großen Niederlage im Westen, dem Desaster an der Marne, nur wenige Tage nach Tannenberg, braucht die deutsche Seele dringend einen Helden. Er bietet sich an. [...]
Mit dem Hindenburg-Kult gelingt es den rechten Feinden der Demokratie, die Abneigung gegen die deutsche Republik dauerhaft zu verfestigen. Zum zehnten Jahrestag der Schlacht wird in Tannenberg eine monumentale, Stonehenge-ähnliche Denkmalanlage eröffnet. Die Nationalsozialisten inszenieren hier bald große Auftritte. [...]
Durch diese fatale Überhöhung wurde Ostpreußen zu einem germanischen Bollwerk stilisiert, unbezwingbar im weiten slawischen Osten. Es war ein folgenschwerer Mythos, der dann im 2. Weltkrieg noch einmal beschworen wurde. So hofften im Winter 1944/45 viele Ostpreußen auf ein neues Tannenberg: Doch diesmal blieb die Rettung aus. Deutschlands östlichste Provinz versank in den Trümmern des »Dritten Reiches«.
• Zitiert nach www.zeit.de vom 13.2.2014
Der Mythos von Tannenberg
Verdun: Der Ort Verdun steht für eines der blutigsten Kapitel des 1. Weltkriegs. Ganze Armeen fielen im Kampf um wenige hundert Meter Boden. Bis heute ist das sinnlose Massensterben an den Fronten des Städtchens Verdun, 240 Kilometer vor Paris, ein Symbol für das menschenverachtende Antlitz des 1. Weltkrieges. [...]
1914 versuchten die deutschen Streitkräfte, in einem schnellen Aufmarsch im Westen die französischen Armeen einzukesseln und vernichtend zu schlagen. Der Versuch scheiterte, die alliierten und die deutschen Heere standen sich auf einer Frontlänge von rund 700 Kilometern von der belgischen Küste bis zur Schweiz gegenüber. [...]
Nachdem im Jahr 1915 die alliierten Streitkräfte wiederholt vergeblich versucht hatten, an einem begrenzten Frontabschnitt die deutsche Linie niederzuwalzen, ging die Oberste Heeresleitung im Frühjahr 1916 zur groß angelegten Offensive bei der französischen Maasfestung Verdun über. Verdun, herausragender Eckpfeiler der französischen Frontlinie, lag strategisch wichtig auf den Höhen über der Maas am östlichen Ende der französischen Grabenlinie. Verdun war darüber hinaus ein Symbol der französischen Widerstandskraft. [...]
Trotz des in seinem Ausmaß bis dahin einmaligen Einsatzes von Menschen und Waffen führte das mörderische Ringen auf keiner der beiden Seiten zu irgendeinem strategischen oder taktischen Vorteil. [...] Abertausende der eigenen Männer fielen in diesem sinnlosen Kampf für eine Handvoll unbedeutender Geländegewinne – ein Kampf, der längst irrationalen Charakter angenommen hatte und bald darauf vielfach heroisiert und mythisch verklärt wurde.
• zitiert nach www.planet-wissen.de
Entscheidungssuche an der Westfront
Wie die meisten Schlachten wurde auch der Kampf vor Verdun nach dem verlorenen 1.Weltkrieg nicht als wirkliche Niederlage der deutschen Armee gedeutet. Dies wurde vor allem gestützt durch die von den nationalen Kräften in Deutschland verbreitete Dolchstoßlegende.
»Nach der Niederlage [im 1. Weltkrieg], die im Nachhinein durch die so genannte ›Dolchstoßlegende‹ von vielen Deutschen bereitwillig uminterpretiert wurde, und dem Versailler Vertrag entwickelte sich zu Beginn der 1920er Jahre in vielen Köpfen eine Trotz-Haltung, ein ›Jetzt erst recht‹-Gedanke, der Kritik an der deutschen Kriegspolitik nicht zuließ.
Die ›Dolchstoßlegende‹ ist eine Verschwörungstheorie der damaligen politisch Rechten, die 1919 von Feldmarschall Paul von Hindenburg, der unfähig war, sich das eigene Versagen bei der Kriegsführung im Ersten Weltkrieg einzugestehen, zusätzlich genährt wurde. Sie besagt, dass das deutsche Heer ›im Felde unbesiegt‹ war, aber die Heimat ihm durch die Agitationen der politischen Linken und die Revolution 1918 in den Rücken gefallen sei. Diese Theorie entbehrt jeder berechtigten historischen Grundlage, sie stieß jedoch bei vielen Deutschen auf offene Ohren und trug, von den Nationalsozialisten bereitwillig aufgegriffen, schließlich auch zum Scheitern der Weimarer Republik bei. (Vgl. Helmut M. Müller, Schlaglichter der deutschen Geschichte. Bonn 2002.)«
• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg
Die Schlacht bei Arras in Frankreich vom 9. April bis 16. Mai 1917 war ein Teil der Frühjahrsoffensive der Entente (Frankreich, England, Russland, Kanada, Australien). Dabei gelang es britischen und kanadischen Truppen, den deutschen Soldaten einen strategischen Höhenzug bei Vimy abzunehmen, ohne jedoch einen entscheidenden Erfolg zu erringen. Die Deutschen mussten in verschiedenen Stellungen Geländeverluste hinnehmen, ein entscheidender Durchbruch der britischen Verbände wurde jedoch verhindert. Die Verluste waren aufgrund der ausgebauten deutschen Verteidigungslinien sehr hoch.
Verletzte oder toten englische Soldaten warten am 14. April in der Nähe von Arras auf den Abtransport ins Lazarett. Foto: Imperial war Museum
Ende Mai wurde die Offensive eingestellt. Damit war das strategische Ziel der Entente, einen Durchbruch und damit ein mögliches Kriegsende zu erzielen, fehlgeschlagen.
Lesen Sie mehr bei LeMO, Deutsches Historisches Museum, Berlin
In der deutschen Heimat festigte die offizielle Propaganda daraufhin den Glauben an die militärische Kraft der deutschen Soldaten, die nationale Geschlossenheit und die Siegesgewissheit wurden gestärkt. Die brutale Realität des Krieges wurde dabei natürlich ausgespart. Und so traf der niederschmetternde Kriegsausgang, die unbegreifliche Niederlage Deutschlands die meisten Menschen völlig unvorbereitet ... und da haben wir sie wieder die Dolchstoßlegende:
»Der ›Dolchstoß‹ als Begründung des deutschen Zusammenbruchs 1918 gehörte während der gesamten Weimarer Republik zum Standardrepertoire der nationalen Rechten. Für viele Deutsche – Militärs wie Zivilisten – war die Legende eben keine: Ungläubig hatten sie die Niederlage der noch immer tief in Feindesland stehenden deutschen Soldaten als Schock wahrgenommen, und sie bezweifelten anschließend keine der Behauptungen über eine im Felde unbesiegte Armee. Insbesondere in Kreisen der Weltkriegsteilnehmer diente der Dolchstoßvorwurf der Aufwertung des Selbstwertgefühls. Zugleich gab er dem eigenen Opfer und dem massenhaften Tod der Kameraden auf dem Schlachtfeld trotz der Niederlage zumindest einen kleinen Sinn, denn der Sieg wäre ohne den Verrat durch ›vaterlandslose Sozialdemokraten‹ und ›jüdische Geschäftemacher‹ zum Greifen nahe gewesen, so die Überzeugung in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung.«
• LeMO, Deutsches Historisches Museum, Berlin
Kompletter Beitrag auf LeMO, Lebendiges Museum Online
In der Schlacht von Lemberg 1914 kämpften keine deutschen Verbände. Inwiefern Vipperower Männer beteiligt waren, wissen wir nicht.
Die Schlacht von Lemberg war eine Entscheidungsschlacht zwischen dem Russischen Reich und Österreich-Ungarn während der Frühphase des Ersten Weltkrieges 1914. Die k.u.k. 3. Armee wurde von der russischen 3. Armee in mehreren Kämpfen empfindlich geschlagen. Die Schlacht von Lemberg, ein Abschnitt der Schlachten in Galizien, bezeichnet mehrere Phasen von Operationen im östlichen und später westlichen Vorfeld der Stadt, die für die k.u.k. 3. Armee alle unglücklich endeten. Am 2. September musste die k.u.k. 3. Armee Lemberg räumen.
Das deutsche Luftschiff S.L.II hatte zwar für Aufklärungsfahrten zur Verfügung gestanden. Dringende Appelle an den deutschen Bündnispartner um weitere Verstärkungen hatten aber nichts gebracht.
Bis zum 11. September waren an der Gesamtfront 130.000 k.u.k. Soldaten von den Russen gefangen genommen worden oder liefen freiwillig zum Sieger über, weitere 190.000 Mann wurden getötet oder verwundet, 450 Geschütze und gewaltige Materialmengen waren verloren. Damit hatte die österreichisch-ungarische Armee an der Nordostfront fast die Hälfte ihrer Truppen eingebüßt und die Initiative vollständig an die Russen verloren, die nun mehr als 150 km tief bis an die Karpaten vorstoßen konnten.
• Nach Wikipedia, abgerufen am 12. 9. 2020
»Die militärischen Lenker der Doppelmonarchie um Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf waren siegesgewiss gegen Serbien und Russland in den Krieg gezogen. Ihre Überheblichkeit und schlechte Truppenführung kostete allein in den ersten zehn Kriegsmonaten mehr als 180 000 Armeeangehörigen das Leben. 1914 lag die Zahl der Verluste – Tote, Verletzte, Kranke und Gefangene – wohl bei mehr als einer Million Soldaten.
Es war ein Aderlass, von dem sich Österreich-Ungarn nicht mehr erholen sollte. Um eigene Inkompetenz zu überspielen, lasteten die Führer der k. u. k. Streitkräfte die Verantwortung für Rückschläge mitunter tschechischen Einheiten an, so auch bei den Kämpfen in Galizien 1914, die sich zur militärischen Katastrophe für Österreich-Ungarn auswuchsen.
Generalstabsoffizier Theodor Ritter von Zeynek behauptete etwa, die besonders bittere und blutige Niederlage bei Lemberg und Grodek sei durch das Versagen einer Division verschuldet worden, die einen besonders hohen Anteil an Tschechen aufwies.
Die Schlacht von Lemberg und Gródek war eines der furchtbarsten Gemetzel in dieser frühen Phase des Krieges. ›Sterbende Krieger, die wilde Klage Ihrer zerbrochenen Münder‹, dichtete Georg Trakl über das Grauen, das er als österreichischer Sanitätsleutnant in Gródek sehen musste. Vor seinem Feldlazarett hingen die Leichen von Ukrainern von den Bäumen – die Österreicher hatten sie verdächtigt, gemeinsame Sache mit den Russen zu machen. Im Lazarett musste Trakl dem Sterben tatenlos zusehen. Wegen fehlender Medikamente konnte er die Schmerzen der tödlich Verwundeten nicht lindern und die leichter Verletzten nicht retten.«
• Menschen im Krieg, Europas Katastrophe 1914-1918, Süddeutsche Zeitung Edition
Georg Trakl im September 1914:
Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldenen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düster hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt,
Das vergossne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarzer Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunklen Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.
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»Einsicht an einem Sommertag«
Ein Mahnmal mahnt so wenig wie
ein Denkmal denkt und ein Grabmal gräbt
man wollte sie nicht vergessen, die Burschen
man wollte allerdings vergessen die Tränen
der Frauen, Geliebten, der Eltern, Geschwister
verdrängen das Ende: zerschossen, zerfetzt
verhungert, erfroren, von Krankheiten dahin-
gerafft. Neue Kriege, neue Tote, neue
Ehrenmale. Bis heute geht es weiter. Bis heute
erinnert man sich an Johann, Harm und Cornelius,
ihre Namen bleiben, in Stein konserviert.
Sie sollen bleiben. Nicht aber der Satz,
der niemals stimmte: Nicht vor hundert oder
tausend Jahren, nicht in Reich und Republik.
Erklär mir diese Ehre mal!
Der Satz, er prangt am Ehrenmal
wo der Soldaten Tod verbrämt wird
zur Großtat. Gefallen, heißt es verhüllend,
doch wer fällt, kann wieder aufstehn.
Sie bleiben liegen. Es ist noch nicht vorbei.
Opfer für Mars, Indra und den Gott Kapital.
Meißelt ihn weg, er verdummt das Volk,
er bedroht unsere Jugend, der Satz:
Sie starben fürs Vaterland.
Vaterland stirbt, Muttersprache verstummt.
Sie starben ohne Sinn.
• Georg Schwikart, Jahrgang 1964, Theologe, Religionswissenschaftler und Autor
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Das Eiserne Kreuz
Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.
Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II. dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.
Am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf Polen, erneuerte Adolf Hitler das Eiserne Kreuz in 4. Stiftung und machte das ehemals preußische Ehrenzeichen zu einem nationalsozialistischen Kriegsorden. Dabei profitierte er vom hohen moralischen und symbolischen Wert der traditionsreichen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt. Heute ist das Eiserne Kreuz mit Hakenkreuz in der Mitte ein verfassungsfeindliches Propagandamittel.
Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurück gekommen ist, erhält ihn nicht.
• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust
»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«
Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl
DIE ZEIT, 5.6.2008
Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)
Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.
Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.
• Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017
Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.
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Der Stahlhelm
Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?
Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente / Schleswig-Holstein benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.
Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.
Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929
Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem »massenhaften Elend der Materialschlachten« heraus, der nun »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.« In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.
Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.
Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters »als Repräsentant des deutschen Heeres« gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher »Kämpfer für Deutschland« stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«
• Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.130f
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Die Dorfkirche von Vipperow
1178 taucht Vipperow erstmals in einer Urkunde auf, in der das Bistum Schwerin von Papst Alexander III. bestätigt wurde. Damit ist das ursprünglich slawisch besiedelte Dorf das älteste in der gesamten Region um die Müritz. Vipperow war Ende des 12. Jahrhunderts als Mittelpunkt der »terra Veperowe« bedeutender als die heutigen Zentren Waren (Müritz) oder Röbel/Müritz. Hier gefundene Keramikteile gaben dem elbslawischen Keramikstil den Namen Vipperower Keramik. Im Dreißigjährigen Krieg verlor das Dorf zwei Drittel seiner Einwohner und erholte sich danach nur langsam.
Das Mauerwerk der Dorfkirche: Feldsteine, Bruch, Mörtel und Backsteine
Die Vipperower Dorfkirche entstand um 1300 und ist die älteste der Region. Im Pfarrhaus (errichtet 1819) fand sich 1988 der »Vipperower Friedenskreis« unter Leitung des Pfarrers Markus Meckel, des späteren (letzten) Außenministers der DDR-Regierung, zusammen.
• Nach Wikipedia, abgerufen am 12. 9. 2020
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