Mit der Glorifizierung des Kaisers und der Heiligung des Vaterlandes förderten die deutschen Kirchen von Anfang an die Kriegsbegeisterung. Als der rasche Sieg trotz größter Menschenopfer ausbleibt und Trauer und Zweifel auch in der deutschen Bevölkerung stärker werden, verstärken vor allem die protestantischen Prediger und Professoren ihre Kriegsunterstützung. Der Soldatentod wird als Opfertod Jesu mystifiziert, der Kriegsdienst zum Gottesdienst verklärt.
Von den zahllosen Kriegspredigten und Kriegs-Postkarten sind hier einige Beispiele dokumentiert. Den historischen Kontext erläutern Dr. Jörn Halbe, Prof. Günter Brakelmann und Prof. Rainer Hering.
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I N H A L T
11 »Protestantismus und Erster Weltkrieg«, als BoD und PDF-Download
10 Das Gedenkblatt des Kaisers
09 Dr. Jörn Halbe: Vaterlandsliebe, Kriegslust und christlicher Glaube
08 Prof. Günter Brakelmann: Kriegspredigten und -schriften 1914 /15
07 Kriegsnagelungen des St. Michael
06 »Der Geist, in dem wir kämpfen«
05 Materialsammlung
04 Prof. Rainer Hering: Zwischen Schuldabwehr und Demokratieablehnung
03 Tucholsky-Zitate
02 1924: Predigt von Pastor Burmeister
01 Die Wanderausstellung »Gott mit uns«
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11 Protestantismus und 1.Weltkrieg
Das neue Buch »Protestantismus und Erster Weltkrieg – Aufsätze, Quellen und Propagandabilder«, herausgegeben von Ulrich Hentschel und Peter Bürger, besteht zu einem Teil aus der Text- und Bildsammlung dieser Website und der Wanderausstellung der Evangelischen Akademie der Nordkirche »Gott mit uns«.
Millionen getötete, Millionen an Leib und Seele versehrte Menschen, zerstörte Städte und Landschaften – die Bilanz des 1. Weltkrieges. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, hatten die Kirchen durch ihre Prediger und Professoren diesen Krieg nicht nur gerechtfertigt, sondern ihn mit Predigten, Gebeten und Liedern auch aktiv befeuert. Die Erinnerung daran ist notwendig und hilfreich zur ethischen und politischen Orientierung in der Gegenwart. Und so ist dem Buch ein Zitat von Christa Wolf in »Kassandra« vorangestellt: »Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg. Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen. In Ton, in Stein eingraben, aufbewahren für alle Zeit. Was stünde da? Da stünde, unter andern Sätzen: Lasst Euch nicht von den Eignen täuschen.«
Bestellung Books on Demand, 440 Seiten, 17,80 Euro
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10 Das Gedenkblatt des Kaisers
Per allerhöchster Kabinettsorder wurde am 27. Januar 1915 von Kaiser Wilhelm II. das Gedenkblatt für die Hinterbliebenen aller getöteten deutschen Soldaten in Auftrag gegeben.
»›Eine größere Liebe hat niemand, als diese, dass er sein Leben hingibt für seine Freunde‹ (Zitat aus dem Johannes-Evangelium 15,13).
Ein solches Zitat findet sich sehr häufig auf Gedenktafeln des Ersten Weltkrieges und atmet eine für die Zeit selbstverständliche Glorifizierung des heldenhaften Sterbens für die Heimat. Bereits im Laufe des Ersten Weltkriegs, in zunehmendem Maße dann mit schwindender militärischer Erfolgsperspektive, erlebte soldatisches Handeln eine Art Heroisierung bzw. Mystifizierung, die sich nach Kriegsende, vor allem auch unter der Perspektive der in der Öffentlichkeit rasch als riesige Last empfundenen Bedingungen des Versailler Friedens, nahezu ungebrochen fortsetzte.
In bewusster Kombination mit dem Christussymbol nimmt die Gesamtinszenierung offensichtlich Bezug auf den im christlichen Glauben gängigen Topos des ›Opfertodes Jesu‹, der am Kreuz gestorben sei, um die Menschen zu erlösen.«
• Universität Bamberg, Profil Geschichte und Tradtion
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09 Vaterlandsliebe, Kriegslust und christlicher Glaube
Die Kirchen des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg
Vortrag von Dr. Jörn Halbe auf Einladung der Diözese Ely gehalten am 8. Mai 2015, gekürzte Fassung
Jörn Halbe zeigt an zahlreichen Beispielen nicht nur die schon vorlaufende Begeisterung der Kirchen für den Krieg, sondern auch die Steigerung ihrer Kriegspropaganda im Wissen um die zahllosen Toten: »Je schlimmer die Tatsachen, desto höher … das Pathos der Siegesverheißungen im Rufen und Drängen der Kirchen zu Durchhaltewillen, Leidensbereitschaft und Loyalität im Namen des Gottes, der sich im Kampf für die deutsche Nation in diesem Krieg offenbare.«
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08 Kriegspredigten und -schriften 1914/15
Vortrag von Prof. Günter Brakelmann auf der Tagung der Evangelischen Akademie der Nordkirche am 13. Juni 2014
Mit einer Fülle von Beispielen zeigt Günter Brakelmann, bis zu seiner Emeritierung Professor für Kirchengeschichte in Bochum, mit welchen Gebeten, Liedern und religiös-politischen Formeln die etwa 16.000 evangelischen Pfarrer und fast alle Theologieprofessoren zu Hauptsprachrohren für die deutsche Kriegspolitik wurden.
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07 KriegsNagelungen des St. Michael
Als Kriegsnagelungen werden hunderte von Aktionen im Deutschen Kaiserreich bezeichnet, bei denen während des 1. Weltkriegs gegen eine Spende ein Nagel in ein dafür aufgestelltes hölzernes Objekt eingeschlagen wurde. An den Nagelungen beteiligten sich im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen mit feierlichem Charakter breite Bevölkerungskreise. Die dadurch eingenommenen Gelder dienten der Unterstützung von Kriegsopfern. Die Einnahmen im geschätzten einstelligen Millionenbetrag an Mark waren eher nicht entscheidend für den Erfolg der Nagelungen.
Weit bedeutender war ihre propagandistische Wirkung, da sie den Patriotismus und das Gemeinschaftsgefühl der Menschen ansprachen und so zur Stärkung der »Heimatfront« beitrugen. Lesen Sie Auszüge nach dem Eintrag in Wikipedia, abgerufen am 18. Mai 2015:
Ein weiteres Beispiel aus der Michaeliskirche in Kaltenkirchen:
Auf der historischen Informationstafel ist zu lesen, dass das 1915 begonnene Nagelbild 13 Jahren später, im Jahr 1928 (!) vollendet wurde:
Lesen Sie auch über die Bedeutung des heiligen Michaels:
Helge Buttkereit im Hamburger Abendblatt / Norderstedt über die Forschungen des Historikers Dr. Gerhard Braas zum Nagelbild in der Michaeliskirche:
Ab 2017 wird das Nagelbild in der Eingangshalle der Michaeliskirche kommentiert.
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06 »Der Geist, in dem wir kämpfen«
1. Kriegspredigt des Hauptpastors D. Hunzinger, gehalten am 5. August 1914 im Hamburger Michel
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05 Materialsammlung
Eine Zusammenstellung ausgewählter Bildpostkarten zur Unterstützung der Kriegsbereitschaft mit christlich-kirchlichen Motiven und Zitaten, von Predigten und mehren Lied- und Gebetstexten finden Sie in der Materialsammlung.
Diese lässt sich auch gut als Grundlage für Gespräche in Gruppen verwenden.
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04 Zwischen Schuldabwehr und Demokratieablehnung
Vom Umgang der protestantischen Kirchen mit der Niederlage und ihren Folgen
Vortrag von Prof. Rainer Hering auf der Tagung der Evangelischen Akademie der Nordkirche am 14. Juni 2014
Unzählige Menschen waren in den Schlachten des 1. Weltkriegs getötet worden, viele Millionen kehrten verstümmelt und traumatisiert von den Schlachtfeldern zurück. Doch statt Verantwortung für ihre Kriegsunterstützung und Durchhaltepredigten zu übernehmen und eigene Schuld zu erkennen, blieben die Kirchen ihren nationalprotestantischen Überzeugungen treu und verweigerten sich dem Aufbau der Demokratie der Weimarer Republik. Vor allem am Beispiel Hamburgs zeigt Rainer Hering diese Entwicklung, eine der Voraussetzungen für die weitgehende Zustimmung der Kirchen für die verbrecherische Kriegspolitik Nazi-Deutschlands ab 1939.
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03 Tucholsky-Zitate
Jedes Gedenken der Gefallenen, also Ermordeten, ohne die klare Ableugnung der Kriegsidee ist eine sittliche Schande und ein Verbrechen an der nächsten Generation.
Von der Dankbarkeit, die wir unseren lieben, hochverehrten, heldenhaften, gesegneten und zum Glück stummen Gefallenen schulden, von diesem Hokuspokus bis zum nächsten Krieg ist nur ein Schritt. Was hier gemacht wird, ist Reklame.
• Kurt Tucholsky, Über wirkungsvollen Pazifismus, GW 5 (1927)
Wenn aber Christus, der gesagt hat: »Du sollst nicht töten!«
an seinem Kreuz sehen muß, wie sich die Felder blutig röten;
wenn die Pfaffen Kanonen und Flugzeuge segnen
und in den Feldgottesdiensten beten, daß es Blut möge regnen;
und wenn die Vertreter Gottes auf Erden
Soldaten-Hämmel treiben, auf daß sie geschlachtet werden;
Und wenn die Glocken läuten: »Mord!« und die Choräle hallen:
»Mord! Ihr sollt eure Feinde niederknallen!«
Und wenn jemand so verrät den Gottessohn −
Das ist keine Schande.
Das ist Religion.
• Kurt Tucholsky, 1890 − 1935, Freitod, Pseudonyme: Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger, Ignaz Wrobel, deutscher Schriftsteller und Journalist, Literatur- und Theaterkritiker der Zeitschrift »Die Schaubühne«
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02 Predigt von Pastor Burmeister
zur Denkmalsweihe in Eckernförde am 7. September 1924
Mehr Informationen über das Kriegerdenkmal finden Sie hier:
Denkmal auf dem Friedhof in Eckernförde
• Wir danken Dr. Uwe Beitz, Museumsleiter und Stadtarchivar von Eckernförde.
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01 »Gott mit uns«
Kirchliche und religiöse Propaganda für Krieg und Vaterland im 1. Weltkrieg
So heißt die Wanderausstellung der Evangelische Akademie der Nordkirche, die zuerst vom 30. Januar bis 30 Juni 2015 im Flandernbunker/Kiel gezeigt hat.
Die christlichen Kirchen, insbesondere die protestantischen mit ihrer engen Anbindung an Kaiser und Reich, förderten fast vorbehaltlos die Begeisterung für den Krieg und bestärkten nach Kriegsende die Abwehr von Schuld und Verantwortung für die Millionen Menschen, die im Krieg getötet hatten und getötet wurden. Die Exponate, zahlreiche Postkarten, Kriegspredigten und Feldgesangbücher, verdeutlichen dies.
Die Ausstellung kann ausgeliehen werden: Kontakt: Dr. Stephan Linck
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