Auch wenn die meisten Menschen mit der Botschaft der Kriegerdenkmäler nicht mehr einverstanden sind, bleiben sie doch unwidersprochen und unangetastet. Es scheint so, dass Kirchengemeinden und politisch Verantwortliche die mit einer Umgestaltung verbundenen Konflikte scheuen oder sich keine Alternativen vorstellen können. Doch Veränderungen sind möglich und finden zunehmend positive Resonanz. Das zeigen einige Beispiele.
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Medieninformation des Instituts für Kunst und Forschung
vom 4. Februar 2015:
DEUTSCHLANDS …. UN.. EHRE
Mit einer ästhetischen Intervention wurde heute das Kriegerdenkmal an der Dachauer Straße in München verändert. Dort stand der Text:
SIE STARBEN FÜR DEUTSCHLANDS RUHM UND EHRE
DEN TOTEN DER BAYERISCHEN EISENBAHNTRUPPE
IM WELTKRIEG 1914-18
Mit der Entfernung von fünf Buchstaben wurde der geschichtlichen Wirklichkeit und der heutigen historischen Kenntnis Rechnung entsprochen.
Das Denkmal wurde 1922 errichtet, 1945 zerstört und 1962 mit dem unsäglichen militaristischen Text neu errichtet. Alljährlich werden dort Kränze der Bundeswehr angebracht, so als wäre die Bundeswehr immer noch der Auffassung, das entsetzliche Morden habe Deutschlands Ruhm und Ehre befördert.
Wir hatten die Bundesministerin für Verteidigung gebeten, das Denkmal zu verändern oder mit einem Text zu ergänzen, der etwas so lauten könnte:
»Wir trauern um die Soldaten der Bayerischen Eisenbahntruppe, die in dem sinnlosen und furchtbaren Krieg 1914-18 ihr Leben verloren. Wir wollen für Frieden sorgen und Kriege verhindern.«
Die wurde in einem Schreiben des Oberst im Generalstab abgelehnt, weil sich um ein »Sachzeugnis« handle, das »dauerhaft und unverfälscht erhalten werden soll«.
Wir sind der Auffassung und sehen uns in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz, dass der militaristische Geist dieses Kriegerdenkmals nicht unverändert bleiben darf und dass nie mehr junge Menschen mit der Illusion in Kriege geschickt werden dürfen, sie würden für »Deutschlands Ruhm und Ehre« töten und sterben.
Die demontierten Buchstaben haben wir nach Berlin an Frau von der Leyen geschickt, als Denkanstoß für einen neuen Text, der von Trauer und Friedenswille geprägt ist, statt von mörderischem Ruhm und falscher Ehre.
Wolfram P. Kastner (Künstler)
Hans-Peter Berndl (Künstler)
Brief an Frau von der Leyen vom 14. Januar 2015:
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Die Bundeswehr hat die veränderte Inschrift inzwischen mit einer schwarzen Platte verdeckt.
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Wolfram P. Kastner und seine Kollegen vom Institut für Kunst und Forschung schrieben »Trauer« auf die schwarze Platte. Die Schrift wurde entfernt und die Platte mit Wagenschmiere unbeschreibbar gemacht. Daraufhin klebten die unermüdlichen Kriegsgegner die Buchstaben »FRIEDEN!« auf die Platte. Nach drei Tagen war auch dieses Wort verschwunden.
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Information des Instituts für Kunst und Forschung vom 12. Mai 2015:
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Nein zur Instrumentalisierung des Gedenkens
In Mainz wurde der Opfer der Bombardierung der Stadt am 27. Februar 1945 gedacht. Im Vorwort zur Broschüre mit dem Veranstaltungsprogramm der Stadt Mainz zum 70. Jahrestag der Zerstörung von Mainz schreibt Oberbürgermeister Ebling:
»Wir brauchen diesen Tag des Gedenkens, weil unsere Zukunft auch auf Erinnerung und Erfahrung gründet. Gerade heute, da eine Generation in der Verantwortung steht, die die Schrecken dieses Weltkriegs nicht erlebt hat, müssen wir die Erinnerung bewahren. Nur dann können wir uns auch verantwortungsvoll an internationalen Einsätzen beteiligen.«
Es ist kaum zu glauben, aber offensichtlich wahr: Oberbürgermeister Ebling will das Gedenken an die Schrecken des Krieges nutzen, um für deutsche Militäreinsätze zu werben. Dazu passt, dass OB Ebling am Volkstrauertag einen Kranz am Kriegsmarinedenkmal niederlegen ließ. Auf dem Denkmal ist zu lesen:
Den Gefallenen zum Gedächtnis
Den Lebenden zur Anerkennung
Künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung
Text nach einer Veröffentlichung des DFG-VK Mainz
Am 18. November brachte der Mainzer Friedensaktivist Hans Ripper den Kranz zurück ins Rathaus. »Wer am Kriegsmarinedenkmal ohne weiteren Kommentar einen Kranz aufhängt, macht sich die Botschaft zu eigen. Das ist unmissverständlich Aufhetzung zum Krieg oder gar zum nächsten Krieg!«
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Kriegerdenkmal bei der St. Johanniskirche in Hamburg-Altona
Schon vor zwei Jahrzehnten entschied die St. Johannisgemeinde in Hamburg-Altona, »ihr« Kriegerdenkmal so umzugestalten, dass es nie wieder als Propaganda für Heldentum und Kriegsverherrlichung genutzt werden konnte.
● Damals Pastor der St. Johanniskirche: Ulrich Hentschel spricht bei einer der ersten Aktionen zur Umgestaltung
Eine kleine Broschüre informiert über die Gründe der Gemeinde, über die starke öffentliche Resonanz mit Pro- und Contra-Stimmen und die ersten Schritte zur Veränderung. Was nicht mehr dokumentiert ist: Der am Ende vorstellte Entwurf wurde bald danach realisiert und fand seitdem viel Zustimmung.
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Ein Foto von Denkmal und Gegendenkmal können sie auf der ersten Seite dieser Website (>home) ansehen. Ausserdem ist das Denkmal auch auf der Seite >Kriegerdenkmäler >Hamburg dokumentiert.
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SENDUNG IM DEUTSCHLANDRADIO KULTUR 2012
Kirche contra Kriegsverklärung
Der schwierige Umgang mit Soldatendenkmälern
von Kirsten Westhuis
Deutschnationale Heldenverehrung, Militarismus und Revanchismus: Tausende Kriegerdenkmäler erinnern hierzulande an tote Soldaten − aus heutiger Sicht häufig auf problematische Weise. Die Kirchen suchen nun nach einem zeitgemäßen Umgang mit den Gedenkstätten.
O-Ton Hentschel: Dieses Denkmal ist eine Säule, wo an drei Seiten Kriegerfiguren abgebildet sind, mächtige Männer mit gesenktem Schwert, mit einem Schild. Die Männer sind überlebensgroß, ich schätze fast an die drei Meter, also es sind typische Heroen, Heldengestalten.
Ulrich Hentschel tritt vorsichtig über die mit Hundekot übersäte Grünfläche neben der Kirche, auf der das Denkmal aus dem Oktober 1925 steht. Der 62jährige Theologe war lange Jahre Pastor der evangelischen Johanniskirche im Hamburger Bezirk Altona. Jetzt ist er Studienleiter für Erinnerungskultur an der Evangelischen Akademie der Nordkirche. In den 20er Jahren war die Fläche neben der Kirche ein öffentlicher Raum und so wurde das Denkmal direkt neben dem Gotteshaus errichtet. Die Inschriften auf dem Podest zu den Füßen der Kriegerfiguren sind mit Farbe besprüht, einzelne Keramikbuchstaben sind herausgebrochen:
O-Ton Hentschel: »Zur Erinnerung, kommenden Geschlechtern zur Ermahnung und zur Nacheiferung.« Also alles ist drin enthalten, nicht nur die Erinnerung und eben nicht die Mahnung zum Frieden, die man ja unter Umständen hätte erwarten können, sondern es wird die Mahnung verstanden: »wir wollen wieder in den Krieg ziehen«, mit der Aufforderung zur Nacheiferung.
Die räumliche Nähe zur Kirche verleihe dem Tod der Soldaten eine höhere Weihe, sagt Hentschel. Dieses Denkmal aus den 20er Jahren mit seiner monumentalen und heroisierenden Ästhetik ist auch heute noch wichtig, sagt der Theologe. Denn es erinnere nicht nur an den ersten Weltkrieg, sondern auch an die Zwischenzeit, in der der Zweite Weltkrieg vorbereitet wurde. ...
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Den Aussagen der Kriegerdenkmäler etwas entgegensetzen
Gegendenkmäler in Hamburg hat Kerstin Klingel in ihrem Buch:
»Eichenkranz und Dornenkrone« (Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, 2006) dokumentiert.
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