VIELFALT IN DER STADT

Kriegerdenkmäler in Hamburg

So unterschiedlich die ästhetisch-künstlerische Gestaltung, die Texte und Inschriften der Kriegerdenkmäler in Hamburg auch erscheinen mögen, gemeinsam sind den meisten die nachträgliche Stilisierung der getöteten Soldaten zu Helden und die Legitimation des Krieges als Kampf für Volk, Kaiser und Vaterland. Eine Absage an Krieg und Militär und ein Bewusstsein von Verantwortung und Schuld findet sich nicht.

Die meisten davon sind nach dem 1.Weltkrieg errichtet worden: auf öffentlichen Plätzen, neben Kirchen, auf Friedhöfen. Alle diese Denkmäler sind über viele Jahrzehnte Orte der Kriegsverherrlichung gewesen und in der Regel bis heute gut erhalten. Nur sehr wenige sind neu oder umgestaltet worden.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

Ein Klick auf den schwarzen Balken am Anfang der Denkmaldokumentation von

Bramfeld   Dammtor    Ottensen

öffnet die Berichte über die temporäre Kunstaktion der Evangelischen Akademie in Zusammenarbeit mit dem KunstHaus am Schüberg im Sommer 2014: »Kriegerdenkmäler – Stumme Zeugen ins Gespräch bringen«.

Fotos: Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche, wenn nicht anders angegeben.

 


I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Der Bildhauer Wilhelm Rex
Der Architekt Fernando Lorenzen
Historisches Foto von 1927
Die Christlichen Symbole
Die Salbung Jesu
Das Ruckteschell-Heim

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Eilbek

An der Fassade der Versöhnungskirche

Drei Sandsteinreliefs über dem Eingang sind den getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet. Der Bildhauer Wilhelm Rex hat sie gefertigt. Sie sind 1921 zusammen mit dem Kirchenbau eingeweiht worden.

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Der Bildhauer Wilhelm Rex hat sie gefertigt. Sie sind 1921 zusammen mit dem Kirchenbau eingeweiht worden.

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Die dargestellten Szenen sind sind begrenzt von antiken Säulen, der segnende Christus von breiten, die an den Seiten von zierlichen unterteilten Säulen. Dazwischen je zwei kleinere Reliefs, auf denen die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die als Autoren der vier biblischen Evangelien gelten, dargestellt werden. In der christlichen Ikonografie seit dem 4. Jahrhundert werden ihnen vier Symbole zugeordnet: ein Mensch (hier in Eilbek ein Engel) versinnbildlicht Matthäus, der Löwe Markus, der Stier Lukas und der Adler Johannes.

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In der Mitte: Christus mit segnend erhobener rechten Hand. Die Majestas Domini (lateinisch für »Herrlichkeit des Herrn«) ist ein besonders im Mittelalter beliebtes Bildschema, bei dem Jesus Christus auf seinem Thron, umgeben von den vier Symbolen der Evangelisten dargestellt wird.

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Links: eine Mutter im langen Gewand mit ihrer kleinen Tochter mit gefalteten Händen, beide tragen eine Zopffrisur und sind der Christusfigur zugewandt. Im Hintergrund ein Laubbaum. Was will die Mutter mit dem erhobenen Zeigefinger sagen?

Unter der Szene als Band die erste Hälfte der Inschrift:

2. Kor. 5. So lasset euch
(versöhnen mit Gott.)

 

HH Eilbek 01 web

Rechts: Auch die zwei Krieger sind Christus zugewandt. Der Ältere mit Schnauzbart kniet mit gesenktem Kopf, in den gefalteten Händen einen altertümlichen Degen, an den Stiefeln Sporen. Der jüngere Krieger steht aufrecht, seine Hände sind nicht gefaltet, er scheint den Älteren zu stützen. Er ist bewaffnet, am Koppel kann man Patronentaschen erkennen. Die neue Generation steht bereit! Im Hintergrund ein Kreuz im Strahlenkranz.

Unter der Szene als Band die zweite Hälfte der Inschrift – wieder ohne Wortzwischenräume:

(2. Kor. 5. So lasset euch)
versöhnen mit Gott.

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Darüber in der strukturierten Fassade weitere Sandsteinreliefs, die christliche Motive zeigen. Von links nach rechts: Fische, Pelikan mit Jungen, Lamm, Taube und Arche Noah. Lesen Sie über die Bedeutung weiter unten.

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Die Geschichte

Es gab 1912 eine Ausschreibung, die der Architekt Fernando Lorenzen mit seinem Projekt »Eckturm« gewann. Das Modell zu dieser Ausschreibung steht heute noch im kleinen Gemeindesaal.

Die auf den Architekturplänen resultierenden Kostenvoranschläge überstiegen deutlich die ursprünglich geschätzten Summen. Es gab zwar bereits aus Spenden gesammeltes Kapital in der Gemeinde, das leider nicht ausreichte und daher durch Mittel aus dem Kirchenrat aufgestockt werden sollte. Durch die unklare Finanzierung wurde die Entscheidung weiter vertagt und zwar mit Hinblick auf das neue Kirchensteuergesetz auf das Jahr 1915. 

Durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges wurden alle projektierten Kirchenbauten vom Kirchenrat ausgesetzt. Der Eilbeker Kirchenvorstand blieb hartnäckig und beantragte in bewährter Regelmäßigkeit beim Kirchenrat die Mittel zum Bau der neuen Kirche. Dies zahlte sich aus, und es wurden Mittel bewilligt, so dass am 18. Juni 1916 der Grundstein gelegt werden konnte. Die Kirche hatte bereits ein Dach und Notverglasung, als auf Befehl des Generalkommandos der Bau im Juli 1917 still gelegt werden musste.

Ab 1919 konnten  die Bauaktivitäten wieder aufgenommen werden. Die Finanzierung war noch unsicher, aber die Verantwortlichen in der Eilbeker Gemeinde hofften auf Spenden und diese Hoffnung wurde mehr als erfüllt. 1920 gab es einen Entwurf für die Innenausstattung der Kirche vom Architekten Theodor Speckbötel, der sogar auf sein Honorar verzichtete. Aus der Gemeinde und von weiteren Einzelpersonen erhielt die Kirche ebenfalls Spenden, die den Kirchbau zusammen mit den vom Kirchenrat genehmigten Mitteln ermöglichten.

Am 06. November 1921 konnte die Versöhnungskirche endlich eingeweiht werden. Die Freude über das besondere Ereignis in diesen schlechten Zeiten wurde laut deutlich gemacht, indem alle Kirchen in Hamburg von 15:00 bis 15:30 Uhr ihre Glocken läuteten.

Die Versöhnungskirche wurde am 01. Januar 1925 selbständig und erhielt einen eigenen Kirchenvorstand. In diesem Jahr wurde auch der Turm vervollständigt, wieder mit Unterstützung von Architekt Speckbötel.

In den Bombennächten von 1943 sind die meisten Gebäude im Eilbektal zerstört worden. Die Versöhnungskirche Eilbek blieb stehen und war ein Symbol für Hoffnung, ein Zeichen für die Zukunft und außerdem ein Zufluchtsort für viele Ausgebombte.

Kirchengemeinde Eilbek

 

Über dem Portal der Kirche schuf der Bildhauer W. Rex drei schöne Steinreliefs: in der Mitte den einladenden Christus, links und rechts ihm anbetend zugewandt eine Mutter mit ihrem Kind und zwei Krieger. Die Vorübergehenden werden durch dies Bildwerk daran erinnert, dass die Kirche im Kriege erbaut worden ist. Die Kosten für diese Skulptur trug Fräulein A. Hagemann. Am Tage der Einweihung zerriss sie den Schuldschein, den ich ihr für die geliehenen Summen ausgestellt hatte.

Am 6. Nov. 1921 wurde die Versöhnungskirche am Reformationsfest feierlich eingeweiht. Es war ein trüber Regentag, als die Glocken aus Bochumer Gußstahl nachmittags um 3 Uhr zum Festgottesdienst einluden.

Das Wort auf der Grundsteintafel wird sich als Wahrheit auch künftig erweisen: »Im Aufblick zu Gott begannen wir mitten in den Schrecken des Weltkrieges voll Hoffnung auf den Sieg mit dem Bau dieses Gotteshauses und legten am 18. Juni 1916 den Grundstein. Trotz aller Hemmnisse, trotz Niederlage und Zusammenbruch des Vaterlandes wurde das Werk trotz zweimaliger langer Unterbrechung durch die Opferwilligkeit der Eilbeker Gemeinde, durch die Unterstützung frommer Gönner und durch die Beihülfe der Hamburgischen Landeskirche dennoch vollendet und am 6. Nov. 1921 eingeweiht, ein Denkmal der wunderbaren Glaubenshilfe des gnädigen und allmächtigen Gottes, der Gebete erhört und die Seinen nicht zu Schanden werden lässt. Er wird auch unserm Volk, dass von äußeren Feinden geknechtet und durch innere Kämpfe zerrissen ist, eine neue Morgenröte schenken, wenn es den Weg zu ihm zurückfindet. Darum erhielt dies Gotteshaus, in welchem allezeit das Wort vom Kreuz lauter und rein gepredigt werden soll, von seinen Gründern den Namen »Versöhnungskirche«.

Zitiert aus den Erinnerungen von Pastor Julius Hahn vom 22.10.1945

Pastor Julius Hahn, 1945


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Der Bildhauer Wilhelm Rex

Wilhelm Rex wurde am 10. Juli 1870 in Braunsberg bei Königsberg geboren und ist am 21. Juli 1944 in Passau gestorben.

Wilhelm Rex, als Friedrich Wilhelm Rex getauft, entstammte einer ostpreußischen Familie von Lehrern, Organisten und Malern. Er erlernte in Berlin vier Jahre die Holzbildhauerei. Danach besuchte er die Lehranstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin, studierte sechs Semester Anatomie unter Maximilian Schäfer und Architektur und Kunstgewerbe bei Albin Müller von der Darmstädter Künstlerkolonie. Er war an verschiedenen Orten in Deutschland als Modelleur und Steinbildhauer für Bauplastik tätig: Dresden, Köln, Aachen, Düsseldorf, Magdeburg, Wittenberg sowie länger in Berlin und 1911–1924, unterbrochen durch Kriegsdienst 1914–1918 in Hamburg; 1925–1936 in Hamburg; 1936–1943 in Altona.

Er erhielt mehrere Auszeichnungen und zahlreiche Aufträge von öffentlichen Institutionen. Er machte sich insbesondere einen Namen durch seine Porträtbüsten in Stein und Bronze und fertigte Plaketten und Medaillen. Seine Ateliers in Berlin und Hamburg wurden im Krieg zerstört, desgleichen sind viele seiner öffentlichen Werke zerstört oder verschollen.

Nach Wikipedia, abgerufen am 8. 12. 2017


Wilhelm Rex auf sh-kunst.de


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Der Architekt Fernando Lorenzen

Der deutsche Architekt Fernando Lorenzen ist geboren am 8. August 1859 in Hamburg und gestorben am 10. Mai 1917 in Altona.

Lorenzen studierte Architektur bei zwei der wichtigsten Kirchbaumeister des 19. Jahrhunderts, zunächst bei Conrad Wilhelm Hase am Polytechnikum Hannover und anschließend beim Hase-Schüler Johannes Otzen in Berlin. Durch Hase und Otzen wurde Lorenzen im Sinne der von diesen vertretenen neogotischen Architektur geprägt, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Stilform des Historismus vor allem im norddeutschen Kirchenbau Anwendung fand. Als Bauführer beim Bau der von Otzen entworfenen Altonaer Friedenskirche kehrte Lorenzen 1893 nach Hamburg zurück, wo er sich im Anschluss selbständig machte.

Nach Wettbewerbserfolgen konnte Fernando Lorenzen eine Vielzahl von Kirchen in Hamburg realisieren. Zunächst noch von der neogotischen Schule seiner Lehrmeister geprägt, löste er sich allmählich von historistischen Bauformen und wandte sich schließlich neuen Tendenzen der Reformbewegung zu, die kurz vor dem 1. Weltkrieg auch in Hamburg zum Durchbruch gelangte. Sein letzter, erst nach seinem Tod fertiggestellter Kirchenbau, die Eilbeker Versöhnungskirche, zeichnet sich bereits durch schlichte Formen und eine nun im Kontext der Heimatschutzbewegung zu verstehende Backsteinverkleidung aus. Nach 1945 verringerte sich die Bedeutung des Baustiles der Heimatschutzbewegung, weil er manchen Stadtplanern nicht klar von Bauweisen abgrenzbar erschien, die von Nationalsozialisten favorisiert worden waren.

Während des Ersten Weltkriegs starb Lorenzen 1917 in Altona im Alter von erst 57 Jahren.

Nach Wikipedia, abgerufen am 8. 12. 2017

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Historisches Foto von 1927

HH Eilbek 1927 web

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Die Christlichen Symbole

Der Fisch ist eines der ältesten Zeichen für Christen und auch heute noch ein verbreitetes christliches Bildmotiv. Bevor das Kreuz zum Symbol der Christenheit wurde, war der Fisch das zentrale Zeichen der Christen. Der Fisch war zur Zeit der Christenverfolgung das geheime Erkennungszeichen der Christen. Heute geben sich Christen mit dem Fischsymbol als gläubige, oft auch evangelikale Christen zu erkennen.

Der Pelikan ist in der christlichen Kunst ein Symbol für Christus. Dieses geht auf den alten Glauben zurück, dass der Pelikan seine Jungen mit dem eigenen Blut füttert. Dieses Verhalten wurde mit Christus verglichen, der sein Blut und damit sein Leben für die Menschen hingibt.
Ursprung dieser Deutung ist eine Naturbeobachtung aus der Antike. Pelikane schlingen ihre Nahrung herunter und würgen sie zur Fütterung der Jungen wieder hervor. Dabei kann man auch sehen, dass die Brust des Pelikans mit Fischblut verschmutzt wird. Dieses wurde von Beobachtern in der Antike so gedeutet, dass der Pelikan seine Jungen mit eigenem Blut füttert.
Diese Legende ist schließlich von christlichen Schriftstellern aufgegriffen und auf Christus bezogen worden. Seit dem Mittelalter ist darum der Pelikan häufig auf christlichen Darstellungen zu finden, zum Beispiel auf Kirchenfenstern, im Schnitzwerk an Altären oder auf Grabsteinen als Zeichen für Hoffnung und Trost. www.relilex.de

Das Lamm: Seit der frühen Christenheit, als die menschliche Darstellung Jesu noch verboten war, wird Jesus als Lamm dargestellt.
»Jesus ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt« (Johannesevangelium, Kapitel 1, Vers 29). Paulus: »Auch wir haben ein Opferlamm, das ist Christus, der geopfert ist.« (1. Korintherbrief, Kapitel 5, Vers 7).

Die Taube: Nach christlichem Glauben, kommt bei der Taufe der Geist Gottes auf den Menschen. Das wird durch eine herabschwebende Taube, hier an der Versöhnungskirche mit Heiligenschein, dargestellt. Denn als Jesus im Jordan getauft wurde »tat sich der Himmel auf und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabschweben« (Matthäusevangelium, Kapitel 3, Vers 16). Die herabstürzende Taube als Zeichen für den heiligen Geist ist das älteste Tauf-Bildmotiv.

Die Arche Noah: Schon in der ältesten Christenheit ist das Schiff ein Symbol für die Kirche. Nach dem Vorbild der Arche Noahs galt es als Raum der Rettung und des Heils für die Gläubigen (Gen 8,1-9,1ff).


Online-Lexikon zur Religion

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Die Salbung Jesu

»Dir sind deine Sünden vergeben«, spricht Jesus der Frau zu, die ihm die Füße gesalbt hat (Lukasevangelium 7, 48). Sie ist eine Sünderin, so steht es in der Bibel. Ein Fenster in der Versöhnungskirche erinnert seit 94 Jahren daran. Es zeigt die Salbung Jesu. Das Gesicht der biblischen Frau trägt die Züge einer Eilbekerin: Amalie Hagemann.

HH Eilbek Die Salbung Jesu Foto Dirk Russmann web

Foto: Dirk Rußmann / von der Website der Versöhnungskirche

Ausgewandert in die USA in den 1920er-Jahren, heiratete die Hamburgerin einen wohlhabenden Mann – aus Fräulein Hagemann wurde Mrs. Floris. »Sie war als Prokuristin im Bankhaus Heckscher tätig«, schrieb 1945 Pastor Julius Hahn in Eilbek. Hagemann hatte ein Gelöbnis abgelegt, so überlieferte er seiner Kirchengemeinde, ihre Gewinne aus ausländischen Aktien der Hamburger Kirche zu stiften. Sie verlangte, die Fußsalbung auf dem Fenster darzustellen – und wünschte sich, dass das Gesicht der Sünderin ihrem gleichen sollte. [...] Warum ließ sich Amalie Hagemann dort abbilden? »Dazu hat sie sich damals bewusst entschieden«, sagt [die Pastorin] Friedburg Gerlach. »Sie hätte sich jede biblische Geschichte aussuchen können, irgendeinen Grund muss sie gehabt haben.«

Zitiert aus »Eine Gemeinde verbrennt Beichtbriefe« von Catharina Volkert / Evangelische Zeitung vom 20. März 2017

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Das Ruckteschell-Heim

Die Stiftung Eilbeker Gemeindehaus besteht aufgrund der Arbeit engagierter und  frommer Vorfahren. Sie muss sich nach dem Willen der Stifter Menschen aller Alterstufen annehmen, besonders aber jener, die wegen ihrer Jugend oder ihres Alters besondere Liebe und Zuwendung brauchen.
Auf Initiative von Pastor Nikolai von Ruckteschell wurde ein großes Gemeindehaus gebaut. Als Leitung gewann er Elisabeth Sieveking, Oberin der Alsterdorfer Anstalten, die dem Haus von 1909 bis 1934 vorstand.
Dieses Haus wurde zum Mittelpunkt des sozialen Lebens in Eilbek. Nach dem Krieg bemühte sich der Vorstand jahrelang vergeblich, an Stelle des Gemeindehauses ein Seniorenheim zu bauen. Nach Überwindung vieler Hindernisse gelang es, die Einrichtung wurde 1974 eingeweiht. 1992 erfolgte eine umfangreiche Modernisierung und Erweiterung. Mit dem Namen »Ruckteschell-Heim« hält es die Erinnerung an einen prägenden Eilbeker Pastor wach.

Nach der Website des Ruckteschell-Heimes


Pastor Nikolai von Ruckteschell ist der Vater des Marine-Offiziers Hellmuth von Ruckteschell und des Malers (ein Gemälde von ihm hing oder hängt auch in der Versöhnungskirche*), Zeichners und Bildhauers Walter von Ruckteschell. Wir dokumentieren auf dieser Website zwei seiner Kolonialdenkmäler: in >HH-Jenfeld und in >Aumühle. Sie stehen in der Tradition einer direkt nach dem 1. Weltkrieg einsetzenden Verehrung der deutschen Kolonial-Truppen, die zur Zeit der Nationalsozialisten kultartige Züge erlangte.

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* »Die Deckenbeleuchtung in der Sakristei schenkten die beiden Amtsbrüder der Friedenskirche. Die dortige Gemeinde stiftete auch das große Chistopherusbild, von Walter v. Ruckteschell auf Holz gemalt. Sein Vater hatte uns im Konfirmandenunterricht die bekannte Legende so gern erzählt als Sinnbild des deutschen Volkes, das nur dem stärksten Herrn dienen will und so in der Reformationszeit zum Christusträger wurde.«

• Aus den Erinnerungen von Pastor Julius Hahn vom 22.10.1945

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I N H A L T
Das Denkmal
Aus der Chronik des Schützenvereins
Das Eiserne Kreuz
Der Findlingsmythos

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Eissendorf

Auf dem Gelände des Seniorenwohnparks Eichenhöhe

Neben der Auffahrt, gegenüber des Eingangs, steht das Findlingsdenkmal, das den getöteten Soldaten gewidmet ist, die Mitglieder im Eißendorfer Schützenverein von 1878 e.V. waren.

HH Eissendorf Strasse web


An der Straße etwa 100 Meter weiter nach oben steht die Eißendorfer Lutherkirche. Pastor E. Meyer hielt bei der Einweihungsfeier am 31. Mai 1931 die Weiherede.

 

HH Eissendorf Kugeln web

Das Podest des hohen Findlings ist zweistufig zu sehen, es ist aus behauenen bunten Feldsteinen gemauert. Der Platz davor ist mit Platten gepflastert, rechts und links liegen, versetzt vorm Denkmal, zwei Steinkugeln. Sie erinnern an die Mode Denkmäler zu den Freiheitskriegen im 19. Jahrhundert mit nachgemachten Kanonenkugeln zu schmücken.

HH Eissendorf nah web


Erbaut worden ist es 1931 für die Soldaten des 1. Weltkriegs, nach dem 2. Weltkrieg sind dessen Jahreszahlen dazugekommen. Die heutige Inschrift lautet:

Zum getreuen Gedenken an unsere gefallenen Schützenbrüder
1914 – 1918
1939 – 1945

Darüber ein Eisernes Kreuz in Kontur.

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Aus der Chronik

Der Eißendorfer Schützenverein von 1878 e.V. beschreibt auf seiner Website die Geschichte des »Ehrenmals« mit Bildern aus einem alten Fotoalbum. Wir bedanken uns für die Erlaubnis sie hier zeigen zu können.

Eißendorfer Schützenverein

 

HH Eissendorf Chronik web


Aus der Festschrift des Eißendorfer Schützenvereins zur »50jährigen Jubelfeier und Weihe einer neuen Fahne am 10. Juni 1928«.

Darin lesen wir den Satz »Der Weltkrieg brachte eine Ruhepause im Schützenwesen«.

 

HH Eissendorf Chronik Stein holen web


Am 12. April 1931 auf einem Feld bei Nenndorf: Der Stein ist gefunden und soll nun zum Denkmalsplatz transportiert werden.

 

HH Eissendorf Chronik Stein web

Nach zwei Stunden Arbeit liegt der 50 Zentner schwere Stein auf dem Wagen. Dabei waren: Behrmann, A. Maack, F. Jobst, Elling, K. Otte, H. Otte, H. Baden und H. Moje.

HH Eissendorf Chronik Einweihung web


Einweihungsfeier am 31. Mai 1931. Pastor E. Meyer hält die Weiherede. Die Inschrift auf dem Stein lautet vor der Veränderung nach dem 2. Weltkrieg:

Unseren gefallenen Schützenbrüdern
1914 – 1918

Darunter ein einfaches Kreuz, kein Eisernes Kreuz.

 

HH Eissendorf Chronik1 web


Bei der Einweihung ist der Denkmalsplatz mit langen Eichengirlanden geschmückt. Der Stein ist von hohen Bäumen und einer kleinen Hecke umgeben. Das Podest ist dreistufig zu sehen. Der erste Kranz des Schützenvereins liegt vor dem Findling. Jedes Jahr zum Volkstrauertag, zum »Heldengedenktag« in der Zeit des Nationalsozialismus, wird in Zukunft einer folgen.

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Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.

Heute ist das Eiserne Kreuz das ›nationale Erkennungszeichen der Bundeswehr‹«.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg 2006

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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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I N H A L T
Das Denkmal
Der Obelisk
Historische Postkarte
Warum gibt es zwei Denkmäler?

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Finkenwerder

Zwei Kriegerdenkmäler bei der St. Nikolaikirche

Auf dem Hamburger Friedhof (auch »Alter Friedhof« genannt) am Finkenwerder Landscheideweg steht links hinter der Kapelle ein dreieckiges Sandsteinmonument für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Nachträglich wurden die Soldaten des 2. Weltkriegs einbezogen. Der Entwurf stammt von Richard Kuöhl (1880 - 1961). Das Denkmal wurde 1927 errichtet. An den Seiten stehen zwei Stelen aus Stein mit 93 eingravierten Namen.

HH Finkenwerder K gesamt web

In der Spitze ist im Relief ein schwebender Engel im Strahlenkegel zu sehen, darunter liegt, ebenfalls im Relief, ein Soldat in Uniform, mit Stahlhelm und Patronengürtel, gebeugt über einen Toten oder Sterbenden. Der Friedhof wurde während der Sturmflut im Februar 1962 überschwemmt. Es wird vermutet, dass die Beschädigungen an den Reliefs daher rühren. Man könnte auch meinen, dass die Zerstörung der Gesichter von dem Engel und dem Toten bzw. Sterbenden mutwillig erfolgt sind.

           HH Finkenwerder Engel web

Die Inschrift darunter lautet:
Unseren Gefallenen 1914 – 1918 Hamburg Finkenwärder
1939 – 1945 (nachträglich)

HH Finkenwerder K Inschrift web


Der »Alte Friedhof Finkenwerder« ist einer von drei Friedhöfen in Finkenwerder. Er ist kulturgeschichtlich sehr interessant, die prächtigen Tore sind den Prunkpforten der reichen Obstbauernhöfe im Alten Land nachempfunden. Sie wurden, ebenso wie die Friedhofskapelle, vom Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher entworfen und in den Jahren 1926/27 errichtet. Gleichzeitig entstand das Kriegerdenkmal. Richard Kuöhl war 1912 nach Hamburg gezogen, wo er viel mit Fritz Schumacher zusammenarbeitete. Eines seiner Spezialgebiete, die Baukeramik, passte gut zu der Wiederbelebung des Backsteinbaus durch den Oberbaudirektor. Die Kapelle wurde lange als Abstellraum benutzt und wirkte verwahrlost. Seit dem Frühjahr 2015, als diese Fotos entstanden, wird sie erfreulicherweise renoviert. Die Kunstförderung Finkenwerder e. V. hat sich um die Trägerschaft beworben. Die Geschichtswerkstatt plant, das Ensemble als Gedenkort zu reaktivieren.


Ebenfalls dokumentiert sind auf dieser Website Kuöhls Denkmäler in:

Hamburg Dammtor
Hamburg Langenhorn
Schleswig-Holstein Lübeck
Schleswig-Holstein Rendsburg
Schleswig-Holstein Wilster
Hamburg Neuenfelde
Schleswig-Holstein Großhansdorf
Schleswig-Holstein Neumünster
und besonders kurios Hamburg Moorburg

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Der Obelisk

Direkt bei der Kirche am Kirchenaußendeichsweg steht dieser Sandsteinobelisk mit aufgesetztem plastischen eisernen Kreuz. Der Entwurf stammt von Johann Köster. Im Relief zu sehen sind gekreuzte Lorbeerzweige mit großer Schleife unter der Inschrift und gekreuzte Schwerter verbunden mit gekreuzten Palmzweigen im Sockelbereich. Im untere Teil ist eine Tafel eingelassen mit 35 Namen von toten Soldaten, deren militärischer Rang und Sterbedatum und -ort.

           HH Finkenwerder Kirche gsamt web

Die Inschrift lautet:
Es liessen ihr Leben im grossen Kriege 1914-1918.

           HH Finkenwerder Kirche Detail web

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Historische Postkarte

           HH Finkenwerder AK web

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Warum gibt es zwei Denkmäler?

Bis 1937 wurde Finkenwerder durch den Landscheidebach neben der St. Nikolaikirche getrennt. Der nördliche Teil war seit 1445 hamburgisch und hatte seit 1919 den Status eines Vorortes, er wurde »Finkenwärder« geschrieben, siehe Inschrift auf dem Denkmal von Kuöhl. Der südliche Teil gehörte bis 1814 zum Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, bis 1866 zum Königreich Hannover und danach zu Preußen. Diese Teilung Finkenwerders wirkte sich besonders während der Cholera-Epidemie in Hamburg Ende des 19. Jahrhunderts aus, als es den Bewohnern der Hamburger Seite bei Todesstrafe verboten war, in den Südteil der Insel zu reisen. Trotzdem kamen viele aus dem Nordteil, um am evangelischen Gottesdienst in der Kirche teilzunehmen, die direkt hinter der Landscheide auf der Lüneburger Seite liegt. Aber sogar im Kirchenschiff gab es eine Hamburger und eine Lüneburger Seite. Es gibt bis heute zwei Friedhöfe und zwei Kriegerdenkmäler für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs kaum 100 Meter voneinander entfernt. In den 1920er-Jahren wurde im Hamburger Teil unter Oberbaudirektor Fritz Schumacher der Bebauungsplan für das Gebiet zwischen der 1918 entstandene Deutschen Werft und der alten Auesiedlung aufgestellt. Dort befinden sich überwiegend Backsteinbauten im für das damalige Hamburg typischen Backsteinstil.

         
          HH Finkwerder Landscheed un Niklaaskark web

© flamenc/wikimedia commons

»Landscheed un Niklaaskark« – der Landscheidebach in Finkenwerder

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I N H A L T
Das Denkmal
Spendenaufruf 1927
Die Einweihung 1927
Gerangel zwischen Bürgerverein und Denkmalsbehörde
Historische Fotos
Volkstrauertag 1954
Bischof Wilhelm Kieckbusch

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Groß-Flottbek

Auf einer Wiese bei der Flottbeker Kirche

Ein trutziger Block aus Granitquadern steht auf einem Sockel mit acht eingelassenen Bronzetafeln. Die Umzäunung wird an den Ecken außen von Granit-Kugeln eingegrenzt. Im Jahr 1927 wurde das Kriegerdenkmal nach einem Entwurf des Hamburger Architekten Rudolf Matzen (10. August 1863 - 4. November 1951) errichtet.

»Es ist einfach und schlicht, aber markig in seinen Dimensionen« schrieb das Gross Flottbeker Tageblatt in dem Bericht zur Einweihung. Die Baukosten betrugen 15 000 Mark, wovon über die Hälfte durch Spenden aus der Bevölkerung aufgebracht wurde. Am 19. September 1927 wurde das Denkmal eingeweiht, die Weiherede hielt Pastor Kieckbusch, Pastor von St. Michaelis (Michel) und späterer Bischof der Landeskirche Eutin.

Inschriften:

1914 - 1918
1939 - 1945 (Zusatz nach 1963)

HH Flott


An allen vier Seiten sind jeweils zwei Bronzetafeln in dafür vorgesehene Erker eingelassen. Darauf stehen die 166 Namen von getöteten Soldaten des 1.Weltkriegs aus Groß-Flottbek. Jeweils wird auch ihr Todestag genannt.


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Spendenaufruf 1927

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Dokument aus der Geschichtswerkstatt Ottensen. Vielen Dank!

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Die Einweihung

Am 19. September 1927 wurde das Denkmal für die im 1. Weltkrieg getöteten Soldaten aus Groß-Flottbek eingeweiht. Fast alle größeren Vereine Groß-Flottbeks waren geschlossen erschienen und hatten den Sockel des Denkmals mit Kränzen geschmückt. Nach einer Ansprache des ehemaligen Gemeindevorstehers Köhnke – Groß-Flottbek war während der Bauzeit des Denkmals von einer selbständigen Gemeinde zu einem Teil der Stadt Altona geworden – folgte die Weiherede von Pastor Kieckbusch. Die Hamburger Nachrichten schreiben: Jetzt haben die Hinterbliebenen einen Ort, wo sie derer, die irgendwo in fremder Erde ruhen, mit stiller Andacht gedenken können. Aber: »Den Toten die Ehre, den Lebenden die Pflicht«, jetzt heiße es für uns anderen und besonders für die heranwachsende Jugend, daraus zu lernen, der Allgemeinheit zu dienen und die Mauern niederzureißen, die in unserem Volk noch immer nicht das große Gefühl der kameradschaftlichen Zusammengehörigkeit siegen lassen. Das Hamburger Fremdenblatt beschrieb die Weiherede von Pastor Kieckbusch so: [Die Rede] lenkte mit bildhafter Kraft den Blick zurück auf die Kriegszeit und seine Opfer, sie wies aber auch vorwärts mit der Verpflichtung für die Lebenden, Treue zu halten: Treue den Toten, Treue dem Vaterland. Und den Geist der Kameradschaft wieder lebendig zu machen wie damals, als die Kriegsfackel am Himmel lohte.

Zu dem Lied »Ich hatt einen Kameraden« fiel die Hülle des »Ehrenmals«. Mit dem Absingen der letzten Strophe des Deutschlandliedes fand die Feier ihren Abschluß.

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Drei Zeitungen berichteten von der Einweihung am 19. September 1927: die Hamburger Nachrichten, das Gross Flottbeker Tageblatt und das Hamburger Fremdenblatt.

Zeitungsberichte vom 19.9.27


Nach der Enthüllung des Denkmals übergab Johannes Ed. Jepp von der Denkmalskommission das »Ehrenmal« der Stadt Altona. Lesen Sie hier seine Rede.

Rede Johannes Ed. Jepp

 

Wir danken Johann Eitmann vom Archiv Flottbek-Othmarschen des Bürgervereins e.V. für die Recherche.

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Gerangel zwischen Bürgerverein und Denkmalsbehörde

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Oben die Mitteilung des Bürgervereins Flottbek-Othmarschen e.V. im Oktober 1962.

Am 25. April 1963 folgte dann im Hamburger Abendblatt der Aufruf zur Selbsthilfe:

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Wir danken der Geschichtswerkstatt Ottensen

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Historische Fotos

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Dieses Foto ist ca. 1980 aufgenommen worden. Beide Fotos sind aus dem Archiv Flottbek-Othmarschen des Bürgervereins e.V.


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Volkstrauertag 1954

Redner ist Hans Harder Biermann-Ratjen, in dessen Andenken bis heute Personen mit der Biermann-Ratjen-Medaille geehrt werden, die sich um die Stadt Hamburg in kultureller Weise verdient gemacht haben. Er wurde erstmals 1949 im Wahlkreis Groß Flottbek in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt und gehörte ihr bis 1957 und erneut von 1961 bis 1963 an. Es könnte also durchaus sein, dass er diese Rede am Kriegerdenkmal in Groß Flottbek gehalten hat.

Rede 1954

 

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Bischof Wilhelm Kieckbusch

Hansjörg Buss schreibt in seinem Aufsatz »Die ›Ära Kieckbusch‹ (1930 - 1976)« zur Einführung Wilhelm Kieckbuschs als Hauptpastor in Eutin:

»Der veränderte Umgang der Landeskirche gegenüber der NSDAP zeigte sich augenfällig bereits bei der Einführung Kieckbuschs als Hauptpastor knapp zwei Wochen nach den Reichstagswahlen vom 14. September 1930, die den politischen Durchbruch der Nationalsozialisten auf Reichsebene bedeuteten. Erstmals nahmen Mitglieder der NSDAP mit Hakenkreuzfahne und in brauner Uniform am Gottesdienst teil, die – so der sozialdemokratische ›Lübecker Volksbote‹ – ›dem geistlichen Herrn noch eine Huldigung darbrachten. Auch das Blasen der Posaunenchöre wurde in den Pausen durch den Gesang der Hitlerschen vervollständigt.‹ Diese positive Haltung setzte sich mit der Teilnahme an und der aktiven Gestaltung von Feierlichkeiten der NSDAP und ihrer Gliedorganisationen, vor allem aber durch die Zusammenarbeit mit dem Stahlhelm und der NSDAP im Winterhilfswerk und dem Freiwilligen Arbeitsdienst fort (Lawrence D. Stokes, Kleinstadt und Nationalsozialismus, S. 637).

Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte, AKENS 44, S.9

Auszug aus der Festansprache Kieckbuschs zum 450. Geburtstags Martin Luthers im November 1933:

»Der November 1933 mit seinem herrlichen Bekenntnis heute und für alle Zeit zum 3. Reich und damit für Heimat, Volk und Vaterland möge auch dafür sorgen, dass der Glaube nicht zu kurz kommt. Nach den schweren Novembertagen 1918, als unser Heer unbesiegt, aber doch entwaffnet zurückkehrte, da mussten wir uns unter der Not der Nachkriegszeit beugen, und nicht nur der wirtschaftliche Niedergang, sondern auch Gemeinheit, Charakterlosigkeit und sittlich-religiöse Not kamen zum Ausdruck. Internationale Gedanken und Liebäugelei mit den Feinden wurden in uns wachgerufen. Da kam endlich der November 1933 mit seiner unvergeßlichen, wunderbaren Wendung, die uns die Führung durch den durch Gott begnadeten Kanzler Adolf Hitler brachte, der mit seiner zündenden Persönlichkeit zu den Größten des deutschen Volkes gehört, die ihr Bestes für ihr Vaterland hingeben wollten.«

Lawrence D. Stokes, Kleinstadt und Nationalsozialismus, S. 661

Der als »vaterländisch geprägte Persönlichkeit« und »soldatische Natur« charakterisierte Wilhelm Kieckbusch amtierte von 1930 bis 1976 ohne Unterbrechung als leitender Geistlicher der Eutinischen Landeskirche. In aller Öffentlichkeit setzte er sich nach 1945 für ehemals führende Theologen der nationalsozialistischen »Deutschen Christen« ein. Anderswo galten sie als untragbar. Kieckbusch nahm unter anderem die »Deutschen Christen« Hugo Rönck und Joachim Hossenfelder als Pastoren in seine Landeskirche auf. Hossenfelders Einstellung wurde vom damaligen Ratsvorsitzenden der EKD Otto Dibelius befürwortet. Weder Rönck noch Hossenfelder ließen nach 1945 jemals Reue über ihre Rolle im Nationalsozialismus erkennen.

Hugo Rönck war einer der radikalsten Vertreter der aggressiv antijüdischen Nationalkirchlichen Thüringer »Deutschen Christen«, frühes NSDAP-Mitglied und ab 1943 Präsident beziehungsweise Landesbischof der Thüringer Evangelischen Kirche. Und als glühender Antisemit einer der Initiatoren des Eisenacher »Entjudungsinstituts«. Noch 1944 bezeichnete er in seinen Predigten Hitler als »Führer von Gottes Gnaden«. Nach dem Krieg sah Rönck keine Notwendigkeit, sich von seiner Vergangenheit zu distanzieren, auch dann nicht, als »Der Spiegel« 1963 Einzelheiten aus seiner Thüringer Zeit aufdeckte. Er schmückte sich auch weiterhin mit dem Bischofstitel, den er sich kurz vor Kriegsende selbst verliehen hatte. Der Berliner Pfarrer Hossenfelder war treibendes Gründungsmitglied und erster Reichsleiter der »Deutschen Christen«. Er bekannte sich nach 1945 ebenfalls stolz zu dem Bischofsamt, das er als »Deutscher Christ« 1933 kurzzeitig inne gehabt hatte. Ansonsten bewahrte er über seine frühere Karriere strengstes Stillschweigen.

Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945? Wie die Landeskirchen Nordelbiens mit ihrer NS-Vergangenheit umgingen«, Kapitel 4

Neue Anfänge nach 1945?


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Foto: Bitterling, Eutin

Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Eutin an Wilhelm Kieckbusch anlässlich seines 70. Geburtstags, Eutin, 28. Mai 1961

 

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Das Denkmal
Die Geschichte von Gut Moor
Das Eiserne Kreuz

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Gut moor

An der Kreuzung des Großmoordamm mit der Fünfhausener Straße

Das Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten beider Weltkriege steht links unter dem großen Nadelbaum direkt an der Straßenkreuzung.

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Ein schmaler Plattenweg führt zum Denkmal, am Rand sind immergrüne Bodendecker gepflanzt.

 

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Der Findling mit der Widmung steht auf einem großen Sockel aus gemauerten bunten Feldsteinen.

 

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An der Spitze des Findlings sind die Metallreliefs von einem Eisernen Kreuz mit Eichenlaub rechts und links angebracht. Die gravierte Widmung darunter ist schwarz ausgemalt. Sie lautet:

Den Opfern beider Weltkriege zu ehrendem Andenken !

Mit »Opfern« sind die getöteten Soldaten gemeint. Hier steht nicht die Trauer im Vordergrund, vielmehr wird der Tod im Krieg zu einem nicht zu hinterfragenden Opfer macht. Versachlicht und objektiviert wird der Tod der getöteten Soldaten aus einer schicksalhaften Bestimmung heraus erklärt. So, als ob das Sterben die Bestimmung des soldatischen Auftrags und Strebens ist.

Die Formulierung »ehrendem Andenken« ist in ihrer Verwendung problematisch, denn damit ist der Glaube an die Vorbildhaftigkeit des Kriegstodes verbunden. Die ehrenden Reliefs Eisernes Kreuz und Eichenlaub verstärken diesen Glauben.

Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von fast 40 Millionen Opfern – u.a. 30 Millionen Sowjetbürger, 6 Millionen Polen, 2 Millionen. Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Unter ihnen waren 5 Millionen. Juden, zu denen noch 1,3 Millionen. ermordeter Juden aus West- und Südosteuropa und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen.

Wie verhalte ich mich dazu, dass wir heute wissen, dass sich die Soldaten damals für das Falsche eingesetzt haben?

 

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Auf einer eingelassenen polierten Tafel aus rotem Stein sind die Namen der Soldaten aufgeführt. In weißer Schrift werden zum 1. Weltkrieg 11 Namen, zum 2. Weltkrieg 20 Namen und als in der Heimat getötete zwei Namen genannt.

 

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Von der Seite sieht man, wie klein der Denkmalsplatz ist, direkt dahinter ist die Hausauffahrt ...

 

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... und rechts daneben der Zugang zum Nachbargrundstück.

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Die Geschichte von Gut moor

Der Stadtteil Gut Moor gehört zum Bezirk Hamburg-Harburg. Gut Moor ist  in Bezug auf die Fläche und Einwohnerzahl der kleinste Stadtteil Hamburgs (ca. 146 Einwohner / 1,97 km²). Der Stadtteil zählt zum Bezirk Harburg und liegt am Rand des Urstromtals der Elbe direkt am Übergang zur Geest.

Um 1540 ließ Otto I., Herzog von Harburg den Seevekanal durch das Meckelfelder Moor graben. Der Kanal sollte dem Antrieb der Harburger Binnenmühlen dienen und war gleichzeitig Voraussetzung der Kultivierung des umliegenden Moores. Sein Enkel, der letzte Harburger Herzog Wilhelm August schenkte 1630 seinem Kanzler Johann von Drebber ein freies Gut im Moor als Dienstsitz. Zu der so entstandenen Domäne Kanzlershof gehörten umfangreiche Ländereien und auch Gebiet des heutigen Stadtteiles. 1645 wurde die Vogtei Höpen im Amt Harburg geschaffen, welche unter anderem auch Gut Moor, Groß-Moor und Klein-Moor umfasste. 1667 wurde die Siedlung im Harburger Amtslagerbuch Mohr genannt. 1713 wurde das Herrenhaus errichtet. Abgerissen wurde es 1910 beim Ausbau des Harburger Rangierbahnhofes.

nach Wikipedia, abgerufen am 30. Januar 2018

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl in DER ZEIT vom 5. Juni 2008.

DIE ZEIT, 5.6.2008
 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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Das Denkmal
Das »Totenhaus«
Die alte Dreifaltigkeitskirche

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Auf dem alten Friedhof in Hamm

Horner Weg, bei der Dreifaltigkeitskirche

Das dreiteilige Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten des 1.Weltkriegs hat die Form eines Sarkophags. Es wurde 1920 eingeweiht. An allen Seiten stehen insgesamt 355 Namen, auf zwei Gedenksteinen daneben weitere 70.

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In der Mitte der Vorderseite liest man die Inschrift:

1914 – 1918
Der Tod ist verschlungen in den Sieg

Dazwischen ein verziertes Eisernes Kreuz im Relief. Darunter als Band:

Den tapfern Kriegern die dankbare Gemeinde

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»Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Dieses Zitat steht im 1. Korintherbrief, Kapitel 15, Vers 55. Im Zusammenhang des Paulusbriefes meint der Vers den Sieg des Lebens über den Tod, erreicht durch die Auferstehung der Toten. Da es in der Inschrift weiter heißt: ›Den tapfern Kriegern‹, dort also keine Heroisierung vorgenommen wird, soll das biblische Zitat mit dem Verweis auf die Auferstehung der gefallenen Soldaten Trost spenden.« (Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, S.98)

In der Weimarer Republik galt dieser Ort als Treffpunkt nationaler Verbände (Stahlhelm). Im Juli 1943 wurde die 250 Jahre alte Dreifaltigkeitskirche im Bombenkrieg zerstört. 1946 wurde das Denkmal dann von seinem ursprünglichen, weiter nach Osten, zu seinem heutigen Standort versetzt, um Platz für eine hölzerne Notkirche zu schaffen.

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Das »Totenhaus«

Dort, wo nach dem Krieg die Notkirche stand, wurde 2007 ein Mahnmal, das »Totenhaus«, errichtet und am 21. Oktober eingeweiht. Der Künstler Ulrich Lindow aus Husum erinnert an die Opfer von Nationalsozialismus und an jene, die 1943 bei der Zerstörung des Stadtteils während der Operation Gomorrha umkamen. Finanziert wurde das Mahnmal durch Spenden und mit der Unterstützung der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte.

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Das »Totenhaus« trägt auf zwei sich gegenüberliegenden Seiten Inschriften in Anlehnung an das Vaterunser:

»Vergib uns unsere Schuld.
Im Gedenken an die Menschen, die Opfer von Schuld und Leid geworden sind. Von deutschem Boden aus wurden von 1933 bis 1945 Gewalt, Terror, Mord und Vernichtung in die Welt der Völker getragen. Im Namen des nationalsozialistischen Deutschlands wurden einzelne Menschen, Gruppen, Minderheiten, Völker systematisch verfolgt, in Lagern drangsaliert, gefoltert und ermordet. Es wurde ein aller Gesetze und Regeln beraubter Vernichtungskrieg entfesselt, in dessen Schatten nahezu vollständig die europäische Judenheit ermordet worden ist.«

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»Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Am Ende schlugen Gewalt und Zerstörung auf deutschen Boden zurück. Der ›Feuersturm‹, im Juli 1943 durch alliierte Bombardierung Hamburgs ausgelöst, riss Zehntausende von Menschen aus Hamm in den Tod. Der Stadtteil Hamm und die alte Dreifaltigkeitskirche versanken in Schutt, Asche und Staub. Die einzig aus der alten Dreifaltigkeitskirche erhalten gebliebene Glocke ruft zum Gedenken und zur Buße und mahnt zum Frieden. Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.«

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Die »Bieber Glocke« aus dem Jahr 1829, die als einziges Teil der alten Kirche die Bombardierung 1943 überstanden hat, hängt im Inneren des Mahnmals, sie wird jeden Freitag um 15 Uhr angeschlagen.

Das »Totenhaus« ist fast vier Meter hoch, es besteht aus mit Rost überzogenen Stahlplatten. Als die Gemeinde Hamm 2007 den 50. Jahrestag der Weihe ihrer Kirche feierte, weihte Bischöfin Maria Jepsen in Anwesenheit von Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) das Mahnmal ein. »Bisher hat ein Mahnmal für diese Zeit im Stadtteil gefehlt. Diese Lücke wollen wir schließen«, sagte Pastor Christoph Henschen.

Vielen Dank dem Stadtteilarchiv Hamm für die Unterstützung.

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Die alte Dreifaltigkeitskirche

Der niederdeutsche Fachwerkbau von 1693, wurde im Bombenkrieg zerstört. 1957 wurde die neue Kirche geweiht, sie gilt als eine der modernsten der 1950er Jahre. Der Architekt Reinhard Riemerschmid hat sie geschaffen.

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
»Es hat alles nichts genützt«
Die »Dolchstoßlegende«
Einzelgräber

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Harburg

Auf dem Jüdischen Friedhof 

Der Friedhof war der Begräbnisplatz der Synagogengemeinde Harburg-Wilhelmsburg, er liegt an der Schwarzenbergstraße oberhalb des Elbhangs und umfasst etwa zwei Hektar.

Dort steht ein gemauertes Kriegerdenkmal aus Sandstein mit viel militärischer und jüdischer Symbolik. Das Denkmal wurde im Frühjahr 1921 eingeweiht, den Entwurf hat Architekt Wilhelm Haller (11. Juni 1884 Gleiwitz - 10. Mai 1956 Tel Aviv) gefertigt.


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Das Monument ist zugänglich über zwei Steinstufen, flankiert von verzierten Urnen aus dem gleichen Stein. Vor dem Monument steht eine Schale, deren Sockel mit dem Relief einer Menora verziert ist.

 

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Menora heißt Leuchter. Meist ist mit diesem hebräischen Wort der jüdische siebenarmige Leuchter gemeint, wie hier auf dem Friedhof in Harburg. Die Menora ist ein sehr altes jüdisches Symbol und steht bis heute sogar im Staatswappen Israels. Mose erhielt nach biblischer Darstellung auf dem Berg Sinai den Auftrag zum Bau eines transportablen Heiligtums, der Menora, mit einer genauen Anleitung: Sie hat die Form eines Baumes, die sieben Arme stehen für die sechs Tage der Schöpfung und den Schabbat als Ruhetag. Sie erhellte später die Tempel in Jerusalem. Dort stellte sie für Juden die Anwesenheit Gottes dar, denn Gott ist für Juden das Licht.

 

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Die Widmung auf der gebogenen Mauer des Denkmals lautet:

ZUM
EHRENDEN GEDÄCHTNIS
UNSERER TEUREN TOTEN
DIE FÜR IHR VATERLAND STARBEN

1914 - 1918


Es folgen die Namen, Geburts- und Sterbetage von 12 Soldaten

Ein weiterer Text in hebräischer Sprache steht auf der Abschlußkante des Denkmals, unterbrochen vom Davidsstern, hier in der Übersetzung:

Israel, dein Stolz liegt erschlagen auf deinen Höhen.
Ach, die Helden sind gefallen


»Bei den beiden Denkmälern der jüdischen Friedhöfe Ohlsdorf und Harburg steht jeweils derselbe Bibelvers auf Hebräisch. Der Vers lautet in der biblischen Einheitsübersetzung: Israel, dein Stolz liegt erschlagen auf deinen Höhen.
Ach, die Helden sind gefallen (2. Samuel, Kapitel 1, Vers 19) und steht im Klagelied Davids über den Tod des israelitischen Königs Saul und seines Sohnes, die im Kampf gegen die Philister gefallen waren. Dieser Vers ist eine Trauerbekundung, die aber auch nicht auf eine Heroisierung der Toten verzichtet.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, S. 98f


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Über dem Davidstern ist auf der Mauerkante die Skulptur eines Stahlhelms aufgesetzt.

»In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin.« schreibt Gottfried Korff in seinem Buch »Kriegsvolkskunde«.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde sein Symbolwert noch gesteigert. Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern.


Der Stahlhelm liegt auf Lorbeerzweigen. Lorbeer ist ein Symbol für einen Sieg oder einen besonderen Erfolg. Darum wird ein Lorbeerkranz oft als Siegerkranz bezeichnet. Hier soll er den Kriegseinsatz der toten Soldaten würdigen.

 

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Auf der Rückseite der Denkmalsmauer steht, hier in der Übersetzung:

Gedenkmal für jene Soldaten aus unserer Gemeinde, die auszogen und nicht in ihre Häuser zurückkehrten.
Möge ihre Seele eingebunden sein in das Bündel des Lebens

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Die Geschichte

»1919 gab die jüdische Gemeinde für ihre im ersten Weltkrieg Gefallenen ein Kriegerdenkmal auf dem Friedhof und eine Gedenktafel in der Synagoge in Auftrag. [...]

Planung und Beschlussfassung für das Denkmal auf dem Friedhof verliefen weniger zügig. Im Zuge der Planung nahmen die Repräsentanten einen Ortstermin auf dem Friedhof wahr, um dort mit dem Architekten ›Herrn Haller über das Denkmal selbst wie über den zu wählenden Platz zu beraten‹.

Der Architekt hatte an dem von ihm vorgeschlagenen Ort, an dem das Denkmal tatsächlich errichtet wurde und heute noch steht, ›ein einfaches Gerüst in Höhe des gedachten Denkmals aufgestellt‹. Er konnte zumindest die anwesenden Repräsentanten von der ›Trefflichkeit des Platzes, der dem projektierten Denkmal die ihm gebührende Würde geben wird‹, überzeugen, denn sie stimmten mehrheitlich zu.

Das Projekt traf aber nicht auf ungeteilte Zustimmung. Die Kritik an der Denkmalsetzung zielte zum einen darauf hin, dass ein aufwändiges jüdisches Denkmal dem Antisemitismus Vorschub leisten könnte: Der Rechtsanwalt Friedmann ›weist besonders auf die jetzigen antisemitischen Strömungen hin, die bei einer solchen hervortretenden Ehrung zu berücksichtigen wären‹. Zum anderen richtete sich die Kritik gegen die mit der aufwändigen Gestaltung verbundenen Kosten: Der Justizrat Isidor Katzenstein [...] sprach sich eindringlich für ›die Schaffung eines weniger kostspieligen Denkmals‹ aus und vertrat den Standpunkt, dass ›eine Gedenksäule die gleiche Ehrung darstellen wird‹. Die Mehrheit der Repräsentanten und der Gemeindemitglieder schlug die Bedenken der Kritiker aus.
Nachdem die Gemeindeversammlung von ihrem Rechnungsführer Iwan Hahn [...] hatte bestätigen lassen, ›daß die Gemeinde in der Lage ist, diese Ausgabe zu machen‹, stimmte sie mit zwei Gegenstimmen dafür, die Errichtung des Denkmals für 11.000 Mark bei dem Architekten Haller in Auftrag zu geben. Fertig gestellt war das Denkmal wohl schon im Herbst 1920, eingeweiht wurde es höchstwahrscheinlich im Frühjahr 1921.

Das Kriegerdenkmal besteht aus einer schlichten Mauer, die drei Seiten eines Rechtecks umschreibt, sowie einem altarähnlichen Postament, auf dem eine Pflanzschale steht. Auf der Mauerkrone ist ein Stahlhelm mit Lorbeerkranz angebracht, darunter ein Davidstern. Die Seitenflächen des Postaments sind profiliert, die Vorderseite schmückt die Darstellung eines siebenarmigen Leuchters. Die Pflanzschale ist mit einer Perlenschnur ornamentiert.

Durch Stahlhelm und Lorbeerkranz sowie durch die in deutscher Sprache gehaltene Bekundung, dass die Gefallenen der jüdischen Gemeinde ›für ihr Vaterland starben‹, demonstriert das Denkmal nationale und patriotische Gesinnung. Die jüdische Symbolik – siebenarmiger Leuchter und Davidstern – wie auch die hebräische Inschrift weisen zudem deutlich darauf hin, dass diese Gesinnung von Juden getragen wird. Ein Zeichen dafür, dass sich die jüdischen Auftraggeber als Angehörige des deutschen Nationalstaates verstanden.

Das Kriegerdenkmal wurde mit einer Entfernung von knapp zwölfeinhalb Metern gegenüber dem Friedhofseingang errichtet und ist damit vom Schwarzenbergpark aus deutlich zu erkennen. Da sich die Entscheidungsträger der jüdischen Gemeinde vom Architekten Gestaltung und Wirkung des geplanten Denkmals vor Ort genau demonstrieren ließen, ist anzunehmen, dass dessen umrissene Botschaft bewusst der Öffentlichkeit präsentiert werden sollte. Vielleicht sah die Mehrheit der Gemeindemitglieder hier eine Chance, sich der übrigen Gesellschaft gegenüber als deutsche Patrioten dazustellen, die bereit gewesen waren, ihre Söhne für das Vaterland zu opfern. Vielleicht auch wurde gerade hierin eine Chance gesehen, antisemitischen Strömungen begegnen zu können.«

• Eberhard Kändler,Gil Hüttenmeister, Der jüdische Friedhof Harburg, Christians Verlag, Hamburg 2004, S.40f

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»Es hat alles nichts genützt«

Von 1914-18 kämpften etwa 100.000 deutsche Juden während des 1. Weltkriegs an der West- und Ostfront im Deutschen Heer, 10.000 hatten sich freiwillig gemeldet, 12.000 verloren ihr Leben. Jüdische Verbände und Vereine hatten sie dazu aufgerufen, als Soldaten für das Vaterland in den Krieg zu ziehen. »Kein patriotisches Hurra-Geschrei« sei es gewesen, sagt Sabine Hank von der Berliner Stiftung Neue Synagoge, »man hat das von jüdischer Seite als Gelegenheit genutzt, die Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft unter Beweis zu stellen und mit einer Forderung nach völliger Gleichberechtigung zu verbinden.«

 

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Foto: Leo Baeck Institute, New York

Seit 1871 waren den Juden in Deutschland zwar offiziell in der Reichsverfassung alle Bürgerrechte zugesprochen worden, aber Karrieren in Wirtschaft, Politik und Militär waren ihnen meist verwehrt. Das könnte sich nun ändern, hofften viele Juden. Wilhelm II verstärkte diese Hoffnung in seiner Rede vom 1. August 1914: »Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche! ... ohne Stammesunterschied, ohne Konfessionsunterschied ...«. Der vom Kaiser verkündete »Burgfrieden« schien für kurze Zeit den Antisemitismus in Deutschland zu dämpfen.

Zu Beginn des Krieges wurden erstmals Feldrabbiner ernannt, um die jüdischen Feiertage begehen, Seelsorge und Beerdigungen durchführen zu können.

 

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Jüdischer Gottesdienst mit Feldrabbiner Dr. Sonderling, Hamburg

 

Jüdischen Soldaten wurde das Eiserne Kreuz verliehen, aber Beförderungsanträge wurden abgelehnt. Als sich gegen Ende des Krieges die Verluste des Deutschen Heeres mehrten und die Kriegsbegeisterung abnahm, verschlechterte sich die Situation der Juden beträchtlich. Von antisemitischer Propaganda aufgeheizt, führte die Heeresleitung im Oktober 1919 eine »Judenzählung« durch, um die Anzahl und Posten der Juden in der Armee zu erheben. Das Ergebnis wurde nie veröffentlicht, was Spekulationen und wilden Verdächtigungen Tür und Tor öffnete.

1919 wurde der »Reichsbund jüdischer Frontsoldaten« gegründet um an deren »Kriegsleistung« zu erinnern. Er war mit bis zu 55.000 Mitgliedern eine große Organisation. Er gab z.B. ein Gedenkbuch mit den Namen der toten jüdischen Soldaten heraus – als Protest gegen die »Dolchstoßlegende«, die besagt, dass u.a. Juden und Sozialdemokraten schuld am Ausgang des Krieges seien. Antisemiten hetzten gegen die angebliche jüdische Vorherrschaft in Wirtschaft und Politik, die das Deutsche Reich ins Verderben führe.

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• Flugblatt des Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten, Wikimedia Commons

Nach anfangs noch gemeinsamen Gedenkveranstaltungen, leugneten die Nationalsozialisten dann spätestens ab 1933 den Einsatz jüdischer Soldaten für das Deutsche Reich komplett. Ab 1935 verloren alle deutschen Juden ihre Bürgerrechte – auch die jüdischen Frontsoldaten des 1. Weltkriegs. Spätestens ab dem 9. November 1938 war ihr Leben bedroht. Verschleppte Frontkämpfer ließ man vorübergehend wieder frei, viele wurden aber später in den Vernichtungslagern ermordet.


2014, 100 Jahre nach Beginn der 1. Weltkriegs, zeigte das Jüdische Museum Berlin eine Ausstellung über jüdische Kriegsteilnehmer: »Juden zwischen den Fronten 1914-1918«.

Eine Auswahl aus umfangreichen privaten Sammlungen von Briefen, Tagebüchern, Fotos, Feldgebetbüchern und Orden stand für die Bedeutung dieser Erinnerungen. Sie wurden sogar über die Zeit der Verfolgung in der NS-Zeit aufbewahrt.

Leonore Maier vom Jüdischen Museum sagt dazu: »... die Erinnerung an den 1. Weltkrieg hat in jüdischen Familien einen anderen Stellenwert als in nicht-jüdischen. Sie ist verknüpft mit der späteren Erinnerung der Ausgrenzung und des Verrats während der NS-Zeit. Jüdische Weltkriegsteilnehmer haben auf der einen Seite die Erfahrung gemacht: wir sind als gute Deutsche in den Krieg gezogen, wir gehörten dazu. Und während der NS-Zeit war das alles nichts mehr wert.«

Als 1933 der »Arierparagraph« erlassen wurde, nach dem sämtliche Beamte jüdischen Glaubens aus dem Dienst entlassen wurden, waren jüdischen Frontsoldaten, die den Krieg überlebt hatten, zunächst nicht betroffen. Als Reichspräsident Hindenburg 1934 das »Ehrenkreuz« an Kriegsteilnehmer und Hinterbliebene toter Soldaten verlieh, waren Juden nicht ausgenommen. Leonore Maier: »Dass Juden in Zeiten der Verfolgung noch Orden bekommen haben, ist den wenigsten bekannt und kaum vorstellbar. Insofern sind die Ehrenkreuze in der Ausstellung wirklich Schlüsselobjekte. Sie sind mit der Überlieferung verbunden: Mein Vater oder Großvater oder Onkel hat doch als guter Deutscher am 1. Weltkrieg teilgenommen! Er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, hat selbst unter Hitler noch das Ehrenkreuz bekommen und dann wurde die Familie vertrieben und ermordet. [...] Es gibt auch Berichte von Menschen, die sich während der NS-Zeit das Leben genommen haben – behängt mit ihren Orden aus dem 1. Weltkrieg. Hier zeigt sich die unglaubliche Enttäuschung und Verzweiflung über den Verrat, der ihnen zugefügt wurde.«

Lorentana de Libero, Professorin an der Uni Potsdam und der Führungsakademie der Bundeswehr schreibt uns: »Jüdische Frontkämpfer haben durch Initiative Hindenburgs 1934 das ›Frontkämpfer-Ehrenkreuz‹ erhalten, also eine Auszeichnung (kein Orden im eigentlichen Sinne). Da er verstarb, übernahm Hitler als Reichskanzler die Verteilung. Noch hatten die Nazis Angst vor den deutsch-konservativen Soldaten-Verbänden, die sich jedoch schnell gleichschalteten. Und in der Reichswehr/Wehrmacht war Antisemitismus en Vogue. Es gab in den frühen 1930er Jahren das sogenannte Frontkämpfer-Privileg für deutsch-jüdische Frontsoldaten (und ihre Angehörigen), was aber spätestens durch die Nürnberger Gesetze aufgehoben wurde (und auch oft unterlaufen, ignoriert wurde). Einige Verhaftete während der November-Pogrome wurden weil Frontkämpfer früher aus Dachau u.a. entlassen (sofern dort überlebt), aber auch da keine systematische Vorgehensweise, auch da eher Willkür der Nationalsozialisten. Es wurden von den Gewalttätern nicht wenige Veteranen brutal zusammengeschlagen (auch mit Todesfolge), in den verwüsteten Wohnungen Bilder und Orden/Ehrenzeichen von Gefallenen zerrissen, Soldaten-Gräber verwüstet etc. Im II.Weltkrieg wurde den jüdischen Veteranen das Tragen ihrer Orden schließlich untersagt, auch sie selbst in die Vernichtungslager geschickt. Bitter zu lesen sind manche Berichte, in der die ganze Familie im I.Weltkrieg gefallener jüdischer Soldaten in Auschwitz ermordet wurden. Der Dank des Vaterlandes ...«


In der Wanderausstellung der Nordkirche »Kirche, Christen, Juden« wird diese Geschichte erzählt: »Die Familie Kaftal gehört zur ev.-luth. Matthäusgemeinde in Hamburg-Winterhude. Das Ehepaar und die beiden Kinder Gabriele und Herrmann – damals elf und 18 Jahre alt – ist am 8./9. November 1941 nach Minsk deportiert worden, wo die gesamte Familie ums Leben kommt. Heinz Rosenberg, einer der wenigen Überlebenden dieser Deportation, erinnert sich an die Ermordung des Vaters 1942:

›Eine Gruppe von Männern des SS-Sicherheitsdienstes erschien, stellte die 100 jüdischen Arbeiter in einer Reihe auf, griff zehn heraus und erschoss sie auf der Stelle. Unter ihnen war Gabis Vater, ein Rechtsanwalt, der im ersten Weltkrieg Offizier gewesen war. Er hatte noch den Heldenmut, den SS-Leuten zuzuschreien: ›Ihr Schweine! Ich war gut genug, um für Deutschland im Ersten Weltkrieg zu kämpfen. Ich habe Auszeichnungen bekommen, ich habe Frau und Kind, und ihr erschießt mich wegen nichts. Ich spucke auf Euch!‹ Die 90 Überlebenden mussten dann die Leichen zum Massengrab tragen.‹«

Heinz Rosenberg: Jahre des Schreckens. … und ich blieb übrig, dass ich Dir’s ansage. Göttingen 1992, S. 45


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Foto: NS-DOK, Köln

Richard Stern steht mit »Eisernem Kreuz« am Revers in der Tür seines Geschäfts in Köln am 1. April 1933. Die Aktion der SA, schreibt er in einem Flugblatt, ist »eine Schändung des Andenkens von 12.000 gefallenen deutschen Frontsoldaten jüdischen Glaubens.« 1939 gelang ihm die Emigration in die USA – einmal kehrte er noch zurück nach Deutschland: 1945 als Soldat der US-Armee.

 

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Die Dolchstoßlegende

Die Dolchstoßlegende war eine von der deutschen Obersten Heeresleitung in die Welt gesetzte Verschwörungstheorie, die die Schuld an der von ihr verantworteten militärischen Niederlage des Deutschen Reiches im 1.Weltkrieg vor allem auf die Sozialdemokratie und das »bolschewistische Judentum« abwälzen sollte. Sie besagte, das deutsche Heer sei im Weltkrieg »im Felde unbesiegt« geblieben und habe erst durch oppositionelle »vaterlandslose« Zivilisten aus der Heimat einen »Dolchstoß von hinten« erhalten. Antisemiten verknüpften »innere« und »äußere Reichsfeinde« dabei zusätzlich mit dem Trugbild vom »internationalen Judentum«.


HH Harburg Postkarte 1919 dolchstoss webhttp://www.history.ucsb.edu/faculty/marcuse/publications/reviews/BarthRev069.htm


• Österreichische Postkarte aus dem Jahr 1919

 

Diese Legende diente deutschnationalen, völkischen und anderen rechtsextremen Gruppen und Parteien zur Propaganda gegen die Ziele der Novemberrevolution, gegen die Auflagen des als »Schanddiktat« bezeichneten Versailler Vertrags, die Linksparteien, die ersten Regierungskoalitionen der Weimarer Republik und die Weimarer Verfassung. Sie gilt in der Zeitgeschichte als bewusst konstruierte Geschichtsfälschung und Rechtfertigungsideologie der militärischen und nationalkonservativen Eliten des Kaiserreichs. Sie lieferte dem Nationalsozialismus wesentliche Argumente und begünstigte den Aufstieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei entscheidend.

nach Wikipedia, abgerufen am 30. Oktober 2020

 

Die Dolchstoßlegende erklärt vom Deutschen Historischen Museum


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Einzelgräber

Auf dem jüdischen Friedhof gibt es weitere Inschriften auf Grabstellen, die an getötete Soldaten des 1.Weltkriegs erinnern:

HH Harburg JuedFr 1 web
     
HH Harburg JuedFr Detail web     

Name und Sterbetag des jüdischen Soldaten, dem seine jüdischen Kameraden diesen Grabstein widmeten, wurden zerstört. 1986 hatte Volker Plagemann die Inschrift in seinem Buch »Denkmäler in Hamburg« noch genannt: »Dem Gedächtnis des Soldaten Bändel gest. 14.4.1916«.


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Auf diesem Grabstein erinnern sich die Angehörigenan an »unseren im Weltkriege gefallenen lieben Sohn und Bruder« ohne ein Symbol der militärischen Ehrung, ohne Eisernes Kreuz.

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> Weiße Wäsche – Kunstaktion 2014


I N H A L T
Das Denkmal
1932:Die Einweihung
»Tatbereit heute wie einst«
Das Gegendenkmal
Die alte Johanniskirche
Historische Postkarten
Der Bildhauer H. Hosaeus
»Der Soldat«
Erste Hilfe
Die Geschichte
Der Vorläufer
Ernst Moritz Arndt

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Harburg

Bremerstraße / Maretstraße vor der Kirche St. Trinitatis

Die überlebensgroße Skulptur aus Bronze stellt einen marschierenden Soldat im Mantel, mit Kopfverband und geschultertem Gewehr dar. Der viereinhalb Meter hohe und zwei Tonnen schwere Soldat steht auf einem sechs Meter hohen rechteckigen Sockel, die rechte Stiefelspitze dynamisch voranschreitend überm Abgrund. Das Kriegerdenkmal wurde vom 1925 gegründeten »Ausschuss für die Errichtung eines Ehrenmals für die im Weltkrieg gefallenen Söhne der Stadt Harburg« in Auftrag gegeben, dem neben dem damaligen Harburger Oberbürgermeister Denicke auch mehrere Senatoren und Harburger Fabrikdirektoren angehörten. Die Kosten von gut 30.000 Reichsmark wurden durch freiwillige Spender aus Harburg, größtenteils von der Industrie und den 14 Kriegervereinen, aufgebracht. Eingeweiht wurde das Kriegerdenkmal am 26. Juni 1932. Der Bildhauer Hermann Hosaeus (1875 – 1958) beschreibt sein Werk so: »... einen trotz der Verwundung wuchtig ausschreitenden Infanteristen«.


HH Harburg
Foto: Kerstin Klingel

Detlef Garbe und Kerstin Klingel schreiben 2008 in ›Gedenkstätten in Hamburg‹: »Der Soldat marschiert, das Gewehr geschultert, trotz Kopfwunde aufrecht, vorwärts in den Kampf: Ausdruck einer revanchistischen, kriegsbefürwortenden Geisteshaltung. Schon bei seiner Errichtung 1932 war das von 18 Kriegervereinen seit Mitte der 1920er Jahre geforderte Denkmal höchst umstritten. Die Sozialdemokraten sahen es als kriegsverherrlichend an. Die Zeitschrift ›Kunst im Dritten Reich‹ würdigte das Werk 1937 hingegen als ›Heroische Plastik‹.«


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Die Lettern und Ziffern der Inschriften auf dem gemauerten grauen Sockel sind golden ausgelegt. Sie beginnen mit den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs:

1914 - 1918

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Darunter die Inschriften:

DEN FÜR DAS VATERLAND
GEFALLENEN 2000 SÖHNEN
DER STADT HARBURG
ZUR EHRE U. ZUM GEDÄCHTNIS

WUNDEN ZUM TROTZ
TATBEREIT HEUTE WIE EINST
UND IN ALLER ZEIT
DEUTSCHLAND
FÜR DICH

 

DIE TREUE
STEHT ZUERST, ZULETZT
IM HIMMEL UND AUF ERDEN
WER GANZ DIE SEELE
DREINGESETZT
DEM SOLL
DIE KRONE WERDEN

E.M. Arndt


DEINE TOTEN
WERDEN LEBEN

Jes. 26. V. 19


Ralf Busch schreibt im Harburger Jahrbuch Nr.23: »Die Kirche hatte auf einem Bibelzitat bestanden, da das Denkmal auf eigenem Grundstück vor St. Johannis errichtet werden sollte. Kürzer konnte man diese Forderung wohl kaum einlösen.«


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1932: Die Einweihung

Vierzehn Jahre nach dem verlorenen 1.Weltkrieg und acht Jahre vor dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen und dem Beginn des 2.Weltkriegs sagt Pastor Rüther in seiner Rede zur Einweihung und Übernahme des »Soldaten« durch die Kirchengemeinde: »Sie, deutsche Krieger und deutsche Männer, sehen in der Gestalt des Ehrenmales verkörpert all die hohen und edlen Tugenden, zu denen die Heimattreue und Vaterlandsliebe uns erzieht: Mut und Heldensinn, Hingabe und Todesbereitschaft.« (Harburger Anzeigen und Nachrichten, HAN, vom 27. Juni 1932)

Superintendent Feltrup in seiner Festansprache: »Das Denkmal soll der Dank sein für das Heldentum und die Treue der gefallenen Krieger. Unsere Pflicht sei es ihnen nachzutrauern in der Liebe zum Vaterlande (...). Es will das in uns wecken und pflegen, was unser Volk führen kann aus der Nacht zum Licht, durch Kreuz zur Krone, durch Tod zu neuem Leben.« (HAN vom 27. Juni 1932)

Die Schlußworte aus der Gedenkrede des Oberbürgermeisters a.D. Denecke lauten: ›Den Toten zum ewigen Gedächtnis, den Lebenden zum feierlichen Gelöbnis, den kommenden Geschlechtern zur ernsten Mahnung sei dieses Denkmal ein Wahrzeichen deutscher Vaterlandsliebe, deutscher Treue und deutschen Heldentums. Wir wollen an Deutschlands Zukunft glauben und an unseres Volkes Auferstehung tatkräftig mitarbeiten‹.« (HAN vom 27. Juni 1932)

Dr. Ernst Eger, Mitbesitzer einer Salpeterfabrik und Mitglied der »Deutschnationalen Volkspartei«, sprach als Vertreter der Stadtverwaltung und der Industrie Harburgs: »Unser Ehrenmal stellt einen verwundeten, aber unbesiegten Krieger dar. Versinnbildlicht es nicht zugleich unser gesamtes deutsches Volk in seiner heutigen Lage? Haben nicht die ungeheuren seelischen wirtschaftlichen Nöte der Nachkriegszeit unseren Volkskörper auch gewaltige Wunden geschlagen? Ist die tiefe Wunde, die uns die Kriegsschuldlüge mit dem auf ihr fußenden Versailler Diktat geschlagen hat, nicht noch immer unvernarbt und muß das deutsche Volk es nicht mit schwerer Kränkung und Erbitterung ertragen, daß ihm, dem begabten, arbeitsfrohen, sittlich und religiös hochstehenden, an Mannesfreuden starken, tapferen Volk die Gleichberechtigung unter den führenden Völkern der Erde immer noch versagt wird?« (HAN vom 27. Juni 1932)

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»Tatbereit heute wie einst«

Die Botschaft des »Soldaten« und der Inschriften atmet den Geist von der – von den Deutschen so empfundenen – Schmach des Friedensvertrags. Es galt die »Fesseln von Versailles« zu sprengen!

Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg musste Deutschland laut Versailler Friedensvertrag ein Siebtel seines Territoriums mit einem Zehntel seiner Bevölkerung abtreten. Außerdem verlor Deutschland alle Kolonien. Die Stärke des deutschen Heers wurde auf 100.000 Soldaten begrenzt. Schwere Waffen und der Besitz von Luftstreitkräften waren der Reichswehr verboten.

»Da der Versailler Vertrag zudem die Verantwortlichkeit Deutschlands und seiner Verbündeten für den Krieg und die Schäden festschrieb, wurde das Deutsche Reich zu erheblichen alliierten Reparationsforderungen herangezogen. Vor allem wegen dieses ›Kriegsschuldartikels‹ wurde der Versailler Vertrag von der äußersten Rechten bis hin zur Sozialdemokratie grundsätzlich als ein ›Diktat-‹ und ›Schandfrieden‹ abgelehnt. [...] Der Vertrag trat am 10. Januar 1920 in Kraft. Zusammen mit der Dolchstoßlegende wurde der Versailler Vertrag in den folgenden Jahren zu heftigster Agitation gegen die Weimarer Republik und das Ausland genutzt. Nicht nur die extreme Rechte warf den republikanischen Kräften vor, mit der Befürwortung und   Unterzeichnung des Vertrags entschieden zu einer Erniedrigung des Deutschen Reichs und zur Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts Deutschlands beigetragen  zu haben. Zahlreiche Bilder und Postkarten zeigten die einst stolze und kämpferische Germania gefesselt und willfährig am Marterpfahl. Die ›Fesseln von Versailles‹ zu sprengen gehörte in den Jahren der Weimarer Republik  daher zum Hauptziel deutscher Außenpolitik.«

Arnulf Scriba, Deutsches Historisches Museum, CC BY NC SA 4.0


Mehr zum Versailler Vertrag

Mehr zur Dolchstoßlegende


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Das Gegendenkmal

Mit der Friedensbewegung zu Beginn der 1980er Jahre begannen heftige öffentliche Diskussionen um den ›Soldaten«. Auf Initiative des Friedenspolitischen Zentrums Harburg (FRIZ), siehe auch weiter unten, wurde 1986 ein Wettbewerb zur Umgestaltung bzw. Ergänzung des Denkmals in ein ›Anti-Kriegsdenkmal‹ ausgelobt, den der Harburger Künstler Hendrik-André Schulz mit seinem Entwurf ›Trauerndes Kind‹ gewann.

Auch wenn die monumentale Skulptur eines überlebensgroßen marschierenden Soldaten seit 1988 durch die Figur eines trauernden Kindes ergänzt wurde, bleiben doch die Inschriften des Denkmals eine fortbestehende Herausforderung.


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Das Gegendenkmal des Harburger Künstlers Hendrik-André Schulz


Detlef Garbe und Kerstin Klingel schreiben 2008 in ›Gedenkstätten in Hamburg‹ über das Gegendenkmal ›Trauerndes Kind‹:

»Das Gegendenkmal wurde zwischen den Büschen neben dem hohen Sockel des ›Soldaten‹ errichtet und hat der anhaltenden Wirkung des alten Kriegerdenkmals auf Grund seiner versteckten Positionierung und seiner bescheidenen Größe – die Kinderskulptur ist kaum mehr als lebensgroß – wenig entgegenzusetzen.»

Die gesamte Beschreibung


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Die alte Johanniskirche

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             Kurz vor der Zerstörung 1943

             HH Harburg Farbe Bp000110 web
             Foto: Staatsarchiv Hamburg bp000110

HH Harburg St Johannis 3 Dirtsc Wikimedia Commons web2

Die zerstörte Kirche 1944, nur der Soldat blieb heil – ein Zeichen?


HH Harburg St Johannis 4 Dirtsc Wikimedia Commons web2

Fotos: Dirtsc / Wikimedia Commons (3)

Das Gelände nach der Räumung 1946. Im Hintergrund die stehen gebliebenen Pastorate.

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Historische Postkarten

Ursprünglich war das Denkmal von außen an die Umfassungsmauer der St. Johanniskirche herangebaut.

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Die Kirche würde, so schrieb Hosaeus 1930 an den Denkmalsausschuss, »durch alle Jahrhunderte den immer gleichen Hintergrund für das Denkmal bieten«. 1944 wurde die St. Johanniskirche durch Bomben völlig zerstört.

               HH Harburg Karte mit Kranz web

Mit einer langen Eichengirlande bekränzt.

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1953 entstand an gleicher Stelle ein neues Kirchengebäude. Nun steht der Soldat frei. Hinter dem Turm sieht man die alten Pastoratsgebäude.

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Der Bildhauer

Die Tafel am Denkmalssockel benennt ihn, ohne weitere Erklärungen:

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Ralf Busch beschreibt Hermann Hosaeus 2012 im Harburger Jahrbuch Nr.23 so: »Sein eigentliches Betätigungsfeld wurde die Gestaltung von Kriegerdenkmälern. Im Kyffhäuserbund übernahm er den Vorstand und die Aufgabe des künstlerischen Beauftragten. Dieser Bund existierte seit 1900, er war der Dachverband der Deutschen Landeskriegerverbände. Ursprünglich oblag ihm die Pflege des Kyffhäuserdenkmals, das von 1891 bis 1897 zu Ehren des 1888 verstorbenen Kaisers Wilhelm I. errichtet wurde. Es gehört noch heute zu den imposantesten monumentalen Gedenkbauwerken Deutschlands. In diesem Bauwerk kam vor allem zum Ausdruck, sich vor inneren (gemeint ist die Sozialdemokratie) und äußeren Feinden zu schützen. [...]

Es verwundert nicht, dass Hosaeus sich in diesem Verein gut aufgehoben verstand, wo er während des Aufstiegs der Nationalsozialisten zahlreiche Aufträge erhielt, häufig wohl ohne Ausschreibung. [...]

Als Hosaeus 1958 starb, haben die Harburger Anzeigen und Nachrichten kurz an den ›Harburger Soldaten‹ erinnert und gemeint, er ›wirkt äußerst kontrastreich in seiner Monumentalität und Realistik‹. Heroisches Gehabe ist aber eben keine Realistik, sondern steht im Widerspruch zur Wirklichkeit. Dieses kritisch zu hinterfragen, versäumte man 1958.«

HH Harburg HosaeusFoto: Helmsmuseum


Hermann Hosaeus mit dem Kopf des »Soldaten« in seiner Werkstatt.

Wir danken herzlich Herrn Prof. Weiss und Frau Krause vom Archäologischen Museum Hamburg und Stadtmuseum Harburg / Helmsmuseum für die Hilfe und die Möglichkeit hier ein PDF Download aus dem Harburger Jahrbuch 23/2012, Herausgeber Stadtmuseum Harburg / Helmsmuseum, anbieten zu können. Sie können das Jahrbuch beim Museum bestellen, es kostet ca. 20 Euro. Man kann die Publikationen des Museums auch in der Bibliothek lesen und ansehen. Anmeldung unter der Telefonnummer: 040 42871 3681.

Harburger Jahrbuch Nr. 23


Auf dieser Website dokumentieren wir Denkmäler von Hosaeus in:

Schleswig-Holstein Eutin

Schleswig-Holstein Thürk

Hamburg-Wilhelmsburg


Hermann Hosaeus war während des 1.Weltkriegs an leitender Stelle in der Staatlichen Beratungsstelle für Kriegerehrungen tätig und verfasste 1922 Leitsätze für die »Vaterländische Bauhütte« zur Ausführung und Aufstellung von Kriegerdenkmälern:

Leitsätze 1922, Verlag Deutscher Bund Heimatschutz


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»Der Soldat«

Eine Dokumentation über die Geschichte des Harburger Kriegerdenkmals. Herausgeber: Friedenspolitisches Informationszentrum Harburg (FRIZ), 1981.

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»Der Soldat«, 1981


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Erste Hilfe

»Auszubildende restaurieren Harburger Denkmal«, das berichtet die Aurubis AG in einer Pressemitteilung am 7. April 2010: 

»Die Restaurierung des nicht mehr standsicheren Denkmals wird von Aurubis im Rahmen eines besonderen Ausbildungsprojektes erfolgen. Wir freuen uns, mit diesem Engagement unserer Verbundenheit zur Region Süderelbe erneut Ausdruck zu verleihen«, so Michaela Hessling, Pressesprecherin der Aurubis AG. Unter fachkundiger Anleitung des Restaurators Stefan Lasch-Abendroth werden zwei Auszubildende von Aurubis die erforderlichen Schlosserarbeiten ausführen. Sie befinden sich im 3. Lehrjahr und erfahren eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker. Mit ihren Auszubildenden trägt Aurubis dazu bei, die Kosten für die Sanierung erheblich zu senken. [...]

Nachdem ein Gutachter festgestellt hatte, dass das Denkmal nicht mehr standfest ist, wurde es im Jahre 2008 eingerüstet und war seitdem verhüllt. Nun endlich erhält der Soldat Erste Hilfe.

Die Skulptur ist 2 Tonnen schwer und 4,80 Meter hoch. Inklusive Sockel beläuft sich die Höhe auf rund 11 Meter. Für die Überführung auf das Werksgelände wurde die Plastik im Oktober 2009 vom Sockel gehoben und wegen der Transporthöhe in zwei Teile getrennt.


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Foto: Zand

Das alte, korrodierte Stahlgerüst wird gegen eine neue Edelstahlhalterung ersetzt. Die kupferne Oberfläche der Skulptur soll trotz vorhandener Einschusslöcher nicht restauriert werden, um den historischen Bestand zu sichern. Alte Einschusslöcher zeugen von den Bombenangriffen des 2. Weltkrieges, die der Krieger aufrecht überstand. Die St. Johanniskirche hingegen wurde im November 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Nach Sanierung wird das Denkmal wieder an seinen alten Standort zurückkehren.«

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Die Geschichte

»Für das Harburger Kriegerdenkmal traten nicht die 18 Kriegervereine allein als Anreger und Stifter auf. Aber sie waren im Verein mit bürgerlichen Autoritäten stark daran beteiligt. Am 20. 1. 1925 wurde ein ›Ausschuß für die Errichtung eines Ehrenmales für die im Weltkrieg gefallenen Söhne der Stadt Harburg‹ gegründet. Die Sozialdemokraten hatten gegen diese Form des Totengedenkens, die eher der Kriegsverherrlichung diene, protestiert und statt dessen ein Heim oder eine Unterstützung für Kriegsversehrte gefordert; sie waren aber mit dem Argument, daß ein Denkmal weniger kostspielig sei, abgewiesen worden. Auch in Harburg wurde zunächst der Ehrenfriedhof als Ort vorgesehen, doch die Forderung nach einem Platz, an dem das Denkmal täglich sichtbar war, setzte sich durch; 1930 wurde der Platz vor der Johanniskirche beschlossen. Hermann Hosaeus, ein schon um die Jahrhundertwende tätiger Denkmalbildhauer, wurde direkt beauftragt. Er schuf noch einmal ein naturalistisches Menschenbild, das in mehrfacher Lebensgröße auf einem Distanz gebietenden hohen Sockel aufgestellt wurde; ein Infanterist, in dem jeder Mann sich wiedererkennen sollte, mit dem aber auch das Reich identifiziert werden konnte. Mit einer Binde um die Kopfwunde hat er sich nach Verwundung und vorläufiger Niederlage erhoben und wendet sich entschlossen, ja furchterregend mit weitem kraftvollem Schritt wieder zu neuem Kampf nach vorn. Zwar rührt die Verwundung nicht von einem Dolchstoß her, aber sieht man in dem Soldaten wirklich das angeschlagene sich wieder erhebende Reich verkörpert, so gibt die Wunde am Kopf doch zu denken: Kritik an der Reichsregierung seit 1918? [...]

Sozialdemokraten opponierten gegen solche Denkmäler, weil sie Kriegsverherrlichung verhindern wollten; der amtierende sozialdemokratische Oberbürgermeister Dudek hielt sich von der Einweihung fern. Von Kommunisten wurde in Harburg befürchtet, daß sie Beschädigungen und Verunzierungen des Denkmals vor der Einweihung vorhätten. Das bürgerliche Lager identifizierte sich inzwischen jedoch offenbar vollständig mit solchen Formen kriegsvorbereitender Propaganda. Einladungen an die Angehörigen der Gefallenen, an die 18 Kriegervereine, an den üblichen Kreis aus Verwaltung und Industrie, Vorfeier in der Kirche mit Ansprache des Superintendenten, Glockenläuten, Rede des konservativen Oberbürgermeisters im Ruhestand, Rede des Pastors in der Kirche, Rede eines Deutschnationalen, Kranzniederlegungen, Fahnenflattern, ›Ich hat' einen Kameraden‹, Deutschlandlied vor Tausenden von Menschen waren Kennzeichen einer Inszenierung, der sich kurz vor 1933 offenbar außer den in die Minderheit geratenen Arbeiterparteien niemand mehr entziehen konnte.«

• Volker Plagemann, »Vaterstadt, Vaterland, schütz Dich Gott mit starker Hand«, Hans Christians Verlag 1986, Seite136/137.

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Der Vorläufer

Ebenfalls von Hermann Hosaeus: Das Kriegerdenkmal für die getöteten Schüler der Johann-Heinrich-Voß-Schule, Eutin, im 1. Weltkrieg, das 1928 eingeweiht wurde, vier Jahre vor dem Harburger »Soldaten« – in der Haltung verblüffend ähnlich.

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In seiner Weiherede sagte der damalige Landespropst Paul Rahtgens, zehn Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs und fünf Jahre vor der Machtergreifung Hitlers: »Es ist ein feinsinniger Gedanke des Künstlers, ihm das Gewehr so über die Schulter zu legen, daß es mit der Gestalt des Jünglings ein Kreuz bildet. Wir sind jetzt ein Volk unter dem Kreuz. Aber als Christen leben wir durch das Kreuz dessen, der das Wort prägte ›Niemand hat größere Liebe, denn daß er das Leben läßt für seine Freunde‹. Das Kreuz ist für uns nicht nur das Zeichen des Überwindens und Siegens. Als deutsche Christen vertrauen wir, daß auch der Tod derer, um die wir trauern, nicht vergeblich gewesen ist, sondern eine Aussaat des Segens für künftige Geschlechter.«

Horst Schinzel, »Eine Denkmalseinweihung 1928«, aus den Jahrbuch des Heimatverbandes Eutin, 1990.

Kriegerdenkmal Eutin


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Ernst Moritz Arndt

Am 26. Dezember 1769 wurde Ernst Moritz Arndt auf Rügen geboren. Historiker kritisieren, Arndt sei antisemitisch und nationalistisch und damit ein Wegbereiter der Fremdenfeindlichkeit folgender Jahrzehnte gewesen.

Als Publizist und Dichter widmete er sich hauptsächlich der Mobilisierung gegen die Herrschaft Napoleon Bonapartes in Deutschland. Daher wird er auch als Freiheitskämpfer bezeichnet.

Die Nationalsozialisten betrachteten Arndt als einen ihrer Vordenker, etwa wegen solcher Ausführungen:

»Es wird ja hoffentlich einmal eine glückliche deutsche Stunde für die Welt kommen und auch ein gottgeborener Held, […] der mit scharfem Eisen und mit dem schweren Stock, Scepter genannt, [das Reich] zu einem großen würdigen Ganzen zusammenschlagen kann.«

Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten beantragte der örtliche Leiter des Stahlhelms die Benennung der Greifswalder Universität nach Arndt. Das preußische Staatsministerium erteilte die Bewilligung im Mai 1933, da Arndt »stets für die Freiheit, die Ehre und die Macht des Deutschen Vaterlandes an erster Front gekämpft« habe.

Die Universität Greifswald hat 2018 nach langem Streit ihren Namen abgelegt. Auf ihrer Website können Sie einen Beitrag des Literaturwissenschaftlers Michael Gratz lesen. Seine These: Wo »Arndt« draufsteht, ist heute in den allermeisten Fällen schlimmstes neonazistisches »Gedankengut« drin.

Der komplette Beitrag und andere Fakten zum Namenstreit

Hier die Fakten zum Namensstreit als Broschüre

 

... und das Original: »Auf, bleibet treu und haltet fest«

1. Auf, bleibet treu und haltet fest,
so wird euch mehr gelingen!
Wer sich von Gott nicht scheiden lässt,
der kann die Hölle bezwingen.
Der alte Gott, der treue Gott,
lässt sich noch immer schauen
und macht des Teufels List zu Spott
und seinen Stolz zu Grauen.

2. Auf, bleibet treu und haltet aus,
wie Lug und Trug auch schnauben!
Der Herr dort oben hält noch Haus
und schirmt den rechten Glauben;
den Glauben, dass die Welt vergeht,
wenn Männertreue wanket;
den Glauben, dass wie Sand verweht,
was um die Lüge ranket.

3. Denn Treue steht zuerst, zuletzt
im Himmel und auf Erden!
Wer ganz die Seele dreingesetzt,
dem soll die Krone werden.
Drum mutig drein und nimmer bleich,
denn Gott ist allenthalben!
Die Freiheit und das Himmelreich
gewinnen keine Halben!


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»Tatbereit heute wie einst«?

Überlebensgroß in Hamburg-Harburg

 

Einen Tag vor dem Gemeindefest der Trinitatisgemeinde sollte am Samstag, den 30. August 2014 um 11:00 Uhr das Kriegerdenkmal neben der St.Johanniskirche durch die Präsentation der Kunstinstallation zum Thema gemacht werden. Eine öffentliche Diskussion darüber gab es am Freitag, den 12. September 2014 um 19:00 Uhr im Gemeindesaal der Johanniskirche, Bremer Straße.

Die Intention der Kunstaktion

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Ein lebhaftes Gespräch

Persönliche Betroffenheit mit Kritik an der Wäscheleine, friedenspolitisches Engagement mit Freude an der Aktion, Verbundenheit mit der Trinitatisgemeinde – viele Gründe gab es für die Teilnahme an der Diskussion am Freitagabend. Die unterschiedlichen Standpunkte wurden dargelegt und müssen sicher innerhalb der Gemeinde weiter erörtert werden.

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Einladung der Kirchengemeinde St. Trinitatis:

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Echo in den Medien

Das Hamburger Abendblatt schreibt am 11. September 2014

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Das Hamburger Abendblatt/Harburg & Umland berichtet am 11. September 2014 auf Seite 2

Hamburger Abendblatt Harburg und Umgebung 11.09.2014 web

Hamburger Abendblatt, 11.9.2014

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Das ElbeWochenblatt für Hamburgs Süden schreibt am 10. September 2014

elbewochenblatt 9.9.2014 web


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Das Hamburger Abendblatt/Harburg & Umland berichtet am 2. September 2014

Hamburger Abendblatt Harburger RS 2.9. Bild web

              Hamburger Abendblatt Harburger RS 2.9. Text web

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Die Kunstaktion beginnt

30. August 2014, 11:00 Uhr

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● Erste Interessierte finden sich ein. Zeitzeuginnen, wie sie sagen.

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● Pröpstin Decke und Pastorin Kaiser-Reis begleiten die Aktion.

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● Das Gegendenkmal zu Füßen des Soldaten wird einbezogen.

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Aus den Gemeindebriefen von
St. Trinitatis

Im Zusammenhang mit der Restaurierung des Soldaten im Jahr 2010 hat die Kirchengemeinde St. Trinitatis in Harburg in zwei Ausgaben ihres Gemeindebriefes (DIALOG) einige Informationen wieder veröffentlicht bzw. neu geschrieben.

Pastorin Sabine Kaiser-Reis
kaiser-reis@trinitatis-harburg.de


Gemeindebriefe

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I N H A L T
Das Denkmal
SC Victoria Hamburg von 1895 e.V.
Die Geschichte
100 Jahre Victoria Hamburg
Der Bildhauer Emmerich Oehler

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Hoheluft

Auf dem Gelände des Sport-Club Victoria Hamburg von 1895 e.V.. Ecke Lokstedter Steindamm/Martinistraße

Das Denkmal aus Muschelkalkstein ist 3,20 Meter hoch, es hat eine quadratische Grundfläche von 90cm x 90 cm. Oben aufgesetzt ist ein Stahlhelm auf Eichenlaub. Der Bildhauer Emmerich Oehler, geboren am 14. Juli 1881 in Meißen, gestorben 1982 in Westberlin, hat es 1920 geschaffen. Finanziert wurde es aus freiwilligen Spenden der Vereinsmitglieder.

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HH SC Victoria Hoheluft Helm web

Die Widmung aus Metallbuchstaben und -ziffern lautet:

Denen, die für uns starben.
1914  1918
und
1939  1945 (nach dem 2. Weltkrieg hinzugefügt)

Dazwischen prangt ein kaiserliches Eisernes Kreuz

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An beiden Seiten trägt es die inzwischen stark verwitterten Namen der 83 toten Soldaten und den einer getöteten Krankenschwester aus dem 1. Weltkrieg. Die Inschrift auf der Rückseite ist nicht mehr lesbar. 

 

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HH Hoheluft Namen web

 

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SC Victoria Hamburg von 1895 e.V.

Der Verein ließ 1909 in Hamburg-Hoheluft auf dem von der Stadt gepachteten Sportgelände die erste überdachte Tribüne Norddeutschlands errichten. 1911 fand im neuen Stadion das erste in Hamburg ausgetragene Fußball-Länderspiel statt.

Der SC Victoria war in Norddeutschland bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg im Fußball führend und errang mehrere Meistertitel des Hamburg-Altonaer Fußball-Bundes und des Norddeutschen Fußball-Verbands. 1900 gehörte der Verein zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Fußball-Bundes. Auch nach seiner Blütezeit blieb der SC Victoria einer der bedeutenden Vereine Hamburgs.

1933 ordnete sich der Traditionsclub bereitwillig der nationalsozialistischen Diktatur unter; die »Vereinsnachrichten« aus dieser Zeit spiegeln die große Übereinstimmung mit der Politik der neuen Machthaber.

Aus: Herbert Diercks, Hamburger Fußball im Nationalsozialismus, Herausgegeben von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme

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Die Geschichte

Im Archiv des Sport-Club Victoria sind alle Vereinsnachrichten seit 1907 lückenlos archiviert. Darum können Sie hier ausser den Namenslisten der toten Soldaten beider Weltkriege auch die Verlautbarungen des Vereins über die Planung und die Einweihung des Denkmals lesen. Wir danken sehr herzlich Herrn Helmke, dem 2. Vorsitzenden des SC Victoria, für seine Recherche.


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Namen 1. Weltkrieg

Namen 2. Weltkrieg

Später wurden noch fünf weitere Namen hinzugefügt: Karl Heinz Bock, Otto Dornfeldt, Paul Herrmann, Walter Klink und Carl Heinz Thiele.

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100 Jahre Victoria Hamburg

Aus diesem Anlass gab der Sport-Club 1995 ein Buch heraus, in dem die Jahre dokumentiert wurden. Der damalige Vorsitzende Horst Reinecke hat viele Monate daran gearbeitet. Lesen Sie hier einige Auszüge:

Vorwort: Im Ersten Weltkrieg verloren 83 Victorianer als Soldaten ihr Leben und eine Victorianerin als Sanitätsschwester.

Im Zweiten Weltkrieg fielen 101 Victorianer. Zu ihnen gehörte auch ein 16jähriger Luftwaffenhelfer, der noch in den letzten Tagen im Fronteinsatz sein junges Leben lassen mußte.

Viele starben in Gefangenschaft oder gelten als vermißt.

Ungezählt sind die Victorianerinnen und Victorianer, die in der Heimat Opfer von Gewalt und Terror wurden.

Ihr Tod sei uns Mahnung und Pflicht, niemandem Unrecht zu tun und immer für Frieden und Freiheit einzutreten


Die erste Einberufung: Unser 1. Vorsitzender Herr Paul Koretz ist anlässlich des Krieges zwischen Österreich und Serbien als österreichischer Offizier einberufen worden und bereits abgereist. Er sendet uns einen letzten Abschieds-Gruss. Wir wünschen von Herzen, dass er bald gesund und mit Sieges-Lorbeer geschmückt wieder in unserer Mitte weilen wird.
VZ (Vereinszeitung) August 1914


Beginn des Ersten Weltkriegs: Seit dem Erscheinen unserer letzten Vereinszeitung sind Ereignisse eingetreten, wie die Welt sie vielleicht noch nie erlebt hat. Die Kriegsfurie ist über unser Land hereingebrochen. Gegen Deutschland, das in Bündnistreue zu Österreich stand, ist eine Welt von Feinden auferstanden.

Nun ist alles mit einem Schlage anders geworden. Die außerordentlich große Zahl Heerespflichtiger und Kriegsfreiwilliger hat die Reihen auch in unserem Verein stark gelichtet. Viele stehen schon im Felde oder bei der Marine. Das Deutsche Volk ist wie ein Mann dem Rufe des Kaisers gefolgt. Es gibt für uns nur eins: Wir müssen siegen! Lieb Vaterland magst ruhig sein!
VZ September 1914


Seit 2 Monaten ruhen nun endlich die Waffen! Wir sind heimgekehrt, nicht mit Siegeslorbeer geschmückt, nicht von jubelnden Siegesfanfaren begrüßt, aber mit offenen Armen von unseren Lieben daheim. Lange Jahre ersehnten wir das Ende des Krieges. Nun hat uns die Heimat wieder! Wir Glücklichen, die wir die Heimkehr doch noch erlebten!
VZ Januar 1919

Das Ehrenmal: Schon in der VZ Dezember 1916 (Kriegsnachrichten) erfolgt der erste Aufruf zu Spenden für die Errichtung eines Ehrenmals nach dem Krieg. Im Januar 1919 wird dieser Aufruf wiederholt und der Gedenkstein in Auftrag gegeben.


Wir dienen dem Vaterlande:
Ein Sturmwind weht seit einigen Wochen durch alle Gaue des deutschen Vaterlandes, alles, was morsch ist, mit sich reißend; nur was stark und gut und deutsch ist, hält dem Brausen stand. Deutschland ist erwacht!
VZ April 1933

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Grußzwang: Wir ordnen mit sofortiger Wirkung an, daß beim Betreten und Verlassen unseres Platzes, das Ehrenmal unserer Gefallenen zu grüßen ist, und zwar durch Abnehmen der Kopfbedeckung oder durch Erheben des rechten Armes.
VZ Mai 1933

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Sportjugend wird Hitlerjugend: Jeder junge Victorianer im Alter von 10 bis 18 Jahren ist vom 26. November 1933 an Hitlerjunge.
Unserem deutschen Sportgedanken Sieg Heil!

Volkssport: Der Gauleiter hat es den Vereinsführern zur Pflicht gemacht, ihre Volkssportabteilungen so auszubauen, daß sie alle Mitglieder zwischen 18 und 25 Jahren restlos erfassen. In unserem Club sind die freiwilligen Meldungen leider nur sehr spärlich, ganze 40 Mann. So ordne ich hiermit an, daß sich alle Kameraden, soweit sie nicht schon der SA., SS., St. angehören, umgehend zum Eintritt zu melden haben. Mitglieder, die dieser Anordnung nicht nachkommen, schließen sich von selbst aus der übrigen sportlichen Betätigung aus. Bei evtl. Austritt solcher Mitglieder, muß und werde ich diese dem Gau melden, der das weitere veranlassen wird. Heil Hitler!
VZ Oktober 1933


Kriegsbeginn 1. September 1939:
Trotz Kriegsbeginns sollte auf Anordnung des Reichssportführers der Spielbetrieb so umfangreich als möglich aufrechterhalten werden. Denn Sport ist die unerläßliche Voraussetzung für die Erziehung der Jugendlichen zu Wehrkraft und Wehrwillen. Wegen der vielen Einberufungen wurde den Vereinen gestattet, auch in den Pflichtspielen Gastspieler einzusetzen.

In der VZ November 1939 werden bereits knapp 100 Feldpostanschriften (...) veröffentlicht.


Das Ende: Es wird uns weh ums Herz, wenn wir an die vielen guten Kameraden denken, deren Verlust uns erst voll ins Bewußtsein dringen wird, wenn sie bei dem Appell nach Kriegsende fehlen, wenn wir ihnen nicht wieder die Hand drücken können.
Letzte VZ vor Kriegsende, August/September 1944

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Der Bildhauer

Prof. Emmerich Oehler wurde am 14. Juli 1881 in Meißen geboren. Er studierte an der Kunstakademie in Dresden und war dort von 1902 bis 1914 bei der Manufaktur angestellt. In Hamburg arbeitete er als Bildhauer und wurde Mitglied im Hamburger Künstlerverein und im Deutschen Werkbund. Man kann seine Werke betrachten, zum Beispiel in Berlin den »Schützen«, vor dem Schützenhof in Hakenfelde aus dem Jahr 1935 oder in Hamburg auf dem Ohlsdorfer Friedhof das Grabmal von Paul Conström aus dem Jahr 1919. Gestorben ist er 1982 in Westberlin.


HH Hoheluft Emmerich Oehler Ohlsdorf Michael Wasserburg Gottesacker.wordpress web

Foto: Michael Wasserburg_Gottesacker.wordpress.com

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I N H A L T
Das Denkmal
Eingaben und Anfragen
Die Erweiterung
Volkstrauertag 2013
Das Medienecho
Volkstrauertag 2015
Der Bildhauer Hermann Perl
Der Findlingsmythos

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Hummelsbüttel

Hummelsbüttler Hauptstraße 15

In die Mitte der Granitfindlingsgruppe ist ein detailreiches Bronzerelief gesetzt: Marschgepäck, Stahlhelm, Gewehr, Bajonett und Eichenlaub. Der Hummelsbüttler Bildhauer Hermann Perl, geboren am 5. April 1878 in Königsberg, gestorben am 12. Januar 1967 in Hamburg, hat das Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs entworfen, er wohnte damals gleich neben dem Denkmalsplatz in dem Haus mit dem Elchkopf über der Tür. Die Errichtung des Denkmal wurde, wie oft in dieser Zeit, initiert von einem Kameradschaftsverein, hier mit dem Namen: »Militärische Kameradschaft und Kampfgenossen-Verein Hummelsbüttel«. Am 19. April 1925 wurde das Denkmal eingeweiht. Es steht in einer kleinen Anlage bei der Bushaltestelle »Am Gnadenberg«.

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Auf dem oberen Findling steht die eingravierte Inschrift:
Unsern Helden
1914 – 1918

Zusatz nach dem Ende des 2. Weltkriegs: 1939 – 1945

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Eingaben und Anfragen

Bis November 2013 stand das Denkmal noch alleine im Gebüsch:

HH Hummelsbuttel Ajepbah fruher web

© Ajepbah/Wikimedia Commons

Doch seit 2003 forderten zunehmend Bürger und Politiker der SPD, Grünen und Linken das Kriegerdenkmal mit dem Militarismus verherrlichenden Hauptstein zeitgemäß zu kommentieren. Besonders die Widmung »Unseren Helden« sorgte dafür, dass regelmäßig Eingaben von Anwohnern bei den Bezirkspolitikern gemacht wurden, um das Denkmal zu verändern. Am 29. April 2009 anwortete die Bezirksamtsleitung noch uninteressiert bis abweisend auf eine Große Anfrage von fünf Mitgliedern der Bezirksversammlung. So wurden die Fragesteller, vier von »Die Linke«, einer von der »GAL«, kurzerhand abgebügelt:

Antwort der Bezirksamtsleitung 2009


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Die erweiterung

Nach zehn Jahren Streit einigten sich die Bezirksfraktionen im Februar 2013 schließlich auf einen Kompromiss: Das Kriegerdenkmal wird um einen Findling erweitert, der die Inschrift trägt:

Die Toten mahnen uns Lebende zu Frieden und Versöhnung

Die Anlage soll gemeinsam mit dem Heimatverein in Hummelsbüttel insgesamt aufgewertet und regelmäßig gepflegt werden. Die Finanzierung übernimmt das Bezirksamt.

Sogar das Hamburger Abendblatt berichtet am 6. Februar 2013:

HH Hummelsbuttel HAB Bild web

HH Hummelsbuttel HAB Text web

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Volkstrauertag 2013

Es dauerte noch bis zum Volkstrauertag im November, dann wurde die erweiterte Anlage feierlich eingeweiht. Die Erneuerung soll 30.000 Euro gekostet haben, die Büsche wurden zurückgeschnitten, die Wege neu angelegt. Alles wirkt jetzt gepflegter, aber durch die auffällige Sichtachse, die genau auf den älteren, viel größeren Findling führt, fällt der Blick umso mehr auf die Helden-Inschrift und das bronzene Kriegsgepäck.

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© svenmahn/Wikimedia Commons

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Das Medienecho

Das Hamburger Wochenblatt/Fuhlsbüttel schreibt am 19. 11. 2013:

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Volkstrauertag 2015

HH Hummelsbuettel 2016 web


Kranzstifter von links nach rechts: CDU-Fraktion Wandsbek und die Freiwillige Feuerwehr mit einem kameradschaftlichen Gruß. Beim kleinen Findling stehen die Kränze vom Heimat- und vom Sportverein.

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Der Bildhauer Hermann Perl

Hermann Otto Gottlieb Perl wurde am 5. April 1878 in Königsberg geboren, besuchte die dortige Kunstakademie und kam über Berlin zu seinem Onkel A. H. Wessely nach Hamburg. Der besaß eine sehr bekannte Ofen- und Tonwarenfabrik und hatte Kontakt zu vielen Künstlern, die für ihn arbeiteten. Er richtete seinem Neffen Hermann Perl am Falkenried ein Atelier ein. Perls erster größerer Auftrag war die Ausführung sämtlicher Bildhauerarbeiten im Innern des Hamburger Elbtunnels, der am 7. September 1911 eingeweiht wurde. Die grünen Tierdarstellungen, die hellen Gewölbekacheln und die wandbildartigen Keramiken in den Schachtgebäuden sind sein Werk, alle wurden in der Fabrik seines Onkels hergestellt. Gestorben ist er am 12. Januar 1967 in Hamburg.

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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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Das Denkmal
Die Geschichte
Aus der Festschift zur 650 Jahrfeier von Jenfeld 1954
Der Findlingsmythos

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Jenfeld

Auf einer Verkehrsinsel zwischen Denksteinweg und der Straße »Bei den Höfen«

Ein breiter Granitfindling wurde in einem hohen Sockel aus bunten behauenen Feldsteinen versenkt. Das Kriegerdenkmal steht auf einer von Steinreihen eingefassten Rasenfläche mit drei Eichen, Rhododendren und kleineren Findlingen, umgeben von Autostraßen.
Das Denkmal wurde am 4. Juli 1926 feierlich eingeweiht.

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HH Jenfeld2 Platz web

HH Jenfeld2 gesamt web

HH Jenfeld2 Findling web


Der Granitfindling trägt oben links, angepasst an die Schräge des Steins, ein Bronzerelief aus Stahlhelm, Kurzschwert und Lorbeerzweigen. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die ursprüngliche Inschrift geändert. Jetzt steht unter dem Relief in schwarzen einfachen Lettern:

1914
1918
Den Gefallenen
1939
1945

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Die Bronzetafel, die in den Feldsteinsockel eingelassen wurde, trägt in erhabener Schrift die 43 Namen der getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs mit Geburts- und Sterbedatum. Zweispaltig gesetzt mit dem 43. Namen auf Mitte endend, wird der Namensblock oben mit einer Borte aus Lorbeerblättern, unten mit einer Borte aus Eichenblättern abgeschlossen. Über der zweiten Spalte sind die Symbole »Stern« für das Geburtsdatum und »Kreuz« für das Sterbedatum angegeben.

HH Jenfeld2 Kranz web


Das Kränzchen hängt dort schon eine Weile. Die Anlage insgesamt wird nicht aufwändig gepflegt.

     HH Jenfeld2 hinten web

Auf der Rückseite des großen Findlings findet man zwei Signaturen – ungelenk in den buckeligen Stein geschlagen.

HH Jenfeld2 Signatur web


Erbauer H. Kruse

H. Kruse hat die Errichtung des Steins im Winter 1925/26 für 300 Mark übernommen.

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Findling... [?] O. Pünjer

Otto Pünjer jun. (13. Juli 1897 Jenfeld - 29. Januar 1956 Hamburg) war der Besitzer des weithin bekannten Gasthauses »Zum Lindenhof«. Er war Förderer des Kriegerdenkmals und hatte sogar Ansichtskarten drucken lassen, die zweigeteilt sein Gasthaus und das Denkmal zeigten.

HH Jenfeld2 70Jahre web

 

HH Jenfeld Ajepbah WikimediaCommons web

Foto:Ajepbah/Wikimedia Commons

Versetzt angeordnete Betonquader verhindern an drei Seiten des Platzes, dass er von Autos zugeparkt wird. Oder sollen sie als Sitzgelegenheit dienen?

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Die Geschichte

Aus Jenfeld wurden im 1. Weltkrieg insgesamt 138 Männer zum Wehrdienst einberufen. Davon sind 43 getötet worden oder vermisst, fast jeder 3. Kriegsteilnehmer kehrte nicht zurück. Im Jahre 1924 kam aus der Gemeinde die Anregung, den toten Soldaten ein »Ehrenmal« zu errichten. Ein riesiger Findling von der Koppel »Fahrenkamp« wurde vom Besitzer Otto Pünjer zur Verfügung gestellt. Es bildete sich eine Denkmal-Kommission unter dem Vorsitz des Klempnermeisters W. Eggers. Lange konnte man sich über den Platz nicht einigen. Es gab im Dorf zwei geeignete Dreiecksplätze, einen auf dem Beekkamp und einen am Zusammentreffen der Straße »Bei den Höfen« mit dem Kirstenkamp. Letzterer wurde schließlich gewählt, der Kirstenkamp wurde in Denksteinweg umbenannt.

HH Jenfeld2 altes Foto 1940 web

Die Bearbeitung des Findlings hatte Herr H. Kruse für 300 Mark übernommen. Die schwierigste Arbeit war der Transport des Findlings, der im Winter 1925/26 von der Freiwilligen Feuerwehr mit Hilfe eines Lastkraftwagens des Fuhrunternehmers A. Griem durchgeführt wurde. Unter großen Anstrengungen wurde der Findling auf einem aus Feldsteinen gemauerten Sockel aufgerichtet. Eine dreiseitige geschwungene Felsenmauer begrenzte den Denkmalsplatz. Man betrat den Platz durch eine schmiedeeiserne Eingangspforte, die zwischen zwei kunstvoll bekrönten Pfeilern angebracht war. Die Fläche innerhalb der Mauern wurde bepflanzt, die Anlage wurde vom Gartenamt Wandsbek in Ordnung gehalten.

HH Jenfeld 1954 web


Die Vorderseite des Granitfindlings trug die Inschrift:

Den teuren Gefallenen (im Bogen gesetzt)
1914
(Eisernes Kreuz) 1918
zum ewigen Andenken

Links darüber wurde ein Bronzerelief aus Stahlhelm, Kurzschwert und Lorbeerzweigen angebracht, das dort bis heute hängt. Auch die Bronzetafel mit den Namen, Geburts- und Todestagen der 43 getöteten Soldaten ist bis heute in den Feldsteinsockel eingelassen. Auf der Rückseite sind die Namen des Steinstifters und des Erbauers eingehauen. Das Denkmal wurde am 4. Juli 1926 feierlich eingeweiht.

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Aus der Festschift zur 650 Jahrfeier von Jenfeld 1954

Vom 25. September bis 3. Oktober 1954 wurde der 650. Jahrestag von Jenfeld gefeiert. In der Festschrift sehen wir ein Foto der Autobahn Hamburg - Lübeck, bei dem nicht nur der Blick auf das damalige minimalistische Verkehrsaufkommen erstaunt, sondern auch die Bezeichnung »Reichsautobahn« in der Bildunterschrift.

     HH Jenfeld Autobahn1954 web

In den Anzeigen findet man Formulierungen wie diese von der nationalsozialistischen Organisation »Kraft durch Freude« inspirierte: »Kraft durch Früchte«


     HH Jenfeld Kraft durch Fruechte 1954 web


Auch »Jenfelds Gefallenen-Ehrenmal« wird vorgestellt. Im Jahr 1954 war die ursprüngliche Widmung »Den teuren Gefallenen 1914 – 18 zum ewigen Andenken« noch nicht durch die spätere »1914 1918 Den Gefallenen 1939 1945« ersetzt worden.

650 Jahrfeier S. 40 und 41


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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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I N H A L T
Das Denkmal
Der »Tansania-Park«
Die Kritik
Das Medienecho
»Hamburg & Kolonialismus«
Aufarbeitung seit 2014
Historisches Foto, vor 2010
Die Lettow-Vorbeck-Kaserne

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Jenfeld

Neben der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne in der Wilsonstraße

Zweiteiliges Denkmal aus Terrakotta mit Reliefs aus überlebensgroßen Figuren. Linke Seite: vier Lastenträger im Lendenschurz und einem Askari-Soldaten mit geschultertem Gewehr. Rechte Seite: vier Askari-Soldaten mit geschultertem Gewehr, angeführt von einem deutschen Offizier. Das Denkmal, nach einem Entwurf des Bildhauers Walter von Ruckteschell (1882-1941), wurde am 13. August 1939 eingeweiht. Walter von Ruckteschell war Adjudant von Paul von Lettow-Vorbeck, dem Kommandeur der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania, während des 1.Weltkriegs. Die beiden Reliefs standen ursprünglich auf dem Gelände der Lettow-Vorbeck-Kaserne (Jenfeld). Auf der Informationstafel aus dem Jahr 2003 steht:

»Die Terrakotta-Reliefs erinnern an den Feldzug der deutschen Kolonialtruppen unter General Paul von Lettow-Vorbeck während des ersten Weltkriegs in der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Dieser Feldzug, in dessen Verlauf zwischen 1914 und 1918 etwa eine halbe Million Menschen, vorwiegend afrikanische Zivilisten, durch direkte und indirekte Kriegseinwirkungen ums Leben kamen, wurde in den Jahren nach 1918 als deutsche ›Heldentat‹ verklärt. Die Reliefs sollten die populäre Legende von der Treue der afrikanischen Soldaten zur deutschen Schutztruppe pflegen und die Forderung nach Rückgabe der ehemaligen deutschen Kolonien legitimieren.«


HH Jenfeld

Foto: Kerstin Klingel

Inschriften links:
Schutztruppe 1914-18

Rechts:
Deutsch-Ost-Afrika


HH Jenfeld Zweites web

             HH Jenfeld total web
             Foto: HMJokinen

Beide Reliefs gehören zu einer Denkmalsanlage, deren Initiatoren verschiedene Denkmäler aus Nationalsozialistischer Zeit zum unrühmlichen Kapitel der deutschen Kolonialgeschichte zusammenführen und bewahren möchten. Im sogenannten »Tansania-Park« soll dem Betrachter durch ausführliche Erläuterungen eine geschichtliche Einordnung ermöglicht werden. Kann das gelingen?

Mehr zu Walter von Ruckteschell in unserer Dokumentation:

Kolonialdenkmal in Aumühle

Lesen Sie hierzu auch unseren Bericht über das Ruckteschell-Heim in Hamburg Eilbek

Hamburg Eilbek

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Der »Tansania-Park«

»Tansania-Park« ist die inoffizielle Bezeichnung einer Denkmalanlage in Hamburg-Jenfeld, die Ehrenmale und Skulpturen aus der deutschen Kolonialgeschichte präsentiert. Sie wurde 2003 von dem privat initiierten Kulturkreis Jenfeld auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne geschaffen. Ein sinnfälliger Zusammenhang besteht bereits durch den Namensgeber des 1999 geschlossenen Bundeswehrstandortes Paul von Lettow-Vorbeck, dem Kommandeur der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania, während des Ersten Weltkriegs. Da sich auf dem Gelände und an den Gebäudefassaden bereits zahlreiche Militär- und Kolonialsymbole befinden, wie Keramikreliefportraits der Militärs Hermann von Wißmann, Paul von Lettow-Vorbeck und Lothar von Trotha, sollten weitere Denkmale der deutschen und insbesondere der hamburgischen Kolonialgeschichte, die teilweise seit Jahren eingelagert sind, an diesem Ort aufgestellt werden.

Zentraler Bestandteil des Parks ist das Schutztruppen-Ehrenmal, das 1939 von der Wehrmacht zur Erinnerung an die deutschen Kolonialtruppen eingeweiht wurde. Neu aufgestellt wurden 2003 zwei, ebenfalls aus der Zeit des Nationalsozialismus stammende, sogenannte Askari-Reliefs. Es handelt sich dabei um Teile des ehemaligen Deutsch-Ostafrika-Kriegerdenkmals des Bildhauers und Adjutanten von Lettow-Vorbeck Walter von Ruckteschell aus dem Jahr 1939. Die Figurengruppen stellt einen weißen Schutztruppen-Offizier mit schwarzen Soldaten (Askari) und Trägern auf dem Marsch dar.

Die Initiatoren des Parks, der Kulturkreis Jenfeld, stellten dar, mit dem Tansania-Park einen Beitrag zur Aufarbeitung der deutsch-afrikanischen Vergangenheit leisten zu wollen. Der Park solle zur Verständigung der Länder beitragen und zum kulturellen Austausch anregen. Die Baubehörde übernahm die Kosten für Denkmalrestaurierung und Parkgestaltung. Ergänzt werden sollte die Anlage durch das Tanzania-Pavillon der Expo 2000 in Hannover. Im Gespräch war zeitweise auch die Aufstellung des umstrittenen Wissmann-Denkmals, das im Keller der Sternwarte Bergedorf eingelagert ist.

Für den September 2003 war die Einweihung des Parks unter Teilnahme eines Regierungsmitglieds aus Tansania geplant. Doch schloss sich Tansanias Staatspräsident Frederick Sumaye der internationalen Kritik an und zog die Unterstützung für das Projekt zurück. Eine offizielle Einweihung und damit behördliche Namensvergabe fand bis heute nicht statt.

Seit Anbeginn der Planung ist um den Tansania-Park in der Öffentlichkeit und den Medien eine Kontroverse entbrannt. Kritiker sehen in der unkommentierten Aufstellung der Denkmäler eine kolonialrevisionistische Heldenverehrung sowie die unkritische und verharmlosende Präsentation von Nazi-Hinterlassenschaften.

• nach Wikipedia, abgerufen 20. 3. 2014

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Die Kritik


                  HH Jenfeld Demo

                  Foto: HMJokinen

»Hunderster Jahrestag des Deutsch-Herero-Krieges am 12. Januar 2004: Aktion der Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV) am sog. Askari-Denkmal in Hamburg. Die GfbV führte solche Gedenkaktionen auch an den (Kolonial-)Denkmälern in Berlin, Göttingen, Bremen, Münster und Düsseldorf durch. Auf dem Spruchband heißt es: ›Völkermord verjährt nicht! Vor 100 Jahren: Genozid der Deutschen Schutztruppe in Namibia‹. (Foto: Gesellschaft für bedrohte Völker e.V., Göttingen)

Als angeblichen ›Beitrag zur Völkerverständigung‹ hat in 2003 der Kulturkreis Jenfeld ein kolonialrevisionistisches Denkmal aus der NS-Zeit restaurieren und wiedererrichten lassen. Auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne (benannt nach jenem General und Oberbefehlshaber in ›Deutsch-Ostafrika‹) wurde in einem sog. ›Tansania-Park‹ neben einem kolonialen ›Schutztruppen-Ehrenmal‹ und in Nachbarschaft eines ›Trotha-Hauses‹ das ›Deutsch-Ostafrika-Kriegerdenkmal‹ (jetzt offensichtlich umbenannt in ›Askarireliefs‹) aufgestellt. Vor der Errichtung waren die Reliefs in der Sammlung Peter Tamm zwischengelagert gewesen. Die Baubehörde übernahm die Kosten für Denkmalrestaurierung und Parkgestaltung.

Die Terrakotta-Reliefs stellen fünf afrikanische Askarisoldaten und vier Träger im Dienste der deutschen Kolonialtruppen dar, geführt von einem deutschen Unteroffizier. Sie bringen sowohl kolonialrevisionistische als auch nationalsozialistische Auffassungen von ›Treue‹ und ›Gehorsam‹ der Schwarzen Soldaten zum weißen ›Führer‹ zum Ausdruck – einer der hartnäckigsten Mythen vom ›Kolonialidyll‹ und zugleich eine vermeintliche Legitimation, die Kolonien zurückzuerobern.

Geplant ist nun vom Kulturkreis Jenfeld, auch den tansanischen EXPO-Pavillon aus Hannover im Park aufzustellen und dort Projekte mit Hamburgs Partnerstadt Dar es Salaam vorzustellen. Damit würden in unzulässiger Weise der Name des heutigen, unabhängigen Staates Tansania und dessen Symbol in Verbindung mit kolonialverherrlichenden Insignien gebracht.

Um den ›Tansania-Park‹ ist seit 2003 in der Öffentlichkeit und den Medien eine kontroverse Diskussion entbrannt. Proteste begleiten das Projekt. Zahlreiche Menschen in dieser Stadt sind entschieden gegen die derzeitige Planung, die in mehrfacher Hinsicht ein Affront gegen tansanische StaatsbürgerInnen sowie hier lebende Afrodeutsche und MigrantInnen ist.

Die von der Stadt aufgestellten Infotafeln sind nicht in der Lage, den notwendigen Denkraum gegenüber den NS-Kolonialmonumenten zu öffnen. Ein Nutzungskonzept und eine Zielgruppenbeschreibung liegen nicht vor. Mit dem Argument, dass Finanzmittel für eine geschichtsdidaktische Parkgestaltung und -nutzung fehlten, wurden Alternativvorschläge gar nicht erst diskutiert.

Stadt und Bezirk sollten das Konzept überdenken, die Chance einer demokratischen Bürgerbeteiligung nutzen, einen Runden Tisch für alle Interessierten einrichten und die inhaltliche und räumliche Gestaltung des Areals öffentlich ausschreiben.

Bezirk und Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft planen nun im Rahmen des Senatsleitkonzeptes ›Wachsende Stadt‹ ›familiengerechtes Wohneigentum mit Flexibilität‹ auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne. Leider wird in der Politik nicht diskutiert, inwieweit das Kasernengelände denkmalgeschützt, erforscht, kommentiert und als Erinnerungsort zugänglich gemacht werden könnte. Wird hier, wie in der Hafencity, tabula rasa gemacht, verschwinden auch hier historische Strukturen, Bilder und Zeichen, anhand derer wir uns erinnern könnten?

Das Konzept Park Postkolonial schlägt vor, die Denkmäler zu erhalten und einen kritischen Lernort hier oder an einem anderen geeigneten Ort zu initiieren.«

                     HH Jenfeld historisch web

                                           Foto: Bildbestand der Deutschen Kolonialgesellschaft
                                                     in der Universitätsbibliothek Frankfurt

Herrenmenschen-Gehabe: Zahlmeister Fritsch lässt sich auf den Schultern von zwei Askarisoldaten durch Sümpfe tragen


Dieser Text stammt von der Website www.afrika-hamburg.de.
Unser herzlicher Dank geht an Frau Jokinen!

Unschöne Nachbarschaften


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Das Medienecho

www.hamburger-wochenblatt.de

HH Jenfeld Presse web

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»Hamburg & Kolonialismus«

Aus der Aufsatzsammlung der GAL Bürgerschaftsfraktion Hamburg, 2007, S.38-41: »Tansania-Park« oder postkolonialer Erinnerungsort?«

GAL-Sammlung


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aufarbeitung seit 2014

Hamburg arbeitet die koloniale Vergangenheit auf – und stellt dafür 400 000 Euro bereit. Prof. Jürgen Zimmerer, Historiker an der Hamburger Uni soll sich darum kümmern. Er sagt: »Die Askari-Reliefs sind sowohl ein kolonialrevisionistisches Denkmal als auch ein nationalsozialistisch-expansionistisches«.

Lesen Sie mehr bei www.zeit.de

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Historisches Foto, vor 1910

HH Jenfeld Askaris vor 1910 web


Als »Askari« wurden vor allem in Afrika einheimische Soldaten oder Polizisten in den Kolonialtruppen der europäischen Mächte bezeichnet.

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Die Lettow-Vorbeck-Kaserne

In den Jahren 2000 bis 2003 wurden einige Kasernengebäude als Sammelunterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber genutzt. Zeitweise waren hier bis zu 600 Menschen untergebracht – in unmittelbarer Nachbarschaft der Bundespolizei und auf einem Gelände, das bis heute durch Schranken und Zäune gesichert ist, an denen Schilder vor dem Gebrauch der Schusswaffe warnen. Die Kasernierung von Menschen auf der Flucht - von den Displaced Persons der Nachkriegszeit bis zu den Asylbewerbern der Gegenwart – gehört ebenso wie die NS- und Kolonialzeit zur Geschichte der Lettow-Vorbeck-Kaserne.

An den Wirtschaftsgebäuden finden sich noch immer Bauplastiken von Richard Kuöhl [siehe z. B. HH Dammtor], die militärische Ausrüstungsgegenstände wie Gewehr, Bajonett, Helm, Gasmaske, Messer, Handgranate, Trommel, und die Reichskriegsflagge zeigen.


HH Jenfeld Kuoehl Reliefs Foto Heiko Moehle

Foto: Heiko Möhle


Zitiert von der Website www.offene-kartierung.de


HH Jenfeld Kaserne 1939 Tor 02 web

HH Jenfeld Kaserne 1939 Tor 01 web

• Das Tor der Lettow-Vorbeck-Kaserne im Jahr 1939

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Viele Informationen über General Paul von Lettow-Vorbeck finden Sie in unserer Dokumentation zum Kolonialdenkmal in Aumühle:

Kolonialdenkmal in Aumühle

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Erhebung Schleswig-Holsteins
Der Findlingsmythos
Die Dreieinigkeitskirche

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Kirchsteinbek

Steinbeker Hauptstraße, am Weg der zur Kirche führt

Anlage mit vier Eichen in der Ortsmitte von Kirchsteinbek. Der große Findling ist den getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet, er ist in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts gestaltet worden.

HH Kirchsteinbek weit web

Ursprünglich stand das Kriegerdenkmal im »Ehrenhain« an der Steinbeker Hauptstraße Ecke Glinder Au. In den 60er Jahren ist es umgesetzt worden. Heute ist die kleine Anlage mit Bänken größtenteils mit bemoosten Steinplatten ausgelegt. Über mehrere Stufen gelangt man zum grob behauenen Findling.

 

HH Kirchsteinbek 1 web


Der große Findling, auf einem Steinsockel geschickt zum Stehen gebracht, trägt die Widmung.

 

HH Kirchsteinbek 1 Inschrift web

 

Die Inschrift:

Ihren im Weltkriege gefallenen Söhnen die dankbaren Gemeinden Kirchsteinbek und Oejendorf

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne und in der Steigerung als Heldensöhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

Es steht nicht die Trauer im Vordergrund vielmehr wird der Tod im Krieg in einen Zusammenhang gestellt, der ihn zu einem nicht zu hinterfragenden Opfer macht. Obwohl der 1. Weltkrieg so viele Menschenleben forderte und der Krieg verloren wurde, wird der Kriegstod in den Inschriften fast aller Kriegerdenkmäler als sinnvoll interpretiert, für den man den Soldaten danken muss.

Wenn getötete Soldaten als »gefallen« bezeichnet werden, suggeriert man, dass der Soldat im Kampf stehend oder vorwärts stürmend von einer Kugel getroffen wurde und dann tot zu Boden fiel. Dass der Kriegstod tatsächlich meistens brutaler ist, wird verschleiert, über die Realität des Sterbens in den Materialschlachten wird so hinweg getäuscht.

Die häufig verwendete Bezeichnung »Söhne« stellt eine Vertrautheit her, die getöteten Soldaten werden familiär vereinnahmt, denn eine familiäre Bindung verpflichtet.

 

     HH Kirchsteinbek 1 Schwert web


Links neben der Inschrift ein antiker Helm mit Mittelkamm auf der Spitze stehenden Schwert, das von einem langen Lorbeerzweig umwunden ist.

Zitat aus der Urkunde, die im Grundstein des Kriegerdenkmals am Pinneberger Bahnhof eingelassen worden ist:

»Das Ehrenmal wird an der Vorderseite ein aufrechtes Schwert tragen. Hiermit soll die Mannhaftigkeit und der Wehrwille des deutschen Mannes vor aller Welt bekundet werden.«

 

HH Kirchsteinbek 1hinten web


Auf der Rückseite drei bronzene Namenstafeln, auf denen 132 Namen mit abgekürzten Vornamen in erhabenen Lettern aufgeführt werden.

 

HH Kirchsteinbek 1hintenTafel web


Aufgeteilt nach den Gemeinden Kirchsteinbek (103 Namen) und Oejendorf (29 Namen) sind die Namen alphabetisch geordnet. R. Höge ist zweimal aufgeführt, einmal mit der Anmerkung: »Vater«, das zweitemal mit »Sohn«.

 

HH Kirchsteinbek 1hintenRelief web


Auf der erhöhten mittleren Tafel ist ein Relief zu sehen: ein Stahlhelm vor üppigem Eichenlaub.

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Die Erhebung Schleswig-Holsteins

Am Rand der Anlage steht ein kleineres Denkmal zur Erinnerung an die Schleswig-Holsteinische Erhebung am 24. März 1848.

HH Kirchsteinbek beide web

Die Schleswig-Holsteinische Erhebung entstand im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen 1848 als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum strebten einen Nationalstaat an, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte. Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt wurden und an dessen Ende die dänische Seite siegte.

Dem britischen Premier Lord Palmerston (1784 bis 1865) zufolge war die Schleswig-Holstein-Frage so kompliziert, dass nur drei Menschen sich darin auskennen würden: Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl von Queen Victoria, der schon tot sei, ein Professor, der verrückt geworden sei, und er selbst, doch habe er alles wieder vergessen, sonst wäre er auch verrückt geworden.

1849 errichteten die »Schleswig-Holsteinischen Kampfgenossen« einen Gedenkstein auf dem Alten Friedhof in Flensburg, er sollte die ewige Verbindung zwischen Schleswig und Holstein symbolisieren. 1851 entfernten ihn die dänischen Behörden. 1898, zur Feier des 50. Jahrestages der Eroberung der dänischen Festungsanlagen, wurde ein Abguss des alten Denkmals aufgestellt.

 

HH Kirchsteinbek 2vorne web


Inschrift:

24. März
1848 = 1898
Up ewig ungedeelt (sehr beschädigt)

Die Sandsteinplatte hat oben zwei »Ohren« mit je einem eingeritzten Stern. Ein Element dazwischen ist entfernt, die Lücke notdürftig verspachtelt worden. Vielleicht ein Bronzeemblem, das ein Metalldieb herausgebrochen hat.

 

HH Kirchsteinbek 2hinten web

 

Der Block, der die Sandsteintafel hält, besteht aus zusammengewürfelten Schlackeziegelsteinen, die mit Zement verbunden sind.


Das Hamburger Wochenblatt beklagt am 12. April 2017 den ungepflegten Zustand der Denkmalsanlage: »Ein Denkmal wird vergessen«.

Wochenblatt 2017


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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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Die Dreieinigkeitskirche

Die evangelisch-lutherische Dreieinigkeitskirche in Hamburg-Billstedt ist Mittelpunkt der ehemals selbständigen Gemeinde Kirchsteinbek, die 1927 in der Großgemeinde Billstedt aufging. Sie wurde 1883/84 nach Plänen von Otto Ritscher an der Stelle der Vorgängerkirche St. Secundus erbaut. Sie liegt auf dem Geestrand, so dass sie einen weithin sichtbaren Orientierungspunkt abgibt. Im Innern befinden sich zwei Kronleuchter von 1679 und 1719, die der Vorgängerkirche entstammen.

     HH Kirchsteinbek Kirche web


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I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2017
Foto von 1927
Zwei weitere Denkmäler
Das Eiserne Kreuz

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Kirchwerder

Auf einem abgegrenzten Platz am Friedhof von St. Severini

Das Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs wurde am 25. September 1921 eingeweiht. Es ist nach einem Entwurf des Bergedorfer Architekten Hermann Distel, geboren am 15. September 1875 in Weinsberg, gestorben am 5. August 1945 in Bergedorf, gebaut worden. Die aufwendige Anlage mit erhöhtem Umlauf hat Mauern aus quadratischen Natursteinen. Die acht Ecken der Anlage symbolisieren die acht Bauernschaften der Kirchengemeinde. Sie wurde von der Gemeinde über Spenden finanziert. Den ursprünglich acht steinernen Namenstafeln 1914/18 wurden nach dem 2. Weltkrieg acht weitere hinzugefügt.

HH Kirchwerder weit web


Der offene Hauptzugang vom Kirchenheerweg führt in eine sehr gepflegte Anlage. Man betritt den Sand- bzw. rötlichen Ascheplatz innerhalb der Anlage über einen kleinsteinig gepflasterten Abschnitt mit Blumenkübel. Das Mosaik darin, das ein Eisernes Kreuz darstellt, ist kaum mehr zu erkennen.

HH Kirchwerder Gesamt web


Vor dem Denkmalplatz kann man links und rechts über Steintreppen eine Ebene höher steigen und von oben in die Anlage blicken.

     HH Kirchwerder Saeule web


Die herausragende Mitte bildet eine schlanke Steinsäule mit aufgesetztem Eisernen Kreuz. Die herausgearbeitete Widmung lautet:

1914–1918
Die Gemeinde Kirchwerder ihren Opfern
1939–1945

Welche Opfer sind damit gemeint: die deutschen und nichtdeutschen Soldaten, zivile Opfer in Deutschland und in anderen Ländern, die in den Konzentrationslagern Ermordeten, die Zwangsarbeiter, die Opfer der Euthanasiemorde? Da auf den 16 Namenstafeln fast nur Männernamen stehen, werden wohl die 637 toten Soldaten der Gemeinde Kirchwerder gemeint sein. Dazu kommen zwei Frauennamen, diese beiden Frauen werden wahrscheinlich auch »im Felde« getötet worden sein, als Lazarettschwestern o. ä.


Die ursprüngliche Inschrift vor dem 2. Weltkrieg lautete:

Aus der Kirchengemeinde Kirchenwärder
nahmen 1352 Männer am Weltkriege teil,
236 ließen ihr Leben
für Heimat und Vaterland

 

HH Kirchwerder rechts web


Die 8 Namenstafeln für die 403 toten Soldaten des 2. Weltkriegs wurden am 5. Juli 1959 eingeweiht.

HH Kirchwerder links web


Auf den über die Mauer ragenden Namenstafeln stehen die 236 Namen der getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs. Siehe auch das Foto von 1927 weiter unten.

Die 8 zusätzlichen Tafeln für die Getöteten des 2. Weltkriegs sind oben bündig mit der Mauer und schließen unten mit dem mittig gesetzten Relief eines Eisernen Kreuzes ab.

 

HH Kirchwerder Dreier web


Alle Tafeln haben einen Rahmen, der einem schlichten Bilderrahmen ähnelt. Die neuen Tafeln sind schmaler, dem zur Verfügung stehenden Platz angepasst. Alle Namen sind nach Herkunftsorten geordnet.

 

HH Kirchwerder 0ben rechts web


Die Sicht von rechts oben auf den Denkmalsplatz, man bemerkt die wuchtige Mauer.

 

HH Kirchwerder von oben web


Und von links: Das eingefasste Blumenbeet mit Platz für die Kränze unter der Säule.

 

HH Kirchwerder von hinten web


Vom Friedhof aus gibt es zwar eine Pforte, aber sie war beim Besuch des Fotografen verschlossen.

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Volkstrauertag 2017

HH Kirchwerder VTT 2017 web

An den Kranzschleifen wird endgültig klar, wer mit den »Opfern beider Weltkriege« gemeint ist:

»Zum Gedenken an unsere gefallenen Sänger ...«

»Unseren vermissten und gefallenen Kameraden zum Gedenken«

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Foto von 1927

HH Kirchwerder 1WK web


Sechs Jahre nach der Einweihung wird 1927 dieses Foto gemacht. Wir verdanken es dem Bergedorfer Bürgerverein und dem Archiv Ludwig Uphoff – Bergedorfs digitalem Museum. Vielen Dank!

www.bergedorfer-chronik.de

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Volkstrauertag 2017

Auch am Kirchenheerweg, an der Ecke Alte Twiete, stehen auf einem kleinen verwilderten Grundstück hinter einem verzierten schmiedeeisernen Zaun zwei weitere Denkmäler.

Ein dekoratives weißes Metallgitter mit Hamburgwappen, das von zwei Löwen flankiert wird. Das Gitter wird von hinten mit efeubewachsenen Findlingen abgestützt. Es umfasst eine gußeiserne Platte mit der Inschrift:

Für Deutschlands Ruhm und Ehre kämpften aus der Gemeinde Kirchwärder in den Jahren 1864-1866
es folgen 28 Namen

in den Jahren 1870-1871
es folgen 40 Namen

HH Kirchwerder Loewen web


Daneben steht ein reichgeschmückter Sandsteinobelisk, auch Cippus: lateinisch für Spitzpfahl, genannt. Die verzierte Spitze heißt Akroter. Dieses architektonische Element wird auch zur Bekrönung z.B. von Dachfirsten verwendet. Hier in Kirchwerder sehen wir ein sehr typisches Akroter:

            HH Kirchwerder Akroter web

 

Über einer eingelassenen weißen Marmorplatte mit der Widmung das Relief eines Lorbeerkranzes:

Dem Andenken an die Mitkämpfer
aus hiesiger Gemeinde in dem deutschen Heere
in den Jahren 1870 und 1871 gewidmet.
36 an der Zahl, von welchen 8 verwundet wurden.

 

HH Kirchwerder Obelisk web

Diese beiden Denkmäler beziehen sich auf die Deutschen Einigungskriege, mit ihnen setzte Preußen die Idee des deutschen Nationalstaates im Sinn der kleindeutschen Lösung durch. Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg (1864), dem Deutschen Krieg (1866) und dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) entstand das preußisch dominierte deutsche Kaiserreich.

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Ergänzungstafel
Historische Postkarte
Die St. Ansgar Kirche
Das Gedicht
Die Einweihung
Der Bildhauer Richard Kuöhl

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Langenhorn

Langenhorner Chaussee, neben der St. Ansgar Kirche

1930 wurde das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs vor der St. Ansgar Kirche errichtet. Der Entwurf stammt vom Bildhauer Richard Emil Kuöhl (1880 - 1961).

HH Langenhorn Soldat4 web

HH Langenhorn Soldat1 web

Die Skulptur aus Bronze stellt einen knienden Soldaten in Uniform dar, die Hände auf dem abgenommenen Stahlhelm gekreuzt.

          HH Langenhorn Kopf web

          HH Langenhorn Detail web

Richard Kuöhl hat dem Soldaten eine detailreiche Kriegsausrüstung mitgegeben: Patronengürtel, Kurzschwert, Trinkflasche, Proviantbeutel.

          HH Langenhorn Stiefel web

Eindrucksvoll ist auch das starke Profil der Stiefel, es ähnelt der Stiefelbesohlung des Soldatendenkmals von Kuöhl in Wilster, Schleswig-Holstein.

Denkmal in Wilster


Die deutschen Soldaten waren im 1. Weltkrieg mit den preußischen Marschstiefeln (Knobelbecher) mit Seitennaht ausgestattet. Sie hatten eine Schafthöhe von 31 bis 35 Zentimetern und waren auf der Sohle mit 35 bis 42 verzinkten Nägeln beschlagen. Am Absatz befand sich ein versenktes U-förmiges Eisen.

nach Wikipedia, abgerufen am 8. Mai 2018

HH Langenhorn Signatur web

Der Soldat kniet auf einer Bronzeplatte mit der Signatur Kuöhls.

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Die Ergänzungstafel

          HH Langenhorn Schild web

Die bronzene Skulptur hat jetzt einen Sockel aus gemauerten Klinkersteinen mit einer aufgesetzten Bronzetafel an der Frontseite. Die Inschrift lautet seit 1971:
Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Die Toten zweier Weltkriege mahnen: Wehret neuem Blutvergiessen

          HH Langenhorn Soldatvorne web

Das Kriegerdenkmal steht heute in einem Hain neben der Kirche. Die von den Architekten Hermann Geißler und Otto Wilkening entworfene und 1929/1930 erbaute Kirche St. Ansgar, das Kriegerdenkmal und der zugehörige Hain wurden 2008 unter Schutz gestellt.

          HH Langenhorn Soldathinten web

Ebenfalls dokumentiert sind auf dieser Website Kuöhls Denkmäler in:

Hamburg Dammtor
Schleswig-Holstein Lübeck
Schleswig-Holstein Rendsburg
Schleswig-Holstein Wilster
Hamburg Neuenfelde
Hamburg Finkenwerder
Schleswig-Holstein Großhansdorf
Schleswig-Holstein Neumünster
und besonders kurios Hamburg Moorburg

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Historische Postkarte

Hier sieht man den früheren Standort des Kriegerdenkmals, damals noch mit einem hellen Sockel und der alten Inschrift direkt auf dem Sockelstein:
Ich hatt’ einen Kameraden

Die Inschrift zitiert die erste Strophe des Gedichtes »Der gute Kamerad« von Ludwig Uhland.

HH Langenhorn Karte web

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Die St. ansgar Kirche

Die Kirche und das Denkmal sind im gleichen Jahr fertig gestellt worden: 1930. Das Denkmal war damals in die Treppe zum Kircheneingang eingefügt. Auf dem folgenden Foto der Kirche am 25. September 2011 erkennt man die Fenster, vor denen das Denkmal früher stand.

        St.Ansgar Kirche Langenhorn web

             © Ajepbah/Wikimedia Commons

Die Kirche gilt als bemerkenswerter Sakralbau aus der Phase des Neuen Bauens (laut Pressestelle des Senats in der Mitteilung vom 25. April 2008).

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Das Gedicht

»Der gute Kamerad« wurde 1809 von Ludwig Uhland in Tübingen gedichtet, Friedrich Silcher vertonte, ebenfalls in Tübingen, das Gedicht im Jahre 1825. Als Lied ist es besser bekannt unter der Anfangszeile der ersten Strophe: Ich hatt’ einen Kameraden.

Ich hatt’ einen Kameraden,
Einen bessern findst du nit.
Die Trommel schlug zum Streite,
Er ging an meiner Seite
In gleichem Schritt und Tritt.

Eine Kugel kam geflogen,
Gilt’s mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt mir vor den Füßen,
Als wär’s ein Stück von mir.

Will mir die Hand noch reichen,
Derweil ich eben lad.
Kann dir die Hand nicht geben,
Bleib du im ew’gen Leben
Mein guter Kamerad!

Der hier wiedergegebene Wortlaut stimmt mit der ursprünglichen Uhland-Fassung überein. Geringfügig an den heutigen Sprachgebrauch angepasst, spielt das Lied im Trauerzeremoniell der deutschen Bundeswehr eine große Rolle. Es ist Bestandteil eines Begräbnisses mit militärischen Ehren und jeder militärischen Trauerfeier.

Geschichte: »Der gute Kamerad« wurde vor allem von der politischen Reaktion instrumentalisiert, und zwar zur Beschönigung und Verklärung des Kriegsopfers und Heldentods. Die Deutungen des Gedichtes gehen jedoch weit auseinander. Auf der einen Seite wird dem Text bescheinigt, dass er »den Status einer hymnischen Verklärung des kriegerischen Solidaritätsgefühls in Einklang bringt mit dem Deutungspotenzial des Soldatentodes im Kampf gegen einen Feind«. Auf der anderen Seite steht die Auffassung, »das Gedicht gilt für alle gleichermaßen, der Feind wird nicht verteufelt. Daher eignet es sich auch nicht zur Propaganda, zum Anstacheln von Kampfeswillen, sondern ›nur‹ zur Trauer über die Getöteten.« Die Wandlungsfähigkeit des Begriffs Kameradschaft zeigt Thomas Kühne in seiner Habilitationsschrift. Er beschreibt für die gesamte politische Bandbreite von links bis rechts in der Zeit zwischen den Weltkriegen, wie ein politisch-agitatorischer Kameradschaftsmythos konstruiert wurde. Darauf konnten die Nationalsozialisten aufsetzen.

Nach Wikipedia, abgerufen am 15. Mai 2015

 

Sehen Sie hier eine Sammlung von historischen und politischen Bildpostkarten von Karl Stehle, München, die diesen Liedtext zitieren:

www.goethezeitportal.de


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Die Einweihung

HH Langenhorn Glockenweihe web


Am 10. August ist die Glockenweihe mit Prof. Dr. Heinrich Reincke, Kirchenvorsteher in Fuhlsbüttel. Die Kirche wurde dann am 24. August eingeweiht. Senior D. Karl Horn in seiner Rede: »So steht es nun da, ein Zeugnis von der Missionsaufgabe der Kirche und der Missionskraft des Evangeliums, das darin verkündet werden wird; sein Turm ein aufgehobener Finger, nach oben weisend, woher allein Kraft und Hilfe kommen muß; der betende Krieger vor der in ruhiger Gelassenheit sich emporreckenden Hauptfront ein Sinnbild der betenden Gemeinde, die ihre Sorgen und Anliegen vor den Höchsten bringt ...«. In der Nacht zuvor waren Denkmal und Kirchentür mit roter Farbe beworfen worden. Wohl ein Protest von Sozialdemokraten und Kommunisten, die in Langenhorn stark vertreten waren, gegen den Soldatenhelden und die Pastoren, die ihn aufstellen ließen.

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Der Bildhauer Richard Kuöhl

Richard Emil Kuöhl wurde am 31. Mai 1880 in Meißen geboren. Seine handwerkliche Ausbildung als Kunsttöpfer erhielt er in einer der Modellfabriken dieses Zentrums keramischer Kunst. Nach dreijährigem Studium an der Dresdner Kunstgewerbeschule, wurde er als leitender Modelleur einer bauchemischen Versuchsanstalt mit den modernsten Techniken der Tonbearbeitung vertraut. 1912 folgte er seinem Dresdener Architekturprofessor Fritz Schumacher nach Hamburg. Dort arbeitete er in den 1920er und 1930er Jahren mit fast industriellem Ausstoß. Es entstanden Skulpturen in Stein, Keramik und Reliefs in Terrakotta. Er starb am 19. Mai 1961 in Rohlfshagen bei Bad Oldesloe.

Kriegerdenkmäler gehörten während der Weimarer Republik zu den häufigsten und begehrtesten Auftragswerken deutscher Bildhauer. Auch Kuöhl hatte bereits zahlreiche Kriegerdenkmäler ausgeführt, dabei war es ihm stets gelungen, die von nationalistisch und militärisch gesinnten Kreisen mit einem »Ehrenmal« beabsichtigte politische Aussage künstlerisch zu formulieren. »Nicht Jammer und Not, sondern Mannestat und Einsatzbereitschaft, das Heldische, Kraftvolle, das ein Mahnmal verkörpern muß, zeigen die »Ehrenmäler«, die er geschaffen hat ... immer wieder spricht ein trotziges ›Dennoch!‹ aus diesen Denkmälern.

»Neben idealisierten nackten Kriegern ... hatte er in kontinuierlicher Folge eine Darstellungsform des grobschlächtigen uniformierten deutschen Soldaten entwickelt, die den Vorstellungen der neuen Auftraggeber offenbar besonders entsprach: Im Mittelpunkt des Lübecker Ehrenfriedhofs, 1924, steht breitbeinig ein Infanterist, der den Helm zum Gebet abgenommen hat. Auf dem Klinkersockel des Regimentsdenkmals in Rendsburg, 1927, lagert ein sterbender Soldat, dem der Helm herabgesunken ist. Auf dem Klinkersockel des Kriegerdenkmals in Langenhorn, 1930, beugt ein Soldat mit abgenommenem Helm das Knie vor dem toten Kameraden.

Kuöhl war mit seiner Praxis als Bauplastiker und Mitarbeiter von Architekten, mit seiner praktischen Erfahrung als einsatzbereiter Gestalter von Soldatengrabmälern und Ehrenfriedhöfen an der Front, vor allen Dingen aber mit dieser Reihe von Soldatendarstellungen, die instinktsicher das trafen, was Kriegervereine und Rechtsparteien sich unter neuer deutscher Plastik vorstellen mochten, prädestiniert für weitere und größere Aufgaben dieser Art.«

Zitat aus Volker Plagemanns Buch »Vaterstadt, Vaterland, schütz Dich Gott mit starker Hand«, Hans Christians Verlag, 1986

Eine Autorengruppe um Roland Jäger veröffentlichte 1979 ein Buch über den »Kriegsklotz« hinterm Dammtorbahnhof in Hamburg (siehe auch >Kriegerdenkmäler Hamburg Dammtor auf dieser Website), das wohl umstrittenste Denkmal Kuöhls. Hier können Sie zwei Seiten daraus lesen:

Jäger u.a., / Kuöhl

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Helden
Die Erweiterung
Der Heimatbund

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Lemsahl-Mellingstedt

Redderbarg am Ende der Sackgasse beim Schulteich

In einer kleinen Anlage mit Bänken und Fahnenstange steht das Klinkermonument für die getöteten Soldaten der zwei Weltkriege.

HH Lemsahl Anlage web


Der ältere Teil in der Mitte ist 1926 nach einem Entwurf von Oberbaurat Dipl. Ing. Wilhelm Klupp (11.9.1883 - 25.11.1978) errichtet worden, einem Beamten des Senats unter Fritz Schumacher während der Weimarer Republik. Das Klinkermonument hat einen quadratischen Grundriß. Oben umlaufend steht die Keramik-Inschrift:
Lemsahl-Mellingstedt / seinen Heldensöhnen / in steter Ehrfurcht / und Dankbarkeit

Auf der Vorderseite unten: 1914-18

Vorn, links und rechts kann man 22 Namen von Soldaten lesen, wie die Inschrift in außergewöhnlichen Schmucklettern. Die Namen sind mittig auf hervortretende Keramikzeilen gesetzt. Das Monument wird oben von einem flachen Dach und einer Kugelspitze aus Kupfer abgeschlossen.

          HH Lemsahl Mitte web

HH Lemsahl linkeSei web   HH Lemsahl rechts web

Signatur auf der Rückseite:
Friedenseiche 1870-71 – erbaut 1926 Dipl.Ing. W.Klupp

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Die Helden

Nicht nur auf dem Hummelsbütteler, sondern auch auf dem Lemsahl-Mellingstedter Denkmal ist die Rede von »Helden«, genauer gesagt, von »Heldensöhnen«. Der Begriff »Held« ist heute zwar nicht aus der Mode gekommen, wird aber nur noch ungern im Zusammenhang mit dem Militär verwendet. Und vor neunzig Jahren? Damals waren auch die Menschen auf dem Lande (also z.B. im Alstertal) nicht so dumm, dass sie glaubten, ihre getöteten Angehörigen hätten Heldentaten vollbracht. Sie ahnten, dass die jungen Männer elendig verreckt waren. Aber mit der Verzeichnung der Namen auf einem Denkmal oder gar der »Beförderung« zum »Helden« gewann das Sterben einen gewissen Sinn, und die Trauer der Hinterbliebenen wurde ein wenig gelindert.

Angelika Rosenfeld im Jahrbuch des Alstervereins 2014, Seite 22

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Die erweiterung

Später wurden an das Denkmal Seitenflügel aus kleineren Klinkersteinen für die getöteten Soldaten des 2.Weltkriegs gebaut.
Auf beiden Seiten sind über weißen Marmortafeln aufgesetzte Bronzeziffern angebracht worden:

1939 bis 1945

Auf den Marmortafeln stehen 73 Namen. Passend zu den weißen Tafeln sind die Klinkersteine weiß verfugt. Die Abschlusskanten sind an die des älteren Mittelteil angeglichen worden. Am 14. November 1965 wurden die Seitenflügel eingeweiht.

HH Lemsahl Ajepbah web

© Ajepbah/Wikimedia Commons

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Der Heimatbund

     HH Lemsahl www.heimatbund lm web

Der Heimatbund Lemsahl-Mellingstedt e.V., Bürgerverein für alle Lemsahl-Mellingstedter seit 1964, kümmert sich um die Pflege des »Ehrenmals«.

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