VIELFALT IN DER STADT

Kriegerdenkmäler in Hamburg

So unterschiedlich die ästhetisch-künstlerische Gestaltung, die Texte und Inschriften der Kriegerdenkmäler in Hamburg auch erscheinen mögen, gemeinsam sind den meisten die nachträgliche Stilisierung der getöteten Soldaten zu Helden und die Legitimation des Krieges als Kampf für Volk, Kaiser und Vaterland. Eine Absage an Krieg und Militär und ein Bewusstsein von Verantwortung und Schuld findet sich nicht.

Die meisten davon sind nach dem 1.Weltkrieg errichtet worden: auf öffentlichen Plätzen, neben Kirchen, auf Friedhöfen. Alle diese Denkmäler sind über viele Jahrzehnte Orte der Kriegsverherrlichung gewesen und in der Regel bis heute gut erhalten. Nur sehr wenige sind neu oder umgestaltet worden.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

Ein Klick auf den schwarzen Balken am Anfang der Denkmaldokumentation von

Bramfeld   Dammtor    Ottensen

öffnet die Berichte über die temporäre Kunstaktion der Evangelischen Akademie in Zusammenarbeit mit dem KunstHaus am Schüberg im Sommer 2014: »Kriegerdenkmäler – Stumme Zeugen ins Gespräch bringen«.

Fotos: Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche, wenn nicht anders angegeben.


I N H A L T
Das Denkmal
Der Soldat
Die Glocken
Die Dreieinigkeitskirche

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Allermöhe

Auf dem Friedhof am Allermöher Deich

Das Kriegerdenkmal aus grauem Sandstein wurde nach einem Entwurf von Dr.-Ing. Eugen Fink, geboren am 3. August 1878 in Vaihingen/Enz, gestorben am 5. Januar 1959 in Ahrensburg, von der Bergedorfer Firma Nierlich errichtet. Es wurde von den Gemeinden Allermöhe und Reitbrook gestiftet und am 24. November 1922 eingeweiht. Mit dem Dach und dem senkrechten Schmuckelementen an den seiten ähnelt das Denkmal einem griechischen Tempel.

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Vor dem Denkmal sind zwei große Kirchenglocken aufgestellt, die bis 1994 im Glockenturm der Dreieinigkeitskirche hingen. Ihr Standort wurde in den letzten Jahren verändert.

Die Inschriften von oben nach unten:
Treu bis in den Tod
Es starben für ihr Vaterland

Aus Allermöhe
51 Namen

Aus Reitbrook
15 Namen

Dem Gedächtnis der im Weltkriege 1914 - 1918 Gefallenen
Die dankbaren Gemeinden Allermöhe und Reitbrook

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Die gestaltete Sandsteinplatte steht auf einem zweiteiligen tiefen Sockel. Die Skulptur des knieenden Soldaten links hinter dem Denkmal hat einen hohen Sockel mit quadratischem Grundriss, sodass der Soldat auf Höhe der Namenstafel zu sehen ist.

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Im Dach ein Eisernes Kreuz im Doppelrelief. Zusammen mit dem Spruch »Treu bis in den Tod« ist es eine posthume Ehrung für die Soldaten des 1. Weltkriegs. Ihr Tod im Krieg wird als Beweis für ihre Tapferkeit und »Vaterlandstreue« gewertet.

 

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Links und rechts von der Namentafel der toten Soldaten laufen senkrecht gespiegelte Reliefs mit ineinander verwobenen Kriegssymbolen: hier Stahlhelm, Lorbeerblätter, ein Kranz aus gleichgroßen Kugeln mit Schneckenliniendekor, darauf ein Eisernes Kreuz, unter dem Kranz liegen gekreuzte Schwerter, darunter kreuzen sich eine Handgranate und ein Morgenstern. Alle Gegenstände sind von oben bis unten einem Band umschlungen und so miteinander verbunden. Seitlich ist jeweils eine Volute als Dekor angesetzt (lat. volutum »das Gerollte«). Volute ist ein aus dem Französischen abgeleiteter Ausdruck für eine Schneckenform (Spirale) in der künstlerischen Ornamentik, besonders in der Architektur. Die Form ist in der antiken Baukunst für das ionische und äolische Säulenkapitell charakteristisch. Also auch in diesem Detail wird die griechische Antike zitiert. Dem Kriegstod wird so eine Überzeitlichkeit zugesprochen, der sich naturgemäß immer wiederholen wird. Er wird überhöht mit dem Verweis auf das Heldentum von Kriegern seit der Antike.

 

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Auf der rechten Seite das Relief gespiegelt. Einziger Unterschied: unten kreuzen sich zwei Fackeln. Sie sind umgedreht, aber die Flammen lodern. Insgesamt viel Kriegsgerät, das zeigen soll, dass die Kampfbereitschaft der deutschen Soldaten noch nicht gebrochen ist. Die Rachegedanken lodern.

 

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Als unteren Abschluss des Denkmals lesen wir die alles tragende Widmung:

Dem Gedächtnis der im Weltkriege 1914 - 1918 Gefallenen
Die dankbaren Gemeinden Allermöhe und Reitbrook

Auf dem Podest inks dahinter steht die Skulptur eines Soldaten.

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Der Soldat

Der junge Soldat in Uniform kniet dort mit hängendem Kopf in Trauer oder in Gedanken versunken.

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Die Uniform und das dazugehörige Kriegsgerät ist detailreich ausgearbeitet. Vom Uniformknopf, den Schulterklappen bis zu den Stiefeln.

Die deutschen Soldaten waren im 1. Weltkrieg mit den preußischen Marschstiefeln (Knobelbecher) mit Seitennaht ausgestattet. Sie hatten eine Schafthöhe von 31 bis 35 Zentimetern und waren auf der Sohle mit 35 bis 42 verzinkten Nägeln beschlagen. Am Absatz befand sich ein versenktes U-förmiges Eisen. Mit den zunehmenden Nachschubproblemen infolge der britischen Blockade sowie dem ständig wachsenden Ledermangel wurden spätestens ab 1917 vermehrt die billiger herzustellenden genagelten Schnürstiefel bei der Fronttruppe getragen. Zu diesem knöchelhohen Schuhwerk wurden kniehohe Wickelgamaschen getragen, die aus allen verfügbaren Stoffen hergestellt waren und eine breite Palette gedeckter Farben zeigten. Da diese Gamaschen sich nach dem Nasswerden beim Trocknen jedoch zusammenzogen und so das Blut in den Beinen abschnüren konnten, wurde die allgemeine Einführung von Wickelgamaschen von der Heeresführung abgelehnt. Der Trend ließ sich jedoch nicht aufhalten, da sich vor allem die Offiziere zunehmend damit ausstatteten.

nach Wikipedia, abgerufen am 8. Mai 2018

 

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In der rechten Faust trägt der Soldat ein Kurzschwert. Wie beim Denkmal nebenan wird hier gezeigt, dass der Wehrwille der deutschen Soldaten noch nicht gebrochen ist.

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An der linken Seite hängt am Koppel das Messer. An der ledernen Scheide befinden sich die Troddel, deren Farbigkeit in der Realität nach einer komplexen Reihenfolge (weiß – rot – gelb – blau = Eselsbrücke »Wir rauchen gerne Brasil«) für die einzelnen Kompanien eines Bataillons stand.

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Hier sieht man auch eine Sohle der Stiefel, die mit 35 bis 42 verzinkten Nägeln beschlagen waren.

 

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Der Soldat hat erstaunlicherweise keine Kopfbedeckung bei sich und man fragt sich auch, was die Markierung an der rechten Brust zu bedeuten hat. War dort vielleicht ein Orden angesteckt?

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Die Glocken

Die größte Glocke, die jetzt im Glockenturm der Dreieinigkeitskirche hängt, ist eine Bronzeglocke, die 1735 die Hamburger Gießerei Johann Andreas Bieber aus einer älteren, gesprungenen Vorgängerglocke hergestellt hat. Diese Glocke sollte noch kurz vor Ende des 1. Weltkriegs für Rüstungszwecke eingeschmolzen werden, kehrte jedoch 1919 nach Allermöhe zurück. Allerdings war sie wohl während des Transports gesprungen, so dass sie für ihren eigentlichen Zweck nicht mehr verwendbar war und bis in die 1990er-Jahre als Objekt im Museum für Hamburgische Geschichte ausgestellt wurde. Erst als bei der Glockenschweißerei Lachenmeyer in Nördlingen die technischen Voraussetzungen zur Verfügung standen, den Sprung wieder reparieren zu können, kam die reparierte Glocke am 3. September 1994 in den vollständig sanierten Glockenstuhl zurück.

Die neueste Glocke der Kirche kam ebenfalls 1994 in den Turm. Sie ist ein Neuguss aus Bronze der Glockengießerei Bachert und eine Stiftung zum 175-jährigen Jubiläum der Firma Iversen, Dimier & Cie.

Die zwei großen, heute vor dem Kriegerdenkmal stehenden Eisenglocken waren bis 1994 die Vorgänger dieser beiden Glocken.

nach Wikipedia, abgerufen am 8. Mai 2018

 
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Die Dreieinigkeitskirche

Das Denkmal und der Soldat stehen direkt neben dem Parkplatz an der Rückseite der Kirche.

 

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Die evangelisch-lutherische Dreieinigkeitskirche in Hamburg-Allermöhe unmittelbar an der Dove Elbe. Der einschiffige Backsteinbau des Architekten Simon Lange stammt aus den Jahren 1611 bis 1614. Er wurde am 2. Februar 1614 geweiht.


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Foto: Wikimedia Commons / Dirtsc


Die Dreieinigkeitskirche mit dem Pfarrbezirk Allermöhe-Reitbrook gehört seit dem 1. Januar 2002 zu der fusionierten Großgemeinde Moorfleet-Allermöhe-Reitbrook. Die Dörfer Allermöhe und Reitbrook in den Hamburgischen Marschlanden ziehen sich etwa 8 Kilometer an den Deichen der Doven Elbe und der Gosen Elbe entlang. Hier wohnen etwa 1 800 Menschen.

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Die Inschrift
Das Eiserne Kreuz
Der Stahlhelm
Paul von Hindenburg
Die Dolchstoßlegende

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Alsterdorf

Bei der Kreuzung Alsterdorfer- und Hindenburgstraße

Das Kriegerdenkmal für die im 1.Weltkrieg getöteten Soldaten aus Alsterdorf ist ein rechteckiger Stein aus Muschelkalk unter Bäumen, von Büschen und Efeu umwachsen, auf dem breiten Mittelstreifen der Hindenburgstraße. Es wurde 1933 eingeweiht. Damals fuhr dort die Straßenbahn und das Denkmal stand nah bei einer Haltestelle, sodass es viel Beachtung fand – anders als heute. Steinmetz Meyer aus Alsterdorf hat den Stein gearbeitet. Die Einweihung wurde folgendermaßen angekündigt:

»Heldengedächtnisfeier für die im Weltkrieg 1914-1918 gefallenen Krieger Alsterdorfs am 1. Oktober 1933 um 14:30 Uhr«.

10 Jahre nach Ende des 1. Weltkriegs war der Plan für ein Denkmal entstanden. Im Oktober 1933 traf dann die Einweihung den Zeitgeist, neun Monate nach Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler durch Reichspräsident Paul von Hindenburg und der anschließenden Umwandlung der bis dahin bestehenden parlamentarischen Demokratie der Weimarer Republik in eine nach dem nationalsozialistischen Führerprinzip agierende zentralistische Diktatur – es wurden wieder Helden gebraucht!

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Inschrift auf der Vorderseite in aufgesetzten Lettern aus Bronze:

UNSEREN
IM WELTKRIEG
1914 – 1918
GEFALLENEN HELDEN
ZUM TREUEN
ANDENKEN

DIE
ALSTERDORFER

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Auf der Rückseite sind, unter einem Stahlhelmrelief, eine große und darunter eine kleinere Ergänzungstafel aus Bronze angebracht. Unter der Überschrift:

EHREN    (Eisernes Kreuz)   TAFEL

kann man auf beiden Tafeln zusammen 63 Namen in zwei Spalten lesen, 54 auf der großen Tafel und 9 auf der Ergänzungstafel.

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Die Geschichte

Im März 2019 veröffentlichte der Alsterdorfer Bürgerverein in seiner Publikation »Alster-Dorfzeitung« die 15. Fortsetzung der Reihe »Erinnerungen an Alsterdorf«. Gerhard Schultz erzählt die Geschichte des »Ehrenmals« mit Zitaten aus der Alsterdorfer Chronik von Heinrich Scharnberg:

Heinrich Scharnberg, 30.11.1863–22.2.1951, lebte in Alsterdorf und war unter anderem Mitglied im damaligen Alsterdorfer Bürgerverein. Er verfasste aufgrund seiner Erlebnisse und Erinnerungen seine »Alsterdorfer Chronik«. Er war aber auch aktiv in seinem Stadtteil Alsterdorf tätig. So geht auf seine Veranlassung die Errichtung des Ehrenmals für die Gefallenen Alsterdorfs des 1. Weltkriegs (1933) auf dem Grünstreifen in der Hindenburgstraße zurück. Oder auch die Pflanzung einer  »Centenar-Eiche« 1903 im heutigen Kreuzungsbereich Hindenburgstraße / Alsterdorfer Straße / Bebelallee / Heilholtkamp anlässlich der 100jährigen Zugehörigkeit Alsterdorfs zu Hamburg.

Alsterdorfer Chronik von Heinrich Scharnberg

Das Alsterdorfer Denkmal für die Gefallenen aus dem Weltkrieg 1914 – 1918

Etwa 10 Jahre nach dem 1. Weltkrieg wurde eines Frühjahrs mit der Erstellung städtischer Anlagen hier in Alsterdorf begonnen. Da kam auch mir der Gedanke, hier ein Ehrenmal für die Gefallenen und die in den Lazaretten Verstorbenen des Krieges 1914-1918 zu errichten. Mit Hilfe einiger Mitarbeiter machte ich eine Eingabe bei der zuständigen Behörde. Ich wurde zu einem Termin geladen, um nähere Einzelheiten zu erklären. Bei dieser Gelegenheit teilte ich dem Beamten mit, dass es längst gehegter Wunsch unserer Bevölkerung sei, hier in Alsterdorf ein Ehrenmal zu setzen. Auch sei von dem Steinmetz Meyer, Alsterdorf, ein großer Findling gratis zur Verfügung gestellt. So habe ich die Sache dann in die Hand genommen und bat die Behörde um Unterschrift und Unterstützung. Nach kurzem Bedenken erklärte mir der Beamte, dass ein Findling als Gedenkstein nicht gegeben sei. Es müsse zunächst eine vorschriftsmäßige Zeichnung dem Vorsteher zur Genehmigung eingereicht werden. Nach weiteren gegenseitigen Besprechungen und späterem Bescheid konnte ich die Zeichnung wieder entgegennehmen. Als nach sämtlichen Formalitäten auch die Finanzierung und der Zeitpunkt der Weihe besprochen waren, hat Herr Mehldau mit einem weiteren Mitarbeiter die Namensliste der Gefallenen zusammengestellt, welche die Zahl 68 ergab. Die Geldsumme sowie die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben hat er ebenfalls ehrenvoll übernommen. Alsdann haben wir dem Steinmetz Meyer die Zeichnung mit der beidseitigen Inschrift übergeben mit der Bitte, den Stein auszuarbeiten und an den Platz zu liefern. Nach Fertigstellung des Ehrenmals wurde der Platz auf Anordnung des Präses der Baudeputation in den neu errichteten Anlagen zwischen Hindenburg- und Alsterdorfer Straße unter drei hochstehenden Birken gewählt, wo es heute steht. Der Zeitpunkt der Weihe wurde für den Nachmittag des 1. Oktober 1933 festgelegt.


Heldengedächtnisfeier
für die im Weltkrieg 1914-1918 gefallenen Krieger Alsterdorfs am 1. Oktober 1933 um 14.30 Uhr

Feierordnung

13.30 Uhr
Antreten der Formationen: Ohlsdorf, Eppendorf und Uhlenhorst am Denkmal.
1.) »Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre...« (Beethoven)

14.30 Uhr
2.)  Feldgottesdienst Pastor Maywald
3.)   »Im Feld des Morgens früh« – Vereinigte Männerchöre d. Dt. Sängerbundes
4.)  Weihe und Enthüllung des Denkmals durch Senator Richter
5.)   »Morgenrot, Morgenrot« – Männerchöre
6.)   »Ich hatt’ einen Kameraden«
7.)  Eine Minute Gedenkpause
8.)  Kranzniederlegungen der Vertreter der Kameradschaften und Vereine
9.)   »Das Niederländische Dankgebet« Musikkorps
10.)  Schlussansprache von Herrn Scharnberg und Übergabe des Denkmals an den Senat
11.) Kranzniederlegung der Angehörigen

So steht auch hier in Alsterdorf ein Denkmal:
»Die ihr Leben für uns gaben!«

Alster-Dorfzeitung, 28. Jahrgang, Nr.3, März 2019, Seite 10


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Die Inschrift

Dr. Hartmut Häger erklärt in seinem Buch »Kriegstotengedenken in Hildesheim« Begriffe, die in Inschriften der Kriegerdenkmäler verwendet werden.

Gefallene, gefallen: Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.

Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006.

Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort »Gefallener« (oder »gefallen«) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.

Ebd. S. 60/61


Helden: »Sie starben den Heldentod« steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen. [...]

Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

Ebd. S. 33


Andenken: Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].

• Ebd. S. 29


Ehren, Ehrentafel: Ehren kann mehr bedeuten als nur jemanden in guter Erinnerung zu bewahren. Es kann die Absicht beinhalten, jemanden auszuzeichnen, also eine besondere Leistung, ein besonderes Verhalten, eine besondere Haltung hervorzuheben. Eine solche Form der Ehrung ist im zivilen Bereich mit der Verleihung von Ehrenbezeichnungen, Urkunden, Ehrenringen oder -plaketten oder auch Orden verbunden, im militärischen Bereich vor allem mit Orden [meist dem Eisernen Kreuz]. Das Kriegerdenkmal wird diesen Ordens- und Ehrenzeichen gleichsam zur Seite gestellt und posthum kollektiv verliehen. Grund der Auszeichnung ist die durch den Tod besiegelte besondere Treue oder Tapferkeit, Haltungen, die auch heute noch der Soldateneid einfordert.

Ebd. S. 33

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


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     Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem »massenhaften Elend der Materialschlachten« heraus, der nun »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.« In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters »als Repräsentant des deutschen Heeres« gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher »Kämpfer für Deutschland« stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«

Aus Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.130f

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Paul von Hindenburg

Der Gedenkstein die »Alsterdorfer« steht auf dem Grünstreifen zwischen den Spuren der Hindenburgstraße. Wohl kein Zufall – im 1. Weltkrieg führte Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg die Oberste Heeresleitung.

Immer noch sind Straßen, wie in Hamburg-Alsterdorf – nach Paul von Hindenburg benannt. Einige Städte haben sich entschlossen sie umzubenennen, zum Beispiel Hannover: »Die Hindenburgstraße gehört zu den schönsten im Stadtbezirk. Sie hat einen anderen Namen verdient«, sagt Bezirksbürgermeister Michael Sandow (SPD). Reichspräsident Paul von Hindenburg habe als Wegbereiter Hitlers zur Macht unendlich viel Leid über Deutschland und Europa gebracht.

Wer war Paul von Hindenburg?

30. Januar 1933: Hindenburg beruft Hitler zum Reichskanzler. Papen wird Vizekanzler des konservativ-nationalsozialistischen Koalitionkabinetts.

28. Februar: Mit der Unterzeichnung der »Verordnung zum Schutz von Volk und Staat« ebnet Hindenburg den Weg in die nationalsozialistische Diktatur.

21. März: Die Teilnahme Hindenburgs an dem – von den Nationalsozialisten inszenierten – »Tag von Potsdam« steigert das Ansehen der Regierung Hitlers.

 

Wikipedia: Paul von Hindenburg (2.10.1847 - 2.8.1934) war ein deutscher Generalfeldmarschall und Politiker. Im 1. Weltkrieg übte die von ihm geführte Oberste Heeresleitung von 1916 bis 1918 quasi diktatorisch die Regierungsgewalt aus. Hindenburg wurde 1925 zum zweiten Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt. Hindenburg bekam zunächst im Zusammenhang mit seinen Verdiensten im 1. Weltkrieg Ehrenbürgerschaften verliehen. Insbesondere anlässlich seines 70. Geburtstages im Jahr 1917 sprachen mehrere Städte diese Ehrung aus, an vielen Orten wurden »Hindenburgsteine« aufgestellt.

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• Foto aus dem Jahr 1914

Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 (»Machtergreifung«) gingen erneut zahlreiche Städte des Deutschen Reichs dazu über, ihn, neben führenden Politikern der NSDAP, trotz fehlenden Ortsbezugs zu ihrem Ehrenbürger zu ernennen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden diese Ehrungen von einzelnen Städten wieder aberkannt.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 28. Februar 2017

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Die Dolchstoßlegende

Nach der Niederlage [im 1. Weltkrieg], die im Nachhinein durch die so genannte »Dolchstoßlegende« von vielen Deutschen bereitwillig uminterpretiert wurde, und dem Versailler Vertrag entwickelte sich zu Beginn der 1920er Jahre in vielen Köpfen eine Trotz-Haltung, ein »Jetzt erst recht«-Gedanke, der Kritik an der deutschen Kriegspolitik nicht zuließ.

Die »Dolchstoßlegende« ist eine Verschwörungstheorie der damaligen politisch Rechten, die 1919 von Feldmarschall Paul von Hindenburg, der unfähig war, sich das eigene Versagen bei der Kriegsführung im Ersten Weltkrieg einzugestehen, zusätzlich genährt wurde. Sie besagt, dass das deutsche Heer »im Felde unbesiegt« war, aber die Heimat ihm durch die Agitationen der politischen Linken und die Revolution 1918 in den Rücken gefallen sei. Diese Theorie entbehrt jeder berechtigten historischen Grundlage, sie stieß jedoch bei vielen Deutschen auf offene Ohren und trug, von den Nationalsozialisten bereitwillig aufgegriffen, schließlich auch zum Scheitern der Weimarer Republik bei. (Vgl. Helmut M. Müller, Schlaglichter der deutschen Geschichte. Bonn 2002.)

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

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I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2016
Ein Dorf verschwindet
Das Denkmal 2006
Die Geschichte Altenwerders

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Altenwerder

Altenwerder Querweg vor der Kirche St. Getrud

Sandsteinmonument mit aufgesetztem überdimensionierten Stahlhelm auf einem Lorbeerkranz für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus Altenwerder. Unterhalb des Stahlhelms umlaufend im Relief Eiserne Kreuze, Eichenlaub und Lorbeer über den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs.

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Die kräftigen Reliefs eines Lorbeer- und eines Eichenzweiges über den Jahreszahlen:

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Das Relief eines Eichenzweigleins ist in das Eiserne Kreuz eingearbeitet. Drumherum ist ein Kammmuster gekratzt.

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Am Fuß ein Sandsteinschild mit der Inschrift:

Neige in Erfurcht
Dein Haupt vor dem Tode
und der Tapferkeit.
Die dankbare Gemeinde Altenwerder

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Das Denkmal ist von Moos und Flechten bewachsen, das verstärkt den traurigen Eindruck den die Reste vom Dorf Altenwerder auf den Besucher machen.


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Volkstrauertag 2016

 

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Ein Dorf verschwindet

1978 wurden 180 Gebäude aberissen – die Hälfte der Altenwerder Häuser – für ein neues Containerterminal, das 1985 eröffnet werden sollte. 1989 gab es noch 11 genutzte Gebäude. 1997 beginnen die Elbschlickaufspülungen und Altenwerder wird endgültig zerstört. 1998 verlassen die letzten Bewohner das Dorf. Nur die Kirche und der Friedhof bleiben unversehrt, aber der Hafen und hafenbezogene Lagerhallen und andere Gebäude sind immer näher gerückt. Man kommt nur über sehr verschlungene Wege zur Kirche. Die verstreute Gemeinde versucht mit Konzerten, einer Obstwiese, auf der Hochzeitspaare, die in der Altenwerder Kirche getraut werden, einen Baum pflanzen können (siehe Foto unten) und anderen Aktionen das Leben um die St. Gertrud-Kirche herum aufrecht zu erhalten.  

 

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Einige Jahre konnten die Autofahrer auf der Autobahn A7 noch den Kirchturm als Mahnmal inmitten des Spülfelds erkennen. Ab 2015 dominieren die Hafengebäude die Szene, riesige Asphaltflächen haben die Landschaft Altenwerders zerstört.

 

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Eine romantische Adresse erinnert an vergangene Zeiten.

 

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Das Denkmal 2006

 

  HH Altenwerder Juli2006 GeorgHH Wikimedia Commons web

   Foto: GeorgHH/Wikimedia Commons

Zehn Jahre liegen zwischen diesem Foto und den oben dokumentierten.


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Die Geschichte Altenwerders

Das Dorf Altenwerder, an der Süderelbe gelegen, wurde bereits Ende des 14. Jahrhunderts erwähnt. Die meisten Bewohner lebten über die Jahrhunderte vom Fischfang und der Landwirtschaft. Später kamen Gewerke dazu, die mit Schiffbau und Hafenwirtschaft zu tun hatten.

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts hatte der Hamburger Senat Pläne, den Hafen im Süderelberaum zu erweitern. Allerdings war dieses Gebiet um die alte Hamburger Exklave Moorburg herum preußisch.

Nach dem 1. Weltkrieg erfolgte der Hafenausbau zunächst nur auf Waltershof, nördlich von Altenwerder. 1929 wurden das Marschland und Neuenfelde zum Hafenerweiterungsgebiet erklärt. Die Nationalsozialisten sorgten dann mit dem Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 für die Einverleibung der Nachbarstädte Altona, Harburg-Wilhelmsburg und zahlreicher umliegender Dörfer, darunter auch Altenwerder.

In den 50er-Jahren hatte Altenwerder ca. 2500 Einwohner. Als 1961 das Hafenerweiterungsgesetz beschlossen wurde, nahm in Altenwerder kaum jemand die Bedrohung, Haus und Hof zu verlieren, ernst.

Die Stadt Hamburg hat sich jedoch bereits im Vorwege den Zugriff auf die privaten Grundstücke gesichert. Grundstücke durften jetzt nicht wesentlich verändert und nicht mehr bebaut werden. Häuser durften nur an die Stadt Hamburg verkauft werden.

1973 beschlossen der Hamburger Senat und die Bürgerschaft einstimmig die Räumung des Dorfes, um 1985 ein neues Containerterminal zu eröffnen. Bis zum Ende der 70er-Jahre hatten schon mehr als 200 Bewohner das Dorf verlassen. Die Häuser wurde von der Stadt nach ihrem Auszug sofort abgerissen. Bis 1989 waren nur noch 11 genutzte Gebäude übriggeblieben. 1982 wurde das Ende von Altenwerder durch das 2. Hafenerweiterungsgesetz endgültig beschlossen. 1998 verliessen die letzten Bewohner Altenwerder.

HH Altenwerder ca1960 web


Altenwerder von der alten Süderelbe gesehen, ca. 1960.

  HH Altenwerder Hafenentwicklungsplan web


Nach den Plänen der Wirtschaftsbehörde soll auch das Nachbardorf Moorburg verschwinden.


Das Foto, die Grafik und Teile des Textes haben wir der Seite »Rettet die Elbe« entnommen. Vielen Dank dafür.

Lesen Sie mehr auf:

www.rettet-die-elbe.de


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I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2017
Aus der Geschichte
Der Text zum 1. Weltkrieg
Ernst Moritz Arndt
Das Denkmal zu den Einigungskriegen
Der Obelisk
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71
Vierlande

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Altengamme

Auf dem Friedhof der Kirche St. Nicolai

Hinter dem Glockenturm befindet sich die Denkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege. 12 Sandsteinstelen stehen im Kreis um die Friedenseiche von 1870/71. Sechs mit insgesamt 72 Namen zum 1. Weltkrieg sind am 10. Oktober 1920 eingeweiht worden. Damals waren die Stelen noch durch eine kreisförmige Ballustrade verbunden. Architekt Dipl.-Ing. Hermann Grage, Städtischer Baumeister in Gelsenkirchen, hat die kleine Anlage entworfen. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die verbindende Ballustrade entfernt und weitere sechs Stelen mit insgesamt 125 Namen zum 2. Weltkrieg sind zwischen die schon vorhandenen gestellt worden.

HH Altengamme Eingang web


Man betritt den leicht erhöhten runden Sandplatz über eine Steinstufe. Der Kreis mit einem etwa 6 Meter großen Durchmesser wird von der Krone der Eiche überspannt. Der Platz ist von dichten Rhododendronbüschen umfasst, sodass man die Stelen von aussen nur durch den schmalen Eingang sehen kann.

 

HH Altengamme viele links web


Sie sind gleich hoch, haben aber unterschiedliche Formen.

 

HH Altengamme Inschriften2 web


Auf zwei Stelen rechts und links vom Eingang zum Denkmalsplatz sind auf den Aussenseiten – fast zugewachsen von den Rhododendronbüschen – die Inschriften zu lesen.

Links zum 1. Weltkrieg unter einem Eisernen Kreuz in Kontur:

DIE
TREUE
STEHT
ZUERST ZULETZT
IM HIMMEL
UND
AUF ERDEN

1914


Die rechte Stele kann wegen der dichten Rhododendren nur als Stückwerk dokumentiert werden:

HH Altengamme 1WK rechts EK web

HH Altengamme 1WK rechts Spruch web

HH Altengamme 1WK rechts 1918 web

 

WER
GANZ
DIE SEELE
DREIN GESETZT
DEM MUSS
DIE KRONE
WERDEN

1918

Die Zeilen auf den beiden Stelen sind aus einem Liedtext von Ernst Moritz Arndt. Mehr dazu können Sie weiter unten lesen.

 

HH Altengamme viele rechts web


Die 72 Namen der Soldaten, die im 1. Weltkrieg getötet wurden, sind nach Sterbeorten sortiert. Auf jeder Stele stehen die Orte, oder wie wir weiter unten noch lesen werden »die Kampfplätze«, am Anfang der Namensliste.


HH Altengamme ganze Tafel Somme web


Alle Zeilen sind mittig im Schriftband in einer zarten Antiquaschrift kunstvoll eingemeißelt. Zwischen Vor- und Nachnamen steht ein Punkt auf Mitte.

 

HH Altengamme An der Somme web

AN DER / SOMME UND OISE / GABEN IHR LEBEN (17)

IN / DER HEIMAT / GESTORBEN (9)

IM / OSTEN / GEFALLEN (12)

Auf einer Stele:
IM / WASGENWALD / ein christliches Kreuz (1)
IM KAMPF / GEGEN ITALIEN / BLIEB (1)
ES STARBEN / IN FRANZ. / LAZARETTEN (3)

VON DER / MARNE BIS NACH / VERDUN / ein christliches Kreuz (15)

ES BLIEBEN / IN FLANDERN / IM ARTOIS (14)

 
HH Altengamme 2xSpruch web


Neben der Eingangsstele steht die erste Stele zum 2. Weltkrieg. Auch sie trägt die Widmung auf der schwer einzusehenden Aussenseite:

HH Altengamme 2WK Inschrift mehrere web


HH Altengamme 2WK Inschrift 1 web

IHREN GEFALLENEN
UND VERMISSTEN

DIE GEMEINDE
ALTENGAMME
1939 – 1945

Darunter, jetzt linksbündig, ein Zitat aus der Bibel, Johannes 16,33.

HH Altengamme 2WK Inschrift 2 web

CHRISTUS SPRICHT:
IN DER WELT HABT
IHR ANGST; ABER
SEID GETROST, ICH
HABE DIE WELT
ÜBERWUNDEN.

Diesen Satz spricht Jesus in den sogenannten »Abschiedsreden« des Johannes-Evangeliums.


Kerstin Klingel schreibt in ihrem Buch Eichenkranz und Dornenkrone zu biblischen Zitaten: »Bei der Wahl von biblischen Zitaten bestand das Problem, dass der Kriegstod und somit auch der Krieg als Gottes Wille gedeutet werden musste. Denn grundsätzlich wurde damals, zumindest in den allermeisten Inschriften, nicht in Frage gestellt, dass der Erste [umso mehr der zweite] Weltkrieg sinnvoll war. Wenn aber der Krieg und als Folge daraus der Kriegstod Gottes Wille war, war Gott auch Schuld am Schmerz der Hinterbliebenen. Welcher Trost konnte also geboten werden? In einigen Fällen wurde mit Hilfe von Bibelzitaten eine Analogie zwischen dem Kriegstod der Soldaten und dem Märtyrertod Christi hergestellt. Andere verwiesen auf die Auferstehung der Toten als Trost.«


Die 125 Namen der toten Soldaten im 2. Weltkrieg sind auf sechs Stelen im Block gesetzt und nach Sterbejahren sortiert. Hier die Jahre 1945 bis 1948:

HH Altengamme 2WK Tafel innen Namen web


Sehr frei steht das Sterbejahr mal vor mal nach dem Namen. Mal vierstellig: 1945, mal zweistellig: 45, manchmal fehlt es ganz.

HH Altengamme 2WK Tafel Namen Detail web


Auf dieser Tafel wird auch eine Frau aufgeführt, daunter sind mit »Geb. Heitmann 1945« eventuell Brüder gemeint, die im gleichen Jahr getötet wurden. Auch nach Kriegsende sind noch mindestens zwei Männer gestorben.


HH Altengamme 2WK Namen web3
 

Es werden in den Jahren 1943 bis 1945 auch zivile Opfer genannt: Frauen und Männer mit ihren Kindern.

 

HH Altengamme Kreuz web2


Das Kreuz aus drei Steinplatten kennzeichnet die Mitte des Denkmalplatzes.

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Volkstrauertag 2017

HH Altengamme VTT2017 web


Auf diesem Kreuz legte die Kirchengemeinde Altengamme ihren Kranz nieder.

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Aus der Geschichte

Auf diesem Foto aus dem Jahr 1921 kann man die bankartige, kreisförmige Verbindung, die es damals zwischen den Stelen gab, nicht gut erkennen. Wir sehen aber, dass die Eisernen Kreuze und die Liedzeilen von Ernst Moritz Arndt auf den Aussenseiten der Eingangsstelen erst später hinzugefügt worden sind. Auf diesem Foto sehen wir nur die kräftigen Jahreszahlen des Kriegs. Drei Steinstufen führten damals zum Denkmalsplatz, durch einen ansteigenden Plattenweg gibt es heute nur noch eine.

HH Altengamme VSB 21 22 web

»Kriegerehrung auf dem Friedhof in Altengamme. (6 Stelen um die Friedenseiche.)
Architekt Dipl.-Ing. Herm. Grage«

Die Vaterstädtischen Blätter aus Lübeck schreiben dazu in ihrer Ausgabe 1921/22:

»Auf dem Kirchhof in Altengamme steht im Schutze der alten, rühmlich bekannten Kirche die Friedenseiche von 1870/71. Als es sich darum handelte, den Opfern der letzten Kriege ein Andenken zu setzen, wurde beschlossen, beide Zeichen miteinander zu verbinden. Anders als in der Großstadt sollten hier die 70 Namen der Gebliebenen aufgeführt werden. Es sind 6 Stelen um die Eiche gesetzt worden, die durch eine bankartig ausgebildete Brüstung kreisförmig verbunden werden. Die Namen sind nach den Kampfplätzen auf die 6 Tafeln verteilt. Der etwa 6 m große Durchmesser des Kreises wird von der Krone der Eiche überspannt. Die Mitte des Kreises wird durch ein im Erdboden liegendes Kreuz bezeichnet. Die architektonische Gestaltung ist in Rücksicht auf die ganze Verbindung mit der Natur außerordentlich zurückhaltend. Diese Einheit mit der Natur und der in ihr liegende Stimmungswert kommt am besten zur Geltung, wenn an einem hohen Sommertage der Kreis im starken Schatten des Baumes liegt und auf den Platten die grün goldenen Lichter spielen.«

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Der Text zum 1. Weltkrieg

Die Textzeilen auf den beiden Stelen rechts und links vom Eingang des Denkmalsplatzes hat Ernst Moritz Arndt (1769-1860) geschrieben. Sie gehören zu einem Gedicht, das auch vertont wurde.

Auf, bleibet treu und haltet fest

1. Auf, bleibet treu und haltet fest,
so wird euch mehr gelingen!
Wer sich von Gott nicht scheiden lässt,
der kann die Hölle bezwingen.
Der alte Gott, der treue Gott,
lässt sich noch immer schauen
und macht des Teufels List zu Spott
und seinen Stolz zu Grauen.

2. Auf, bleibet treu und haltet aus,
wie Lug und Trug auch schnauben!
Der Herr dort oben hält noch Haus
und schirmt den rechten Glauben;
den Glauben, dass die Welt vergeht,
wenn Männertreue wanket;
den Glauben, dass wie Sand verweht,
was um die Lüge ranket.

3. Denn Treue steht zuerst, zuletzt
im Himmel und auf Erden!
Wer ganz die Seele dreingesetzt,
dem soll die Krone werden.
Drum mutig drein und nimmer bleich,
denn Gott ist allenthalben!
Die Freiheit und das Himmelreich
gewinnen keine Halben!


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Ernst Moritz Arndt

Arndt, 26. Dezember 1769 - 29. Januar, war ein deutscher Schriftsteller, Historiker, Freiheitskämpfer und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung. Er widmete sich hauptsächlich der Mobilisierung gegen die Besetzung Deutschlands durch Napoleon. Er gilt als einer der bedeutendsten Lyriker der Epoche der Befreiungskriege.

Die Nationalsozialisten betrachteten Arndt als einen ihrer Vordenker etwa wegen solcher Ausführungen: »Es wird ja hoffentlich einmal eine glückliche deutsche Stunde für die Welt kommen und auch ein gottgeborener Held, […] der mit scharfem Eisen und mit dem schweren Stock, Scepter genannt, [das Reich] zu einem großen würdigen Ganzen zusammenschlagen kann.«

Arndt argumentiert bereits in grundsätzlich rassischen Kategorien, wenn er schreibt: »Erstlich ist jede zu häufige Mischung der Völker mit fremden Stoffen durchaus ein Verderben, das widerstreitende Triebe und Anlagen hervorbringt und die Eigenthümlichkeit und Kraft des Karakters eines Volkes zerstört.«

Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten beantragte der örtliche Leiter des Stahlhelms die Benennung der Greifswalder Universität nach Arndt. Das preußische Staatsministerium erteilte die Bewilligung im Mai 1933, da Arndt stets für die Freiheit, die Ehre und die Macht des Deutschen Vaterlandes an erster Front gekämpft habe. Die 1935 in Berlin-Zehlendorf eingeweihte Kirche erhielt den Namen Ernst-Moritz-Arndt-Kirche; angesichts des erstarkenden Neuheidentums galt Arndt den Verantwortlichen als Kronzeuge dafür, dass man sehr wohl ein guter Christ und ein Patriot sein konnte.

Auch die DDR nahm Arndt für sich in Anspruch, als Kämpfer gegen Feudalismus und Vorbild für die Freundschaft mit Russland. Der Nationalrat der DDR verlieh an Kulturschaffende die Ernst-Moritz-Arndt-Medaille.

Im Jahr 2009 wurden an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität 1400 Unterschriften für eine Umbenennung der Universität in »Universität Greifswald« gesammelt. Als Grund wurden seine antisemitischen Äußerungen genannt. Nach einigen unterschiedlichen Abstimmungenergebnissen und Rechtsunsicherheiten beschloss der Akademische Senat der Greifswalder Universität am 17. Januar 2018 erneut, den Namen Ernst Moritz Arndt abzulegen, wobei nach einer Kompromissformel Arndts Name zu bestimmten Anlässen der offiziellen Bezeichnung Universität Greifswald vorangestellt werden kann. Die Änderung bedarf noch der Zustimmung des Bildungsministeriums.

Die Ernst-Moritz-Arndt-Plakette ist die höchste vom Bund der Vertriebenen Landesverband Nordrhein-Westfalen vergebene Auszeichnung.

nach Wikipedia, abgerufen am 20. März 2018

Ernst Moritz Arndt bei Wikipedia

 

Auch das Banner des »Thüringer Heimatschutz« zitiert Arndt
»Einflussreiche Führungspersonen, heute zumeist mit NPD-Zugehörigkeit, entstammen in Thüringen der freien Kameradschaftsszene und somit zumindest mittelbar dem ›Thüringer Heimatschutz‹. Das NSU-Mörder-Trio und die öffentlich und legal agierenden Personen der thüringischen extrem rechten Szene haben dieselbe neonazistische Sozialisation der 1990er Jahre, gehörten denselben Strukturen an.

Die extrem rechte Szene drückt bis heute gelegentlich ihre Verbundenheit zum ›Thüringer Heimatschutz‹ aus. So wurde das bekannte Banner des THS beispielsweise 2006 anlässlich einer Rudolf-Heß-Gedenkdemonstration mitgeführt. Im Jahr 2012, beim 10. sogenannten ›Rock für Deutschland‹ (RfD), einem seit 2003 in Gera stattfindenden RechtsRock-Open-Air wurde sogar ein neu hergestelltes Transparent als Bühnenhintergrund verwendet.«

Mehr Informationen von studlib

 

SH Bornhoeved Kahla Thueringentag web

SH Bornhoeved Kahla Thueringentag Detail web
Foto: Mobit e.V.

• Hier beim 12. »Thüringentag der nationalen Jugend« 2013 in Kahla

 

»... wer liest heute Arndt?«

Die Universität Greifswald, die von 1933 - 2018 Ernst Moritz Arndt-Universität hieß, hat nach langem Streit ihren Namen abgelegt. Auf ihrer Website können Sie einen Beitrag des Literaturwissenschaftlers Michael Gratz lesen. Seine These: Wo »Arndt« draufsteht, ist heute in den allermeisten Fällen schlimmstes neonazistisches »Gedankengut« drin.

Der komplette Beitrag und andere Fakten zum Namenstreit

Hier die Fakten zum Namensstreit als Broschüre


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Das Eiserne Kreuz

Auf den zwei Stelen mit den Arndt-Zeilen zum 1. Weltkrieg ist über dem Text ein großes Eisernes Kreuz in Kontur eingemeißelt.

HH Altengamme 1WK links EK web

 

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm Königs Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurück gekommen ist, erhält ihn nicht.

Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web4
    

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.


Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle und als Schmuck am Auto:

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Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

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Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll. Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die uns alle verbinden: Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft ...«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


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Das Denkmal zu den Einigungskriegen

Links vom Eingang steht ein weiteres Denkmal, das an tote Soldaten erinnern möchte.

HH Altengamme weit Gedenkstein Einigungskriege web


Es ist reich verziert mit Schwüngen, Säulen und kleinem Zierrat. Im Kopfteil steht die Widmung.

 

HH Altengamme Gedenkstein Einigungskriege web


Den Kaempfern für
Deutschlands Freiheit und Ruhm
Die Gemeinde Altengamme

Die zweispaltige Namensliste ist betitelt:

Die Gemeinde schickte ins Feld

Die Namen sind chronologisch geordnet nach den Kriegen. 1866 sind im Deutschen Krieg zehn »Kämpfer« gestorben. Es war der zweite von insgesamt drei Einigungskriegen, Österreich und Preußen trugen ihn aus. Der dritte Einigungskrieg war 1870/71 der Deutsch-Französische Krieg mit 16 toten Soldaten.

Im ersten Einigungskrieg 1864, dem Deutsch-Dänischen Krieg, sind keine Altengammer zu Tode gekommen.

Mit den Deutschen Einigungskriegen setzte Preußen die Idee des deutschen Nationalstaates in der Variante der kleindeutschen Lösung durch. Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg, dem Deutschen Krieg und dem Deutsch-Französischen Krieg entstand das preußisch dominierte Deutsche Kaiserreich und der preußische König Wilhelm I. wurde zum deutschen Kaiser ausgerufen.

Weiter auf Wikipedia

Mehr zu den Einigungskriegen auf dem »Geschichtsblog«

 

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Der Obelisk

Vor dem Eingang zum Friedhof steht auch noch ein Obelisk aus poliertem roten Granit zum Deutsch-Französischen Krieg. Die unterste Stufe ist aus grau-weißem Granit, ringsherum sind einige kantige Findlinge gelegt.

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Der kleine Platz ist umgeben von einem verzierten Eisenzaun.

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Die Frontseite trägt die silberweiße Inschrift:

Zur Erinnerung an
Deutschlands
ruhmvolle Jahre
1870-71

Damit ist der Deutsch-Französische Krieg gemeint.

 

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An der Seite die Namen von zwei getöteten Soldaten aus der Gemeinde Altengamme, die beiden werden auch auf der Sandsteinplatte auf dem Friedhof genannt:

Nicolaus Frank gef. d. 18 Aug. 1870 b. Gravelotte
Theodolf Riecken gef. d. 10 Dec. 1870 b. Villejouin.

 

     HH Altengamme 70 71 Widmung web

Auf der anderen Seite:

Gewidmet von der Gemeinde

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Der Deutsch-französische Krieg 1870/71

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

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• Am 18. August 1870 kämpften in der Schlacht von Gravelotte die französischen Truppen, erkennbar an ihren roten Hosen, gegen die preußische Armee. Das Gemälde von Alphonse Neuville, das 1881 erstmals in Paris ausgestellt wurde, brachte dem Künstler den Offizierstitel der Ehrenlegion ein.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Trotzdem fand sich die französische Regierung erst im Februar 1871, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit. Offiziell endete der Krieg am 10. Mai 1871 mit dem Frieden von Frankfurt, der hohe Reparationen sowie die Abtretung Elsaß-Lothringens durch Frankreich vorsah.

Nach dem Deutsch-Dänischen und dem Deutschen Krieg von 1864 und 1866 gilt der Konflikt mit Frankreich als dritter und letzter der deutschen Einigungskriege. Noch während seines Verlaufs traten Baden, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt dem Norddeutschen Bund bei, der sich mit Wirkung vom 1. Januar 1871 Deutsches Reich nannte. Der preußische König Wilhelm I. nahm den Titel „Deutscher Kaiser“ an, Otto von Bismarck wurde erster Reichskanzler. In Frankreich hatte der Krieg nicht nur die endgültige Abschaffung der Monarchie zur Folge. Vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich. Beides belastete die deutsch-französischen Beziehungen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.

nach Wikipedia, abgerufen am 9. 12. 2017

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Vierlande

Vierlande nennt man ein etwa 77 Quadratkilometer großes Gebiet im Hamburger Bezirk Bergedorf mit 18 419 Einwohnern, das aus vier Stadtteilen besteht. Der Name geht auf das Jahr 1556 zurück und bezeichnet die vier Kirchspiele Curslack, Kirchwerder, Neuengamme und Altengamme, die mit den heutigen Stadtteilen identisch sind.

1936 wurde im »Bergedorfer Schlosskalender« mit den preußischen Enklaven in Vierlanden gehadert:

»Die nationalsozialistische Regierung wird wohl bald einen endgültigen Strich unter diese Absonderlichkeiten staatsrechtlicher Verhältnisse in den Vierlanden machen, denn im Zuge der Verreichlichung unseres Staatswesens paßt dieser alte Zopf wahrhaftig nicht mehr in unsere Zeit hinein!«

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Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

Aktuell produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über das Denkmal in Hamburg-Altona können Sie hier sehen: YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>

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I N H A L T
Das Denkmal
Das Gegendenkmal
G20 in Hamburg 2017
Die Geschichte des 31er-Denkmals
Die Einweihung
Die Urfassung der Inschrift – oft kopiert und variiert
Die »Dolchstoßlegende«
Aufrüstung
Der Bildhauer Henneberger
Antikisierte Kämpfer

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Altona

Max-Brauer-Allee / Bei der Johanniskirche

Das dreiseitige säulenartige Monument aus Klinker und Keramik, das so genannte 31er-Denkmal, wurde am 4. Oktober 1925 eingeweiht. Die überlebenden Mitglieder des Infanterie-Regiments Nr. 31 hatten es nach dem 1.Weltkrieg in Auftrag gegeben. Es wurde nach einem Entwurf der Architekten Heinrich Esselmann und Max Gerntke von John Kriegeris und August Anton Henneberger (1873-1961) als Bildhauer umgesetzt. Es ist 8,50 m hoch, auf jeder der drei Seiten steht eine überlebensgroße, nackte Kriegerfigur mit Schwert und Schild, die die drei Regimenter (Aktiv-, Reserve- und Landwehr-Regiment) versinnbildlichen. Sie sollen Heldentum in zeitloser Form darstellen, in dem sich der Einzelne im Kampf Mann gegen Mann zu bewähren hat. Dieses Bild blendet die Realität des 1.Weltkriegs aus.

Noch bis in die 1970er Jahre fanden am Volkstrauertag regelmäßig Feiern der ehemaligen Regimentsmitglieder am Denkmal statt.

HH Altona


Die umlaufende Inschrift lautet:

DEN GEFALLENEN ZUM DANKBAREN GEDÄCHTNIS
DEN LEBENDEN ZUR MAHNUNG
DEN KOMMENDEN GESCHLECHTERN ZUR NACHEIFERUNG

1914 – 1918

Darunter folgt eine Aufzählung der Schlachtorte.

Die Kirche St. Johannis wurde am 4. Oktober 1874 mit der Eröffnung des Militärgottesdienstes zur Garnisonskirche; sie bleibt es bis zum Ende des 1. Weltkrieges 1918.

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Das Gegendenkmal

Schon vor zwei Jahrzehnten entschied die St. Johannisgemeinde in Hamburg-Altona, »ihr« Kriegerdenkmal so umzugestalten, dass es nie wieder als Propaganda für Heldentum und Kriegsverherrlichung genutzt werden konnte. Eine Broschüre informiert über die Gründe der Gemeinde, über die starke öffentliche Resonanz mit Pro- und Contra-Stimmen und die ersten Schritte zur Veränderung. Was nicht mehr dokumentiert ist: Der am Ende vorstellte Entwurf wurde bald danach realisiert und fand seitdem viel Zustimmung.

Broschüre

 

HH Altona Kirche

Hier finden Sie ausführliche Informationen zur Entstehungsgeschichte des Denkmals und des Gegendenkmals von Rainer Tiedje, das am 5. Mai 1996 fertiggestellt worden ist.

Veränderung, Kapitel 05


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G20 in Hamburg 2017

Eine Protestgruppe aus dem Wendland hat mit vielen Sympathisanten für einige Tage eine solidarische und gastfreundliche Gemeinde gefunden.

HH Altona StJohannisG20 web

Viele kleine Zelte und große Zeltdächer in allen Regenbogenfarben geben Ruhe und Herberge. Und andere Gemeinden machen es ähnlich. Gelebte Solidarität und Liberalität.

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Die geschichte des 31er-Denkmals

»In Altona trafen sich 1922 zum ersten Mal die Überlebenden des thüringischen Infanterieregiments Nr. 31 Graf Bose an ihrem alten Garnisonsort: ›Aber gerade damals – mitten heraus aus der Freude am Wiedersehen – erhob plötzlich ein Gedanke das Haupt, dem, von einzelnen zwar erwogen, bis dahin die Masse als Hauptträgerin seiner Ausführbarkeit noch ferngestanden hatte: Ehrung unserer toten Kameraden.‹

Den Platz vor der Johanniskirche stellte die Stadt zur Verfügung; eine Finanzierung der umgebenden Grünanlagen mit den Stimmen der Rechtsparteien durchgesetzt, nachdem die Linksparteien die Übernahme des Heine-Denkmals aus dem Hamburger Barkhof erreicht hatten.

Der Bildhauer August Henneberger formte mit den fortschrittlichen Mitteln des Klinkerexpressionismus ein aufstrebendes dreigliedriges architektonisches Monument, vor dessen Seiten drei Skulpturen von schwertbewaffneten nackten Kriegern stehen. Die Inschrift wurde übernommen vom Kreuzberg-Denkmal Friedrich Wilhelms IV.: ›Den gefallenen Helden zum dankbaren Gedächtnis, den Lebenden zur Mahnung, den kommenden Geschlechtern zur Nacheiferung.‹ Der gerade zum Reichskanzler gewählte Feldmarschall Hindenburg hatte diesen kaum verhohlenen Wunsch nach Wiederholung des Krieges am Tannenberg-Denkmal erneut akzeptabel gemacht.

Das mehrtägige Regimentstreffen mit Denkmaleinweihung im Oktober 1925 hatte folgendes Programm: Kranzniederlegung auf dem Ehrenfriedhof, Zapfenstreich unter den Augen des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz, der jetzt Platz der Republik hieß, Feldgottesdienst auf dem Kasernenhof, Fahnenweihe und Vorbeimarsch. Die Denkmaleinweihung bestand aus einer Ansprache von General a.D. Bergmann, Enthüllung, Gesang des Liedes ›Ich hat' einen Kameraden‹, Übergabe des Denkmals an die Stadt und Übernahme durch Bürgermeister Max Brauer.

Die Botschaft, die das Regiment mit diesem Denkmal – auch zur Rechtfertigung eigenen Tuns – an die Öffentlichkeit richtet, ist kaum mißzuverstehen: Soldatentum und Soldatentod sollen zum Heldentum verklärt und zur unkritischen Nacheiferung empfohlen werden.

• Volker Plagemann, »Vaterstadt, Vaterland, schütz Dich Gott mit starker Hand«, Hans Christians Verlag, 1986, S.136f

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Die Einweihung

1925 hielt Propst Sieveking die Predigt des Feldgottesdienstes zur Einweihung des Kriegerdenkmals auf dem Altonaer Kasernenhof.

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Danach weihte Pastor Busch aus Lübeck, der ehemalige Divisionspfarrer der 18. Division, die Fahnen der Kameradschaftlichen Vereinigungen des Reserve-Infanterie-Regiments 31 und des Landwehr-Infanterie-Regiments 31. Nun zog die Versammlung zur Kirche St. Johannis, der Garnisonskirche der 31er. Das Programm der Einweihungsfeier am Kriegerdenkmal liegt gedruckt vor:

»1. Weiherede Sr. Exzellenz des Herrn General der infanterie a.D. von Bergmann; Fallen der Hülle.

2. Einzelgesang des Herrn Opernsängers Josef Degler vom Hamburger Stadttheater: »Ich hatt’ einen Kameraden«.

3. Übergabe des Denkmals an die Stadt Altona durch den Vorsitzenden des Denkmalausschusses aller 31er, Herrn Oberst a.D. von Ahlefeldt.

4. Übernahme des Denkmals durch Oberbürgermeister Brauer.

5. Niederlegen von Kränzen; Geläute der Kirchenglocken.«

Bürgermeister Max Brauer sagte über das Denkmal: »Es wird eines der schönsten Kriegerdenkmäler im deutschen Vaterlande sein.

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Die Urfassung der Inschrift –
oft Kopiert und variiert

»Zum Andenken an die preußischen Soldaten, die im Kampf gegen die napoleonischen Truppen in den Befreiungskriegen fielen, ließ der preußische König das 18,83 Meter hohe Nationaldenkmal für die Befreiungskriege auf dem Berliner Kreuzberg errichten. Das neugotische Bauwerk erinnert an bedeutende Schlachten; an Siege, aber auch an Niederlagen wie beispielsweise die Schlacht bei Großgörschen.

Das Denkmal wurde in Form eines gotischen Tabernakels gestaltet und ist mit einem ›Eisernen Kreuz‹ bekrönt. An den zwölf Außenseiten des kreuzartigen Grundrisses stehen zwölf gusseiserne Genien, die jeweils eine Schlacht der Befreiungskriege symbolisieren und Porträtähnlichkeit mit preußischen Heerführern und Mitgliedern des Königshauses aufweisen. Die vier am prominentesten nach außen hervortretenden sind Groß-Görschen 2. Mai 1813, Leipzig 18. Oktober 1813, Paris 30. März 1814 und Belle-Alliance 18. Juni 1815 (Schlacht bei Waterloo). ... Die Widmungsinschrift unter der Tafel ›Groß-Görschen‹ verfasste im Auftrag des Königs der Altphilologe August Boeckh:

›Der König dem Volke, das auf seinen Ruf hochherzig Gut und Blut dem Vaterlande darbrachte. Den Gefallenen zum Gedächtniß, den Lebenden zur Anerkennung, den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung.‹«

• Wikipedia, Nationaldenkmal für die Befreiungskriege, abgerufen am 26.8.2015

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Die Dolchstoßlegende

Das Denkmal ist in einem engen Zusammenhang mit der Propagierung der sogenannten Dolchstoßlegende, einem wichtigen Bestandteil nationalistischer und auch rassistischer Propaganda der späten 20er Jahre zu sehen.

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Viele Kränze, Fahnen und Ehrbezeigungen für die deutschen Soldaten, die nach Meinung vieler »im Felde unbesiegt« geblieben sind.


Wir zitieren aus der Dokumentation, die Mitglieder der St. Johannisgemeinde erarbeitet haben:

»In den Worten des ehemaligen Kommandeurs Oberstleutnant Billmann: ›Wir haben den Krieg zwar verloren, aber wir haben die Schlachten gewonnen und die alte deutsche Waffenehre hochgehalten. Wir geben uns innerlich nicht besiegt, weil wir in ehrlichem Kampfe nie besiegt worden sind, wir lassen uns den starken Glauben an eine bessere Zukunft nicht nehmen. Solange die Welt steht, ist das Schicksal der Völker mit Patronen entschieden worden, es wird auch künftig nicht anders sein. Die Erinnerung an die unvergleichlichen Taten in dem größten aller Kriege soll von neuem für den Dienst am Volk, am Vaterland begeistern. Es gilt für uns alle ohne Ausnahme, am Neubau des Reiches mitzuarbeiten, es gilt, die alten, die unvergänglichen Werte: deutsche Treue, deutsche Pflicht und deutsche Ehre hochzuhalten, den Geist der Frontsoldaten, der Kameradschaft und der Schicksalsgemeinschaft weiter zu pflegen und zu betätigen – in dem uns alle einigenden Bewußtsein, daß wir nur einen Feind haben, denselben, der uns im August 1914 den Kampf aus Neid und Mißgunst aufgezwungen hat und diesen Kampf auch heute noch mit allen Mitteln unentwegt fortführt.

›Und ruft das Vaterland uns wieder,
Ob Reservist, ob Landwehrmann,
So legen wir die Arbeit nieder,
Und folgen Deutschlands Fahnen dann.‹«

 

Gezielt verbreiteten Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff in den Jahren nach 1918 das Bild eines an der Front unbesiegten Heeres, dem die Heimat durch Friedensinitiativen, linke politische Agitation, Streiks und Sabotagen in den Rücken gefallen sei. Auf den Kriegerdenkmälern wurden Heldentum und Wehrhaftigkeit der nächsten Soldatengeneration beschworen, um den »schmachvollen« Frieden von Versailles zu rächen.

Die Dolchstoßlegende erklärt vom Deutschen Historischen Museum


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Aufrüstung

Knapp vier Wochen vor dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 ehrt die Gemeinde der St. Johanniskirche die Krieger des 1. Weltkriegs mit einer Feierstunde und der Enthüllung einer »Ehren«-Tafel in der Kirche.

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Der Bildhauer Henneberger

Der Bildhauer August Anton Henneberger ist am 15. Januar 1873 in Kötzting geboren und am 29. September 1961 in Hamburg gestorben. Etwa 1891 bis 1901 ließ er sich in München zum Bildhauer ausbilden. Ab 23. Oktober 1899 war er an der dortigen Akademie als Schüler von Syrius Eberle eingeschrieben. Um 1904 ging er nach Altona, wo er als Professor an der Kunstgewerbeschule lehrte. An der Gründung des Altonaer Künstlervereins im Jahre 1905 war er maßgebend beteiligt. Henneberger hat auch das Kriegerdenkmal auf dem Blankeneser Friedhof ausgeführt.

Das Denkmal auf dem Blankeneser Friedhof


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Antikisierte Kämpfer

»Wenn Bildhauer sich für figürliche Motive entschieden, waren das meist Krieger bzw. Kämpfer. Das heißt, es wurde entweder der zeitgenössische Soldat in Uniform oder ein nackter antikisierter Kämpfer dargestellt.

Mit dem Motiv des nackten Kämpfers demonstrierten die Denkmalsstifter ihre revanchistischen und kriegsverherrlichenden Ansichten. Völlig ungeachtet, nachgerade in bewusster Ignoranz der Realität der Schlachten des Ersten Weltkriegs mit Panzern, Maschinengewehren und Giftgas wurde mit dem antiken Kämpfer eine zeitlose Form von Heldentum propagiert, bei der der Einzelne im Kampf Mann gegen Mann höchste Mannestugend verwirklichen kann. Dieses Bild des starken jungen Mannes sollte zum neuen Kampf anspornen und war, gerade wenn die nackten Krieger mit Waffen dargestellt wurden, ebenso gegen den Versailler Vertrag gerichtet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg 2006

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I N H A L T
Erster Soldat
Ein Blumenmeer
Historisches Foto
Das Lauenburgische Regiment 45
Zweiter Soldat
Historisches Foto
Antikisierte Kämpfer
Der Bildhauer Artur Bock
»Heldentod«
Der Stahlhelm
Das Schwert
Schwertgeschichten

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Zwei Soldaten in Bahrenfeld

Auf dem Hauptfriedhof Altona in der Stadionstraße zwischen Kapelle und Kriegsgräberanlage auf der linken Seite des Hauptweges.

Hier haben Kameradschaften für die getöteten Soldaten ihrer Regimenter zwei Denkmäler errichtet. Garnisonsort war Altona, deshalb wurde der Hauptfriedhof als Ort für die Denkmäler gewählt.

Dicht bei der Kapelle liegt die Denkmalsanlage des Lauenburgischen Feld-Artillerie Regiments 45.

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Die Bronzeplatte mit dem Relief des Soldaten im großen Ausfallschritt und hochgestrecktem rechten Arm ist umgeben von einer Steinmauer. Er trägt einen Uniformmantel, Stiefel und einen Stahlhelm.

Lesen Sie mehr im Kapitel »Der Stahlhelm«.

 

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Links schließt sich eine weitere Mauer an, so dass ein größerer Platz entsteht.

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Links vom Soldaten steht in lichten, modernen Lettern die Widmung:

UNSEREN
GEFALLENEN
KAMERADEN
1914–1918

Rechts in gleicher Höhe lernen wir die Stifter kennen:

LAUENBURGISCHES
FELD-ART. REGT. 45
UND SEINE KRIEGS
FORMATIONEN

Das Denkmal wurde am 2. September 1928 eingeweiht.

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Unter dem linken Fuss steht die Signatur des Künstlers Ludwig Kunstmann.

Den Hinweis erhielten wir von Hilke Oberländer, herzlichen Dank! Hilke Oberländer unterstützt Jan Petersen bei seiner Website. Dort schreibt er über den Schöpfer dieses Soldatenreliefs:

»Ludwig Kunstmann wurde am 9. Dezember 1877 in Regensburg geboren. Er machte 1890–1894 eine Lehre zum Holz- und Steinbildhauer in Regensburg und studierte an der Kunstakademie Stuttgart. Nach ausführlichen Studienreisen durch Deutschland und Nordeuropa siedelte er sich 1910 in Hamburg an. Dort wurde er in den 1920er Jahren zu einem bekannten Künstler mit einer Vielzahl von Bauplastiken bzw. Kunst im öffentlichen Raum (u.a. Pferd am Thaliahof, Eisbär im Hamburger Stadtpark, Der goldene Hammer am Sprinkenhof, Elefant am Brahms Kontor). Er zählte zu den Gründungsmitgliedern der Hamburgischen Sezession (1919), trat aber bereits 1920 nach internen Streitigkeiten zusammen mit weiteren Kollegen wieder aus. Er war Mitglied im Hamburger Künstlerverein von 1832. Ludwig Kunstmann starb am 27. März 1961 in Hamburg.«

Link zur Website

 

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Ein Blumenmeer

Bis heute findet das Kriegerdenkmal große Beachtung. Das folgende Foto entstand am 19. April 2014, die oberen im Jahr 2015. Es könnte allerdings auch sein, dass überzählige Kränze von Grabstellen in der Umgebung an diesem Platz des Kriegergedenkens abgelegt werden. Das ist übliche – wie wir finden ungute – Praxis auf manchen Friedhöfen. Kriegerehrenmäler sind keine Orte der privaten Trauer.

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© Dirtsc / Wikimedia Commons / Lizenz: CC-BY-SA-3.0 DE


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Historisches Foto

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© Geschichtswerkstatt Ottensen

In den ersten Jahren wurde die Denkmalsanlage auch nach rechts durch optisch passende Mauern und Treppenstufen ergänzt.

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Das Lauenburgische Regiment 45

Am 2. August 1914 zog das Regiment mit 42 Offizieren bzw. Offiziersanwärtern, 3 Ärzten, 3 Veterinärärzten, 2 Zahlmeistern, 1.330 Unteroffizieren und Mannschaften, 1.300 Pferden [!], 36 Geschützen und 84 Munitionswagen in den 1. Weltkrieg. Mehr als die Hälfte dieses Kontingents [...] kam aus Bahrenfeld.

Zitiert aus: »Bahrenfelds militärische Vergangenheit« von Günther Schmidt, S. 10

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Der zweite Soldat

In kurzer Entfernung in waldigem Gelände steht das Denkmal für ein zweites Lauenburgisches Regiment. Der Bildhauer Arthur Bock (1875-1957) hat den Soldaten geschaffen. Er entstand etwa 1925.

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Auf einem Sockel befindet sich die Sandsteinskulptur eines muskulösen nackten Kriegers mit Stahlhelm und antikem Schwert in der rechten Hand. Er sitzt mit aufgestelltem rechten Bein auf dem vielstufigen Steinblock und schaut in die Ferne. Im oberen Drittel des Sockels steht auf einer Stufe eine oben abgerundete lose Platte mit der mittig gesetzten Inschrift:

DEN GEFALLENEN
DES
LAUENBURGISCHEN FUSS
ARTILLERIE.REG NO 20
UND SEINER
KRIEGSFORMATIONEN


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Auf dem Stein darunter steht in großer Schrift die Dauer des 1. Weltkriegs:

1914–1918

 

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Lesen Sie mehr im Kapitel »Das Schwert« und »Schwertgeschichten«.

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1930 beschreibt der NSDAP-Ideologe Alfred Rosenberg in »Mythus des 20. Jahrhunderts – Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit« das typische Gesicht des idealen Soldaten so:

»In allen Städten und in allen Dörfern Deutschlands sehen wir hier bereits die Ansätze dazu. Die Gesichter, die unterm Stahlhelm auf den Kriegerdenkmälern hervorschauen, sie haben fast überall eine mystisch zu nennende Ähnlichkeit. Eine steile durchfurchte Stirn, eine starke gerade Nase mit kantigem Gerüst, ein festgeschlossener schmaler Mund mit der tiefen Spalte eines angespannten Willens. Die weitgeöffneten Augen blicken geradeaus vor sich hin. Bewußt in die Ferne, in die Ewigkeit. Diese willenhafte Männlichkeit des Frontsoldaten unterscheidet sich merklich vom Schönheitsideal früherer Zeiten: die innere Kraft ist noch deutlicher geworden als zur Zeit der Renaissance und des Barock. Diese neue Schönheit ist aber auch ein arteigenes Schönheitsbild des deutschen Arbeiters, des heutigen ringenden Deutschen schlechtweg.«

Lesen Sie mehr im Kapitel »Der Stahlhelm«.

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Historisches Foto

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Ein Redner in Zivil beim Soldaten, auch die Regimentsfahne wird von Zylinderträgern gehalten.

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Antikisierte Kämpfer

Wenn Bildhauer sich für figürliche Motive entschieden, waren das meist Krieger bzw. Kämpfer. Das heißt, es wurde entweder der zeitgenössische Soldat in Uniform oder ein nackter antikisierter Kämpfer dargestellt.

Mit dem Motiv des nackten Kämpfers demonstrierten die Denkmalsstifter ihre revanchistischen und kriegsverherrlichenden Ansichten. Völlig ungeachtet, nachgerade in bewusster Ignoranz der Realität der Schlachten des Ersten Weltkriegs mit Panzern, Maschinengewehren und Giftgas wurde mit dem antiken Kämpfer eine zeitlose Form von Heldentum propagiert, bei der der Einzelne im Kampf Mann gegen Mann höchste Mannestugend verwirklichen kann. Dieses Bild des starken jungen Mannes sollte zum neuen Kampf anspornen und war, gerade wenn die nackten Krieger mit Waffen dargestellt wurden, ebenso gegen den Versailler Vertrag gerichtet. ... Trägt der nackte Krieger einen Stahlhelm wurde hier bildlich die Brücke zur damaligen Gegenwart geschlagen.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

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Der Bildhauer ArtHur Bock

Arthur Bock (1875-1957) hat den nackten Krieger geschaffen. Er ist in Leibzig geboren, hat dann aber vierzig Jahre in Hamburg gelebt und in der Zeit zwischen 1903 und 1949 ca. 80 Werke fertiggestellt, die sich bis heute in Hamburg, besonders auf den Friedhöfen als Grabmale, befinden. 1990 zählte das Denkmalschutzamt allein 58 Grabmale auf dem Friedhof Ohlsdorf, sechs in Nienstedten, je zwei in Groß-Flottbek und Öjendorf und je eins in Altona, Tonndorf und eben den nackten Soldaten in Bahrenfeld. Jens Marheinecke schrieb in seinem Buch »Werke von Arthur Bock«, Hamburg, 1999: »Schon in der Zeit des Ersten Weltkrieges fand er zu einer ›heroischen‹ Arbeitsweise. Das dritte Reich war zwar noch fern, doch viele seiner Skulpturen wirkten damals schon ›germanisch‹.«

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• Prof. Arthur Bock, 1912 fotografiert von Rudolph Durkoop

Arthur Bock begann seine Studien an der Königlichen Kunstakademie und Kunstgewerbeschule in Leipzig und setzte diese von 1894 bis 1897 an der Kunstgewerbeschule in Dresden fort. Anschließend studierte er bis 1900 an der Königlichen Akademie in Berlin. Seit 1903 war Bock als Professor für Kunst in Hamburg tätig. Außerdem lehrte er an der privaten Malschule der Malerin und Kunstgewerblerin Gerda Koppel (1875–1941). Arthur Bock war Mitglied der Hamburger Künstlervereinigung und gehörte zum Freundeskreis von Oscar Troplowitz, einem Hamburger Pharmaunternehmer und Kunstmäzen.

Gemeinschaftsausstellungen in Hamburg, Berlin, München und Leipzig zeigten ab 1905 Werke von Bock. In Hamburg schuf er beachtete Werke im öffentlichen Raum, so 1909 »Allegorien der Winde« an den St.Pauli-Landungsbrücken, 1911 »Diana mit Hunden« im  Hamburger Stadtpark, die 1912 entstandene »Justicia« am Oberlandesgericht sowie die allegorischen Plastiken für die Brunnenananlage (nur noch teilweise vorhanden) vor den dortigen Gerichtsgebäuden am Sievekingplatz. 

Für den Friedhof Ohlsdorf fertigte er über 50 Arbeiten und auf dem Hauptfriedhof Altona 1925 das Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Auch auf anderen Friedhöfen finden sich Grabmäler und Denkmäler von Arthur Bock, so das 1926 entstandene Grabmal des Dichters Otto Ernst auf dem Friedhof in Groß-Flottbek oder 1937 das Denkmal auf dem Mennonitenfriedhof Hamburg-Altona.

Durch seinen monumentalen, heroisch wirkenden Stil bekam Bock auch während der Zeit des Nationalsozialismus Aufträge. Er fertigte eine Bronzebüste des 1936 bei einem Attentat getöteten und zum Märtyrer erklärten NSDAP-Funktionärs Wilhelm Gustloff.

Nach Wikipedia, abgerufen am 15.4.2015


Christine Behrens hat Arthur Bock in der Zeitschrift für Trauerkultur Nr. 99 portraitiert:

Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur, November 2007


Norbert Fischer in Nr. 100/101

Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur, März 2008


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»Heldentod«

Vor dem Denkmal liegt die Tafel für den Soldaten Otto Michahelles, der »im Luftkampf den Heldentod für sein Vaterland fand«:

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In der Formulierung: »Die Feinde haben ihn auf dem Friedhof von Champenoux Franz.Lothringen bestattet« kommt fast eine erstaunte Dankbarkeit zum Ausdruck – aber Feind bleibt eben doch Feind!

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Der Stahlhelm

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten.

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Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

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Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

Auf dem Verwundetenabzeichen, das 1939 eingeführt wurde, war ein Stahlhelm zu sehen, obwohl offensichtlich seine Schutzwirkung nicht ausgereicht hatte:

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Adolf Hitler hatte die Verordnung über die Stiftung des Verwundetenabzeichen am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls der Deutschen Wehrmacht auf Polen, erlassen.

Hitlers Verwundetenabzeichen auf Wikipedia


Die Einführung eines Stahlhelms für die Bundeswehr im Juni 1956 war ein Politikum. Den Forderungen des Militärs nach einem wirksamen Kopfschutz für die Soldaten wurde nur sehr zögerlich entsprochen. Unter keinen Umständen sollte der Helm für die Bundeswehr auf Konstruktionen beruhen, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnerten.

Für den aktuellen »Gefechtshelm, allgemein«, der am 15. Januar 1992 eingeführt wurde, galten dann diese politischen Bedenken nicht mehr. Der Helm sollte unter Wahrung der modernsten militärischen Gesichtspunkte auch alle Vorteile des Stahlhelms der Wehrmacht in sich vereinigen.

Die Stahlhelme der alten Form blieben weiterhin auch im Gebrauch beim Bundesgrenzschutz und der Polizei.

Im Internet bieten eine Menge Militaria-Händler »Original-Stahlhelme der Deutschen Wehrmacht« zum Kauf an. Auch ein »Kinderhelm wie Stahlhelm M35 Wehrmacht Luftwaffe« für 190 Euro ist im Angebot. Ein T-Shirt, das Amazon anpries mit dem Aufdruck »SS-Stiefel, die besten Wanderschuhe aller Zeiten« wurde erst nach scharfen Protesten aus dem Sortiment genommen.

»Früher musste der Wehrmachtsfan noch in schmuddelige Militaria-Läden schleichen oder dreimal nachdenken, ob er seine Adresse bei einschlägigen rechtsextremen Versandhäusern hinterlassen will. Dank Amazon genügt jetzt ein Klick und der Wehrmachtsstahlhelm liegt auf dem Gabentisch«, empört sich die ehemalige Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke auf www.stimme.de. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagt dazu: »Ein angemessener Schritt wäre, die bisherigen Gewinne aus diesen Produkten an Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus zu spenden.«

Mehr dazu auf www.stimme.de: Stahlhelm unterm Christbaum


Aus Bertolt Brechts Kriegsfibel

»Seht diese Hüte von Besiegten! Und
Nicht als man sie vom Kopf uns schlug zuletzt
War unserer bitteren Niederlage Stund.
Sie war, als wir sie gehorsam aufgesetzt.«

Die Kriegsfibel – die eigentlich Anti-Kriegsfibel heißen müsste – ist Bertolt Brechts letztes lyrisches Werk und Kultbuch der frühen Friedensbewegung. Die Fibel mit den ästhetisch gekonnten Text-Bild-Kompositionen ist eine kompromisslose Studie gegen den Krieg.

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Das Schwert

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Der englische König führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf, obwohl es natürlich nicht mehr benutzt wurde.

Für ihre Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer die antiken und damit weniger bedrohlichen Waffen. Der edle Zweikampf und der mutige Einsatz der Soldaten Mann gegen Mann scheint auf, der Blick auf die grausame Wirklichkeit der modernen Waffen im Stellungskrieg 1914-18 ist verstellt. Das Erinnern an die Schwerter der Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf, den es nach dem 1. Weltkrieg wieder aufzunehmen galt – gegen den inneren und äußeren Feind.

Zitat aus dem Vortrag »Das Pinneberger Kriegerehrenmal« vom 8. Mai 2018 von Prof. Dr. Loretana de Libero, Universität Potsdam: »Das Denkmal sollte nach dem Willen der Stifter mit dem hoch aufragenden Schwert ein demonstratives wie offensives Zeichen setzen für die ›Mannhaftigkeit‹ und den ›Wehrwillen des deutschen Mannes vor aller Welt‹. Mit dieser Formulierung spielte der Ausschuss auf die Revision des Versailler Vertrages an, hier v.a. die militärischen Bestimmungen.«

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Schwertgeschichten

Die Legende vom Schwert Excalibur hat alles, was man nach dem 1. Weltkrieg für einen »Ehrenhain« brauchte: einen schwertschwingenden, kraftvollen Helden, der für die gerechte Sache kämpfte, einen edlen Ritter, »gefallen« durch eine böse List nach blutigem Gefecht – doch nun wartet sein Schwert darauf, wieder zum Einsatz zu kommen.

Vom mythischen Zauberer Merlin war das Schwert Caliburn durch einen Stein bzw. Amboss getrieben worden, wird in der Legende erzählt. Es hieß, nur der wahre künftige Herrscher könne es wieder herausziehen.

Nachdem zahlreiche Ritter und Adelige an dieser Aufgabe gescheitert waren, gelang es Artus (Arthur), dem Sohn des englischen Königs, das Schwert mühelos zu befreien, was ihn zum rechtmäßigen König machte. Als Artus das Schwert Caliburn in einer Schlacht zerschlagen hatte, schenkte die »Herrin vom See« dem jungen König als Ersatz Excalibur, damit er sein Königreich schützen könne.

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Der Legende nach gab Excalibur seinem Besitzer übermenschliche Kräfte, und seine Scheide machte jeden, der sie bei sich trug, unverwundbar. Artus’ Halbschwester Morgan LeFay raubte durch eine List die Scheide, sodass Artus bei Verletzungen wieder gefährdet war. Excalibur blieb ihm erhalten.

Nachdem Artus in einer Schlacht schwer verletzt wurde, brachte man ihn nach Avalon. Ein bis heute sagenumwobener Ort des Interesses, siehe beispielsweise den Fantasy-Roman »Die Nebel von Avalon«. Stirbt er dort oder ruht er nur? In Anspielung auf den christlichen Glauben an Auferstehung wird seine Rückkehr in Aussicht gestellt. Sir Bedivere, einer der zwölf Ritter der Tafelrunde von König Artus, warf Excalibur zurück in den See, wo es die »Herrin vom See« wieder annahm. Dort soll es der Sage nach noch immer ruhen.

Im 12. Jahrhundert machte Richard Löwenherz die Artus-Sage zum Werkzeug seiner Propaganda und behauptete, sein Schwert sei Excalibur.

Nach Wikipedia, abgerufen am 24.5.2020

»Die fantasievolle Erzählung indes macht den Helden zur Projektionsfläche des jeweiligen Zeitgeistes späterer Jahrhunderte. Die vermeintliche Aktualität schuf eine Glaubwürdigkeit, die historische Wahrheit ersetzte.«

Lesen Sie weiter auf www.spiegel.de


Weitere Schwertgeschichten mit der Option der bewaffneten Rückkehr um das Reich mit dem Schwert zu retten:

Holger Danske

Barbarossa

 

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Am 6. August 1914 richtete Kaiser Wilhelm einen Aufruf an das deutsche Volk. Er sprach von den Feinden, die dem Deutschen Reich seinen Erfolg neiden und sich nun rüsten, um es zu überfallen. Das Zitat auf dieser Postkarte – es wird verziert mit Schwert und Eichenlaub – verweist auf den Sieg der »Väter« im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.


Ab 1914 wurden in Deutschland zunehmend national gestimmte Gedichte verfasst. Einzelne Verse wurden von der Kriegspropaganda aufgegriffen und erreichten eine enorme Popularität. Eine Zeile aus dem »Haßgesang gegen England« wurde während des Krieges ein Schlachtruf des deutschen Heeres – »Gott strafe England«. Eine eigene Grußformel entstand: »Gott strafe England«, Erwiderung des Grußes: »Er strafe es«.

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Hier eine Postkarte aus dem Jahr 1915 mit der bekannten Zeile aus dem »Haßgesang«. In dem Bild ist das Schwert in eine Ansicht von England gerammt, während ein christliches Kreuz es von hinten überstrahlt – ein Kreuz, das in diesem Fall natürlich die Unterstützung einzig des Deutschen Reichs durch Gott symbolisiert, entsprechend der Behauptung des deutschen Kaisers und seiner Soldaten: »Gott mit uns«.

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Wir sehen ein Schwert, das im Boden steckt. Es soll der Eindruck erweckt werden, als sei der Hügel Golgatha gemeint, auf dem den neutestamentlichen Evangelien zufolge Jesus von Nazaret gekreuzigt wurde. Das Kreuz steht für den christlichen Glauben, dass im Opfertod Jesu Gott den Menschen heilend nahegekommen ist. Hier wird nun ein Soldat an einem Schwert hängend abgebildet, umgeben von einem göttlichen Strahlenkranz. »Ihr habt für uns euch hingegeben / Ihr seid gestorben, damit wir leben«: Der Opfertod Jesu wird dem Kriegstod der Soldaten gleichgestellt. Diese Analogie findet sich oft auf Kriegerdenkmälern.

Diese kleinen Bilder mit verschiedenen Motiven wurden vom Verlag der Wochenzeitung »Hamburger Warte« verkauft. Am 14. Dezember 1918 erschien die erste Ausgabe der »Hamburger Warte«, eine »politische Kampfschrift« gegen Marxismus und Judentum.

 

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Die Lutherkirche
Das Gedenkbuch
Volkstrauertag 2017
Ein beschämender Rückblick ...

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Bahrenfeld

Lutherhöhe, oberhalb der Lutherkirche im Lutherpark

Das drei Meter hohe Denkmal ist 1920 für die getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs errichtet worden. Der Hamburger Architekt Karl Schmidt hat es entworfen. Die Kosten hat die Gemeinde der nahegelegenen Lutherkirche finanziert.

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Das Denkmal steht an der höchsten Stelle des Parks, eine lange Treppe führt hinauf.

 

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Oben angekommen, betritt man einen Sandplatz, der von einer achteckigen Feldsteinmauer umgeben ist. Das Denkmal in der Mitte des im Durchmesser 15 Meter breiten Platzes steht auf einem ebenso achteckigen flachen Steinsockel.

 

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Der Sockel ist ein Würfel aus unterschiedlich großen Feldsteinen, mit einer Seitenlänge von 1,70 Meter. An allen Seiten hat er eine senkrechte Aussparung, auf der Frontseite ist dort ein Kreuz aus weißem Marmor eingefügt, auf der Rückseite ist die Widmungstafel eingelassen.

 

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Auf dem Sockel steht eine »Opferschale« aus Gusseisen, etwa 1,30 Meter hoch. Im unteren Bereich läuft ein mit Linien abgegrenztes Schriftband ringsherum. Der Text in großen hervorgehobenen Buchstaben lautet:

Seid einig – einig – einig – für uns

Der erste Teil des Textes stammt aus dem 4. Akt des Schauspiels »Wilhelm Tell« von Friedrich Schiller (1759 - 1805), Werner II von Attinghausen sagt dort sterbend:

»Drum haltet fest zusammen –
fest und ewig.
Kein Ort der Freiheit sei dem anderen fremd.
Hochwachten stellet aus auf euren Bergen,
dass sich der Bund zum Bunde rasch versammle.
Seid einig – einig – einig!«

Das »für uns« haben die damaligen Mitglieder der Kirchengemeinde hinzugefügt. Der Zusatz soll Betroffenheit erzeugen, er verpflichtet die Lebenden zum Wahren eines würdigen Andenkens. In dieser Zeit des Revanchismus zwischen den Kriegen könnte man die Formulierung auch so interpretieren, dass die Lebenden den Toten etwas schuldig sind, dass sie den Tod der Soldaten durch einen neuen, dann siegreichen Krieg vergelten sollen. Eine für Frieden und gegen Krieg gerichtete Aussage ist auf keinem Hamburger Denkmal zum 1. Weltkrieg zu finden.

 

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Als Schmuckelemente sind Reliefs eines ehrenden Lorbeerzweigs und eines ebensolchen Eisernen Kreuzes eingefügt.

 

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Auf der anderen Seite ein Eisernes Kreuz und ein Eichenzweig.

 

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Die Schale steht auf vier geschwungenen Füßen, das zackige Blitzmuster an den Seiten endet in einer Schneckenform.

 

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Auf der Rückseite nun die Widmungstafel aus Gusseisen:

Unsern Brüdern, die im
Weltkrieg 1914 – 1918
für das Vaterland ihr
Leben liessen.

Die Luthergemeinde
Bahrenfeld


Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das »Vaterland«. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses »Vaterland« aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

 

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An der Innenseite der Umfassungsmauer sind 37 Sandsteintafeln eingelassen, auf denen die 295 Namen der getöteten Soldaten herausgearbeitet worden sind. Die Schriftgröße variiert je nach Länge des Namens. Die Tafeln waren einmal hell, wie man auf diesem Foto sieht. Die meisten sind ergraut, beschädigt oder ganz verschwunden, bisher sind das zwei.

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Die Geschichte

»Am Totensonntag 1921 wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung das Ehrenmal eingeweiht. Eine große Gusseisenschale nach einem Entwurf des Hamburger Architekten Karl Schmidt wurde auf einem Sockel errichtet. Daraus loderten bei der Einweihung die Flammen und ein Posaunenchor spielte im Schein vieler Fackeln. Mit diesem Ehrenmal wird der 295 Bahrenfelder namentlich gedacht, die im Weltkrieg ihr Leben lassen mussten. Auf dem Platz gegenüber der Kirche stand die ›Eulenburg‹, ein Waldwärterhaus, dass äußerlich wie eine Burgruine gestaltet war. Die Luthergemeinde erwarb das Grundstück, riss die alte Eulenburg ab, um dort die ›Krieger-Ehrung‹ zu schaffen.

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• Unterzeile: Einweihung unserer Ehrenstätte auf der Lutherhöhe am Totensonntag, 20. Nov. 1921


Die Bausumme wurde durch diverse Spenden und Stiftungen aus der Gemeinde heraus finanziert. In der Chronik heißt es: ›Sie ist also restloses Eigentum der Kirchengemeinde.‹ Eine Bedingung aber gab es für den Kauf des Grundstücks: Es durfte nirgends das Wort ›Gott‹ erscheinen, Man einigte sich auf die Worte ›Seid einig, einig, einig‹ und ›Für uns‹. Zwischen den Weltkriegen brannte jährlich am Totensonntag in der Schale ein Opferfeuer.

Seit vielen Jahren wurde zunächst alljährlich am Totensonntag, später am Volkstrauertag in besonderer Weise der Opfer von Gewalt und Terror gedacht. Der Posaunenchor spielt, und die Bahrenfelder Vereine und Verbände kommen in den Gottesdienst und bringen anschließend einen Kranz zur Opferschale.

 

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• Die Opferschale 1927, noch am ursprünglichen Standort. Eine hohe, steile Treppe führt hinauf. Zwischen den Weltkriegen wurde an jedem Totensonntag ein Feuer darin entzündet.

HH Bahrenfeld Plan Bezirksamt Altona web© Bezirksamt Altona.


Etwa 1950 trat die Gemeinde in einem Grundstücktausch diese Gedenkstätte an die Stadt ab. Mit dem Autobahnbau musste der Standort aufgegeben werden. Die Opferschale wurde versetzt und fand ihren jetzigen Platz auf einer Höhe im Lutherpark neben der Kirche.«

Aus der Kirchenchronik des Jahres 2010


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Für den Juli 1955 ließ der Bahrenfelder Bürgerverein dieses Monatsblatt drucken.


Hier eine Beschreibung der Denkmalsgeschichte von Dipl.-Ing. E. Clasen aus Bahrenfeld aus den 60er Jahren.

E. Clasen

 

• Zeitungsausschnitt von 1971


1975 wurde die Autobahn dann gebaut. Sie schneidet Bahrenfeld in zwei Teile, der Bahrenfelder Marktplatz verschwand ersatzlos für eine Autobahnbrücke, der Bahrenfelder See wurde erheblich verkleinert. Die Lutherkirche liegt jetzt im östlichen Teil direkt neben der Autobahn und hat Gemeindemitglieder auf beiden Seiten der Autobahn.

Wir danken der Geschichtswerkstatt Ottensen für diese drei Dokumente.

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Die Lutherkirche

Direkt neben dem Denkmalshügel steht die Lutherkirche Bahrenfeld, das rote Backsteingebäude sieht man auf dem Foto unten hinter den Bäumen. Es wurde errichtet nach Plänen von Architekt Faulwasser, der vorher die 1906 abgebrannte St. Michaelis-Kirche wiederaufgebaut hatte. Im Oktober fand die Grundsteinlegung statt, am 18. September 1910 konnte die Einweihung und Namensgebung der Lutherkirche stattfinden.

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Seit in Hamburg 1528 die Reformation eingeführt worden war, gehörte Bahrenfeld zum Kirchspiel Ottensen. Als der rasch wachsende Stadtteil Bahrenfeld schließlich 5 000 Einwohner hatte, beschloß 1908 der Kirchenvorstand in Ottensen den Neubau einer Kirche. Am 1. Januar 1910 wurde Bahrenfeld selbständige Kirchengemeinde und entschied sich für den Bauplatz »Schöne Aussicht«, der heutigen »Lutherhöhe«. Dieses Gelände hatte der Konsul Gayen im Austausch gegen ein anderes von der Stadt Altona erworben. Es wurde der Gemeinde kostenlos zur Vefügung gestellt. Konsul Gayen blieb auch bei seiner Schenkung, obwohl seine Bedingung, im Kellergewölbe der Kirche ein Erbbegräbnis zu bekommen, abgelehnt wurde. Er spendete sogar zu den schon von der Gemeinde gesammelten 17 000 Mark noch weitere 10 000.

Die von der Baufirma Beyerstedt in Ottensen veranschlagte Bausumme betrug 112 385 Mark, tatsächlich kostete der Kirchbau am Ende 146 000 Mark!

Aus der Broschüre, die im Vorraum der Lutherkirche ausliegt.

1935 erfolgte eine große Renovierung der Kirche. Wir entnehmen der oben genannten Broschüre, dass dabei Veränderungen vorgenommen wurden, die der damaligen Nazi-Ideologie entsprachen: die Kron- leuchter wurden »durch zwei große nordische Wagenräder« ersetzt, die Oberlichter wurden vergestopft, der Bibelvers Joh. 12,36: »Solange ihr das Licht bei euch habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichts werdet!« auf dem Rundbogen des Altarraumes wurde entfernt. Die architektonischen Ideen dieser Zeit – von Heimatschutzstil und Neoromanik geprägt – fußten auf dem Bild einer nordischen Wehrkirche, die Geborgenheit gibt. »Einfachheit, aber Größe des Ausdrucks findet hier der andachtssuchende Christ«, heißt es in einer zeitgenössischen Beschreibung. Das Licht, das den auferstandenen Christus symbolisiert, wird ausgesperrt.

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Das Gedenkbuch

Im Vorraum der Lutherkirche weihte die Gemeinde 1955 eine »Ehrenstätte« für die getöteten Soldaten des 2. Weltkrieges. Es ist eine Nische, die mit einem schmiedeeisernen Gitter verschlossen ist, geschmückt mit dem Zeichen Pax Christi, deutsch: Friede Christi, und einem Eisernen Kreuz. Ein Widerspruch?

Dahinter das Gedenkbuch für die Toten des 2. Weltkriegs. An der Wand wird in roter Frakturschrift ein Vers aus dem 2. Brief des Apostel Paulus an die Korinther zitiert:

»Wir wissen aber, so unser irdisch Haus dieser Hütte zerbrochen wird, daß wir einen Bau haben von Gott erbauet, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist, im Himmel + 2. Kor. 5,1«

Darüber eine Krone mit Kreuz. Das christliche Symbol von Kreuz inmitten einer Krone die Belohnung im Himmel (die Krone), nachdem die Versuchungen in diesem Leben (das Kreuz) überwunden wurden (Jakobus 1,12).

Auf den ersten Seiten des Gedenkbuches steht: Den teuren Toten zum Gedächntnis / Dieses Gedenkbuch widmet in Dankbarkeit die Luther-Kirchengemeinde ihren Toten des zweiten Weltkrieges 1939 - 1945 / Bahrenfeld, am Volkstrauertag 1955 / Deine Toten werden leben Jesaja, Kap. 26, V. 19 / Es starben den Tod des Soldaten: [Es folgen die Namen].

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Volkstrauertag 2017

Wie jedes Jahr legten auch 2017 Bahrenfelder Vereine und Verbände, namentlich der Bahrenfelder Bürgerverein von 1879 e. V. Kränze an der Opferschale nieder.

 

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Ein beschämender Rückblick ...

in die Propstei Altona während der NS-Zeit: »Mutter Kirche verstößt ihre Kinder jüdischer Herkunft«. Unter dieser Überschrift hatte der Ev.-Luth. Kirchengemeindeverband Altona zu einem Vortragsabend am 21. Oktober 2021 in die Lutherkirche Bahrenfeld eingeladen.

Pastor Andreas Zühlke initiierte 1988 die Ausstellung »Vergessene Nachbarn. Spuren rassisch Verfolgter« in der Melanchthongemeinde Altona. Nun schreibt er im Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche über diese Veranstaltung: In der alten Propstei Altona wie in allen Propsteien der damaligen Landeskirche und darüber hinaus hatte es sog. »Sippenkanzleien« gegeben, in denen nicht nur auf Anfrage »Ariernachweise« ausgestellt, sondern systematisch »Judenkarteien« angefertigt wurden, mit deren Hilfe die Nationalsozialisten die Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung auch jener Menschen ins Werk setzen konnten, die keiner jüdischen Gemeinde angehörten, gleichwohl den Nazis aber als Juden galten, auch wenn sie christlich getauft waren.

HH Bahrenfeld Judenkartei Altona web


Der Historiker Dr. Hansjörg Buss war vom Kirchengemeindeverband Altona in dieser Frage mit einer Recherche beauftragt worden, am 21. Oktober trug er die Ergebnisse seiner Studie in der Lutherkirche Bahrenfeld vor.

Bericht zum Vortragsabend 21. Oktober 2021

Informationsblatt von Stephan Linck

Der komplette Jahresbericht des Netzwerk Erinnerungskultur (4 MB)


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Das Denkmal
Die Einweihung
Das Eiserne Kreuz
Die neue Kreuzkirche
Der Umzug

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Barmbek-Süd

Im Garten der neuen Kreuzkirche

Ein freistehender Sandsteinobelisk auf einem zweistufigen Sockel trägt auf der Frontseite das Relief eines Eisernen Kreuzes, das von einem Kranz aus Eichenlaub umgeben ist.


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Darunter die Inschrift:

Im Dienste des Vaterlandes haben aus der Gemeinde der Kreuzkirche ihr Leben hingegeben


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Auf den vier Seiten des Sockels sind 196 Namen von toten Soldaten des 1. Weltkriegs eingraviert – allesamt Glieder, ehrenamtliche Helfer und Mitarbeiter der Kreuzkirchengemeinde. Nachträglich wurden acht Namen mit Dienstgrad, Geburts- und Sterbedatum von Soldaten des 2. Weltkriegs hinzugefügt.

Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von fast 40 Millionen Opfern – u.a. 30 Millionen Sowjetbürger, 6 Millionen Polen, 2 Millionen. Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Unter ihnen waren 5 Millionen. Juden, zu denen noch 1,3 Millionen. ermordeter Juden aus West- und Südosteuropa und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen.

Wie verhalte ich mich dazu, dass wir heute wissen, dass sich die Soldaten damals »im Dienste des Vaterlandes« für das Falsche eingesetzt haben?


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Auf der Rückseite die Inschrift:

Christus unser Leben

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Die Einweihung

1919 wurde das Kriegerdenkmal hinter der alten Kreuzkirche am Holsteinischen Kamp/Ecke Marschnerstraße errichtet. Auf dem ersten Foto ist der Sandsteinobelisk zu sehen – fast weiß, zur Einweihung ist er mit dunklen Girlanden (üblicherweise waren sie aus Eichenlaub) geschmückt worden.

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Die alte Kreuzkirche wurde am Palmsonntag, den 3. April 1887 eingeweiht.

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Die Fotos und die Informationen über die alte Kreuzkirche stammen aus der Festschrift 150 Jahre Kreuzkirche aus dem Jahr 1976. Wir danken Ronald Einfeldt, dass er sie uns zur Verfügung gestellt hat.

Festschrift Teil 1

Festschrift Teil 2

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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Die Neue Kreuzkirche

Die alte Kreuzkirche ist im 2.Weltkrieg völlig zerstört worden. Als die neue Kreuzkirche am 18. März 1962 an einem anderen Standort, nämlich an der Wohldorfer Straße, eingeweiht wurde, ist das Kriegerdenkmal umgesetzt worden und steht jetzt (auf dem Foto rechts) neben der modernen Kirche hinter den Bäumen.


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Der Umzug

Die Gemeinde Alt-Barmbek war für die »Abwicklung« des Grundstücks der alten Kreuzkirche Kreuzkirche in der Marschnerstraße und den Bau der neuen Kreuzkirche verantwortlich. In den Protokollen der Kirchenvorstandssitzungen von 1954 kann man zum 23. Juni lesen, dass sich der Oberbaurat Klupp »erbietet mit Herrn Matthies über die Neuaufstellung des Gedenksteins der Kreuzkirchengemeinde zu verhandeln«, und am 13. Oktober beschließt der Kirchenvorstand dem Bauplan der Firma Matthies statt zu geben, »unter der Voraussetzung, dass sie den Gedenkstein der Kreuzkirchengemeinde erhält und würdig in ihren Bauplan einbezieht«.

Wir danken Michael Winzer für seine Recherche

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Das Denkmal
Aufwendige Details
Noch im wilden Grün
Die Einweihung
Die Absage
Aus dem Archiv des Krankenhauses
Aus der Festschrift 1938
Historische Postkarte

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Barmbek

Auf dem Gelände des alten Allgemeinen Krankenhauses Barmbek, jetzt Quartier21

Sechseitiger Klinkerturm, als Brunnen gebaut, mit Keramikverzierungen. Auf der Vorderseite ein gesenktes Schwert im Eichenkranz als Relief. 46 Namen von getöteten Soldaten des 1.Weltkriegs auf den anderen Seiten. Das Kriegerdenkmal, nach einem Entwurf von Oberbaudirektor Fritz Schumacher, wurde 1922 eingeweiht.

Inschrift:
Unseren im Weltkriege – 1914 - 1918
– gefallenen Helden zu Ehren


Seit einigen Jahren ist das Denkmal eingefügt in das neu entstandene Quartier 21. In einem Werbeflyer »Quartier21 – Leben beginnt hier« steht über einem Bild des Wohnquartiers (»Oase für Individualisten«) mit dem Kriegerdenkmal: »Kulisse für vitales Stadtleben: die eindrucksvollen Altbauten des AK Barmbek«.

Die Chance für eine zeitgemäße Kommentierung wurde hier leider nicht ergriffen.


HH Barmbek


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Aufwendige Details

HH Barmbek Krone


                HH Barmbek Schwert

HH Barmbek Detail


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Noch im wilden Grün


HH BarmbekKrankenhaus

Foto: Kerstin Klingel

Vor einigen Jahren stand das Denkmal im wilden Grün – da gehörte das Gelände noch zum Park des Krankenhauses.

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Die Einweihung

Aus den Hamburger Nachrichten, November 1922

... Der geräumige Platz bot einen festlichen Anblick dar. Vor dem Pavillon K 1 hatte sich der Sängerchor, gegenüber vor K 2 die Kapelle der Ordnungspolizei aufgestellt. Mit dem Choral »Die Himmel rühmen« begann die Feier. Dann betrat der Obmann des Personals die neben dem noch verhüllten Denkmal errichtete Redekanzel und begrüßte die rings im Kreise versammelte Gemeinde des Krankenhauses und die zur Feier geladenen Gäste. Der vorzüglich angelegte Platz hat eine ausgezeichnete Akustik, so daß jedes Wort wie in einem geschlossenen Raum vernehmbar blieb. Man erfuhr, daß der Aufstellung des Ehrendenkmals für die Gefallenen der Anstalt sich erhebliche Schwierigkeiten in den Weg gestellt hatten, weil die Absicht bestand, etwas Besonderes zu schaffen, was aber in Folge der Teuerung mehr als einmal unausführbar erschien. Weil aber im ganzen Personal, vom ärztlichen Direktor bis zum jüngsten Arbeiter, der Wille vorhanden war, dies Besondere zu schaffen, wurde durch allseitige Opferwilligkeit auch der Weg dazu gefunden. ... Die Sänger sangen: »Im Feld des Morgens früh« und dann, nachdem noch ein Redner in feierlich-wehmütigen Vortrag der Hoffnung auf ein Wiedererstarken der deutschen Volkskraft in Freiheit und Frieden Ausdruck gegeben, ein weiteres Volkslied, das diese Stimmung angemessen war. Dann wurden Kränze niedergelegt, während die Musik das Lied vom treuen Kameraden spielte ...

HH Barmbek HN 1922

● Links: Direktor Professor Dr. Rumpel, rechts: Direktor von Sellin und Dr. Roth

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Die Absage

  HH Barmbek Brief FS
Oberbaudirektor Dr. Fritz Schumacher konnte leider nicht zur Einweihung kommen.

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Aus dem Archiv des Krankenhauses


Denkmalsbrunnen zu Ehren der im Weltkriege Gefallenen

Der Entwurf des Klinkerbrunnens stammt von Oberbaudirektor Prof. Schuhmacher. Die Bauarbeiten sind ausnahmslos von Angestellten und Arbeitern des Krankenhauses ausgeführt worden, insbesondere die Vorarbeiten u. Bildhauerarbeiten von Herrn Kurze. Die Mittel wurden durch freiwillige Sammlungen bei allgemeiner Beteiligung der im Krankenhause angestellten Personen sicher gestellt. Wertvolle Hilfe in der Fertigstellung leistete uns Herr Wünsche, Leiter der keramischen Abteilung der Kunstgewerbeschule, welcher die Klinker in den Hochöfen des Instituts brannte.
Das Denkmal hat die Gestalt einer sechseckigen Säule, bei deren Seiten Widmung, Schriftplatten und Brunnenspeier abwechseln. Die Namen der 46 Gefallenen sind auf den Schriftplatten erhaben modelliert. Des Weiteren ist die Erinnerung an sie in dem ornamentalen Schmuck festgehalten in Eiche, Lorbeer, Mohn und Diestel, »versinnbildlichend Kraft und Ruhm, Tod und Schmerz«. Das aus der Kuppel fließende Wasser aber soll an den ewigen Quell des Lebens mahnen.

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Aus der Festschrift 1938


»25 Jahre Allgemeines Krankenhaus Barmbeck in Hamburg  1913 – 1938«

Zwischen Zentralgebäude und Verwaltungsgebäude liegen zu beiden Seiten der Mittelachse zwei Krankenpavillons, ursprünglich als Privatkrankenabteilungen (sogenannte Kostgängerhäuser) gedacht, an einem zentralen, von den vier genannten Gebäuden umschlossenen Platz, der mit einem Ehrenmal in Gestalt eines Brunnens, an dem die Namen der im Weltkrieg gefallenen Gefolgschaftsangehörigen angebracht sind, und schönen, gärtnerischen Anlagen den Ehrenhof (siehe Abb. 6) bildet. Auf diesem Ehrenhof, der jederzeit mit einer vorzüglichen Lautsprecheranlage versehen werden kann, werden bei gutem Wetter die Reden des Führers und die sonstigen offiziellen Feiern der Gefolgschaft übermittelt, die Betriebsappelle abgehalten und den Kranken Konzerte geboten.

HH Barmbek Ehrenhof


Der »Ehrenhof« geflaggt mit der Hakenkreuzfahne.

 

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Herzlichen Dank an Frau Schneider von der Geschichtswerkstatt Barmbek für die Hilfe, die Dokumente und historischen Fotos.

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Historische Postkarte

HH Barmbeck Postkarte web


Vom Foto des »Ehrenhofes« aus dem Jahr 1938 wurde sogar eine Postkarte gedruckt.

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Tafeln in der Kirche
Das Grab auf dem Friedhof
Die Ehrentafel in der Kirche
General Gustav von Manstein
Die Kirche St. Nikolai
Vereinigung von Billwärder mit Hamburg

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Billwerder

Am Billwerder Billdeich vor der Kirche St. Nikolai

Das kleine vielstufige Granitdenkmal mit quadratischem Grundriss auf einem runden Sockel ist den getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet. Es wurde 1922 eingeweiht.

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Die großen rautenförmigen Hauptflächen tragen auf der Frontseite die Inschrift, ringsherum die 99 Namen.

 

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Die Inschrift:

Den im Weltkriege
1914 – 1918
für’s Vaterland Gefallenen
gewidmet

Billwärder a/d Bille und Billbrook

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne und in der Steigerung als Heldensöhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.


Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das »Vaterland«. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses »Vaterland« aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet. Nach der Niederlage, die im Nachhinein durch die so genannte »Dolchstoßlegende« von vielen Deutschen bereitwillig uminterpretiert wurde, und dem Versailler Vertrag entwickelte sich zu Beginn der 1920er Jahre in vielen Köpfen eine Trotz-Haltung, ein »Jetzt erst recht«-Gedanke, der Kritik an der deutschen Kriegspolitik nicht zuließ.

Die »Dolchstoßlegende« ist eine Verschwörungstheorie der damaligen politisch Rechten, die 1919 von Feldmarschall Paul von Hindenburg, der unfähig war, sich das eigene Versagen bei der Kriegsführung im Ersten Weltkrieg einzugestehen, zusätzlich genährt wurde. Sie besagt, dass das deutsche Heer »im Felde unbesiegt« war, aber die Heimat ihm durch die Agitationen der politischen Linken und die Revolution 1918 in den Rücken gefallen sei. Diese Theorie entbehrt jeder berechtigten historischen Grundlage, sie stieß jedoch bei vielen Deutschen auf offene Ohren und trug, von den Nationalsozialisten bereitwillig aufgegriffen, schließlich auch zum Scheitern der Weimarer Republik bei. (Vgl. Helmut M. Müller, Schlaglichter der deutschen Geschichte. Bonn 2002.)

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg


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Die 99 Namen der getöteten Soldaten, jeweils Vor- und Nachname, sind alphabetisch geordnet über drei Seiten des Denkmals verteilt.

 

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Die kleine Anlage an der Hauptstraße mit Bank und Bushaltestelle liegt vor der Billwerder Kirche St. Nikolai und dem Friedhof.

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Die Tafeln in der Kirche

In einem abgeteilten Gedenkraum der Kirche hängen zwei Wandtafeln aus Holz, die dieselben 99 getöteten Soldaten nennen. Jeweils am oberen Abschlußbogen tragen sie das Relief eines Soldatenkopfes mit eichenlaubumkränztem Stahlhelm.

 

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Am unteren Bogen wird ein Eisernes Kreuz über einer schwarz-weiß-roten Flaggendrapierung, gezeigt.

Die Farben Schwarz-Weiß-Rot bildeten ab 1867 die Flagge des Norddeutschen Bundes und waren von 1871 bis 1919 sowie von 1933 bis 1945 die Reichsfarben des Deutschen Reiches. Im Kaiserreich wurden die Farben Schwarz-Weiß-Rot zu weithin akzeptierten Nationalfarben und bildeten ab 1892 die offizielle Nationalflagge. Nach 1919 blieben sie die dominierenden Farben in der Handelsflagge der Weimarer Republik. Während dieser Zeit wurden sie von republikfeindlichen monarchistischen, militärischen und rechtsradikalen Kreisen propagiert und wandelten sich zunehmend zum allgemeinen Kennzeichen rechtskonservativer, nationalistischer und nationalsozialistischer Republikgegner.

nach Wikipedia, abgerufen am 28.12.2017

 

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Die Aufschrift:

1914  1918
Aus der Kirchengemeinde
Billwaerder an der Bille
starben im Weltkriege
fuer das Vaterland

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Das Grab auf dem friedhof

Eine auffällige Grabstelle am Weg zum Kircheneingang hat General Gustav von Manstein (1805 – 1877) erhalten. Er verbrachte die Jahre vor seinem Tod am Billbrockdeich in Höhe der Moorfleeter Straße.

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Am Kopf der Grabstelle ist ein großer Findling aufgestellt worden, seitlich wird sie von kleineren Findlingen begrenzt, die durch kräftige Eisenketten verbunden sind.

 

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Das Relief seines Profils im Bronzemedaillon ziert den über zwei Meter hohen Stein.

 

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Der General trägt seine Uniform mit Ehrenzeichen an den Schulterklappen und Orden an der Brust.

 

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Die Grabanlage ist vom Militärverein Manstein aus Hamburg errichtet worden – 37 Jahre nach seinem Tod. Anlaß war die Manstein-Gedächnisfeier am 5. Juli 1914 – 23 Tage vor Ausbruch des 1. Weltkriegs! Im »Hamburger Fremdenblatt« wurde eine Fotografie der Feier abgedruckt.

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• Unter ihren freien Materialien zur App »Weltbrand 1914« zeigt die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg ausgewählte Seiten der »Illustrierten Rundschau« des »Hamburger Fremdenblatts« – dort findet sich auch diese Fotografie der Manstein-Gedächtnisfeier am 5. Juli 1914.

Siehe auch den Blog der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky

Blog Uni HH

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Die Ehrentafel in der Kirche

Im Kirchenschiff von St. Nikolai hängt das Epitaph des Generals von Manstein. Es ist ein Werk des Bildhauers August Henneberger, der auch die Kriegerdenkmäler in Altona vor der Johanniskirche und auf dem Blankeneser Friedhof gestaltet hat (siehe unsere Dokumentationen).

Das reich verzierten Epitaph krönt ein jugendlicher Ritter mit kühnem Blick und aufgestelltem Schwert. Darunter der Wahlspruch Mansteins: »Allzeit voran«. Unter seinem Bildnis mit Orden im Relief die Aufschrift:

Gustav v. Manstein
Geboren am 24. August 1805
Gestorben am 11. Mai 1877
18 Düppel 64
Gravelotte 1870 Orleans

Hier werden seine größten militärischen Erfolge aufgeführt: Der Sturm auf die Düppeler Schanzen im Deutsch-Dänischen Krieg 1864 und die Siege in Gravelotte und Orleans im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.

 

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Aus der Kirchenchronik von St. Nikolai 1989, die in der Kirche zum Kauf angeboten wird:

»Daß ausgerechnet seine Grabplatte [die wohl bis 1914 auf dem Friedhof gelegen hat] die westliche Kirchenwand im Altarraum ziert, wird nicht jeden Besucher begeistern. Zu groß ist der Unterschied zwischen seinem Wahlspruch »Allzeit voran« und dem Friedensgebot etwa der Bergpredigt. Doch der General ist nun mal mit der deutschen Geschichte verbunden, zu der wir uns bekennen, dennoch aber keine blinde Heldenverehrung betreiben wollen.

Bei der Würdigung dieses bedeutenden Mannes soll der Dank dafür nicht unterdrückt werden, daß unser Land gegenwärtig die längste Friedenszeit der neueren Geschichte erlebt.

P.S. Mannsteins Urenkel Erich eroberte im 2. Weltkrieg die Krim und Sewastopol, übte 1944 dann Kritik an der militärisch-politischen Führung und wurde entlassen.«

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General Gustav von Manstein

Albert Ehrenreich Gustav von Manstein, geboren am 24. August 1805 in Willnischken; gestorben am 11. Mai 1877 in Flensburg, war ein preußischer Offizier, zuletzt General der Infanterie.

Manstein besuchte in seiner Jugend die Kadettenhäuser in Kulm und Berlin. Anschließend trat er in das 3. Infanterieregiment der preußischen Armee ein. Bis 1863 avancierte er zum Generalleutnant und Kommandeur der 6. Division. Er führte im Deutsch-Dänischen Krieg 1864 seine Division beim Sturm auf die Düppeler Schanzen und beim Übergang nach Alsen. Für diese Leistungen wurde Manstein am 21. April 1864 der Orden Pour le Mérite sowie am 21. August 1864 das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens verliehen.

Im Deutschen Krieg 1866 führte er die Reserve der 1. Armee, mit der er am Ende der Schlacht von Königgrätz entscheidend eingreifen konnte.

Für seine Verdienste im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 erhielt er eine Dotation (eine Ausstattung) in Höhe von 100 000 Talern. Die Stadt Altona verlieh ihm 1872 die Ehrenbürgerrechte. Anlässlich seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums verlieh ihm Wilhelm I. am 20. September 1872 das Großkreuz des Roten Adlerordens mit Eichenlaub und Schwertern am Ringe.

Seinen Lebensabend verbrachte von Manstein in Billwerder. Dort wurde er auf dem Friedhof der St.-Nikolai-Kirche begraben.

Manstein war der Adoptivgroßvater von Erich von Lewinski, genannt von Manstein, Generalfeldmarschall der Wehrmacht im 2. Weltkrieg. Er war Armee- und Heeresgruppenoberbefehlshaber. Im August 1945 wurde er von den Briten zunächst als Kriegsgefangener behandelt, dann inhaftiert und 1949 als Kriegsverbrecher verurteilt. Nach seiner Haftentlassung 1953 wurde er als einziger ehemaliger Feldmarschall bis 1960 inoffizieller Berater der Bundesregierung zur neuen Aufstellung eines Heeres, ab 1956: die Bundeswehr.

nach Wikipedia, abgerufen am 28.12.2017

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Die Kirche St. Nikolai

Die evangelisch-lutherische St.-Nikolaikirche entstand von 1737 bis 1739. Das dazugehörige Pastorat wurde 1833 errichtet, das Gemeindehaus 1905. Bei Lötarbeiten brannte die Kirche 1911 ab. Der 1913 eingeweihte Neubau entstand auf den alten Mauern der Kirche.

 

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Vereinigung von Billwärder mit Hamburg

Keine 100 Meter weiter steht das Denkmal von 1895 anlässlich des 500-jährigen Bestehens des Stadtteiles Hamburg-Billwerder.

 

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Die reich verzierte Säule krönt ein Eisernes Kreuz, das nicht dem Burgkreuz des Hamburger Wappens entspricht.

 

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Billwerder (niederdeutsch: Billwarder) bezeichnet heute einen Hamburger Stadtteil im Bezirk Bergedorf, war andererseits früher ein größeres Gebiet südlich des Flusses Bille.

Der Name Billwerder rührt von Bilnawerthere bzw. Billna und Billenkercken her, was »Insel in der Bille« bedeutet. Bis 1949 hieß der Ort Billwärder an der Elbe.

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Im 14. Jahrhundert gehörte der westliche Teil der oberelbischen
(heute hamburgischen) Marsch den Grafen von Holstein. Die befanden sich oft in großer Geldnot und verkauften bzw. verliehen gegen Geld Teile ihres Gebietes an hamburgische Bürger. So verkaufte der Graf Adolf IX. von Holstein und Stormarn im Jahre 1385 den Billwerder (heute Billwerder, Allermöhe und Moorfleet einschließlich Rothenburgsort und Billbrook) an die Hamburger Ratsherren Albert und Johann Hoyer für 2400 Mark ...

• Lesen Sie die Geschichte bei www.bergedorf-chronik.de

 

HH Billwerder 1895 web

 

Als 1895 von den Bewohnern dieses Gebietes die 500-jährige Zugehörigkeit zu Hamburg gefeiert wurde, so bezeugte diese Feier auch die Verbundenheit der Bevölkerung mit Hamburg. Die Jubelfeier vom 25. und 26. Mai 1895 lebte noch lange in der Erinnerung der Bevölkerung; ein Chronist schrieb damals: »Welch ein Fest! Des Tages werden die Kinder später als Greis noch erinnern!«

 

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Vier Jahre später ist dann dieses Granitdenkmal errichtet worden.

 

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F. H. W. Witte sen., ein über Hamburgs Grenzen bekannter Grabsteingestalter aus Hamburg-Ohlsdorf, hat das Denkmal erbaut.

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Erhebung Schleswig-Holsteins
Das Ehrenkreuz der Bundeswehr
Ein Veteranentreffen
Der Deutsch-Französische Krieg
Das Eiserne Kreuz
Der Findlingsmythos
Die Deutsche Eiche

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Blankenese

An der Elbchaussee, auf einer Verkehrsinsel am Anfang der Gätgenstraße

Auf einem kleinen Platz mit Eiche und Rhododendren, von Straßen, Verkehrsschildern und Autos umgeben, stehen die drei Denkmalsteine. Eine beschnittene Hecke rundet den Platz ab.

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Lesen Sie mehr über die Symbolik des Baums im Kapitel: »Die Deutsche Eiche«.

 

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Der Platz vor den Denkmalsteinen ist mit grauen Steinplatten gepflastert. Ein Beet ist ausgespart, war aber bei unserem Besuch im Januar 2018 nicht bepflanzt.

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Die Inschrift auf dem rötlichen Findling in der Mitte vor der Eiche lautet:

Unseren Helden
1914 – 18
1939 – 45 (später hinzugefügt!)

Der Geist, der aus dieser Zuweisung spricht, lebt also in Blankenese auch nach nationalsozialistischem Terror, Weltherrschaftsphantasien und verlorenem Krieg unwidersprochen weiter.

Den goldenen Buchstaben und Ziffern ist ein Eisernes Kreuz in Kontur, ebenfalls in Gold, vorangestellt.

Lesen Sie mehr im Kapitel »Das Eiserne Kreuz«

Dieses Denkmal ist 1934 errichtet worden. 16 Jahre nach Ende des 1. Weltkriegs, 5 Jahre vor dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen, dem Beginn des 2. Weltkriegs, rückten »unsere Helden« wieder ins Gesichtfeld der Menschen.

»Von der Dankbarkeit, die wir unseren lieben, hochverehrten, heldenhaften, gesegneten und zum Glück stummen Gefallenen schulden, von diesem Hokuspokus bis zum nächsten Krieg ist nur ein Schritt. Was hier gemacht wird, ist Reklame.«

Kurt Tucholsky 1927 in »Über wirkungsvollen Pazifismus«

»›Sie starben den Heldentod‹ steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.142


»Die häufigste Bezeichnung für die Gefallenen ist das Wort »Helden«. Dieser Begriff macht die toten Soldaten zu Vorbildern. Er passt zur Symbolik von Stahlhelm, Waffen und Eisernem Kreuz. Durch die Ergänzung des Possessivpronomens, also „unseren Helden», soll ein persönlicher Bezug zwischen den Gefallenen und den Stiftern des Denkmals hergestellt werden. [...] Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 89

»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«

• Kurt Tucholsky

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Die Erhebung Schleswig-Holsteins

Links daneben steht ein Findling in Dreiecksform zur Erinnerung an die »Erhebung Schleswig-Holsteins« am 24. März 1848 mit der Inschrift, wiederum in Gold:

1848 – 1898
24. März

1898, zum 50. Jahrestag der Eroberung der dänischen Festungsanlagen, wurde der Stein gestiftet und aufgestellt.

Über der Inschrift sehen wir das Symbol eines Ordens in Gold, das den Kämpfern ab 1849 in diesem dreijährigen Krieg verliehen wurde.

Mehr im Kapitel »Der Findlingsmythos«.


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Die Schleswig-Holsteinische Erhebung entstand im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen 1848 als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum strebten einen Nationalstaat an, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte. Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt wurden und an dessen Ende die dänische Seite siegte.

Dem britischen Premier Lord Palmerston (1784 bis 1865) zufolge war die Schleswig-Holstein-Frage so kompliziert, dass nur drei Menschen sich darin auskennen würden: Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl von Queen Victoria, der schon tot sei, ein Professor, der verrückt geworden sei, und er selbst, doch habe er alles wieder vergessen, sonst wäre er auch verrückt geworden.


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Foto: Robert Prummel/Wikimedia Commons

• Der Orden, der ab 1849 verliehen wurde.

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Das EhrenKreuz der Bundeswehr

Im Frühjahr 2007 wurde im Deutschen Bundestag eine Petition zur Wiedereinführung des Eisernen Kreuzes als Tapferkeitsauszeichnung der Bundeswehr für die Auslandseinsätze initiiert. Diese Petition wurde innerhalb der vorgeschriebenen Zweimonatsfrist von mehr als 5 000 Personen unterzeichnet. Der Deutsche Bundestag hat die Petition beraten und am 13. Dezember 2007 beschlossen, die Petition an die Bundesregierung – hier: dem Bundesministerium der Verteidigung – zu überweisen.

Der Präsident des Reservistenverbandes, Ernst-Reinhard Beck (CDU), schlug vor, für den Orden die Form des Eisernen Kreuzes zu verwenden. Er begründete dies mit der Aussage, dass das Symbol von allen Fahr- und Flugzeugen sowie Schiffen der Bundeswehr getragen werde und in Krisenregionen mittlerweile zu einem Zeichen der Hoffnung, der Hilfe und der Solidarität avanciert sei, für das man sich nicht schämen müsse. Dies stieß aufgrund seiner Wiedereinführung durch das nationalsozialistische Regime weitgehend auf Ablehnung. Am 6. März 2008 billigte der damalige Bundespräsident Horst Köhler den Vorschlag des Verteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU) zu einem Orden für »außergewöhnlich tapfere Taten«.

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Foto: Flophila88_Wikimedia/Commons

Als Resultat wurde am 10. Oktober 2008 das Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit gestiftet.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 28.12.2017

Das Ehrenkreuz der Bundeswehr ähnelt dem Orden, der den Soldaten im Deutsch-Dänischen Krieg ab 1849 verliehen wurde.

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Ein Veteranentreffen

Zum 60. Jahrestag der Erhebung Schleswig-Holsteins am 24. März 1908 traf sich der »Eckernförder Kampfgenossen-Verein von 1848«.

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Die Veteranen wurden unter dem Titel »Unsere alten Achtundvierziger« mit einem Gedenkblatt der Eckernförder Zeitung geehrt. Neben Fotos und Texten wurde Ihnen auch ein Gedicht gewidmet:

Den alten Helden zum 24. März 1908

Abend ist es jetzt geworden
für Euch Alten – kühn und treu
Die Ihr einst den deutschen Norden
Wahrtet gegen Dänens Leu. –
Die Ihr einst mit heißem Mute
Kämpftet für das Vaterland,
Die Ihr schriebt mit rotem Blute:
»Schleswig-Holstein, stammverwandt!«

Ist die Sonne auch gesunken
Für Euch Ritter deutscher Art
Habt Ihr doch den goldnen Funken
Tief im Herzen treu bewahrt.
Wandert die Erinn’rung leise
In der Jugend Sonnenland
klingt die alte, traute Weise:
»Schleswig-Holstein, stammverwandt!«

Väter, Eure Doppeleiche
Ragt empor in stolzer Pracht.
Eine Perl’ im Deutschen Reiche,
Deutscher Treue hohe Wacht!
Und das Lied, das einst erklungen:
»Schleswig-Holstein, meerumschlungen,
Sei gegrüßt, mein Vaterland!«

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Der Deutsch-Französische Krieg

Ganz rechts auf dem Denkmalsplatz steht noch ein kleines Monument: auf einem Sockel sehen wir einen oben abgerundeten Findling mit einem gemauerten Rand aus behauenen Granitsteinen. Auf dem Findling lesen wir die Jahreszahlen des Deutsch-Französischen Kriegs in Gold. Wie so oft sind die Jahre wie eine Bruchzahl geschrieben:

18 70 / 71
   

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Der Deutsch-Französische Krieg war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


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Die Kaiserproklamation in Versailles, Wandgemälde von Anton von Werner für die Ruhmeshalle Berlin. 1944 wurde es nach einem Bombentreffer zerstört.

»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

Mehr auf www.bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung


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Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f

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»Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

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Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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... und später: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen.

»Andreas Gabalier besang in Mein Bergkamerad ›eine Freundschaft, die ein Männerleben prägt, wie ein eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht.‹ Michael Fischer vom Zentrum für Populäre Kultur und Musik bezeichnete das als ›gewollte Provokation‹, die kaum ein naiver Zufall sein könne.

Die Agentur für soziale Perspektiven konstatiert: Das Eiserne Kreuz sei neben dem Thorshammer ›das am häufigsten gezeigte Symbol der extremen Rechten‹. Zwar sei es je nach Kontext ›kein explizit rechtes Bekenntnis, doch stets ein Symbol für Militarismus und martialische Männlichkeit.‹

Wikipedia, abgerufen am 16.3.2023


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Der Findlingsmythos

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im Ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

In den Jahren danach steigert sich der Kult um die »germanischen Steine« noch beträchtlich.

»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28


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Die Deutsche Eiche

Eichenlaub ist in der militärischen Symbolsprache ein Zeichen hoher Ehre. Darum findet man es oft auf Orden, z.B. auf dem Ritterkreuz in der Zeit des Nationalsozialismus. Wie kam es zu dieser Symbolkraft?


Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 
»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


Wir wissen nicht, wann die Eiche in Blankenese gepflanzt worden ist. In Frage kämen z.B. diese beiden Anlässe:

Die Friedenseichen: Nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg forderte die Regierung im Deutschen Kaiserreich dazu auf, Friedenseichen zu pflanzen und zu pflegen, damit »dieses Sinnbild deutscher Kraft und deutscher Treue sich in aller Herrlichkeit entwickeln könne und künftigen Geschlechtern Gelegenheit geben würde, sich in seinem Schatten dankbar der Helden von 1870 und 1871 zu erinnern.«

In der Chronik von Meddewarde wird der Eintrag im Amtsblatt des Regierungs-Vizepräsidenten dazu dokumentiert: »Den Herren Landräten gebe ich zur gefälligen Erwägung anheim, ob es sich nicht empfehlen möchte, in geeigneter Weise darauf hin zu wirken, dass (sofern die Boden- und klimatischen Verhältnisse es gestatten) zur Erinnerung an die gewaltigen Ereignisse des letzten Jahres, ähnlich wie das an vielen Orten nach Beendigung der Freiheitskriege und vor einigen Tagen in Bremen geschehen ist, in den verschiedenen Guts- und Gemeindebezirken unter angemessenen Feierlichkeiten, insbesondere unter Zuziehung der Schuljugend möglichst hochstämmige Friedenseichen gepflanzt werden.

Selbstverständlich muss es dann aber auch von den betreffenden Gemeinden als Ehrensache angesehen werden, diese Friedenseichen zu schützen und zu pflegen, damit dieses Sinnbild deutscher Kraft und deutscher Treue sich in aller Herrlichkeit entwickeln kann und künftigen Geschlechtern Gelegenheit gegeben wird, sich in seinem Schatten dankbar der Helden von 1870 und 1871 zu erinnern.«

Der Landrat des Kreises Schleswig gab diese Empfehlung im Kreisblatt weiter: »Vorstehende Aufforderung unterlasse ich nicht, auf diesem Wege zur Kunde der Eingesessenen des Kreises zu bringen und ersuche die Gemeindevorstände sowie auch die Herren Prediger dafür sich interessieren wollen, dass die darin enthaltene Idee in geeigneter Weise in den Gemeinden des Kreises zur Ausführung komme.«


Die Hitlereichen: »Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

»1933 wurde mit einer offiziellen Zeremonie eine Adolf-Hitler-Eiche auf dem Dorfplatz gepflanzt (s. Foto). Auf dem Foto sieht man Heinrich Behnke, [...] sowie Hartwig Gäde. Herbert Hansen, mit weißen Kniestrümpfen, musste damals ein Gedicht aufsagen. Lehrer Kühl hielt eine Rede.

Am 8. Mai 1945, am Tag der deutschen Kapitulation, wurde die Eiche von Ernst Meier mit den Worten umgehauen: ›Du Aas kümmst af!«
Hartwig Gäde erzählt dazu: ›As ik ut de Gefangenschaft, ut den Krieg kam, da käm de ole Meier to mi hin un seggt: ›Soll ik di mal wiesen, wo diene Adolf Hitler Eiche is? Denn komm mal mit!‹. Da ist er dann mit mir in seinen Garten gegangen und zeigte auf einen Zaunpfahl. Die Eiche hatte er abgesägt und einen Zaunpfahl daraus zurechtgeschnitten. Der alte Meier war der SPD treu geblieben.«

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• Diese schöne Geschichte steht in der »Chronik der Landgemeinde Rethwisch« von Doris Moßner und Inga Rogga aus dem Jahr 2001.

 

NDR-Zeitreise: Die Geschichte der »Hitlereichen«

Schleswig-Holstein Magazin vom 14. April 2023


Vom Umfang des Stamms der Blankeneser Eiche könnte es sich um eine Hitlereiche handeln.


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Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

Aktuell produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über das Denkmal in Hamburg-Blankenese können Sie hier sehen: YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>

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I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2017 und 2019
»Deutschland muss leben ...«
Der Dichter Heinrich Lersch
Die Einweihung 1920
Der Bildhauer August Henneberger
Volkstrauertag 1958
Das Eiserne Kreuz
Propst Paulsen

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Blankenese

Friedhof Blankenese am Sülldorfer Kirchenweg

Am oberen Ende einer kreuzförmigen Anlage steht das altarähnliche Monument aus grauem Granit. Am 3. Oktober 1920 wurde das von August Anton Henneberger bildhauerisch ausgeführte Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten der Kirchengemeinde Blankenese eingeweiht.

 

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Das gemauerte Postament hat einen dreistufigen Sockel. Viele unterschiedliche militärische Symbole sind am »Altar« angebracht: ein Stahlhelm, Eichenblätter, Bajonette, Palmzweige, ein Eisernes Kreuz, eine umgedrehte Fackel und Lorbeerzweige. Unter der Skulptur eines Stahlhelms über Bajonett und Eichenlaub auf dem »Altartisch« ist ein Kranzhalter angebracht.

»Dies Denkmal soll der Altar sein, darauf immer das heilige Dankesfeuer unserer Liebe lodert, von dem aber auch eine Kraft ausgehen soll auf uns.« so Pastor Marxen in seiner Weiherede am 3. Oktober 1920.

Pastor i.R. Ulrich Hentschel beschreibt die Inszenierung aus heutiger theologischer Sicht: »Die Gesamtanlage des Kriegerdenkmals und der auf der großen Fläche davor angeordneten Grabsteine hat den Grundriss einer Kirche, in der dem Denkmal die Position und Funktion eines Altars zukommt. Auch wenn sich das den heutigen Betrachterinnen nicht unmittelbar erschließt oder bewusst wird, geht doch von dieser Gesamtanlage, die sich zudem noch auf einem kirchlichen Friedhof befindet, eine religiöse Suggestion aus, die Ehrfurcht erzeugen soll.«

Hier sein vollständiger Text »Der Kriegsaltar ist eine Blasphemie«

 

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Inschrift auf dem unteren Teil des Postaments:

UNSEREN
TEUREN IM WELTKRIEGE FÜR UNS GEFALLENEN BRÜDERN
ZUM EHRENDEN GEDÄCHTNIS

1914 - 1918  
1939 - 1945
(später ergänzt)

»Ein Phänomen, wie mit dem Wunsch, der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges zu gedenken, umgegangen wurde, ist die Ergänzung der Jahreszahlen ›1939 – 1945‹ auf einem Denkmal für den Ersten Weltkrieg [...]. Das geschah relativ häufig und setzt scheinbar problemlos die beiden Kriege gleich. Das eigentlich offensichtliche Problem wurde hier bewusst umgangen. In keiner Weise ist diese Vorgehensweise dann zu vertreten, wenn die Inschriften und Symbole unzweifelhaft von einem kriegsbefürwortenden Geist geprägt sind, wie zum Beispiel bei dem Denkmal auf dem Friedhof Blankenese. Hier hätte erkannt werden müssen, dass eine derartige Ergänzung absolut unangemessen ist. Der Sarkophag trägt die gleiche Inschrift, wie das so genannte 76er-Denkmal am Dammtor: ›Deutschland muss leben und wenn wir sterben müssen.‹«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg 2006

 

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Das wuchtige Steinkreuz an der Spitze wird durch unten angelehnte Doppelschnecken gestützt und verziert. Darunter ein mit Reliefs geschmücktes Giebelfeld, einem Tympanon ähnlich. Das ist in der Architektur eine Schmuckfläche in Giebeldreiecken. Hier sieht man zwei waagerecht gelegte Palmwedel und in der Mitte ein Eisernes Kreuz mit preußischer Königskrone, einem »W« für Wilhelm II und dem Jahr seiner Ordensstiftung: »1914«.

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Zur Inschrift liegen auf einem kleinen Extrasockel, einem Ehrenkissen gleich, Stahlhelm, Bajonett und Eichenlaub

 

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Auf der Rückseite des Monuments:

DEUTSCHLAND MUSS LEBEN
UND WENN WIR STERBEN MÜSSEN!

Die Präsensform der Verben verweist auf die gewünschte Gültikeit des Spruchs auch für die Gegenwart und Zukunft.

»Dieselbe Inschrift findet sich ebenfalls am 76er-Denkmal am Dammtor. Sie ›wurde im nationalsozialistischen Deutschland als Zitat am häufigsten für Kriegerdenkmäler gewählt‹. Diese Inschrift ist ein Zitat aus dem Gedicht ›Soldatenabschied‹ des Arbeiterdichters Heinrich Lersch (1889-1936). Dieser hatte es Anfang August 1914 in begeisterter Kriegseuphorie geschrieben. In dem Gedicht nimmt ein Soldat Abschied von seinen Eltern und seiner Frau und rechnet dabei fest damit, dass er im Krieg für Deutschland sein Leben hingeben wird. Lersch stellt nicht in erster Linie den Kampf, sondern das Selbstopfer für das deutsche ›Vaterland‹ in den Vordergrund. ›Deutschland muss leben und wenn wir sterben müssen‹ vermittelt den Eindruck, Deutschland sei ein ›einheitlicher Organismus‹, der bedroht sei, und für den ›Fortbestand‹ müsse unter Einsatz des eigenen Lebens gekämpft werden.

Dieser Satz findet sich auch auf dem 1932 eingeweihten deutschen Soldatenfriedhof beim belgischen Langemarck. Dort fand im Herbst 1914 die Flandernschlacht statt, bei der viele junge Deutsche fielen. Die Kampfbereitschaft der jungen Männer und ihr Einsatz wurden nach dem Ersten Weltkrieg zum vorbildlichen Heldentum stilisiert. Der ›Mythos von Langemarck‹ wurde begründet, der von den Nationalsozialisten zur Kriegsmobilmachung gerne bemüht wurde. …

Bei der Verwendung dieses Zitates geht es um die direkte ›Aufforderung zum bedingungslosen Einsatz für Deutschland‹. Der Tod des Soldaten im Krieg wird als ›selbstverständliches Opfer für das Vaterland‹ erwartet.«

• Klingel, S. 101f

 

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Auf der linken Schmalseite ist das Relief eines Bajonetts auf zwei gekreuzten Lorbeerzweigen zu sehen ...

 

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... auf der rechten Seite eine Fackel mit, obwohl sie umgedreht ist, lodernder Flamme (!) vor zwei gekreuzten Palmwedeln.

 

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Insgesamt viel Kriegsgerät, das zeigen soll, dass die Kampfbereitschaft der deutschen Soldaten ungebrochen ist. Die Rachegedanken lodern. Die Anlage lässt sich schwerlich auf die Funktion des Trauerns und Erinnerns an tote Soldaten reduzieren.

 

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Die Signatur: der Entwurf für das Denkmal stammt vom Architekten A. Niermann. Alwin Niermann ist am 16. Juli 1893 geboren und am 13. August 1939 in Hamburg-Blankenese gestorben.

 

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Links, dicht neben dem Kriegerdenkmal, steht inmitten von Rhododendren ein Gedenkstein für ihn.

 

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Die gesamte Anlage dehnt sich vor dem Denkmal kreuzförmig aus. An den Rändern der Rasenflächen stehen, zwischen unterschiedlich hoher Bepflanzung, die einheitlich geformten Grabkreuze für die Soldaten des 2. Weltkriegs. Die immer gleichen Kreuze mit den Namen der toten Soldaten stehen »Spalier«, so dass Besucher gewissermaßen »die Front abschreiten«. Hier bleibt der Soldat auch nach dem Tod Soldat, begraben in Reih und Glied. Für individuelle Schicksale ist kein Platz.

HH BlankeneseFried Kreuz web


Name, Geburts- und Sterbedatum der toten Soldaten werden genannt. Darunter ein Eisernes Kreuz in Kontur als posthume Ehrung. Der Tod im Krieg wird von den Denkmalsstiftern als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurück gekommen ist, erhält ihn nicht ohne entsprechenden kriegerischen »Leistungsnachweis«.

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Volkstrauertag 2017 und 2019

Erstmals haben am Volkstrauertag Soldaten der einst im 1. Weltkrieg verfeindeten Nationen gemeinsam der Toten gedacht. Die Idee dazu hatte die Führungsakademie der Bundeswehr. Bei einem Denkmal mit unwidersprochener militaristischer Bildersprache und kriegstodverherrlichenden Inschriften ist ein gemeinsames Mahnen für den Frieden nicht möglich. Eine dauerhafte zeitgemäße Kommentierung ist hier dringend geboten.

»Wir stehen hier heute als Freunde, Verbündete und Partner – in dem Bewusstsein, dass wir die Probleme dieser Welt nur gemeinsam bewältigen werden können«, sagte Carsten Stawitzki, Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr.

Es sei jedoch ein Irrglaube, fügte er an, dass man die Vergangenheit besser abräumen solle: »Es kann nur der aus der Vergangenheit lernen, der sich ihr stellt.«Auch deshalb ordnete der Konteradmiral die Bedeutung des Denkmals ein, vor dem er sprach: Es diente bei seiner Errichtung 1920 nämlich nicht nur dem Erinnern der gefallenen Soldaten, sondern es stand auch für den Kampf um Deutungshoheit und Sinnstiftung: »Der Erste Weltkrieg endete nicht im Denkmal, der Krieg wurde durch das Denkmal weitergeführt.« Es sei zur Mobilisierung bestimmt gewesen, ausgerichtet auf die Zukunft, auf Revanche.

Artikel auf www.welt.de, 19.11.2017

 

HH Blankenese VTT2019 Fuehrungsakademie der Bundeswehr Ines Blandau web2Foto: Führungsakademie der Bundeswehr / Ines Blandau

 

Volkstrauertag 2019: Ehrenbezeigungen mit großem Kranz der Bundesverteidigungsministerin.

 

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»Deutschland muss leben ...«

Unter dem Eindruck seiner Einberufung 1914 schrieb Heinrich Lersch das Gedicht in das Gebetbuch seiner Mutter.

MP Alt Rehse Lied

Heinrich Lersch (1889 - 1936) wurde zu Beginn der Zeit des Nationalsozialismus, im Mai 1933, in die Preußische Akademie der Künste berufen. Im Oktober 1933 gehörte er zu den 88 deutschen Schriftstellern, die das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler unterzeichneten. Nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg unterzeichnete er am 19. August 1934 einen Aufruf der Kulturschaffenden anlässlich der Volksbefragung zur Vereinigung des Amtes des Reichskanzlers und Reichspräsidenten in der Person von Adolf Hitler. Im August 1935 trat Lersch in die NSDAP ein,im selben Jahr erhielt er den mit 200 Mark dotierten Rheinischen Literaturpreis.

Nach Kriegsende wurden in der Sowjetischen Besatzungszone Lerschs Werke »Deutschland muss leben« (1914), »Herz! Aufglühe dein Blut!« (1916), »Klinge hinaus, schlagender Schall« (1940), »Wir Werkleute« (1936) und »Das dichterische Werk« (1944) auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.

Nach Wikipedia, abgerufen 20. April 2016

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Der Dichter Heinrich Lersch

Auf mehreren Kriegerdenkmäler auf dem Gebiet der Nordkirche ist diese Zeile zu lesen. 1979 veröffentlichte eine Autorengruppe um Roland Jaeger das Buch »Ein Kriegsdenkmal in Hamburg«. Lesen sie hier den Beitrag zu Heinrich Lersch. Wir danken den Autoren, dass wir die Seite zur Verfügung stellen dürfen.

Roland Jaeger u.a., 1979


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Die Einweihung 1920

Pastor Marxens Rede wurde nach der Einweihung des Denkmals in einem achtseitigen Heft abgedruckt und verbreitet. Dies ist die Titelseite:

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Pastor Karl Marxen war von 1908 bis zu seinem Ruhestand 1931 Pastor der Kirchengemeinde Blankenese. Er starb 1944 und wurde, auf seinen Wunsch hin, nah bei den Soldatengräbern beigesetzt. 2010 wurde das Grab von der Kirchengemeinde Blankenese aufgelöst.

Seine Weiherede ist durchdrungen vom Geist des preußischen Militarismus: »Kein Volk der Welt war ja so mit seinem Heere verwachsen, wie das deutsche Volk! Wie waren wir stolz auf unser Heer!«.

In völliger Verkennung der historischen Wahrheit spricht er die toten Soldaten an: »Ihr habt mit Euren Leibern Euch der furchtbaren Flut des Verderbens entgegengestellt, die von Ost und West unser Vaterland bedrohte. Wie, wenn das Kriegsfeuer unsere Felder und Dörfer und Städte zurstört hätte! Wie, wenn die Kriegsfurie ihre Fackel über uns geschwungen hätte! An dem, was die besetzten Gebiete im Elsaß und in Oberschlesien zu dulden haben im Frieden, können wir ermessen, was im Kriege von des Feindes vielfarbigen Horden unser Schicksal dann gewesen wäre.«

Wortreich geht es weiter mit der Forderung nach Revanche für die Niederlage im Krieg: »Ein ungeheuerliches Schicksal ist im Wettersturm der Zeiten nach Gottes Willen über uns hereingebrochen. Ist schon das Vollmaß der Leiden erreicht oder geht es noch weiter in die Tiefe? Jede Seite des sogenannten Friedensvertrages eine schier unerträgliche Demütigung unseres Vaterlandes, erbarmungsloser, vernichtender Ernst unserer Feinde. Seit Carthagos Untergang ist nie einem Volke solches auferlegt worden, wie jetzt uns.« und »Herr, gib uns Seher, die den Weg uns zeigen; Herr, gib uns Führer, die den rechten Weg uns leiten; Herr, mach’ uns frei! – Im Stahlbad des Krieges sind in schweren Jahren unserem Volke Riesenkräfte gewachsen, im Glutbad der Not sollen wir geläutert werden, daß wir hervorgehen gereinigt und geeinigt, ein einig Volk von Brüdern, das nie in Not sich trennt und in Gefahr, daß das einst arbeitsfreudigste Volk der Welt wieder drangeht, den Neubau aufzurichten aus den Trümmern.«

Und Pastor Marxen wagt einen mit religiösen Zitaten durchwirkten Blick in die Zukunft: »Hier stehen die Eichen und strecken ihre Zweige über das Denkmal und diese heilige Stätte. Sie sind noch jung, sie werden wachsen, auch wenn der Sturmwind braust, sie werden stark und immer stärker, daß kein Sturm sie fällen kann; der deutsche Eichbaum steht! Tief und fest hat er seine Wurzeln in das Erdreich gesenkt. So wurzele du wieder, mein deutsches Volk, in deines wahren Wesens Tiefen, so wurzele in deinem Gott! Dann laß den Sturmwind brausen, es hat nicht not. – Ich sehe hinaus in die Zukunft: einen Jahresring nach dem anderen haben die Eichbäume getrieben, stark und knorrig, machtvoll und trutzig stehen sie da. Und neu erstanden wird Deutschland sein, frei und mächtig in der Welt. Und wieder werden hier unter den Eichbäumen die Fahnen flattern, und wo wir heute aus der Tiefe singen: »Herr, mach uns frei!« da singt dann wieder eine Gemeinde: »Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen der große Dinge tut an uns und allen Enden!« Ja, ja so soll es gescheh’n! Und wenn die Welt voll Teufel wär’, es soll uns doch gelingen! Ein feste Burg ist unser Gott! Mit Gott wollen wir Taten tun. Deutschland muß leben! Amen«

Die Weiherede


Seit dem 3. Oktober 1920 steht das Denkmal nun auf dem Friedhof, bis auf die Ergänzung der Jahreszahlen des 2. Weltkriegs »1939 – 1945«, unverändert und unkommentiert.

• Wir danken Joachim Eggeling vom Blankeneser Bürger-Verein für die Kopie der Rede.

 

Aus dem Archiv der Geschichtswerkstatt Ottensen zur Einweihung:

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© Geschichtswerkstatt Ottensen


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Der Bildhauer

August Anton Henneberger, geboren am 15. Januar 1873 in Kötzting, gestorben am 29. September 1961 in Hamburg, wurde etwa von 1891 bis 1901 in München zum Bildhauer ausgebildet. Ab 23. Oktober 1899 war er an der dortigen Akademie als Schüler von Syrius Eberle eingeschrieben. Um 1904 ging er nach Altona, wo er als Professor an der Kunstgewerbeschule lehrte. An der Gründung des Altonaer Künstlervereins im Jahre 1905 war er maßgebend beteiligt. Er hat auch das so genannte 31er-Kriegerdenkmal vor der Johanniskirche in Altona erstellt.

Kriegerdenkmal Johanniskirche


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Volkstrauertag 1958

Es gibt viel zu tun in Blankenese und Dockenhuden – an sieben Denkmälern Aufmärsche, Kranzniederlegungen und ein Feldgottesdienst:

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Vielen Dank an Katrin Ehlberg vom Süderelbe-Archiv!

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II. dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.


Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web2

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf Polen, erneuerte Adolf Hitler das Eiserne Kreuz in 4. Stiftung und machte das ehemals preußische Ehrenzeichen zu einem nationalsozialistischen Kriegsorden. Dabei profitierte er vom hohen moralischen und symbolischen Wert der traditionsreichen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt. Heute ist das Eiserne Kreuz mit Hakenkreuz in der Mitte ein verfassungsfeindliches Propagandamittel.

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

Spiegeltitel 50 2022 EK Reichsbuerger web

... und ganz aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

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Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll. Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die uns alle verbinden: Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft ...«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


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Propst Paulsen

Propst Theodor Paulsen (1839 - 1921) hatte den dringend benötigten Begräbnisplatz für die Blankeneser Gemeinde vom Gemeindevorsteher Ellerbrock gekauft und den neuen Friedhof am 20. April 1902 eingeweiht. Er lag an der Landstraße, die von Dockenhuden-Blankenese nach Sülldorf führte und hatte großen Waldbestand.

 

     HH BlankeneseFried Paulsen web

Am 27. September 2017 fand im Gemeindehaus der Blankeneser Kirche am Markt ein Streitgespräch statt zur historischen Einordnung des Blankeneser Gründungsvater. Er hatte auch die Kirche am Markt, das Gymnasium Blankenese und weitere Einrichtungen im Hamburger Westen gegründet, er war »einer der ›Macher‹, die das Bild von Blankenese bis heute bestimmen. Eine Schülergruppe des Gymnasiums Blankenese hat sich im Rahmen eines Geschichtswettbewerbs mit dieser Frage beschäftigt und ist zu kritischen Ergebnissen gekommen.

Paulsens Verdienste sind unbestritten. Aber war er damit der charismatische Gestalter, Lehrer und Theologe, wie er traditionell gesehen wird? Oder war er ein willfähriger Helfershelfer im Machtgetriebe des Wilhelminischen Kaiserreichs?«

Zitiert aus dem Veranstaltungsprogramm der Kirche am Markt

Geschichtswettbewerb Propst Paulsen


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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
»Inhaltlich einwandfrei«
1914: Die Seegefechte im Südatlantik
Das Bild
»Unbesiegt in Scapa Flow«
Der Turm auf dem Waseberg
Hans Leip
Die Parkanlage Bismarckstein
Otto von Bismarck

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Blankenese

Das Marinedenkmal in der Parkanlage Bismarckstein

Es steht auf der Aussichtsplattform des Wasebergs, dem höchsten Teil des Parks. Am 2. Juni 1935 hat die Stifterin, die »Marinekameradschaft Blankenese«, den Gedenkstein eingeweiht. Es ist ein Granit aus dem Bayrischen Wald, 180 Zentner schwer, 3,80 m hoch und 2,60 m breit. Er ist heute allen »Gefallenen der Marine« gewidmet.

HH Bismarckstein 2021 Denkmal web


Den Stein hüllt eine akkurat geschnittene Eibenhecke ein, die niedrige Metalleinfassung begrenzt sie. Der großzügige Zugang, gepflastert mit kleinen Granitsteinen, schließt zum Sandweg halbrund ab.

 

HH Bismarckstein 2021 Denkmal nah web


Eine schmale Kupfertafel, 186 cm hoch und 91 cm breit, ist in den Stein eingelassen. Sie wurde 1951 vom Blankeneser Goldschmiedemeister Hans Kay erstellt.

 

HH Bismarckstein 2021 Tafel web


Im oberen Teil steht in ausgeblockten Zeilen ein Spruch von Hans Leip:

WAS AUCH
DIE SEE
VERSCHLANG
DIE ZEIT
VERSCHLANG
DAS WEH
EWIG BLEIBT
DIE SEE

Hans Leip, 1893 in Hamburg geboren, war ein Schriftsteller mit Hang zum Nationalsozialismus. Seine vorherrschenden Themen sind das Meer und die Seefahrt. Sein Nachruhm beruht hauptsächlich auf dem Gedicht »Lilli Marleen«, das als Lied im 2. Weltkrieg große Popularität erlangte.

Nach seinem Spruch (mehr dazu im übernächsten Kapitel »Inhaltlich einwandfrei«) folgt auf dem Stein die Darstellung eines Ankers in Kontur. Darunter die Widmung, mittig gesetzt:

ZUM
EHRENDEN
GEDENKEN
AN DIE
GEFALLENEN
DER MARINE

HH Bismarckstein 2021 Anker web


Die Norddeutschen Nachrichten schrieben am 14. April 1951:
»Die Tafel, die in ihrer schönen und schlichten Form von zeitloser Würde ist ...«.

 

HH Bismarckstein 2021 Signatur web


Die Signatur des Goldschmiedemeisters Hans Kay.

HH Bismarckstein 2021 Elbblick web


Auf gleicher Pflasterung stehen mit dem Rücken zum Denkmalsplatz zwei Bänke mit Aussicht. Hier kann man den wunderbaren Blick auf die Elbe geniessen.

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Die Geschichte

Am 29. Januar 1935 mahnt der Leiter des Marinevereins der Elbgemeinden beim Oberbürgermeister der Stadt Altona Pg. Brix die Genehmigung für den Denkmalsplatz an. Eine Skizze mit dem nachempfundenen Gemälde »Der letzte Mann« von Hans Bohrdt liegt bei. Dem Oberbürgermeister wird die Sache schmackhaft gemacht: »Zu der Einweihung wird wieder die Reichsmarine eingeladen, so dass dieser Tag auch einen erheblichen Fremdenverkehr nach Altona-Blankenese bringen wird.«

Garteninspektor Rindermann legt nach: »Bei stattfindenden Gedenkfeiern ist Raum für ca. 1000 Personen vorhanden, sowie auch die An- und Abmarschwege einen reibungslosen Verkehr ermöglichen.«

Es ist keine Überraschung: Oberbürgermeister Brix genehmigt die Errichtung mit einem abschließenden »Heil Hitler!«.

Der Schriftverkehr, StAHH 445-2 II Nr.493, S. 1-4

 

HH Bismarckstein Marine PL 8556 webFoto: STHH, Best. 720-1/343-1_00008556


Da steht der Stein nun, am gewünschten Ort ist er am 2. Juni 1935 eingeweiht worden. Auf diesem Winterfoto kann man auch den Aussichtsturm auf dem höchsten Punkt des Wasebergs erkennen.

 

HH Bismarckstein Marine Tafel PL 8555 webFoto: STHH, Best. 720-1/343-1_00008555


Die Bronzetafel mit der Reliefdarstellung nach Hans Bohrdts Gemälde zeigt eine Szene der Seeschlacht bei den Falklandinseln, nicht der Skagerragschlacht, wie fälschlicherweise oft geschrieben wird. Die wehende Fahne gehört also zu dieser verlorenen Schlacht, während die Liste auf der Tafel das gesamte gesunkene oder abgestürzte Marineequipment des verlorenen 1. Weltkriegs aufzählt.

1914 – 1918
Mit wehender Fahne
sanken vor dem Feind
  1 Linienschiff          83 Torpedoboote
  6 Spezialschiffe       92 Hilfsschiffe
  7 Panzerkreuzer    136 Minensuchboote
10 Kanonenboote    199 Unterseeboote
17 Kleine Kreuzer     30 Marineluftschiffe
17 Hilfskreuzer       170 Marineflugzeuge

Eigentlich hätte die genannte Zeitspanne 1914 – 1919 heißen müssen, denn erst am 21. Juni 1919 hatte Konteradmiral Ludwig von Reuter im britischen Flottenstützpunkt Scapa Flow die gleichzeitige Selbstversenkung von 52 dort festgesetzten Schlachtschiffen, Kreuzern und Zerstörern der Hochseeflotte organisiert. Alles in allem war damit die Kaiserliche Marine im Kern zerschlagen.

 

HH Bismarckstein Marine Tafel Detail unten PL 8555 webFoto: STHH, Best. 720-1/343-1_00008555

 
Nach der Liste wird voller Ehrfurcht der toten Kameraden gedacht, das stolze Wort »Unbesiegt« ist dabei absurd:

Voll Ehrfurcht gedenken wir
unserer zu Wasser und zu Lande
gefallenen Marinekameraden
1919
Unbesiegt wurde die Flotte
versenkt in Skapa Flow

Es folgt das Relief eines Ankers. Nur dieses klassische Symbol der Marine wurde 1951 für die neue Tafel übernommen.


»Als wir etwas sehen konnten und Zeit zum Nachdenken hatten, wurde mir langsam klar, was für ein schreckliches Szenario sich hier abgespielt hatte. Wir dachten an Begriffe wie ›Ehre‹ und ›Ruhm‹, die so viele Menschen in ihrer Unwissenheit mit dem Krieg in Verbindung bringen. Sie hätten die Decks der SMS ›Broke‹ am 1. Juni 1916 um 4 Uhr morgens sehen sollen. Da hätten Sie gesehen, wie der ›Ruhm‹ und die ›Ehre‹ tatsächlich aussahen. Achtundvierzig unserer Männer waren gefallen und die meisten waren so zugerichtet, dass sie nicht mehr wiederzuerkennen waren. Weitere vierzig waren sehr schwer verwundet. Ungefähr fünf Stunden lang versuchten wir, alle unsere toten Kameraden zu finden, sie von dem halbzerstörten Mannschaftsdeck zu schleifen und ihre Leichen über Bord zu werfen, damit sie in der tiefen See ihre letzte Ruhe finden konnten. Das waren die ›Ehre‹ und der ›Ruhm‹, die uns zuteilwurden. Es kommt einem vor wie ein Massenmord. Man fragt sich, wie die Menschen diese Kühnheit aufbringen konnten. Hätten wir nur einmal kurz überlegt, auf was wir uns da einlassen, wären wir niemals in den Krieg gezogen.«

Telegraphist J. Croad, SMS »Broke«, Deutsches Marinemuseum WHV

 

HH Bismarckstein Marine PK nach 1937 web


1935 war hinter dem Gedenkstein ein weithin sichtbarer Mast aufgebaut worden. Bei der Umgestaltung 1951 sollte der Mast erneuert werden, es wurden diverse Kostenvoranschläge eingeholt, doch dann ließ die Haushaltslage die Bewilligung der Mittel nicht zu. So ist der Stein bis heute ohne Mast geblieben.

Auch um die Kosten für die Umgestaltung des Steins wurde gerungen. Für die billigste Version – Platte weg und nur die Zahlen 1914 - 1918 einmeisseln – wird um Rat gefragt: »Vor zwei Tagen hat der Bildhauer Ruwoldt zusammen mit einem Steinmetz den Stein besichtigt und festgestellt, daß es sich um einen sog. Schichtfindling handelt. Diese Art Findlinge vertragen keine Bearbeitung, weil sie leicht abspringen und reissen.« Nach langem Hin und Her wird dann schließlich der Goldschmiedemeister Hans Kay mit der Ausführung seines Entwurfs für eine neue Platte beauftragt.


Aber auch die Politiker haben gerungen: die Haltung zu einem Kriegerdenkmal ist sehr divers:

Am 30. Juni 1950 tagt der Bezirksausschuss Altona: Pehmöller (SPD) fragt, »ob angesichts der Ruinen nicht genug Erinnerungen aus dem Krieg vorhanden sind. Hansen (CDU) schimpft zu Pehmöller gewandt, »dass diejenigen, die gegen das Marineehrenmal sind, sich schämen sollten.« Leffler (FDP) stellt fest, »dass die Ehre des Soldaten nicht von Ehrenmälern abhängt«. Dr. Wahl (KPD) weist darauf hin, »dass man das ehrfürchtige Gedenken an die Gefallenen dadurch am besten zum Ausdruck bringt, dass man sich um das Wohl der Hinterbliebenen kümmert«.

Sitzung Bezirksausschuss Altona, StAHH 445-2 II Nr.493, S.37-40


In der Sitzung vom 10. Oktober wird dann zum Entwurf der neuen Platte Stellung genommen: Herr Kowalke (DP) teilt mit, dass er dazu »in keiner Weise Stellung nehmen kann, sondern die Anbringung der alten Tafel fordert, da er in ihrer Entfernung eine Diffamierung des deutschen Soldaten sieht«.

Dem Entwurf wird dennoch mit 15 Stimmen – bei einer Enthaltung – zugestimmt

Im Juni 1957 befasst sich die Marine-Kameradschaft auf einem Kameradschaftsabend mit dem Denkmal auf dem Bismarckstein. Es soll eine Schiffsglocke angebracht werden, »die bei feierlichen Anlässen ertönen soll«. Berichtet wird von einem Gedenkgottesdienst für die »Gefallenen des Schlachtschiffs Bismarck« in Friedrichsruh. An dieser Feierstunde nahmen nicht nur die Blankeneser Marine-Kameraden teil, sondern »auch Großadmiral a. D. Raeder«.

Raeder war von 1928 bis 1943 Leiter des Oberkommandos der Marine und ab 1935 Oberbefehlshaber der Kriegsmarine der Reichs- bzw. Kriegsmarine. Er erhielt am 30. Januar 1937 das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP. Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof wurde er angeklagt, in drei Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. 1955 wurde er entlassen.

Mehr zu Raeder auf Wikipedia

Bericht vom Kameradsschaftsabend, StAHH 445-2 II Nr.493, S.91


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»Inhaltlich einwandfrei«

Am 24. Mai 1949 geht ein Schreiben vom Ortsamt Blankenese zur Kulturbehörde in der Feldbrunnenstraße: »... Es ist bei dem Beschluss betreffend die Entfernung der Tafel zum Ausdruck gebracht worden, dass die Ehrung in künstlerisch und inhaltlich einwandfreier Form erneuert werden soll.«

Allroundtalent und Marinekenner Hans Leip schlägt folgenden Text vor:
Was auch die See verschlang,
die Zeit verschlingt das Weh.
Macht, Ruhm und Ehr verklang.
Ewig bleibt die See.

Der Lichtwarkausschuss in Blankenese, dem die Prüfung des Spruchs obliegt, ist mit der dritten Zeile nicht einverstanden. Der Spruch heißt nun:
Was auch die See verschlang,
die Zeit verschlang das Weh,
ewig bleibt die See.

Das Ortsamt Blankenese versucht zu helfen: Der Lichtwarkausschuss hat also empfohlen, die 3. Zeile fortzulassen, um unnötiger Kritik vorzubeugen. Vielleicht könnte man statt der 3. Zelie sagen:
Was auch die See verschlang,
die Zeit verschlingt das Weh.
Macht, Glanz und Stolz verklang.
Ewig bleibt die See.

Hans Leip ist beunruhigt, er macht einen weiteren Textvorschlag:
See, See,
salzig von Tränen und Leid,
lösch aus das Gewesen!
Welt, aufersteh,
von falschem Ruhm genesen
zur Menschlichkeit!

Wir wissen nicht was der Lichtwarkausschuss zu diesem Text gesagt hat, er hat jedenfalls seinen eigenen Vorschlag durchgesetzt.

Brief des Ortsamts, StAHH 445-2 II Nr.493, S.23


1951 schreibt Hans Leip einen bösen Brief: Er hat von seiner eleminierten 3. Zeile erfahren. Der Sinn sei entstellt, »ganz abgesehen von der rein klanglichen Wirkung«. Als »Vertreter des deutschen Schrifttums« klagt er: »... genau so wenig, wie ich bisher das Geringste von einer Honorierung vernommen habe«. Die Antwort aus Hamburg kommt mit Hinweis auf die desolate Haushaltslage, ein wildes Gefeilsche beginnt und schließlich bezahlt Senator Landahl ihm »unter dem Gesichtswinkel der Kulturförderung« 100 Mark aus der Kasse der Kulturbehörde.

Schriftwechsel, StAHH 445-2 II Nr. 493, S. 64-69


Wir danken Anke Hönnig sehr herzlich – ohne sie hätte es diese Dokumentation nicht gegeben!


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1914: Die Seegefechte im Südatlantik

Zu Beginn des 1. Weltkriegs befand sich der kaiserliche Vizeadmiral Maximilian Graf von Spee mit dem deutschen Kreuzergeschwader in der Südsee. Um dort nicht von den Japanern festgesetzt zu werden, entschied er sich im August 1914 für den Aufbruch nach Südamerika. Über Monate konnte das deutsche Geschwader den britischen, französischen, japanischen und russischen Verfolgern entkommen. Diese »Teufelskerl«-Geschichte begeisterte die Heimat und begründete zusammen mit dem nun folgenden Sieg über ein britische Geschwader Spees Ruf als Held der deutschen Marine.

Am 1. November 1914 trafen bei Coronel vor der Küste Chiles das britische 4. Geschwader und das Kreuzergeschwader von Admiral Spee aufeinander. Das deutsche Geschwader war artilleristisch und taktisch im Vorteil und verfügte über deutlich größere Feuerkraft. So konnten es bei nur drei Verwundeten die Schlacht für sich entscheiden. Nur zwei britische Schiffe konnten entkommen, insgesamt starben ca. 1.700 britische Seeleute. Das deutsche Kreuzergeschwader lief in den Hafen von Valparaiso ein und ließ sich dort von den Chilenen und den ansässigen deutschen Landsleuten ordentlich feiern, denn dieser Sieg zur See war der erste gegen Großbritannien seit rund einem Jahrhundert.

Um der Gefahr einer Blockade des britischen Handels durch das deutsche Kreuzergeschwader zu entgehen, schickte die britische Admiralität zwei Schlachtkreuzer von der Nordsee in den Südatlantik.

»Admiral Spee hatte nach Coronel verschiedene Optionen, er konnte das Kreuzergeschwader aufteilen und die Schiffe einzeln Handelskrieg führen lassen, er konnte sich im neutralen Ausland internieren lassen oder er konnte Kap Horn umrunden und eine Fahrt in die Heimat wagen. Beim anschließenden Versuch eines Durchbruches nach Deutschland traf das Kreuzergeschwader am 8. Dezember 1914 bei den Falklandinseln auf die gerade eingetroffenen Verstärkungen aus Europa und wurde durch ein überlegenes britisches Geschwader beinahe vollkommen vernichtet«, schreibt Daniel Schneider für das Bundesarchiv (siehe 1. Link).

Etwa 2.200 deutsche Seeleute starben, darunter Admiral Spee und seine beiden Söhne.

Die Schlacht von Coronel 1914 im Bundesarchiv

Mehr auf Wikipedia

Britische Fernsehdokumentation, Film auf YouTube von ca.1964

 

Das Gedicht »Der letzte Mann – aus dem Heldenkampf in der Seeschlacht bei den Falklandinseln am 8. Dezember 1914« von Heinrich Röser wurde zusammen mit dem Gemälde von Hans Bohrdt (siehe nächstes Kapitel) in großer Auflage als Postkarte etc. gedruckt.

Sie haben gefochten eins zu vier,
Nun zieht sie der Tod ins kühle Revier
Sie haben gefochten vier zu eins,
Die Helden im Strahl des Ewigenscheins.
Nun brennt das Schiff an Bug und Heck,
Die Mannschaft steht auf Vorderdeck.
Und wie sie in die Tiefe sinkt,
Greift sie zur Mütze und grüßt und schwingt,
Bis daß von Fluten begraben die Hand,
Hurra dem Kaiser und Vaterland!
Als sich vollendet das Geschick,
Kieloben treibt’s einen Augenblick
Und reckt noch einmal den wunden Rumpf
Und gurgelt hohl und gurgelt dumpf.
Da plötzlich aus der Meeresflut
Taucht ein Matrose, ein junges Blut,
Der hält über See in höchster Not
In der Rechten die Flagge schwarz-weiß-rot.
Mit ihr erklimmt er das brodelnde Wrack,
Fest steht er, ein Fels, standhaft und strack,
Er schwingt mit kräftiger Seemannshand
Noch einmal die Flagge fürs Vaterland.
Und als der Rumpf in der Flut versinkt,
Mit beiden Händen die Fahne er schwingt.
Und als die Welle den Kopf bedeckt,
Aus dem Wasser ein Arm noch die Fahne streckt.
Er läßt sie nicht, er nimmt sie hinein;
Sie soll auch im Tod sein Begleiter sein.

Den Gegenentwurf zur Heldenverehrung finden wir auf der Seite www.freiburg-postkolonial.de:

»Am 4.12.1912 wurde er [Spee] Kommandeur des Ostasiengeschwaders, das zuständig für die militärische Herrschaftssicherung in Kiautschou (China) und den diversen Südseeinseln in deutschem Besitz war. Es hatte seinen Sitz in Tsingtao/ Kiautschou, wo sich der einzige ausgebaute und befestigte deutsche Flottenstützpunkt im Ausland befand. Mit Beginn des 1.Welkriegs sollte das Geschwader im Indischen Ozean Kreuzerkrieg führen (Angriffe auf zivile und militärische Schiffe sowie Küstenstationen, Unterwasserkabel und Funkstationen). Während Spee den Kreuzer ›Emden‹ zu dieser marodierenden Tätigkeit abkommandierte, machte sich Spee mit dem Großteil der Schiffe jedoch bald auf den Weg Richtung Chile. Denn der Stützpunkt Tsingtao war nicht zu halten, das neutrale Chile aber hatte sein Wohlwollen gegenüber Deutschland signalisiert und so konnte man sich dort mit Kohlen versorgen. Zunächst besiegten sie noch im November 1914 bei den Coronel-Inseln eine schwache britische Kreuzerdivision und versenkten dabei zwei Panzerkreuzer (dies wurde z.B. in der Freiburger Zeitung mit dem Abdruck glorifizierender Auszüge aus einem Feldpostbrief honorierti). Nach der Umrundung von Kap Hoorn wendete sich das Blatt. Spee wurde am 8.12.1914 an Bord des Kreuzers Scharnhorst bei den Falklandinseln vor Argentinien selbst von der Britischen Marine versenkt. Insgesamt starben in der Schlacht ca. 2.100 Angehörige des Ostasiengeschwaders der Kaiserlichen Marine, ca. 214 überlebten.

Spee wurde anschließend als Held verherrlicht. 1917, 1939 und 1959 (sic!) wurden deutsche Kriegsschiffe nach ihm benannt und in verschiedenen Städten sind Spee- oder Falklandstraßen zu finden.«

Zum kompletten Text mit weiterführenden Links

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Das Bild

»Mit wehender Flagge sanken vor dem Feind« – dieser Spruch stand auf der ersten Bronzeplatte des Marinedenkmals unter dem als Relief umgesetzten Abbild des wohl berühmtesten Gemäldes von Marinemaler Hans Bohrdt. Dieses Gemälde hat eine große Verbreitung gefunden hat – erstaunlicherweise bis heute, siehe das Mousepad am Ende dieses Kapitels.

HH Blankenese Marine Gemaelde web2


»Am 8. Dezember 1914 trafen Graf Spees Auslandsgeschwader und englische Kreuzer bei den Falkland-Inseln aufeinander. Nachdem am 1. November 1914 bei Coronel den Deut­schen noch ein Seesieg gegen die Engländer gelungen war, so geriet ihnen dieses Treffen zur Niederlage, bei der vier deutsche Kreuzer versenkt wurden. Es sollen dabei Matrosen auf den Schiffen mit hochgehaltener Flagge und singend untergegangen sein. [...] Dieser zumindest 1914/15 relativ vage Sachverhalt war die Veranlassung für Hans Bohrdts Ölgemälde. [...] Auf dem Plattenboden eines gekenterten Schiffes kniet, umleckt von Wellen, die die Flä­chen schon überspülen, auf dem Kielbalken ein Mann in Matrosenunifom und hält die deut­sche Kriegsflagge, eine Bootsflagge, am zerbrochenen Stock hoch. Der Kiel des versinkenden Schiffes ragt von rechts nach links schräg ins Bild hinein, zeigt auf drei Kriegsschiffe, die in un­terschiedlicher Entfernung zueinander auf den Untergangsort zuhalten, um den noch andere Menschen schwimmen. Eines der Fahrzeuge, das am weitesten herangefahrene, zeigt an der Gaffel und im Topp des achteren Mastes die englische Kriegsflagge. Die Fahrzeuge sind zum Teil beschädigt, eines brennt.«

Meyer-Friese, B. (1981). »Der letzte Mann« – Legenden um eine Wahrheit: Bemerkungen zur Rezeptionsgeschichte eines Bildes. Deutsches Schiffahrtsarchiv, 4, 111


Boye Meyer-Friese hat alle Facetten der Geschichte zu diesem Gemälde beleuchtet.

Hier seine vollständige Erörterung

 

HH Bismarckstein Marine Detail oben PL 8555 web2Foto: STHH, Best. 720-1/343-1_00008555


Der letzte noch lebende Soldat streckt mit trotziger Geste gegen die Ungerechtigkeit des Schicksals die Reichskriegsflagge in die Höhe. Sie war die offizielle Kriegsflagge der Streitkräfte des Deutschen Reiches in der Zeit von 1871 bis 1945 – ein kraftvolles Symbol der deutschen Nation und deshalb bis heute beliebt in der rechten Szene.

Für das Marinedenkmal wurde die Szene in Bronze gegossen. Der Marineverein der Elbgemeinden kündigte dem Herrn Oberbürgermeister der Stadt Altona Pg. [Parteigenosse] Brix am 29. Januar 1935 die baldige Einweihung an. Vereinsleiter Seeburg ist überzeugt, dass dieses Ehrenmal »der Stadt Altona zum Ruhme gereichen wird« und zeichnet mit »Heil Hitler!«.

Senator Dr. Nevermann sieht das 13 Jahre später anders: »Ausserdem steht auf dem Bismarckstein noch das Marineehrenmal mit der nationalistischen, geschmacklosen Platte und Inschrift. Ich würde empfehlen, den großen Stein einfach plattzulegen und ihn als Sitzgelegenheit zu benutzen.«, schreibt er an das Ortsamt Blankenese und meint vermutlich mit der Platte nach unten.

Auch Oberbaudirektor Meyer-Ottens gefällt die Bronzetafel nicht: »Die Bronzetafel ist so unoriginell und geistig so abgegriffen, daß man kein Verständnis dafür hat, wie diese Scheußlichkeit noch länger geduldet werden soll. Es nützt nichts bei diesen Dingen, einige Worte auszuradieren. Der auf dem Floß absaufende und Fahnen hochhaltende Matrose ist im Kunstdruck so oft in jedem geschmacklosen Papierladen erhältlich gewesen und hat die Wohnungen der deutschen Bürger geziert und ziiert sie auch noch heute, daß man nur die geistige Armut bewundern kann, die seinerzeit ein schlechtes Bild als Vorwurf nahm, um es in Bronze noch schlechter zu gießen.

Es handelt sich bei solchen Dingen nicht um politische Rührseligkeiten, sondern darum, daß die heranwachsende Jugend es gewohnt wird, minderwertiges Zeug als bedeutend zu empfinden. Dagegen hat sich jeder, der sich jemals mit den Fragen der Gestaltung befaßt hat, und der im Sinne des Aufrufs des Bürgermeisters im Geiste Lichtwarks mitarbeitet, auszusprechen.«

Quelle der Zitate siehe PDFs zur Geschichte des Marinedenkmals

 

HH Blankenese Marine Mousepad web3


Das Mousepad – gut, dass Oberbaudirektor Meyer-Ottens es nicht sehen musste!

Aktuell findet man im Internet auch Angebote wie z.B.: »Das Kunstwerk Der letzte Mann – Bohrdt Hans liefern wir als Kunstdruck auf Leinwand, Poster, Dibondbild oder auf edelstem Büttenpapier«.


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»Unbesiegt in Scapa Flow«

»Unbesiegt wurde die Flotte versenkt in Skapa Flow« – das ist der finale Satz auf der ersten Bronzeplatte des Marinedenkmals. Was steckt dahinter?

»Die Selbstversenkung der Kaiserlichen Hochseeflotte fand am 21. Juni 1919 im britischen Flottenstützpunkt Scapa Flow statt, in dem die ehemalige kaiserliche Flotte als Folge des Waffenstillstands am Ende des Ersten Weltkriegs interniert worden war. Da die deutsche Regierung kurz davor stand, den Vertrag von Versailles zu unterzeichnen, der in Artikel 184 die Auslieferung aller Kriegsschiffe in Scapa Flow vorsah, initiierte Konteradmiral Ludwig von Reuter die organisierte Selbstversenkung. Damit war der Kern der Kaiserlichen Marine zerstört.

HH Blankenese Marine scapa flow web Foto: Wikimedia Commons / gemeinfrei

Untergehendes deutsches Torpedoboot in Scapa Flow: gleich springt der letzte Mann ins Rettungsboot!

Die Versenkung der Schiffe wurde von englischer Seite als ein Bruch der Waffenstillstandsbedingungen angesehen, die es verboten, militärische Ausrüstung zu zerstören. Von Reuter wurde deswegen des Vertragsbruches beschuldigt und mit seinen Seeleuten in Kriegsgefangenschaft genommen.«

• Wikipedia, abgerufen am 16. November 2021

Mehr dazu auf Wikipedia



Im Archiv der Illustrierten Stern findet sich dieser Bericht: »21. Juni, der Tag, an dem die deutsche Hochseeflotte versank«

»Ohne einen Schuss abzugeben, versank der Stolz des Kaiserreiches. 52 deutsche Schiffe gingen unter. Ihre Besatzungen hatten ein letztes Mal die Flagge des Kaisers gehisst, bevor sie ihre eigenen Schiffe fluteten und in die Tiefe schickten. [...] 

Vor dem Ersten Weltkrieg blickte Deutschland mit Stolz auf die Marine. Der Aufbau der Hochseeflotte lag dem Kaiser und den patriotischen Deutschen besonders am Herzen. Eine mächtige Kriegsmarine sollte dem Reich auf der ganzen Welt den ersehnten ›Platz an der Sonne‹ sichern.

Doch als der Krieg 1914 begann, stellte sich schnell heraus, dass er am Boden entschieden wurde. In einem schnellen Vorstoß wollten die Deutschen Paris besiegen – dazu wurde die Flotte nicht benötigt. Als sich die Fronten in einem endlosen Grabenkrieg festgefahren hatten, sollte die Hochseeflotte versuchen, die Meere zu beherrschen und so den Krieg zu entscheiden.

Am Skagerrak kam es vom 31. Mai 1916 bis zum 1. Juni 1916 zur einzigen großen Seeschlacht des Krieges. Nach ersten schweren Verlusten der Briten fuhr die deutsche Schlachtlinie geradewegs in eine Falle. Mit einem kühnen Manöver rettete Admiral Scheer seine Schiffe und brach die Schlacht ab. Von den Verlusten her betrachtet, endete die Schlacht mit einem ›Unentschieden‹. Strategisch war es ein Sieg der Briten. Die Deutschen konnten nicht aus ihren Häfen ausbrechen und forderten die Royal Navy nie wieder heraus.

Während Millionen von Infanteristen von Granaten zerfetzt wurden und am Giftgas erstickten, verbrachte die Flotte den Krieg im Wesentlichen in den sicheren Häfen. Als der Krieg rettungslos verloren war, wollten einige Offiziere zu einem selbstmörderischen Angriff auflaufen – doch die Matrosen folgten ihnen nicht mehr. Die Revolution brach aus und das Kaiserreich fiel in sich zusammen.

Die Übergabe der deutschen Hochseeflotte an die Alliierten war eine der Bedingungen des Waffenstillstands, der den Ersten Weltkrieg im November 1918 beendete. 70 deutsche Schlachtschiffe, Kreuzer und Zerstörer unter dem Kommando von Konteradmiral Ludwig von Reuter trafen am 21. November an der schottischen Küste vor dem Firth of Forth ein, um die Flotte dem britischen Admiral Sir David Beatty zu unterstellen. Die Übergabe verlief friedlich und Beatty schrieb nicht ohne Ironie an seine Frau: ›Nun, Pansy, wir haben endlich die Hochseeflotte getroffen.‹ Die Hochseeflotte, die jahrelang die Begegnung mit Beattys Schiffen vermieden hatte.

Die Alliierten waren uneins, was mit den deutschen Schiffen geschehen sollte, also wurden sie in den großen Naturhafen Scapa Flow der Orkneyinseln gebracht, um dort interniert zu werden. Es trafen noch weitere Schiffe ein, schließlich waren es 74 mit rund 20.000 deutschen Seeleuten. Die meisten Seeleute kehrten nach Deutschland zurück, nur eine Notbesatzung blieb. ›Die Schiffe wurden nicht wirklich übergeben und darum gab es keine britischen Truppen an Bord, um zu verhindern, dass sie versenkt wurden‹, sagte Tom Muir vom Orkney Museum gegenüber BBC Radio. ›Sie waren Eigentum der deutschen Regierung und blieben das während ihrer gesamten Zeit hier.‹«

Link zum Artikel (mit Werbung)



HH Blankenese Marine Postkarte 1935 web2Bild: Ausschnitt der Postkarte von BBV / JoE-Archiv

Diese Postkarte wurde 1935 zur Einweihung des Denkmals gedruckt. Man muss die Geschichte kennen, um die verdrehte Bewertung zu erkennen, die der Spruch am Ende offenbart.

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Der turm auf dem Waseberg

Der Waseberg ist der höchste Teil der Parkanlage Bismarckstein, er ist mit 87 Metern über NN die dritthöchste Erhebung Hamburgs und Teil eines Höhenzugs am Nordufer der Elbe.

HH Blankenese Bismarckstein Schnee BBV JoE Archiv web2


1863 hatte der damalige Besitzer des Geländes W. J. Louis dort einen Aussichtsturm errichten lassen.

 

HH Blankenese Bismarckstein 1904 BBV JoE Archiv web


Auch auf dieser Postkarte, gelaufen am 22. September 1904, hat der Turm noch seine ursprüngliche Form, sein Standort wird mit Bismarckstein bezeichnet.

 

HH Blankenese Bismarckstein 2 8 1911 BBV JoE Archiv web2


Auf dieser Karte, gelaufen 2. August 1911, ist der Aussichtsturm in neuer Gestalt zu sehen. Er ist um einen äußeren Rundlauf und eine attraktive Kuppel erhöht worden.

 

HH Blankenese Bismarckstein 1930er BBV JoE Archiv web


Großer Auftritt für den Turm in den 30er Jahren: Ein breiter Weg und perfekte Treppen führen durch eine gepflegte Anlage zu ihm hinauf.

 

HH Bismarckturm PL 8559 webFoto: STHH, Best. 720-1/343-1_00008559

Foto vom 3. März 1948. Der Krieg ist vorbei: Der Turm hat seine Kuppel verloren und der Rundlauf sein Geländer. Schon am 29. Januar 1948 hatte Senator Dr. Nevermann an das Ortsamt Blankenese geschrieben: »An dem Aussichtsturm des Bismarckparks in Blankenese befindet sich noch die Inschrift ›Wir Deutschen fürchten Gott sonst nichts auf der Welt‹. Die Furchtlosigkeit besteht offenbar darin, daß man alsdann den Turm besteigt, dessen Plattform nicht von einem Geländer umgeben ist. Ich habe bereits dem Hochbauamt den Auftrag gegeben, ein Geländer anzubringen. Die Inschrift ist – soviel ich gesehen habe – sehr leicht mit Hammer und Meißel zu entfernen. Ich bin der Auffassung, daß dies schnellstens geschehen müßte.«

Am 30. März 1948 meldete Herr Schöning, Obersenatsrat im Ortsamt Blankenese Vollzug. Das Bismarck-Wort »Wir Deutschen fürchten Gott sonst, nichts auf der Welt« sei entfernt worden, die Wiederherstellung des Turms in die Wege geleitet.

Am 7. April 1948 schaltet sich Oberbaudirektor Meyer-Ottens ein: »Die Mehrheit der Mitglieder des Lichtwark-Ausschusses hatte sich in einer gestrigen Sitzung dazu entschlossen, dieses häßliche Bauwerk verschwinden zu lassen. Dadurch, daß man so einen Spruch wie »Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt« von einer Tür abnimmt, verbessert man das Bauwerk nicht.« Die Architekten möchten einen Wettbewerb zur Umgestaltung des Turmes vornehmen.

Herr Schöning antwortet am 24. April: »Der beratende Ausschuss und das Ortsamt stehen einmütig auf dem Standpunkt, den Aussichtsturm stehen zu lassen. Wenn er auch äußerlich ein nicht gerade schönes Bauwerk ist, so wird das völlig ausgeglichen durch den überwältigend schönen Rundblick ...«.

Quelle der Zitate siehe PDFs zur Geschichte des Marinedenkmals

 

HH Blankenese Bismarckstein Modell 50er BBV JoE Archiv webFoto: W. Busch. Bestand: BBV / JoE-Archiv


Modell aus dem Jahr 1950, hervorgegangen aus dem oben genannten Architektenwettbewerb. Es ist nie realisiert worden.

Wir danken Joachim Eggeling vom Blankeneser Bürger-Verein für die Postkarten, das Foto vom Turmmodell und die Informationen dazu.

 

HH Bismarckstein 2021 Turm web


Foto vom April 2021: Ein trauriger Anblick – Der Turm ohne Fenster und unschöner Spitze wird heute als Funkturm benutzt. Der Rundlauf hat zwar ein zartes Geländer bekommen, aber der Turm ist seit den 1970er Jahren nicht mehr öffentlich begehbar.

Bekanntheit in unserer Zeit erlangte der Turm vor allem durch den steilen Anstieg der am Berg entlang führenden Straße als besondere Herausforderung bei Radrennen. Der Anstieg auf den Waseberg, vom Elbufer hinauf in den Ortskern von Blankenese, ist mit seinen 70 Höhenmetern und durchschnittlich über 10 % Steigung einer der steilsten in Hamburg. Seine Länge beträgt rund 700 Meter. Die ersten 400 Meter verlaufen über den Falkentaler Weg mit einer Steigung von 5 %. Der eigentliche Waseberg beginnt dann nach einer scharfen Rechtskurve. Diese letzten 300 Meter weisen eine Steigung von 16 % auf.

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Hans Leip

Der Schriftsteller, Journalist, Grafiker und Maler wurde 1893 in Hamburg geboren. Unterhaltsame Romane und Seefahrergeschichten machten ihn bekannt. Als Rekrut bei der preußischen Garde in Berlin wurde er 1915 im 1. Weltkrieg an die Ostfront eingezogen. Im gleichen Jahr kam er schwer verletzt zurück und stürzte sich nach Kriegsende ins ausschweifende Künstlerleben der 20er Jahre.

HH Blankenese Marine Hans Leip web2Foto: Wikimedia Commons


Hans Leip auf einem Foto 1932: eine neue Zeit bricht an! Wikipedia schreibt über die nächsten Jahre (abgerufen am 16.11.2021):

»Im NS-Kampfblatt Krakauer Zeitung erschienen über 50 Texte von Hans Leip. Für die UFA-Filme Gasparone (1937), Nordlicht (1938) und Der letzte Appell (1940) schrieb Leip an den Drehbüchern mit. Leip ließ sich von der NS-Propagandaführung als Biograph des zum arischen Kämpfertypus stilisierten Boxstars Max Schmeling gewinnen und nahm 1940 und 1941 an den sogenannten Weimarer Dichtertreffen teil, die von Joseph Goebbels als Schaulauf für die nationalsozialistische Literaturelite organisiert wurden. Am 1. September 1942 wurde Leip von Adolf Hitler (zusammen mit etwa 50 weiteren Schriftstellern und Drehbuchautoren) das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse ohne Schwerter verliehen.«

 

HH Blankenese Marine Hans Leip Ufer web2Foto: An-d / Wikimedia Commons, Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license

Wegweiser am Hans-Leip-Ufer in Klein Flottbek zum Europäischen Fernwanderweg E1

Seit 2020 lässt das Hamburger Staatsarchiv Straßennamen auf »NS-Belastung« überprüfen. Hans Leip ist eine der 58 Personen, nach denen Straßen und Plätze in der Hansestadt benannt sind, die der Historiker David Templin von der Universität Osnabrück auf ihre Beziehungen zum Nationalsozialismus untersucht hat. »Anpassung, schriftstellerische Dienstleistungen für NS-Stellen und vereinzelte positive NS-Bezüge gingen einher mit dem Bemühen um eine gewisse (innere) Distanz«, befindet der Templin-Bericht über ihn.

»Leip trat zwar der Partei nicht bei, arrangierte sich aber mit den neuen Machthabern. Erst nach Kriegsausbruch 1939 begann er, sich deutlicher zu distanzieren. [...] Nach dem Krieg beanspruchte Hans Leip eine führende Rolle bei der Erneuerung des Hamburger Kulturlebens. Doch seine Ambitionen, Präsident der neuen Sektion Hamburg des internationalen Schriftstellerverbands PEN zu werden, scheiterten am Widerstand der aus dem Exil zurückgekehrten Kollegen; obwohl einige unbelastete Autoren wie Johannes R. Becher und Erich Kästner für ihn bürgten. Gekränkt verließ er 1949 seine Vaterstadt und zog sich bis zu seinem Tode nach Fruthwilen in die Schweiz zurück.«

Birgit Fleischmann im Deutschlandfunk


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Der Bismarckstein

Namensgeber der Parkanlage ist Otto von Bismarck und mit ihm der nie realisierte Plan für ein riesiges Denkmal auf dem Waseberg.

Das Denkmal aus Kupfer sollte eine Höhe von 30 Metern haben und auf einem 20 Meter hohen Granitsockel stehen. Der Entwurf aus dem Jahr 1893 stammte von Ernst Wenck aus Berlin und Georg Thielen aus Hamburg. Bismarckverehrer und Mitbegründer der Holstenbrauerei Anton Julius Richter, der damalige Besitzer des Geländes, hatte ihn in Auftrag gegeben. Der Spendenaufruf der Gemeindevertretung von Blankenese erschien zum 80. Geburtstag von Bismarck 1895. Er fand die Unterstützung von Georg von Steinmann, Alfred Waldersee, Otto Giese, Robert Miles Sloman und Adolph Woermann. Bürger aus Altona und Hamburg kamen dem Spendenaufruf nach, die Errichtung des Denkmals scheiterte jedoch am Veto von Kaiser Wilhelm II.


HH Blankenese Marine Info Tafel web


Auf einer Informationstafel am Elbhang wird der Entwurf präsentiert. Verwirklicht wurde stattdessen ab 1901 Deutschlands größtes Bismarckdenkmal an den Landungsbrücken, mit 34,3 Metern Höhe genauso gigantomanisch wie das geplante auf dem Waseberg. Da hatten sich dann die Hamburger Kaufleute mit ihrer Dankbarkeit für die für sie so lukrative Kolonialpolitik Bismarcks durchgesetzt.

 

HH Bismarckstein 2021 Stein unten web


Der Erinnerungsstein am Anfang des Treppenaufgangs zum Waseberg mit der Inschrift:

Bismarckstein.
Gemeindepark.
1. April 1910.

Der vormalige Besitzer des Bismarcksteingeländes Anton Julius Richter, ein Hamburger Bankier, Unternehmer und Mitbegründer der Holstenbrauerei, starb 1909 in seiner Geburtsstadt. Seine Erben veräußerten den Bismarckstein am 1. April 1910 an die Gemeinde Blankenese. Seitdem ist der Park mit Blick auf die Elbe öffentlich zugänglich.

 

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Otto von Bismarck

Er war von 1867 bis 1871 Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes und von 1871 bis zu seiner Entlassung durch Wilhelm II. 1890 Reichskanzler. Er gilt als Begründer des Deutschen Reiches, einen liberalen Verfassungsstaat hatte er dabei nicht im Sinn. Er verfolgte die Interessen der militärischen und aristokratischen Führungsschicht Preußens bzw. nach 1871 des Deutschen Reichs. Für den deutschen Herrschaftsanspruch führte er zwischen 1864 und 1872 zwar drei Kriege, doch der Professor für Neueste Geschichte Christoph Nonn konstatiert in Zeit Geschichte/2021 »Die Kanzler«: »...sein Beitrag zur Reichsgründung wird bis heute überschätzt«.


Bismarck führte das Sozialversicherungssystem ein, aber auch das repressive Sozialistengesetz. Um das Gesetz gegen die Sozialdemokratie und die Arbeiterbewegung im Reichstag durchzusetzen, nutzte er die Empörung über die Attentate auf den beim Volk beliebten Kaiser Wilhelm I.

Das Sozialistengesetz auf LeMO


»In der deutschen Geschichtsschreibung dominierte bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine ausgesprochen positive Bewertung von Bismarcks Rolle, die teilweise Züge einer Idealisierung trug. Nach dem Zweiten Weltkrieg mehrten sich kritische Stimmen, die Bismarck für das Scheitern der Demokratie in Deutschland mitverantwortlich machten und das von ihm geprägte Kaiserreich als obrigkeitsstaatliche Fehlkonstruktion darstellten.«

Wikipedia, abgerufen am 7.11.2021

Mehr auf Wikipedia

 

1884 hatte Bismarck die Kongo-Konferenz einberufen, auf der die europäischen Kolonialmächte den afrikanischen Kontinent zwecks Ausplünderung unter sich aufteilten und war so Wegbereiter des deutschen Kolonialismus.

Das größte deutsche Bismarck-Denkmal – mehr als 34 Meter hoch – wurde 1906 gegen Proteste der SPD auf einer Anhöhe in Hamburg St. Pauli eingeweiht. Die Hamburger Kaufleute, die von der Kolonialpolitik Bismarcks profitierten, hatten es gestiftet. Es zeigt den »Eisernen Kanzler« als Roland mit Schwert und Umhang. Später wurde es zur Kultstätte für nationale und völkische Aufmärsche, dann auch für die NSDAP.

Pastor i. R. Ulrich Hentschel, der ehemalige Studienleiter für Erinnerungskultur in der ev. Akademie beschreibt Bismarck und sein Denkmal:

Link zum Film auf YouTube

SH Suesel Bismarckaufkleber web

Von AFD bis zu den Jungen Nationalisten – die Mitglieder der rechten Szene sind Bismarckfans.


SH Suesel Bismarck T Shirt web


Bei Amazon kann Mann dieses T-Shirt mit Bismarckzitat kaufen: »Wenn die Deutschen zusammenhalten, so schlagen sie den Teufel aus der Hölle«.

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> Weiße Wäsche – Kunstaktion 2014

 

Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

Aktuell produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über das Denkmal in Hamburg-Bramfeld können Sie hier sehen: bei YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>

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I N H A L T
Das Denkmal
Historische Fotos
So kann es nicht bleiben ...
Das Friedensfest in Bramfeld 2014
Am 3. November 2014
Volkstrauertag 2014
Ein Gedenken anderer Art
22. Oktober 2014
Hitlers Geburtstag: 20. April 2015
2018:Der Wettbewerb

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Aktuell

Mit der Umgestaltung des Vorplatzes wird die Wirkung des Bramfelder Kriegerdenkmals durchbrochen. Im Dezember 2022 hat der Bramfelder Arbeitskreis Denk-mal eine Broschüre mit 36 gehaltvollen Seiten dazu herausgegeben. Sie stellt die umsetzungsreifen Planungen für den neuen Gedenkort vor und informiert über die gesicherte Finanzierung sowie über den Zeitplan für die Realisierung.

Prof. Dr. Detlef Garbe, Gründungsvorstand der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte, schreibt in seinem Vorwort: »Es ist für die Hamburger Erinnerungskultur von großem Wert, dass nunmehr auch in Hamburgs Nordosten auf der Grundlage eines beeindruckenden Entwurfs ein Gegendenkmal entstehen wird, um den kriegsverherrlichenden Charakter des 1935 in Bramfeld errichteten ›Ehrenmals‹ durch ein klares Statement zu kommentieren. Zu verdanken ist dies dem großen Engagement des Bramfelder Arbeitskreises Denk-mal, der trotz vieler Widerstände und Hindernisse sich nicht von diesem Anliegen abbringen ließ.«

Es freut uns, dass in der Broschüre unserem ehemaligen Studienleiter Ulrich Hentschel für seine beratende Mitarbeit gedankt wird.

Die Broschüre (7,3 MB)


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Bramfeld

In der Grünanlage am Ende der Sackgasse »Am Ehrenmal«

Die Denkmalsanlage steht auf einer künstlichen Anhöhe und ist über eine siebenstufige breite Treppe zugänglich. Der überlebensgroße Soldat aus Sandstein mit aufgestelltem Gewehr steht auf einem Sockel (Relief: Eisernes Kreuz) und scheint die Ehrenwache zu halten. Stahlhelm, Patronengürtel und an der Seite Schwert mit Quaste gehören ebenfalls zu seiner Ausstattung. Ein aus Feldsteinen gemauerter Rundbogen auf sechs Säulen bildet den Hintergrund und verleiht der Soldatenfigur zusätzlich eine mystische Bedeutung. Zwei Tafeln nennen die 156 Namen der getöteten und die 9 der vermissten Soldaten des 1.Weltkriegs. Die fünf Bogen zwischen den Säulen symbolisieren die fünf Kriegsjahre von 1914 bis 1918.

HH Bramfeld entfernt

 

Den Entwurf des Hamburger Bildhauers Karl Schurig, 1892 - 1978, hat der Barmbeker Johann Wendt ausgeführt. Das Kriegerdenkmal hat damals 20.000 Reichsmark gekostet. 1935 ist die Anlage eingeweiht worden, sie atmet unverkennbar nationalsozialistischen Geist.


HH Bramfeld Seite


Inschriften auf dem Sockel:
Unseren gefallenen Kameraden  1914 (Eisernes Kreuz) 1918

Das militärische Ehrenzeicen »Eisernes Kreuz« wurde den toten Soldaten hier posthum und kollektiv verliehen für die – nach Ansicht der Denkmalsstifter – durch den Kriegstod erwiesene Treue und Tapferkeit.

 

HH Bramfeld


Davor ein runder Gedenkstein aus Granit:
Unseren Kriegstoten 1939 - 1945

An der Kante umlaufend:
Gedenk Deiner Toten, o Volk

Nach dem 2. Weltkrieg ist die nationalsozialistische Inszenierung unverändert weiter genutzt worden.

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Historische Fotos

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Ohne Datum

HH Bramfeld Karte web


Postkarte aus den 60er Jahren

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So kann es nicht bleiben ...

... sagt der Arbeitskreis Denk-mal Hamburg-Bramfeld.

Seit über 75 Jahren steht der Soldat am Bramfelder »Ehrenmal« und ruft zum Krieg auf. 1935, als Hitlerdeutschland zum Krieg rüstete, ist er dort hingestellt worden. Mit seiner militanten, beherrschenden Haltung steht er für Heldentum und Angriffskrieg. Mit vielen Aktivitäten wirbt der Arbeitskreis für eine kritische Kommentierung der kriegsverherrlichenden Botschaft des Soldaten.

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Das Friedensfest in Bramfeld 2014

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● Ursula Suhling enthüllte eine Tafel zum Gedenken an zehn Opfer der NS-Justiz und der Strafeinheiten der Wehrmacht. Sie sprach über berührende Details aus dem Leben und von den Hinrichtungen der ihr bekannten Menschen, die auf dieser Tafel genannt werden. Einer von ihnen, der Kommunist Carl Suhling, war ihr Vater. Ende März 1945 ist er 40jährig im Strafbataillon 999 umgekommen. Direkt hinter dem Zaun neben dem Bramfelder »Krieger« liegt der Friedhof Ohlsdorf mit dem Ehrenfeld der Opfer des Nationalsozialismus, auf dem auch die Urne ihrer Mutter Lucy bestattet ist. Besonders im Herbst und Winter ist die Sicht von dort durch die kahlen Bäume auf das Kriegerdenkmal sehr schmerzhaft für Ursula Suhling. Den Platz hat sie heute für ihre Ansprache das erste Mal betreten. Die neue Gedenktafel wird jetzt wenigstens den Blick von vorne auf den »Krieger« zum Teil verstellen.

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Am 3. November 2014

Die Gedenktafel ist zerstört worden!


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Volkstrauertag 2014

Die Tafel ist erneuert worden: Mitglieder des Arbeitskreises »Denk mal« gedenken der getöteten Widerstandskämpfer und Kriegsgegner.

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Ein Gedenken anderer Art

... am gleichen Tag am Fuß des Soldaten niedergelegt. Die Nazi-Szene scheint den martialisch aussehenden Steinsoldaten in Bramfeld besonders zu verehren.

HH Bramfeld VTT3 web


           HH Bramfeld VTT2 web

                 Fotos: Hami


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22. Oktober 2014

Die beantragte Verlängerung für die neue Gedenktafel bis Juni 2015 ist genehmigt. Wie geht es weiter?

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Wenn Sie auf den schwarzen Balken über dem Inhaltsverzeichnis klicken, können Sie mehr über die Aktivitäten beim Bramfelder Soldaten erfahren.

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Hitlers Geburtstag: 20. April 2015

In den letzten Jahren trafen sich die ortsansässigen Neonazis zum Geburtstagfeiern beim Kriegerdenkmal am Bramfelder See. Dieses Jahr gab’s als Überraschung die Aktion einer Antifa-Gruppe zum Empfang: Das Denkmal und der Eingangsbereich waren mit Plastikfolie umwickelt und mit Antifa-Parolen bemalt (hier der >Facebook Link).

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2018: Der Wettbewerb

Am 13. März veröffentlichte die Bezirksversammlung Wandsbek den Aufruf zu einem Ideenwettbewerb.

»Mit dem Ideenwettbewerb zur Umgestaltung verfolgt die Bezirksversammlung Wandsbek das Ziel, die als heroisch wirkende Botschaft des Denkmals zu durchbrechen. Der neugestaltete Platz soll die in den Kriegen verübten grausamen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht länger verschweigen. Er soll zudem künftig ein Ort des Gedenkens für alle Opfer von Kriegen sein.«

Ausschreibungstext


17 Vorschläge wurden abgegeben, über die die Jury befinden konnte. Anfang Mai 2019 stehen die Preisträger fest. Michael Hertel schreibt am 8. Mai im Bramfelder Wochenblatt über den ausgewählten Entwurf von Alke De Luise:

»Die Innenarchitektin stellt dem kreisförmigen Denkmal am nördlichen Ende der nassen Wiese am alten Teich einen zweiten Kreis gegenüber, in dem der Betrachter Platz nehmen kann und die Soldatenfigur wie durch den Filter einer aus geflammten Holzbalken bestehenden Stelengruppe betrachtet. Die Holzbalken wiederum stehen in einem Feld dunklen Schotters. Hier ist alles Symbol für Krieg, Gewalt und Zerstörung.

Auffallend an dem Entwurf ist das Fehlen des häufig belehrenden Tons in Zusammenhang mit der Thematisierung der Nazizeit. Vielmehr steht der Entwurf eher für eine Atmosphäre stiller Trauer und Nachdenklichkeit. Die Künstlerin wünscht sich den Ort künftig als einen ›Platz der Völkerverständigung‹.«


Die drei Preisträger:

1. Alke De Luise

2. Matthias Ploy

3. Axel Richter


Lesen Sie mehr aus dieser Website bei Initiativen, Kapitel 13


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2014: Friedensfest mit weisser Wäsche ...

... und Diebstahl und Zerstörung

 

Seit über 75 Jahren steht der Soldat am Bramfelder »Ehrenmal« und ruft zum Krieg auf. 1935, als Hitlerdeutschland zum Krieg rüstete, ist er dort hingestellt worden. Mit seiner militanten, beherrschenden Haltung steht er für Heldentum und Angriffskrieg.

Am Samstag, 30. August 2014 ab 15:00 Uhr wurde ihm für begrenzte Zeit eine Kunstinstallation gegenüber gestellt. Beim Friedensfest des Arbeitskreises Denk-mal am Samstag, 6. September ab 14:00 Uhr fand direkt beim Kriegerdenkmal ein öffentliches Gespräch über die Kunstaktion statt.

Mehr über die Intention der Kunstaktion 

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Das Hamburger Abendblatt berichtet am 11. September 2014

Hmb Abendblatt 11 web

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Das Friedensfest in Bramfeld 2014

 

             HH Bramfeld 6 9 PM web

● Kunstinstallation und Informationstafel sind nur auf Fotos zu sehen.

HH Bramfeld 6 9 Luftb web

● Gleich steigen die Ballons mit den Friedenstauben in den Himmel

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Information für die Medien
am 1. September 2014

Kunstinstallation am Bramfelder Kriegerdenkmal zerstört

Am vergangenen Sonntag wurde eine temporäre Kunstinstallation am Bramfelder Kriegerdenkmal demontiert und damit zerstört. Nachdem am Vormittag die örtliche Polizei auf Hinweis eines Bürgers zwar die Wäschestücke entfernt, aber die Grundstruktur nicht angetastet hatte, wurden während des Nachmittags oder frühen Abends von bislang unbekannten Tätern die eigens angefertigten massiven Wäschestangen mit Erdankern gestohlen. Die Installation war erst am Vortag aufgebaut und am Nachmittag der Öffentlichkeit präsentiert worden.

Absicht dieser Kunstaktion war und bleibt, die kriegsverherrlichende Symbolik und Geschichte dieses Denkmals kritisch zu hinterfragen. Initiiert wurde diese Aktion vom Arbeitsbereich Erinnerungskultur der Ev. Akademie. Das künstlerische Konzept und seine Umsetzung wurden gestaltet von Axel Richter vom KunstHaus am Schüberg und Uwe Schloen. Die Installation besteht aus weißen, alltäglichen Wäschestücken, die an einer Wäscheleine zwischen fünf fest im Boden verankerten Stangen aufgehängt waren.

Schon seit mehreren Jahren wirbt der Bramfelder AK Denk-mal mit Veranstaltungen und Friedensfesten dafür, dieses Denkmal so umzugestalten, dass seine kriegerische Botschaft nicht mehr rechten Gruppen als Kundgebungsort dienen kann. Es hatte noch im 2012 den Versuch von in Bramfeld agierenden jüngeren Nazis gegeben, eine Friedenskundgebung des AK Denk-mal zu stören.

Wir wissen, dass es – wie bei jedem Kunstwerk – auch über das von uns installierte verschiedene Auffassungen geben kann und finden die Debatte darüber wichtig. Aber wir müssen jetzt mit Zorn und Enttäuschung zur Kenntnis nehmen, dass es mitten in Hamburg Menschen gibt, die eine zum eigenen Nachdenken herausfordernde Kunstaktion nicht zulassen wollen. Wir halten es für bemerkenswert und erschreckend, dass die Zerstörungsaktion nur einen Tag vor dem 1. September stattfand, dem 75. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen.

Ausführliche Informationen über die Kunstinstallation, die auch an vier anderen Denkmälern in Harburg, Altona, Ahrensburg und Ammersbek gezeigt wird, sind zu finden auf unserer neuen Website: www.denk-mal-gegen-krieg.de

Pastor Ulrich Hentschel, Evangelische Akademie der Nordkirche
Axel Richter, KunstHaus am Schüberg im Kirchenkreis Hamburg-Ost

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Die Wäscheleine hängt!

Am 30. August 2014 um 15 Uhr ist die Kunstinstallation fertig

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● Pastor Ulrich Hentschel und Axel Richter, Leiter des KunstHaus am Schüberg diskutieren mit Besuchern, von denen mancher nicht geglaubt hätte, dass es so ein kriegsverherrlichendes Denkmal in Hamburg noch gibt.

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● Auch die Teilnehmer einer Fahrradrundfahrt durch den Stadtteil, veranstaltet von der Partei »Die Linke«, informieren sich über das Konzept der Aktion.

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Am 17. August 2014 wird die Aktion der Künstler Axel Richter und Uwe Schloen von StudioNord e.V. angekündigt:

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Auch im Hamburger Wochenblatt erscheint in der 35. Ausgabe ein Artikel:

HH Bramfeld Wochenblatt Nr35 web


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Für den Arbeitskreis Denk-mal in Bramfeld ist das »Ehrenmal« am Kleinen Bramfelder See ein Relikt, das als kriegsverherrlichendes Denkmal nicht mehr in die heutige Zeit gehört. Seit zwei Jahren kämpfen seine Mitglieder mit Veranstaltungen und Flugblättern für eine Umgestaltung des Platzes. Sie schreiben: »Wir meinen, dass Krieg nichts mit Heldentum zu tun hat, sondern dass die Soldaten im Krieg verheizt worden und elendig verreckt sind. Der Trauer um die toten Soldaten werden wir am besten gerecht, wenn wir uns gegen Krieg und für den Frieden einsetzen.«

Immer wieder trafen sich in den vergangenen Jahren neo-nazistische Gruppen auf dem Platz vor dem Denkmal und hielten ihre Heldengedenkrituale mit Fackelaufmärschen ab. Am Volkstrauertag 2012 sollte eine Kundgebung des Arbeitskreises Denk-mal und seiner Unterstützer ein Signal für Völkerverständigung und gegen Faschismus geben. Zwölf Neonazis wurden von der Polizei während der Veranstaltung des Platzes verwiesen.

Der AK Denk-mal möchte klarstellen: Es gibt Gegner des »Ehrenmals«, die den Soldaten immer wieder mit Farbe beschmieren. Das ist keine Lösung. Der Bezirk gibt jedes Jahr viel Geld dafür aus, den Soldaten wieder reinigen zu lassen. Dem AK Denk-mal ist an einer politisch-inhaltlichen Umgestaltung gelegen.

Der Bramfelder AK Denk-mal trifft sich jeden 3. Donnerstag im Monat um 18 Uhr im Brakula, Bramfelder Chaussee 265 und freut sich über weitere UnterstützerInnen.

Kontakt: D. Hartmann c/o Brakula, Bramfelder Chaussee 265, 22177 Hamburg.

Flyer Bramfeld 1

Flyer Bramfeld 2

 Flyer Bramfeld 4

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I N H A L T
Das Denkmal
Das Eiserne Kreuz

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Cranz

Tafel an der Außenwand des alten Schulgebäudes, Estedeich 102

Helle Sandsteinplatte gewidmet den toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Auf das geschwungene Dach aufgesetzt ist das Relief eines Stahlhelms auf Eichenlaub. Darunter im Giebel ein Eisernes Kreuz im Schmuckfenster. Ein großes Oval, in der oberen Hälfte umkränzt von einer schmalen Lorbeerranke, sitzt auf einem Lamellenmuster. Im Oval die Widmung:

Dem Gedächtnis ihrer Helden von 1914 – 18

Darunter 24 Namen mit Geburts- und Todesdatum.

Als unterer Abschluss das Schriftband:

Gewidmet von der Gemeinde Cranz a/E

HH Cranz Tafel web


Unter der Abschlußkante noch eine glatte Sockelplatte, ebenfalls aus hellem Sandstein. 2016 ist die Denkmalstafel aufgefrischt worden, der kleine Platz hat neue Kieselsteine und eine Buchsbaumbepflanzung erhalten.

HH Cranz Ganz web


Der neue private Besitzer hat der Stadt Hamburg das alte Schulgebäude abgekauft und unter Denkmalsschutzauflagen saniert. Neben der Denkmalstafel, die im Vorgarten zugänglich bleiben muss, wird die alte Schuluhr von einem pensionierten Uhrmachermeister gewartet, Giebelreiter ud Schultür müssen erhalten werden.

HH Cranz Haus web

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017


Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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... und ganz aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

SH Haffkrug Veteranenabzeichen der Bundeswehr 2019 DocHeintz Wikimedia Commons web
Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll. Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die uns alle verbinden: Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft ...«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


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> Weiße Wäsche – Kunstaktion 2014


I N H A L T
Das Denkmal
Das Gegendenkmal
Das Deserteursdenkmal
Die Einweihung 1936
1977
1978
Kirchentag 1981 in Hamburg
Innen ist der »Kriegsklotz« hohl!
Die Anweisung Nr. 30
Der Bildhauer Richard Kuöhl
Das Gipsmodell wird übertragen
Konkret im Mai 1958
Immer wieder Ziel von Aktionen
Historische Postkarten
Hamburger Anzeiger am 26.10.1935
7.9.1914: Ehrentag des Regiments

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Dammtor

Zwischen Dammtordamm und Planten und Blomen

»1934 schrieb der nationalsozialistische Senat in Hamburg einen Wettbewerb für ein Heldendenkmal zu Ehren des Hamburger Infanterieregiments 76 aus. Beteiligen konnten sich ›reichsdeutsche arische Architekten und Bildhauer, die der Reichskammer der bildenden Künste angehören‹. Das Kriegerdenkmal, 1936 mit einer Militärparade eingeweiht, stand unter dem Motto ›Deutschland muss leben, auch wenn wir sterben müssen‹. Das Denkmal entsprach in seiner Aussage und Monumentalität völlig dem Geist des NS-Regimes. Seitdem steht dieser ›Kriegsklotz‹ aus Muschelkalk vor einem Eingang zum Park ›Planten un Blomen‹ am Dammtor, nahe der Hamburger Innenstadt. Nach dem Krieg gab es Bestrebungen, das Denkmal zu sprengen, doch dazu kam es nicht. 1956 wurden an diesem bis dahin unveränderten Monument auch die Namen der im Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten aus Hamburg angebracht.«
Christoph Kreutzmüller, www.dpjm.org, Deutsch-Polnisches Jugendwerk

Im Zentrum ein quaderförmiger Block aus Muschelkalk mit umlaufenden Relief: 88 lebensgroße marschierende Soldaten mit Marschgepäck, die Gewehre geschultert – nur der Zugführer hat kein Gewehr und Gepäck, dafür einen Feldstecher. Ausserdem das Hamburger Wappen als Stadttor und Eichenlaub. Inschrift: Muschelkalkblock
»Deutschland muss leben und wenn wir sterben müssen«

 

HH Damm

Der Muschelkalkblock ist 8,90 m lang, 4,30 m breit und 7 m hoch. Er ruht auf einem leicht eingezogenen Sockel. Die 50 cm tief gestaffelte Reliefdarstellung der Soldaten ist aus einer Vielzahl einzelner Muschelkalkblöcke zusammengefügt. Die Fugung verläuft in der Vertikalen zwischen den einzelnen Vierergruppen, in der Horizontalen unmittelbar unter dem Koppel und beim Knie.

An der dem Dammtorbahnhof zugewandten Seite der Anlage befindet sich eine zehn Meter lange Steintafel. Inschrift:

»Grosstaten der Vergangenheit sind Brückenpfeiler der Zukunft«

Es folgen die Namen der Schlachtorte des 76er-Regiments 1870-1871 und 1914-1918. Die Anlage ist von einer niedrigen Steinmauer umgeben. Einweihung: 15. März 1936. Entwurf und Ausführung: Richard Kuöhl.

1958 wurde vor diese Haupttafel eine 2,50 m x 2 m große »Gruftplatte« gelegt, die den 1939-45 getöteten und vermißten Soldaten des Panzergrenadier Regiments 76 gilt.


HH Dammtor Kuoehl Platte webFoto: Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0

Foto aus dem Jahr 1958 zur Einweihung der »Gruftplatte« für das Panzergrenadier Regiments 76


1959 wurde neben der Haupttafel eine weitere 1 m x 2 m große Steintafel angebracht. Inschrift:
»Zur Ehre der gefallenen und vermissten Kameraden 1939-1945 225. Infanterie-Division«

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Das Gegendenkmal

1982 hatte die Kulturbehörde den lange angekündigten Ideenwettbewerb zur künstlerischen Umgestaltung der Denkmalsanlage ausgelobt. Über 100 Arbeiten wurden eingereicht.

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• Entwurf der Stuttgarter Architekten Böhme und Schneider. Mit den ausserhalb des Denkmalsklotzes immer weiter im Boden versinkenden Soldatenfiguren sollte der Marsch in den Tod visualisiert werden.

Da diese Idee keine ungeteilte Zustimmung erhielt, wurde der Wiener Bildhauer Alfred Hrdlicka um einen Entwurf gebeten. Es wurde offenbar als unproblematisch angesehen, dass er selbst Mitglied der Jury beim vorangegangenen Ideenwettbewerb gewesen war. Das Gegendenkmal wurde als vierteilige Darstellung von Einzelschicksalen im 2. Weltkrieg von ihm konzipiert. Die Einweihung des 1. Teil »Hamburger Feuersturm« fand am 8. Mai 1985 statt, die des 2. Teils »Fluchtgruppe Cap Arcona« am 29. September 1986. Dann war der vorgesehene Etat von 900.000 Mark verbraucht. Die letzten beiden Teile »Soldatentod« und »Frauenbild und Faschismus« konnten nicht mehr fertiggestellt werden und weitere Gelder wurden nicht bewilligt.

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Foto: Staro1@de.wikipedia

Das Gegendenkmal hat viele Kritiker. Die Umsetzung der gewählten Themen sind sehr komplex, sie erschließen sich nicht im Vorbeigehen. Der Bezug des Gegendenkmals zum ursprünglichen ist durch die Distanz von mehr als 20 Metern schwer herzustellen, zumal der »Kriegsklotz« eine so dominierende Präsenz hat. Der Historiker Hans Walden kritisiert das Gegendenkmal, weil beide aufgestellten Teile sich auf britische Luftangriffe beziehen. Walden: »das 76er Denkmal ist Ausdruck des deutschen Militarismus und deshalb hätte sich das Gegendenkmal auch mit diesem befassen müssen. Eroberungskrieg, Kriegspropaganda, die Doppelrolle des deutschen Soldaten als Opfer und Täter – all dies wären Aspekte einer themengerechteren Gestaltung des Gegendenkmals gewesen. Hätte nicht auf jeden Fall das Leid der Menschen in jenen Ländern, in die deutsche Soldaten einmarschierten, angesprochen werden müssen? So setzt Hrdlickas Teilwerk das in dieser Beziehung notorische Schweigen der Denkmäler fort.«

Hans Walden, Der Streit um das Hamburger Kriegsdenkmal von 1936, S. 14-25

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Das Deserteursdenkmal

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Foto: René Senenko

Nach mehr als fünf Jahren Bemühen um einen Erinnerungsort für die Opfer der NS-Militärjustiz ist es soweit: Am 24. November 2015 wird das vom Künstler Volker Lang entworfene Deserteursdenkmal am Dammtorbahnhof der Öffentlichkeit übergeben.

Der zentral in Hamburg gelegene »Gedenkort für Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz« würdigt diese lange Zeit nicht anerkannten Opfer des Nationalsozialismus und setzt zugleich ein wichtiges Zeichen gegen Kriegsverherrlichung und für Zivilcourage. Das Denkmal basiert auf einem einstimmigen Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft vom Juni 2012. Nach Abschluss eines internationalen Wettbewerbs wurde der Bildhauer Volker Lang mit der Realisierung des Gedenkortes beauftragt.

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Der transparente und fragile Baukörper, im Grundriss ein gleichseitiges Dreieck, nimmt Bezüge zu allen Seiten auf. Wer den Raum betritt, wird selbst Teil des Gedenkortes. Lesbar wird der Beginn der Zitatcollage »Deutschland 1944« von Helmut Heißenbüttel. Die zitierten Beispiele der Willkür des Vernichtungskrieges waren Motive für die Desertion. Im Raum kann man den Text auch hören – in einer Lesung des Autors von 1971. Hörbar sind auch biografische Angaben zu allen namentlich bekannten 227 Opfern der Wehrmachtsjustiz in Hamburg.

(Text nach einer Veröffentlichung der Landeszentrale für politische Bildung)

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Ludwig Baumann, mit Mütze in der ersten Reihe, und neben ihm der Bildhauer Volker Lang hören die Rede von Bürgermeister Olaf Scholz.

1942 wurde Ludwig Baumann wegen »Fahnenflucht im Felde« zum Tode verurteilt. Davon, dass die Todesstrafe in eine 12-jährige Zuchthausstrafe umgewandelt wurde, erfuhr er erst nach Monaten, die er in Todesangst in der Zelle eines Wehrmachtsgefängnisses verbracht hatte.

Zur Einweihung der Installation »Denkzeichen« in Berlin am 8. Mai 2002 leitete Baumann seine Rede mit dem Zitat Hitlers ein: »Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben.«

1990 gründete er mit etwa 40 noch lebenden Wehrmachtsdeserteuren und einigen engagierten Wissenschaftlern die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz, um eine Aufhebung der Unrechtsurteile gegen Deserteure, »Wehrkraftzersetzern« und andere Opfer der NS-Militärjustiz durchzusetzen sowie deren vollständige Rehabilitation zu erreichen. Erst im Jahr 2002 wurde dieses Ziel erreicht.

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Vor dem Kriegsklotz steht jetzt eine Steintafel mit der Aufschrift:

Der Zweite Weltkrieg war ein Angriffs- und Vernichtungskrieg, ein vom nationalsozialistischen Deutschland verschuldetes Verbrechen.

Deutscher Bundestag, Beschluss vom 15. Mai 1997

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1979 veröffentlichte eine Autorengruppe um Roland Jaeger das Buch »Ein Kriegsdenkmal in Hamburg«. Aus den Vorwort: »Dieses Denkmal ist ein Politikum. 1936 diente es der faschistischen Propaganda; heute ist es als Dokument einer unbewältigten Vergangenheit Gegenstand heftiger Diskussionen in der Hamburger Öffentlichkeit. Wir haben versucht, die Entstehungsgeschichte des Denkmals aufzuarbeiten, seine Aussage zu analysieren und seine Wirkungsgeschichte nachzuzeichnen. Mit der Vorlage dieser Publikation verbinden wir die Forderung, der unproblematisierten Wirkung des Denkmals ein Ende zu setzen.«

Wir zeigen hier einige Fotos aus dem Buch und stellen wichtige Teile der Dokumentation als PDF Download zur Verfügung. Wir danken den Autoren herzlich für die Erlaubnis.

Die Einweihung 1936

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● Vorbeimarsch der Ehrenkompanie des Infanterie-Regiments Nr. 47
mit den vier alten Fahnen der 76er. Ehrengast der Denkmalsenthüllung ist Senator Georg Ahrens, ein strammer Nazi und enger Vertrauter von Gauleiter Karl Kaufmann. Das neue Denkmal gefällt ihm viel besser als das alte 76er-Denkmal, das der Dresdner Bildhauer Johannes Schilling für die im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 getöteten Soldaten des Regiments geschaffen hatte. Die Figurengruppe stand ursprünglich an der Esplanade und wurde erst 1926 zur Fontenay in Rotherbaum verlegt. Sie zeigt keinen heroisch marschierenden Soldaten, sondern einen Engel, der die Getöteten beweint.

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● Senator Ahrens bei seiner Ansprache am 15. März 1936. Das Denkmal solle »für uns alle eine ständige Aufforderung sein, so wie hier die Soldaten in Stein, auch in der Arbeit des Tages zu jeder Stunde in Reihen geschlossen hinter der Fahne zu marschieren, die der Führer uns voranhält, dem hohen Ziel zu, das für uns verkörpert ist mit allen unseren Wünschen und Hoffnungen in dem hehren Worte: Deutschland!« Es ist müßig hinzuzufügen, dass deutsche Truppen drei Jahre später in den 2.Weltkrieg marschierten.

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● Oben: Hamburger Nachrichten vom 15. März 1936; unten: Hamburger Anzeiger vom 16. März 1936. Die Wirkung, die das Denkmal gehabt hat, wäre geringer gewesen, wenn die Entstehung des Denkmals vom Wettbewerb bis zur Einweihung nicht von einer überaus erfolgreichen Propagandaarbeit der gleichgeschalteten Presse begleitet gewesen wäre.

1977

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● Volkstrauertag 1977

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● Bundeswehr vor den »Grosstaten der Vergangenheit ...«

1978

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● Kundgebung am 19. Februar 1978 der »Aktionsfront Nationaler Sozialisten« (ANS), einer offen neonazistischen Organisation. In seiner Rede vor dem Denkmal erklärte »Gauleiter« Michael Kühnen: »Wir haben bewußt diesen Ort gewählt, nämlich das Kriegerdenkmal, um zu dokumentieren, daß diese Helden, die damals für Deutschland gefallen sind, unser Vorbild sind. Sie starben für Deutschland. Unser Ziel ist es, für Deutschland zu leben und zu kämpfen. Aber auch wir sind bereit, wenn es nötig ist, für Deutschland zu sterben.«

 

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● Demonstration am 20. Mai 1978

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Foto: Hans Walden

• Volkstrauertag 1981: Ehrenposten der Bundeswehr vor der Schrifttafel mit der »Grosstaten«-Inschrift. Vorne links der Kranz der HIAG (Ehemaligenorganisation der Waffen-SS).

»Ein Kriegerdenkmal in HH« 1979

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Kirchentag 1981 in Hamburg

Viele kirchliche und nichtkirchliche Friedensaktivisten sind in der Stadt. Der »Kriegsklotz« provoziert.

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innen ist Der »Kriegsklotz« hohl!

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Die Anweisung Nr. 30

Eine Anweisung der alliierten Kontrollbehörde zur »Liquidierung deutscher militärischer und Nazi-Denkmäler« umging das Denkmalschutzamt. Auch gegen die Anbringung einer »Gruftplatte« für tote Soldaten des 2.Weltkriegs hatten die Behörden 1957 keine Bedenken. Das PDf zitiert aus Volker Plagemanns, »Vaterstadt, Vaterland, schütz Dich Gott mit starker Hand«, Hans Christians Verlag, 1986, Seite 157–158.

Anweisung Nr. 30


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Der Bildhauer Richard Kuöhl

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● Marschierende, die ihre Individualität aufgegeben haben, entsprachen der Nazi-Ideologie. Kuöhls Atelier, 1935.


Ein Künstler, dem jeder Auftrag recht ist – Kuöhl und das 76er Denkmal am Dammtordamm zitiert aus Volker Plagemann, »Vaterstadt, Vaterland, schütz Dich Gott mit starker Hand«, Hans Christians Verlag, 1986, Seite 142–147.

Plagemann, 1986


Ebenfalls dokumentiert sind auf dieser Website Kuöhls Denkmäler in:

Hamburg Langenhorn
Schleswig-Holstein Lübeck
Schleswig-Holstein Rendsburg
Schleswig-Holstein Wilster
Hamburg Neuenfelde
Hamburg Finkenwerder
Schleswig-Holstein Großhansdorf
Schleswig-Holstein Neumünster
und besonders kurios Hamburg Moorburg


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Das Gipsmodell wird übertragen



• Vom Gipsmodell wird der Entwurf von Kuöhl auf den Stein übertragen. Die schweren Blöcke werden an Ort und Stelle von vielen Handwerkern bearbeitet.

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Konkret im Mai 1958

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und das dichteten die Redakteure von Konkret dazu:

Zerstäubte Helden und geschleifte Mauern:
Erleuchtung zweier Kriege, nicht des Lichts –
Du wirst den nächsten nicht mehr überdauern,
Und Deutschland nicht, und aber nichts.

Und merkt euch Klotz und Spruch, das habt zum Zeichen:
Was war nun Deutschland und was wird es sein?
Was ist es, wenn nicht Wir und Unsresgleichen
Und NEIN von unsrem NEIN.

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Immer wieder Ziel von Aktionen

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HH Dammtor Cyber N3 web

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Foto: Hans Walden

Herbst 1983: Farbaktion und Antikriegsparole


HH Dammtor 1985 web
Foto: Hans Walden

Im April 1985 wurde in der Live-Sendung »extratour« von Radio Bremen dazu aufgerufen, das Denkmal durch Decken und Laken zu verhüllen. Dies geschah während der Sendung. Die politische Rechte reagierte in diesem Fall besonders heftig, was zweifellos damit zusammenhing, dass die Auseinandersetzung um das Denkmal nun auch noch in tausende von deutschen Wohnzimmern hineingetragen worden war. Hartmut Perschau empörte sich für die Hamburger CDU über die »Verhöhnung gefallener Soldaten ... durch eine öffentlich-rechtliche Sendeanstalt«; die Bild-Zeitung bezeichnete die Aktion als »Geschmacklosigkeit des Jahres«.

Die beiden letzten Fotos und den Text dazu haben wir der Broschüre »Denkmäler. Ein Reader für Unterricht und Studium«, dort dem Beitrag von Hans Walden entnommen.

Hans Walden, Der Streit um das Hamburger Kriegsdenkmal von 1936, S. 14-25

 

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Am 10. April 1999 begann hier eine Demonstration gegen den von der rot-grünen Regierungskoalition mitbetriebenen NATO-Krieg gegen Jugoslawien. Aus diesem Anlass hatten Unbekannte das Denkmal zeitgemäß eingefärbt.

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November 2014: Die Wäscheleinenaktion der Evangelischen Akademie der Nordkirche in Kooperation mit dem KunstHaus am Schüberg.

HH Dammtor Mai 2020 web

2020: Die Inschrift radikal gekürzt!

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Historische Postkarten

1936, im Jahr der Einweihung, konnte man diese Postkarte kaufen:

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1966: elegante Männer blicken auf die marschierenden Soldaten:

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Die Anlage noch ohne Gegendenkmal und mit Steinplatten ausgelegt, die dann 1985 entfernt wurden:



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Hamburger Anzeiger am 26.10.1935

»... und zu keiner würdigeren Zeit konnte man den Helden des Weltkrieges diese Huldigung bringen, als in der Gegenwart, nachdem der Führer unserem Volk die neue Wehrmacht aufbaute.«


Lesen Sie hier den kompletten Artikel im Original:

HH Anzeiger 1935

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7.9.1914: Ehrentag des Regiments


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Weisse Wäsche am »Kriegsklotz«

Am Volkstrauertag, den 16. November 2014, fand an diesem Ort eine Kundgebung gegen den Krieg statt. Bis dahin sollte die weiße Wäsche zum Nachdenken über die martialische Botschaft dieses Denkmals anregen.


Die Kunstaktion »Blickwechsel« beim Kriegerdenkmal am Dammtordamm begann am Sonntag, den 2. November 2014.

Die Intention der Kunstaktion

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Presse

Evangelische Zeitung Nr. 46 am 15. November 2014

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TAZ.de berichtete am 10. November 2014, in der Printausgabe TAZ-Hamburg erschien das Interview mit Ulrich Hentschel am 11. November auf Seite 24. Siehe PDF-Download unter dem Foto.

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Taz 10.11.2014

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Hamburger Abendblatt am 10. November 2014

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stormarnlive.de, 10.11.2014

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9. November 2014:

KUNSTINSTALLATION ZERSTÖRT

Am Samstag wurde von bislang unbekannten Tätern gezielt eine temporäre Kunstinstallation am Kriegerdenkmal am Stephansplatz mitten in Hamburg zerstört. Die Instal­lation war eine Woche zuvor am Sonntag, 2. November aufgebaut und der Öffentlichkeit präsentiert worden. Sie rief bei vielen vorbeikommenden Passanten Neugier und Interesse hervor....

Am Sonntag, 16.November werden um 14 Uhr bei einer vom Hamburger »Bündnis für ein Deserteursdenkmal« veranstalteten Kundgebung unter dem Motto »Blickwechsel – Gegen den Krieg statt Kriegerehrung« Teile der Installation zu sehen sein.

Pastor Ulrich Hentschel, Evangelische Akademie der Nordkirche
Axel Richter, KunstHaus am Schüberg im Kirchenkreis Hamburg-Ost

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● Am Sonntag: Die temporäre Kunstinstallation ist zerstört, die roten Informationstafeln sind verschwunden!

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● So sah es am 8. November um 17:30 Uhr am Kriegerdenkmal aus

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Presse

Hamburger Abendblatt am 4. November 2014

              HH Dammtor HA 4.11 web

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Hamburger Wochenblatt, Ausgabe City am 5. November 2014

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Kunstaktion am Sonntag, 2.11.2014

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● Weiße Wäsche vor den marschierenden Soldaten

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● Schon am gleichen Abend sind die beiden Transparente gegen Krieg von unbekannten Tätern heruntergerissen worden

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
50 Jahre später
Der Findling
Historisches Foto
Das zweite Denkmal
Zum »Geburtstag« von Duvenstedt
Zur Besinnung

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Duvenstedt

Duvenstedter Damm, gegenüber von Haus 42

Kunstvoll gemauertes dreistufiges Klinkermonument, oben mit verziertem Eisernen Kreuz aus Keramik, an den Seiten dunkle Keramiktafeln mit 32 Namen von getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs. Der Entwurf stammt von Oberbaurat Dipl. Ing. Wilhelm Klupp (11.9.1883 - 25.11.1978), einem Beamten des Senats unter Fritz Schumacher während der Weimarer Republik. Am 30. August 1925 wurde das Denkmal eingeweiht. Auf der letzten Sitzung des Denkmalsausschusses am 12. Oktober 1925 wurde festgestellt, dass die Ausgaben ca. 7000 Mark betragen hatten.

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© Ajepbah / Wikimedia Commons / Lizenz: CC-BY-SA-3.0 DE

Das Denkmal steht in einer Anlage mit Bänken auf einem bepflanzten Hügel, zu dem eine 16-stufige Klinkertreppe führt. Am Fuß des Hügels lehnt ein Findling mit der Inschrift:

Die dankbare Gemeinde Duvenstedt ihren Söhnen 1914 – 18


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Foto: Andrea Kluge

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Die Geschichte

»Die Vereinigung Duvenstedt e. V. ist verantwortlich für die Pflege des Denkmals der Duvenstedter Kriegsopfer in den beiden Weltkriegen. Diese Aufgabe ist in der Satzung festgelegt. Deshalb hier ein kurzer Abriss über die Geschichte des Mahnmals und des Parkes der Besinnung.

In Erinnerung an die gefallenen Soldaten des Dorfes schenkte nach Ende des 1. Weltkrieges der Tuchfabrikant Sager der Gemeinde Duvenstedt das Grundstück am Duvenstedter Damm, um darauf ein Ehrenmal zu errichten. Der Denkmalsentwurf stammt von Ingenieur Klupp, mit der Ausführung wurde der Baumeister Carl Krohn, Duvenstedt,  beauftragt. Für den Bau wurden 8.000 beste Klinker verwendet, 33 dunkel gebrannte Klinkerplatten tragen die Namen der Gefallenen.  Die Anpflanzungen auf dem Denkmalsplatz besorgte der Landschaftsgärtner Green, Duvenstedt. Die gut gedeihende Knickeiche rechts vom Denkmal ist ein Geschenk von Bauer Franz Iden (Bullenfranz). Der ca. drei Kubikmeter große Findling an der Straßenseite des Denkmalhügels war nicht im Kluppschen Entwurf vorgesehen. Diesen Stein übergab der damalige Besitzer des Wohldorfer Hofes Sanne gegen eine Zahlung von 50 Mark an den Wohlfahrtsausschuss in Wohldorf-Ohlstedt. Unter großen Mühen wurde er aus einem Acker in der Nähe des Friedhofes auf den Feldweg geschafft und dann von dem Inspektor Mewes sechsspännig zum Denkmalsplatz gefahren. 
Am 11. Juni 1925 fand die Grundsteinlegung des Denkmals statt, dabei wurde in der nordwestlichen Ecke des Sandkerns, etwa 1,5 m über der Grundplatte des Sockels ein Behältnis aus Backsteinen vermauert, das eine Granathülse mit Entwürfen von Dipl.Ing. Klupp, den Weihgedichten der Lehrer Ludwig Frahm, Poppenbüttel, und Wilhelm Berner, Duvenstedt, sowie Tageszeitungen, Münzen und einem Bericht des Schriftführers enthält. 
Die Einweihung des Ehrenmals erfolgte am 30. August 1925 mit dem Anmarsch der Kriegervereine von Duvenstedt, Wohldorf, Bergstedt, Tangstedt, Wilstedt und Glashütte mit ihren Fahnen, es folgten eine zwölf Mann starke Musikkapelle, die Schule, der Bürgerverein, die Liedertafel, die Freiwillige Feuerwehr und der Turnverein von Duvenstedt. Propst Thomsen, Altrahlstedt, Pastor Marris, Tangstedt sowie Dipl.Ing. Klupp hielten Ansprachen. Herr E. Schilling, Sprecher des Denkmalausschusses, übergab das Denkmal in die Obhut der Gemeinde.«

Text von Uwe Berner, dem Enkel von Wilhelm Berner, dessen Weihegedicht im Sockel des Denkmals eingemauert ist.

Aufwändige Einweihungsfeiern von Kriegerdenkmälern, wie hier in Duvenstedt, waren Höhepunkte im sonst eher gleichförmigen Dorfleben.

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50 Jahre später

Hier können Sie Texte über das Kriegerdenkmal aus den Festschriften 700 Jahre Duvenstedt von 1961 und 750 Jahre von 2011 lesen. Die Fakten sind gleich, aber der Sinn des Kriegerdenkmals wird unterschiedlich bewertet. 2011: »Es lohnt sich, diese Inschriften näher anzusehen; dann bemerkt man, wie wahnsinnig so ein Krieg ist. Allein 30 der dort aufgeführten Männer waren, als sie ihr Leben ließen, erst 17, 18, 19, 20 und 21 Jahre alt! Sie hatten ihr Leben noch vor sich! Und fast unvorstellbar ist, welche Trauer dadurch bei den Hinterbliebenen im Dorf ausgelöst wurde.« Schön wäre es, wenn man eine entsprechende Kommentierung auch direkt am Denkmalsplatz lesen könnte.

Festschriften

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Der Findling

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• Ein Flaschenzug hebt den 3 Kubikmeter großen Findling, damit der Wagen von Gutsinspektor Mewes darunterfahren kann. Sechsspännig werden Stein und Wagen dann vom Acker beim Wohldorfer Friedhof zum Denkmalsplatz gezogen.


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• Mit vereinten Kräften wurde der Feldstein gehoben

Herzlichen Dank an Ulf Stechmann von der Vereinigung Duvenstedt e.V. für das Einscannen der Festschriften und die Fotos. Er bewahrt die Glasplatten, auf die diese Aufnahmen 1925 belichtet wurden.

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Historisches Foto

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Viele Kränze sind neben dem Findling niedergelegt worden. Leider ist das Datum nicht bekannt.

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Das zweite Denkmal

Hinter dem Denkmal, am Ende einer kleinen Wiese steht eine Klinkermauer. Der Entwurf stammt wiederum von Dipl.Ing. Wilhelm Klupp, mittlerweile Oberbaurat a.D. 94 Steine auf der Frontseite tragen Namen und Daten von je einem getöteten Soldaten des 2. Weltkriegs. Die Hauptinschrift, erhabene weiße Buchstaben auf weißem Grund, lautet:

1939  Unseren Toten  1945

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Drei Steine auf der Rückseite sind ebenfalls beschriftet. Im oberen Drittel steht:

Unseren Toten geweiht am 18.November 1962

Unten links: Erbaut von Vereinigung »Haus der Jugend«

Rechts davon: Hervorgeg. aus Festkom. 700 Jahre Duvenstedt

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Auch die ehemaligen deutschen Länder wollte man 1962 nicht unerwähnt lassen. Sie sind an den Schmalseiten der Mauer eingraviert.

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»Nach dem 2. Weltkrieg entstand der Wunsch, das Denkmal zu erweitern, und so überlegte die Vereinigung Haus der Jugend Duvenstedt unter der Leitung von Max Kramp, wie die Ergänzung aussehen könnte. In Ziegelsteine wurden die Namen aller getöteten Duvenstedter gebrannt und aus diesen Ziegeln wurde im hinteren Teil der Anlage eine Gedenktafel auf ein vorgefertigtes Fundament gemauert. So entstand mit Hilfe ehrenamtlicher Helfer der Vereinigung und der Freiwilligen Feuerwehr eine preiswerte und dauerhafte Erweiterung des Kriegerdenkmals.«

© Ebenfalls Uwe Berner (www.vereinigung-duvenstedt.de). Herzlichen Dank, dass wir die Texte dokumentieren durften.

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Zum »Geburtstag« von Duvenstedt

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Foto: Andrea Kluge

• 2011, im Jahr des 750jährigen Bestehens von Duvenstedt

Die Rede 2011

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Zur Besinnung

Ein besonderes Schild an der Treppe zur Anlage weist auf den »Park zur Besinnung« hin:

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